Kommentarwerk Sportverbandskommentar

Verfahrensrechtliche Aspekte der privatrechtlichen Dopingbekämpfung in der Schweiz

Zitiervorschlag: Marco Steiner, Verfahrensrechtliche Aspekte der privatrechtlichen Dopingbekämpfung in der Schweiz, in: Anne Mirjam Schneuwly/Yael Nadja Strub/Mirjam Koller Trunz (Hrsg.), Sportverbandskommentar, https://sportverbandskommentar.ch/privatrechtliche_dopingbekaempfung, 1. Aufl., (publiziert am 20. Juli 2023).


Kurzzitat: Steiner, Rz. xx.


  1. Einführung
  2. Begriffsbestimmungen und Grundlagen
    1. Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit
    2. Unterscheidungen
      1. Nationale und internationale Schiedsgerichtsbarkeit
      2. Institutionelle und Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit
    3. Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit
  3. Schiedsvereinbarung
    1. Begriffsbestimmung
    2. Anforderungen und Wirkungen
    3. Praxisbeispiele
  4. Verfahren
    1. Nationale Schiedsverfahren (3. Teil der ZPO)
      1. Geltungsbereich
      2. Schiedsfähigkeit
      3. Prinzipien und Merkmale
    2. Internationale Schiedsverfahren (12. Kapitel IPRG)
      1. Geltungsbereich
      2. Revision
      3. Schiedsfähigkeit
      4. Prinzipien und Merkmale
  5. Rechtsmittel
    1. Nationale Schiedsverfahren (3. Teil der ZPO)
      1. Beschwerde an das Bundesgericht
      2. Revision
    2. Internationale Schiedsverfahren (12. Kapitel IPRG)
      1. Beschwerde an das Bundesgericht
      2. Revision
  6. Einstweiliger Rechtsschutz
    1. Zweck
    2. Zuständigkeit
      1. Nationale Schiedsgerichtsbarkeit
      2. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit
      3. Voraussetzungen
      4. Insbesondere: Superprovisorische Massnahmen
  7. Abgrenzung: anwendbares (materielles) Recht

Literatur

Brühlmann Jessica/Schnydrig Hanjo, [Titel], in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam (Hrsg.), Sportverbandskommentar; Contat Laurent/Pamberg Christoph/Pfister Stefan/Steiner Marco, Dopingbekämpfung durch Staat und Private in der Schweiz, in: Causa Sport 2/2016, 159 ff.; Contat Laurent/Steiner Marco, Erfolgreiche Dopingbekämpfung mittels Sportförderungsgesetz? – Versuch einer Bilanz nach acht Jahren, in: Causa Sport 3/2020, 358 ff.; Cortada Emanuel, CAS, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam (Hrsg.), Sportverbandskommentar; Diener Sven/Muresan Remus, Ein «Recht auf Schweigen» auch in Verbands-Sanktionsverfahren?, in: Causa Sport 3/2018, 358 ff.; Gloor Urs/Umbricht Lukas Barbara, in: Oberhammer Paul/Domej Tanja/Haas Ulrich, Kurzkommentar ZPO, 3. Aufl., Basel 2021, 1110 ff.; Jansen Scarlett, Strafprozessuale Beweisverwertung von Dopingproben, in: SpuRt 2/2022, 80 ff.; Natsch Markus, Dopingbekämpfung und Unschuldsvermutung – Die Rechtsprechung der Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic unter besonderer Berücksichtigung der Unschuldsvermutung, Dissertation, Bern 2009; Richers Roman/Sogo Miguel/Naegeli Georg, in: Oberhammer Paul/Domej Tanja/Haas Ulrich, Kurzkommentar ZPO, 3. Aufl., Basel 2021; Schmid Hans/Jent-Sørensen Ingrid, in: Oberhammer Paul/Domej Tanja/Haas Ulrich, Kurzkommentar ZPO, 3. Aufl., Basel 2021, 629 ff.; Steiner Marco, La soumission des athlètes aux sanctions sportives – Etude d’une problématique négligée par le monde juridico-sportif, Dissertation, Lausanne 2010; Walter Gerhard, Die Rechtsnatur der Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic, in: Bachmann Birgit et al. (Hrsg.), Grenzüberschreitungen – Beiträge zum Internationalen Verfahrensrecht und zur Schiedsgerichtsbarkeit – Festschrift für Peter Schlosser zum 70. Geburtstag, Tübingen 2005, 1049 ff.

Materialien

Änderung der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 17. März 2023, BBl 2023 786; Arbitration Rules CAS Anti-Doping Division in ihrer Version vom 1. Januar 2021 (zit. Arbitration Rules CAS Anti-Doping Division); Ausführungsbestimmungen der Stiftung Swiss Sport Integrity (zit. Ausführungsbestimmungen); Code of Sports-related Arbitration in seiner Version vom 1. Februar 2023 (zit. CAS Code); Doping-Statut von Swiss Olympic vom 26. November 2021 (zit. Doping-Statut); International Standard for Laboratories 2021 der Welt-Anti-Doping-Agentur vom 15. September 2020 (zit. International Standard for Laboratories 2021); Reglement betreffend das Verfahren vor der Disziplinarkammer des Schweizer Sports vom 30. Juni 2022 (zit. VerfRegl); Statuten Swiss Olympic vom 26. November 2021 (zit. Statuten von Swiss Olympic); Welt-Anti-Doping-Code 2021 der Welt-Anti-Doping-Agentur in seiner Version vom 1. Januar 2021 (zit. Welt-Anti-Doping-Code 2021).

I. Grundlagen und Problemstellung


Sei es die Einleitung von Ermittlungen, die Durchführung einer Kontrolle, der Versand der Probe ins Labor, die Analyse der Probe, die Interpretation des Analyseresultats, Abklärungen betreffend Ausnahmebewilligungen zu therapeutischen Zwecken (ATZ) oder die Sanktionierung eines sogenannt positiven Resultats (und die Liste kann nahezu beliebig komplettiert sowie verlängert werden), die privatrechtliche Dopingbekämpfung ist hochgradig reglementiert. Zu viele dieser Regeln handeln (oft zudem zu detailliert) von der Art und Weise, wie die zuständigen Organisationen Doping zu bekämpfen haben (und somit nicht von einer inhaltlich effizienten Dopingbekämpfung), womit sie zumindest einen verfahrenstechnischen Einschlag aufweisen. Verfahrensrechtliche Bestimmungen im engen Sinne finden sich im schweizerischen Kontext vornehmlich


Dieser Beitrag wird sich auf ausgewählte Fragen beschränken müssen. Zentraler Bestandteil hierbei bilden die Verfahren vor der Disziplinarkammer des Schweizer Sports (DK). Letztere stellen Instrumente dar, die sich über viele Jahre hinweg für die Zwecke der privatrechtlichen Dopingbekämpfung bewährt sowie fortlaufend weiterentwickelt haben, und zwar nicht zum Nachteil der betroffenen Personen, so Athleten und Betreuer. Dennoch haben auch sie ihre Schwächen. Diese werden im Verlauf des Beitrags, der durch eine gesamtheitliche Würdigung der DK-Verfahren abgerundet wird (Rz. xx bis xx), einzeln adressiert.

II. Verstösse und Sanktionierung


Verfahrensrechtliche Bestimmungen bedingen materiellrechtliche Vorschriften. In der privatrechtlichen Dopingbekämpfung in der Schweiz zentral diesbezüglich sind Art. 2 Doping-Statut, der in elf Unterartikeln zahlreiche Verstösse gegen Anti-Doping-Bestimmungen auflistet, und Art. 10 Doping-Statut, der in 15 Unterartikeln die Sanktionierung dieser Verstösse regelt.


Für weitergehende Ausführungen zu den materiellen Aspekten der privatrechtlichen Dopingbekämpfung wird auf den Beitrag von Brühlmann/Schnydrig verwiesen.

III. Resultatmanagement


In Übereinstimmung mit den Art. 7 bis 12 ABRM verfügt Swiss Sport Integrity (seit dem 1. Januar 2021) über die Möglichkeit, Entscheide im sogenannten Resultatmanagement zu erlassen. Diese sind bislang von geringer praktischer Bedeutung, weshalb sie in diesem Beitrag lediglich summarisch behandelt werden. Allerdings können die Überlegungen zum Disziplinarverfahren (Rz. xx ff.) mutatis mutandis darauf übertragen werden.


Voraussetzung für einen Entscheid im Resultatmanagement ist nach Art. 7.1 ABRM, dass

  • der Sachverhalt eingestanden oder anderweitig ausreichend geklärt ist,
  • es sich um eine sogenannte Missbrauchssubstanz gemäss Art. 4.2.3 Doping-Statut (Substanzen, die in der Dopingliste als solche gekennzeichnet sind, weil sie häufig gesamtgesellschaftlich missbraucht werden) i.V.m. Art. 10.2.4.1 Doping-Statut handelt,
  • es sich um einen potenziellen Verstoss gegen Anti-Doping-Bestimmungen im Sinne von Art. 10.2.2 Doping-Statut (keine grundsätzlich vierjährige, sondern eine grundsätzlich zweijährige Sperre als Sanktionsrahmen) handelt, und/oder
  • es sich bei der Person, die den potenziellen Verstoss begangen hat, um einen sogenannten Freizeitsportler (definiert im Anhang zum Doping-Statut) handelt,
  • zwei der drei vorstehenden Bedingungen erfüllt sind, und
  • es sich nicht um einen sogenannten International- oder National-Level-Athleten (beide definiert im Anhang zum Doping-Statut) handelt.

  • Im Resultatmanagementverfahren wird gemäss Art. 8.1 Abs. 1 ABRM das rechtliche Gehör nach Art. 8 Doping-Statut dahingehend gewährt, dass der betroffene Athlet oder die betroffene andere Person zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert wird. Art. 8.1 Abs. 2 ABRM präzisiert, dass in spezifischen Fällen eine Anhörung angezeigt sein kann.


    Entscheide im Resultatmanagement können mit Berufung nach Art. 13 Doping-Statut angefochten werden (siehe Rz. xx ff.).

    IV. Disziplinarverfahren

    A. Anwendbares Recht


    Das Verfahren vor der DK wird durch das (per 1. Juli 2022 revidierte) VerfRegl festgelegt. Soweit jenes keine Bestimmungen enthält, gilt nach dessen Art. 27 sinngemäss die Schweizerische Zivilprozessordnung (SR 272, ZPO).


    Die DK nennt sich schlicht des Schweizer Sports. Dieser Umstand vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass es sich bei ihr um ein Organ von Swiss Olympic nach Art. 3.1 lit. d und Art. 7 derer Statuten und somit ein reines Verbandsgericht handelt (Natsch, S. 134; Steiner, S. 16; Walter, S. 1060). Es wird laut Medienberichten (so in der Luzerner Zeitung vom 10. März 2023) erwogen, diesen Status zu ändern und per 1. Januar 2024 aus der DK ein Schiedsgericht zu machen.

    B. Grundsätze

    1. Zusammensetzung


    Die DK besteht gemäss Art. 1 Abs. 1 VerfRegl aus einer Präsidentin oder einem Präsidenten, drei Vizepräsidentinnen respektive -präsidenten, maximal 16 weiteren Mitgliedern sowie bis zu zehn Suppleantinnen und Suppleanten. Bei Letzteren handelt es sich laut Abs. 3 derselben Bestimmung um Fachpersonen, welche die DK auf Mandatsbasis während des laufenden Jahres als ad-hoc-Richterinnen und -Richter beiziehen kann, sofern diese vorläufig durch die Geschäftsleitung von Swiss Olympic bestätigt sind. Unter diesem Vorbehalt werden nach Art. 1 Abs. 2 VerfRegl die Zusammensetzung der DK sowie die Amtsdauer, das Wahlverfahren, die Aufgaben und die Kompetenzen ihrer Mitglieder in Art. 7 der Statuten von Swiss Olympic geregelt. (Wieder-)gewählt werden die DK-Mitglieder in Übereinstimmung mit Art. 7.1 f. der Statuten von Swiss Olympic durch das Sportparlament von Swiss Olympic.


    Die DK bestellt laut Art. 1 Abs. 4 VerfRegl eine deutsch-, eine französisch- und eine italienischsprachige Abteilung, und die jeweilige Abteilung wird durch den Präsidenten oder eine Vizepräsidentin respektive einen Vizepräsidenten geleitet. Zur Beurteilung einzelner Fälle setzt sich die DK in Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 5 VerfRegl unter fakultativem Beizug eines Sekretariats aus dem Präsidenten oder einer Vizepräsidentin respektive einem Vizepräsidenten sowie zwei weiteren Mitgliedern respektive Suppleantinnen oder Suppleanten zusammen, wobei der vorsitzende Präsident oder die vorsitzende Vizepräsidentin respektive der vorsitzende Vizepräsident die zwei weiteren Kammermitglieder bestimmt. Unter Art. 1 Abs. 5 lit. a, Abs. 6 und Abs. 7 lit. a VerfRegl wird präzisiert, dass im Rahmen der Beurteilung von Dopingfällen grundsätzlich mindestens eines der Kammermitglieder vertiefte medizinische oder andere naturwissenschaftliche Kenntnisse haben muss.

    2. Zuständige Abteilung und Sprache


    Nach Art. 2 Abs. 1 VerfRegl sind die offiziellen Verfahrenssprachen der DK Deutsch, Französisch sowie Italienisch, und die Zuständigkeit einer Abteilung ergibt sich aus der effektiven Verfahrenssprache. Bei Letzterer handelt es sich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung in der Regel um die Muttersprache der angeschuldigten Person oder die durch diese oder ihre Rechtsvertretung beantragte Sprache. Handelt es sich hierbei um keine der offiziellen Verfahrenssprachen, wird diese in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 1 VerfRegl durch den Präsidenten oder die zuständige Vizepräsidentin respektive den zuständigen Vizepräsidenten festgelegt.


    Aufgrund der Formulierung «in der Regel» in Art. 2 Abs. 2 VerfRegl scheint es in der Praxis schwer vorstellbar, dass die DK unter den zahllosen, potenziell nicht-offiziellen Verfahrenssprachen eine andere als Englisch akzeptieren würde. Dem dürfte umso mehr so sein respektive bleiben, als dass die am 17. März 2023 punktuell revidierte ZPO (BBl 2023 786, voraussichtliches Inkrafttreten am 1. Januar 2025) unter Art. 129 Abs. 2 lit. b zwar zusätzlich Englisch als Verfahrenssprache zulassen wird, dies jedoch nur restriktiv, und eben nur Englisch.

    3. Parteien


    Laut Art. 3 Abs. 1 VerfRegl sind in allen Verfahren vor der DK die angeschuldigte Person und Swiss Sport Integrity Partei und damit zur Prozessführung sowie zur Wahrnehmung der Verfahrensrechte und Prozesshandlungen legitimiert. Abs. 2 derselben Bestimmung präzisiert, dass in Dopingfällen zusätzlich die Sportorganisation, der die angeschuldigte Person angehört (sofern sie eine Beteiligung am Verfahren verlangt) und die zuständige internationale Sportorganisation (sofern sich die nationale Organisation durch diese vertreten lässt) Partei sind.


    Die Parteien können gemäss Art. 3 Abs. 5 VerfRegl einen Beistand heranziehen, wobei als unentgeltliche Rechtsvertreter nur patentierte Anwälte zugelassen sind. Aufgrund der unzweideutigen sowie notorischen Differenzierung zwischen patentiert und eingetragen ist die Bestimmung so auszulegen, dass jeder Anwalt als unentgeltlicher Vertreter vor der DK auftreten kann.

    4. Eröffnung des Verfahrens, Prüfverfahren und Beweismittel


    Wird der DK durch Swiss Sport Integrity ein Doping-Vergehen zur Beurteilung überwiesen, oder ein Entscheid von Swiss Sport Integrity, der auf der Grundlage des Doping-Statuts oder der dazugehörigen Ausführungsbestimmungen erging, mit Berufung bei der DK angefochten, eröffnet der Präsident oder eine Vizepräsidentin respektive ein Vizepräsident in Übereinstimmung mit Art. 4 Abs. 1 VerfRegl gegen die angeschuldigten Personen ein Verfahren, gibt ihnen Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme sowie zum Stellen von Anträgen und weist sie auf den möglichen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hin. Abs. 3 derselben Bestimmung präzisiert, dass in Dopingfällen der betreffenden Sportorganisation von der Verfahrenseröffnung Kenntnis und anschliessend ebenfalls Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme sowie zum Stellen von Anträgen zu geben ist, sofern sie die Beteiligung am Verfahren innert Frist schriftlich verlangt, und dass die Sportorganisation sich durch die zuständige internationale Organisation vertreten lassen kann.


    Wird gegen eine ATZ-Verfügung von Swiss Sport Integrity oder eine durch diese verfügte provisorische Sperre Einsprache erhoben, gibt gemäss Art. 4 Abs. 5 VerfRegl der Präsident oder eine Vizepräsidentin respektive ein Vizepräsident Swiss Sport Integrity hiervon Kenntnis inklusive Fristsetzung zur Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme.


    Soweit erforderlich oder zweckmässig wird laut Art. 5 Abs. 1 VerfRegl zur Vervollständigung des Sachverhalts und zur Erhebung der notwendigen Beweise durch den Präsidenten, die zuständige Vizepräsidentin respektive den zuständigen Vizepräsidenten oder eine durch diese ernannte Instruktionsrichterin respektive einen durch diese ernannten Instruktionsrichter ein ergänzendes Prüfverfahren durchgeführt. Nach Art. 6 Abs. 1 VerfReglerhebt die Instruktionsrichterin respektive der Instruktionsrichter die notwendigen Beweise, ohne dabei an die Anträge der Parteien gebunden zu sein, wobei die Beweisführung sich gemäss Art. 3.2 Doping-Statut und Art. 7 Abs. 1 VerfRegl auf jedes verlässliche Beweismittel, einschliesslich Geständnis, stützen kann. Erachtet die Instruktionsrichterin respektive der Instruktionsrichter die Untersuchung als vollständig, eröffnet sie/er nach Art. 9 Abs. 1 VerfRegl den Parteien eine angemessene Frist zur Stellung von kurz begründeten Ergänzungsbegehren. Bei Ablehnung von Ergänzungsbegehren macht sie/er laut Abs. 3 derselben Bestimmung den Parteien Mitteilung unter Hinweis darauf, dass Beweisanträge, ausser im vereinfachten Verfahren sowie bei Zirkularentscheiden, vor der DK wiederholt werden können.und Art. 7 Abs. 1 VerfRegl auf jedes verlässliche Beweismittel, einschliesslich Geständnis, stützen kann. Erachtet die Instruktionsrichterin respektive der Instruktionsrichter die Untersuchung als vollständig, eröffnet sie/er nach Art. 9 Abs. 1 VerfRegl den Parteien eine angemessene Frist zur Stellung von kurz begründeten Ergänzungsbegehren. Bei Ablehnung von Ergänzungsbegehren macht sie/er laut Abs. 3 derselben Bestimmung den Parteien Mitteilung unter Hinweis darauf, dass Beweisanträge, ausser im vereinfachten Verfahren sowie bei Zirkularentscheiden, vor der DK wiederholt werden können.

    5. Untersuchungsgrundsatz, Mitwirkung und Teilnahme


    Im DK-Verfahren gilt an sich der Untersuchungsgrundsatz(vergleiche Überschrift zu Art. 6 . Jede Partei ist indes nach Art. 6 Abs. 2 zung des Sachverhalts mitzuwirken, und die DK kann bei Verweigerung der zumutbaren Mitwirkung basierend auf der Aktenlage entscheiden. Art. 3.2.5 Doping-Statut geht (noch) weiter als Art. 6 Abs. 2 VerfRegl. Laut ersterer Bestimmung können sowohl Swiss Sport Integrity als auch die DK im Rahmen eines Verfahrens wegen eines Verstosses gegen Anti-Doping-Bestimmungen negative Rückschlüsse aus der Tatsache ziehen, dass die angeschuldigte Person sich nach einer zumutbaren Ankündigungsfrist weigert, bei der Anhörung entweder schriftlich, persönlich oder telefonisch vorstellig zu werden und Fragen zu beantworten. (noch) weiter als Art. 6 Abs. 2 VerfRegl. Laut ersterer Bestimmung können sowohl Swiss Sport Integrity als auch die DK im Rahmen eines Verfahrens wegen eines Verstosses gegen Anti-Doping-Bestimmungen negative Rückschlüsse aus der Tatsache ziehen, dass die angeschuldigte Person sich nach einer zumutbaren Ankündigungsfrist weigert, bei der Anhörung entweder schriftlich, persönlich oder telefonisch vorstellig zu werden und Fragen zu beantworten.


    Die Mitwirkungspflicht ist konsistent mit der entsprechenden CAS-Rechtsprechung, die Selbstbelastungsfreiheit im Verbandsverfahren nur zurückhaltend annimmt (so in CAS 2017/A/5003 Jérôme Valcke v. FIFA, Erw. 266). Allerdings steht die Mitwirkungspflicht in einem Spannungsfeld zum strafrechtlichen Nemo-Tenetur-Grundsatz, wenn das verbandsrechtliche Verfahren parallel zu einem sachverwandten Strafverfahren läuft oder ein solches nach sich ziehen kann. Die Ausleuchtung dieses Felds würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, es wird deshalb beispielhaft auf Diener/Muresan, S. 385 ff. sowie auf Jansen, S. 82 ff., verwiesen.

    6. Vorsorgliche Massnahmen


    Die DK kann in Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. 1 VerfRegl auf Antrag einer Partei oder nach eigenem Ermessen jederzeit vorsorgliche Massnahmen verfügen (insbesondere eine provisorische Sperre aussprechen) oder die Sportorganisation, welcher die angeschuldigte Person angehört, auffordern, solche Massnahmen zu ergreifen. Beim Entscheid über vorsorgliche Massnahmen gilt nach Abs. 2 derselben Bestimmung das Beweismass der Glaubhaftmachung, wobei der Beweis darüber durch die Parteien zu führen ist. Letztere Vorschrift ist hinsichtlich der Beweislast notwendigerweise dahingehend zu verstehen, dass sie lediglich zur Anwendung gelangt, wenn auf Antrag der Parteien entschieden wird.


    Im Dopingfall eines (ehemaligen) Leichtathleten verfügte die DK am 18. Mai 2021 die vorläufige Aufhebung der durch Swiss Sport Integrity verhängten provisorischen Sperre. Sie war zum Schluss gelangt, dass die Chancen des Athleten, in einem allfälligen Hauptverfahren den Exkulpationsbeweis ganz oder teilweise zu erbringen, als intakt zu erachten seien, womit auf das Aussprechen einer Sperre ganz oder teilweise verzichtet werden könnte (Begründung zu Erw. 2 Entscheid). In Anbetracht der unmittelbar bevorstehenden respektive soeben gestarteten Wettkampfsaison und der Ausrichtung der gesamten Planung auf eine mögliche Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokyo erachtete die DK daher das Aufrechterhalten der provisorischen Sperre als nicht verhältnismässig (Begründung zu Erw. 2 Entscheid).

    7. Exkurs: Beweislast und Beweismass


    Die unter der vorstehenden Randziffer abgehandelte DK-Verfügung führte zu zwei weiteren Entscheiden, einem der DK und einem des CAS. Dabei ging es primär nicht mehr um die Verhältnismässigkeit einer provisorischen Sperre, sondern um Beweislast und -mass anlässlich eines Dopingverfahrens. Die diesbezüglichen, sehr umfangreichen, Regeln werden nachstehend skizziert (weil eine umfassende Abhandlung den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde), danach wird mittels der beiden Entscheide aufgezeigt, was sie in der Praxis nach sich ziehen.


    Die Beweisregeln in dopingbezogenen DK-Verfahren sind vornehmlich in Art. 3 Doping-Statut niedergeschrieben.


    Gemäss Art. 3.1.1 Doping-Statut trägt Swiss Sport Integrity die Beweislast für Verstösse gegen Anti-Doping-Bestimmungen. Das Beweismass besteht laut derselben Bestimmung darin, überzeugend darzulegen, einen solchen Verstoss festgestellt zu haben, wobei die Schwere der Behauptung zu berücksichtigen ist und die Anforderungen in allen Fällen höher als die blosse Wahrscheinlichkeit sind, jedoch geringer als ein Beweis, der jeden Zweifel ausschliesst.


    Liegt die Beweislast für den Gegenbeweis bezüglich einer zu widerlegenden Vermutung, so bei einem sogenannt positiven Analyseresultat gemäss Art. 2.1 Doping-Statut, oder für den Nachweis aussergewöhnlicher Tatsachen oder Umstände, so bei der Kontamination von Lebensmitteln, bei der angeschuldigten Person, der ein Verstoss gegen Anti-Doping-Bestimmungen angelastet wird, so besteht die Anforderung an das Beweismass nach Art. 3.1.2 Doping-Statut in der Glaubhaftmachung im Sinne von balance of probabilities. Diese Regel findet ihren Niederschlag auch in der konstanten CAS-Rechtsprechung, so im Entscheid CAS OG 20/06 World Athletics v. Alex Wilson, Swiss Anti-Doping & Swiss Olympic / CAS OG 20/08 WADA v. Alex Wilson, Swiss Anti-Doping & Swiss Olympic vom 27. Juli 2021 (Erw. 7.8-7.11, 7.10), wonach von der entscheidtreffenden Instanz verlangt wird, «[to] reach the conviction on the basis of the available evidence that more than speaks for, as opposed to against, the version brought forward by the party bearing the burden of proof» (siehe auch Rz. xx).


    Der durch ein Gericht oder eine staatliche Aufsichtsbehörde rechtskräftig festgestellte Sachverhalt ist laut Art. 3.2.4 Doping-Statut für Swiss Sport Integrity und die DK verbindlich, es sei denn, die angeschuldigte Person macht glaubhaft, dass der Entscheid gegen den Schweizer ordre public verstösst.


    Am 2. Juli 2021 entschied die DK, dass die provisorische Sperre eines (ehemaligen) Leichtathleten definitiv aufgehoben werde (vergleiche Rz. xx). Sie gelangte zum Schluss (Erw. 2), dass es dem Athleten entsprechend den Beweisanforderungen von Art. 3.1.2  Doping-Statut gelungen war, glaubhaft darzulegen, dass der positive Befund durch den Konsum eines kontaminierten Produkts zustande gekommen sein konnte. So verlange das in Art. 3.1.2 Doping-Statut statuierte Beweismass nach allgemeiner Lehre und Rechtsprechung über das blosse Behaupten hinaus konkrete Anhaltspunkte oder Indizien, die so durch Belege gestützt werden, dass die urteilende Instanz auf der Grundlage der verfügbaren Beweismittel zur Überzeugung gelangt, dass mehr für als gegen die vom Beweispflichtigen vorgetragene Version spricht (sogenannte Glaubhaftmachung). Solche Indizien oder konkrete Anhaltspunkte habe der Athlet gestützt auf seine bisherigen Eingaben vorgebracht. Bei dieser Ausgangslage sei bislang allerdings weder etwas zum Motiv des Konsums noch zur Frage eines allfälligen Verschuldens gesagt. Mit anderen Worten habe die DK im gegenständlichen Einspracheverfahren die Frage eines materiellen Dopingverstosses weder geprüft, noch verneint oder bejaht. In Anbetracht der unmittelbar bevorstehenden Olympischen Spiele in Tokio mit geplanter Teilnahme des Athleten erscheine es nach sorgfältiger Abwägung aller Interessen und bei aktuellem Kenntnisstand aber unverhältnismässig, die provisorische Sperre aufrechtzuerhalten.


    Der Entscheid der DK konnte in Abweichung zu Art. 10 Abs. 5 VerfRegl dennoch dem CAS unterbreitet werden, weil er, vereinfacht ausgedrückt, im Kontext der Olympischen Spiele ergangen war. Am 27. Juli 2021 reformierte der CAS den Entscheid vom 2. Juli 2021 und setzte die provisorische Sperre des Athleten wieder in Kraft (CAS OG 20/06 World Athletics v. Alex Wilson, Swiss Anti-Doping & Swiss Olympic / CAS OG 20/08 WADA v. Alex Wilson, Swiss Anti-Doping & Swiss Olympic). Es begründete seinen Schiedsspruch, wie folgt (Erw. 7.10 Schiedsspruch). «The Disciplinary Chamber was aware of the burden of proof under the Swiss Anti-Doping Rules and that the onus was on the Athlete to establish his case on […] the balance of probabilities. This is apparent from the translation from the German […]. […] The test applied by the Disciplinary Chamber was whether the positive finding could have been caused by the consumption of contaminated […] and not whether it was likely or probable that this was the case. It is immediately apparent that the two tests are not the same and that they impose very different burdens on the Athlete and necessitate very different analyses of the evidence. It follows that the Disciplinary Chamber made, in effect, an error of law. The Panel also notes that the Disciplinary Chamber referred to extraneous matters in its reasoning, such as proportionality after ‘weighing of the interests at stake’ and the fact that the Olympic Games were imminent. These considerations, while worthy, were not relevant to the decision to be made. To the extent that they were taken into account in making the Decision, the Disciplinary Chamber was in error.»

    8. Verfahren und unentgeltliche Rechtspflege


    Die DK entscheidet gemäss Art. 10 Abs. 1 VerfRegl selbst über ihre Zuständigkeit, nach Abs. 2 derselben Bestimmung gegebenenfalls mittels Vorentscheids. Über den Ausstand oder die Ablehnung von Mitgliedern des Spruchkörpers entscheidet sie laut Abs. 3 erneut derselben Bestimmung unter Ausschluss der Betroffenen.


    Über eine Einsprache betreffend einen Entscheid von Swiss Sport Integrity hinsichtlich der Verweigerung oder der Erteilung einer ATZ oder hinsichtlich des Aussprechens einer provisorischen Sperre entscheidet der Präsident oder eine Vizepräsidentin respektive ein Vizepräsident in Übereinstimmung mit Art. 10 Abs. 4 VerfRegl auf dem Schriftweg.


    Entscheide, die im Rahmen von Art. 10 VerfRegl ergehen, können nach Abs. 5 dieser Bestimmung nicht selbständig angefochten werden.


    Eine angeschuldigte Person hat gemäss Art. 11 Abs. 1 VerfRegl Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Abs. 2 bis 8 derselben Bestimmung präzisieren diesen Anspruch, wobei Abs. 2 f. festlegen, dass als mittellos gilt, wer nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten aus dem eigenen Einkommen, nach Abzug der Lebenshaltungskosten, zu bezahlen, und dass ein Rechtsbegehren offensichtlich aussichtslos ist, wenn die Chancen, dass es gutgeheissen wird, viel kleiner sind als die Chancen, dass das Rechtsbegehren abgewiesen wird, dies unter der Massgabe, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung für ein solches Rechtsbegehren entschliessen oder aber davon absehen würde. Damit entsprechen Art. 11 Abs. 2 und 3 VerfRegl in ihrer Ausgestaltung grundsätzlich derjenigen von Art. 117 ZPO (siehe diesbezüglich KUKO ZPO-Jent-Sørensen, Art. 117 N 14 ff., 33 ff.).

    C. Vereinfachtes und ordentliches Verfahren sowie Einstellung

    1. Vereinfachtes Verfahren


    Eingeleitet werden kann das vereinfachte Verfahren nach Art. 12 Abs. 1 lit. a VerfRegl, wenn kumulativ

  • einzig ein Verstoss gegen eine Anti-Doping-Bestimmung in Zusammenhang mit sogenannt spezifischen Substanzen zur Beurteilung steht,
  • das Vorliegen eines objektiven Verstosses durch keine der Parteien bestritten wird.

  • Die Bestimmung ist restriktiv formuliert, so sind per se sämtliche sogenannt nicht-spezifischen Substanzen sowie sämtliche verbotenen Methoden und Verhaltensweisen von deren Anwendungsbereich ausgeschlossen. Aufgrund der offensichtlich restriktiven Natur von Art. 12 Abs. 1 lit. a VerfRegl ist das vereinfachte Verfahren auch ausgeschlossen, wenn mehrere Verstösse gegen Anti-Doping-Bestimmungen (etwa Vorhandensein in einer Probe und Weitergabe) in Zusammenhang mit spezifischen Substanzen gegenständlich sind. Bei spezifischen Substanzen handelt es sich in Anwendung von Art. 4.2.2 Doping-Statut um alle verbotenen Substanzen, sofern in der Dopingliste nicht anders gekennzeichnet. Vereinfacht ausgedrückt gelten als nicht-spezifisch alle als schwer erachteten Substanzen wie Testosteron, dessen Derivate, Erythropoietin und Wachstumshormon.


    Art. 13 Abs. 1 VerfRegl sieht vor, dass die DK im vereinfachten Verfahren nur aus dem Präsidenten oder einer Vizepräsidentin respektive einem Vizepräsidenten besteht. Nach den Abs. 2 bis 4 derselben Bestimmung findet keine mündliche Verhandlung statt, wird den Parteien grundsätzlich Frist zur Stellung von Anträgen zur Sanktionsfrage gewährt und erlässt die Kammer in sinngemässer Anwendung von Art. 20 VerfRegl einen schriftlichen Entscheid, der jedoch nicht begründet werden muss.


    Gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VerfRegl können innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung des Entscheids

  • die Parteien,
  • die zuständige internationale Sportorganisation,
  • die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und

  • (unter den zusätzlichen Voraussetzungen von Art. 13.2.1.1 Doping-Statut) das Internationale Olympische Komitee (IOC) oder das Internationale Paralympische Komitee (IPC) beim zuständigen Präsidenten oder bei der zuständigen Vizepräsidentin respektive dem zuständigen Vizepräsidenten per Einschreiben begründete Einsprache erheben.


    Der zuständige Präsident oder die zuständige Vizepräsidentin respektive der zuständige Vizepräsident tritt nach Art. 15 Abs. 1 VerfRegl unverzüglich und ohne vorgängige Mitteilung an die übrigen Adressaten des Entscheids auf eine offensichtlich unzulässige Einsprache begründet nicht ein. In den übrigen Fällen findet laut Abs. 2 derselben Bestimmung das ordentliche Verfahren gemäss der Art. 16 bis 20 VerfRegl Anwendung.

    2. Ordentliches Verfahren


    Nach Abschluss eines allfälligen Prüfverfahrens überweist die Instruktionsrichterin respektive der Instruktionsrichter in Übereinstimmung mit Art. 16 Abs. 1 VerfRegl die Akten dem Präsidenten oder der zuständigen Vizepräsidentin respektive dem zuständigen Vizepräsidenten, die / der sie bei den involvierten DK-Mitgliedern in Umlauf setzt sowie Ort und Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestimmt und die Verfahrensbeteiligten hierzu beförderlich einlädt. Ist eine Ergänzung der Beweisaufnahme beabsichtigt, ist dies den Parteien in der Einladung mitzuteilen, und die Zusammensetzung des Spruchkörpers ist ihnen spätestens mit ebendieser bekannt zu geben, beides aufgrund von Art. 16 Abs. 2 VerfRegl.


    Der Präsident oder die zuständige Vizepräsidentin respektive der zuständige Vizepräsident entscheidet gemäss Art. 16 Abs. 3 VerfRegl darüber, ob die mündliche Verhandlung unter Anwesenheit oder in Form einer Videokonferenz durchgeführt wird. Unabhängig davon kann nach Abs. 4 derselben Bestimmung die Befragung von Zeugen oder Auskunftspersonen per Videokonferenz oder telefonisch erfolgen. Bleiben eine oder mehrere Parteien trotz gehöriger Einladung der Verhandlung unentschuldigt fern, wird das Verfahren laut Art. 17 Abs. 1 VerfRegl fortgesetzt, wobei die säumigen Parteien zu allfälligen weiteren Terminen erneut vorzuladen sind. Bleibt die einsprechende Person nach Art. 14 VerfRegl unentschuldigt fern, erwächst der gemäss Art. 13 Abs. 4 VerfRegl ergangene Entscheid unmittelbar in Rechtskraft.


    Die DK kann laut Art. 18 VerfRegl die Beweisaufnahme kraft ihrer Funktion oder auf Antrag einer Partei vor oder während der mündlichen Verhandlung ergänzen durch

  • die Wiederholung bereits durchgeführter Beweismassnahmen und
  • die Abnahme von durch eine Partei beantragten, durch die Instruktionsrichterin respektive den Instruktionsrichter abgelehnten Beweismitteln.

  • Nach Abschluss des Beweisverfahrens haben die Parteien gemäss Art. 19 VerfRegl Gelegenheit zum mündlichen oder schriftlichen Schlussvortrag.


    Die DK urteilt nach Art. 20 Abs. 1 VerfRegl in geheimer Beratung, und sie entscheidet unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen sowie der Ergebnisse des Prüfverfahrens und Beachtung der Bestimmungen gemäss Art. 3 Doping-Statut nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Ihr Entscheid lautet gemäss Abs. 2 f. derselben Bestimmung auf Freispruch oder Verurteilung, wobei sie die im Doping-Statut oder im ansonsten anwendbaren Reglement vorgesehenen Sanktionen aussprechen kann.

    3. Einstellung


    Fällt ein Verfahren vor der Instruktionsrichterin respektive dem Instruktionsrichter oder dem Präsidenten oder der zuständigen Vizepräsidentin respektive dem zuständigen Vizepräsidenten infolge Gegenstandslosigkeit dahin, kann laut Art. 23 Abs.1 VerfRegl auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden. Abs. 2 derselben Bestimmung präzisiert, dass die Instruktionsrichterin respektive der Instruktionsrichter oder der Präsident oder die zuständige Vizepräsidentin respektive der zuständige Vizepräsident das Verfahren unter fakultativem Beizug eines Sekretariats abschreibt und über die angefallenen Kosten entscheidet. Mangels entsprechender DK-Rechtsprechung (die überdies nicht öffentlich zugänglich wäre) ist hinsichtlich Gegenstandslosigkeit in diesbezüglicher Anwendung von Art. 27 VerfRegl sinngemäss auf die ZPO, insb. deren Art. 206 Abs. 1 und 3 (siehe diesbezüglich anstelle Vieler KUKO ZPO-Gloor/Umbricht Lukas, Art. 206 N 3 ff., Art. 234 Abs. 2 (siehe diesbezüglich anstelle Vieler KUKO ZPO-Sogo/Naegeli, Art. 234 N 14 ff.) und Art. 242 (siehe diesbezüglich anstelle Vieler KUKO ZPO-Richers/Naegeli, Art. 242 N 1 ff.) abzustellen.


    Es stellt sich die Frage, weshalb es sich beim Verzicht auf eine mündliche Verhandlung bei Gegenstandslosigkeit um eine Kannvorschrift handelt. Eine mögliche Erklärung, wenn auch wohl vornehmlich theoretischer Natur, besteht in der Durchführung einer Verhandlung zwecks Entscheids über die angefallenen Kosten.

    D. Zirkularentscheid


    Laut Art. 21 VerfRegl kann die DK bei klaren Verhältnissen insbesondere aus prozessökonomischen Gründen auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten und einen Zirkularentscheid fällen, wenn sich sämtliche Parteien schriftlich damit einverstanden erklären. Gemäss Art. 22 VerfRegl sind diesfalls die Art. 16 bis 20 VerfRegl (Überweisung, Säumnis, ergänzende Beweisaufnahme, Schlussvortrag und Entscheid) sinngemäss anwendbar.

    E. Kosten, Eröffnung und Rechtsmittel

    1. Kosten

    a. Verfahrenskosten

    Fest- und Auferlegung der Kosten des Verfahrens vor der DK sind in Art. 26 Abs. 1 bis 3 VerfRegl festgeschrieben. Nach Art. 26 Abs. 2 letzter Satz VerfRegl kann der Spruchkörper in sinngemässer Anwendung von Art. 107 f. ZPO von den allgemeinen Verteilungsgrundsätzen abweichen, wenn die Umstände es rechtfertigen.


    Gemäss Art. 26 Abs. 3 e contrario VerfRegl erhebt die DK unter dem als Kannvorschrift formulierten Vorbehalt der Durchführung von Beweismassnahmen keinen Kostenvorschuss. Nach Abs. 1 derselben Bestimmung bewegen sich die Verfahrenskosten zwischen 250 und 6'000 Schweizer Franken, wobei letzterer Betrag in besonders aufwendigen Fällen überschritten werden kann.


    Die Kosten werden bei einer Verurteilung in Übereinstimmung mit Art. 26 Abs. 2 VerfRegl in der Regel der angeschuldigten Person auferlegt. Es stellt sich die Frage, was unter «in der Regel» zu verstehen ist. Mangels entsprechender Rechtsprechung (die überdies nicht öffentlich zugänglich wäre) ist in diesbezüglicher Anwendung von Art. 27 VerfRegl sinngemäss auf die ZPO, insb. deren Art. 105 bis 109, sowie auf die damit einhergehende Rechtsprechung und Lehre abzustellen (anstelle Vieler: KUKO ZPO-Schmid/Jent-Sørensen, Art. 105 N 109).


    Art. 26 Abs. 2 VerfRegl sieht vor, dass, kommt es nicht zu einer Verurteilung der angeschuldigten Person, die Kosten von Swiss Olympic übernommen oder dem betreffenden Sportverband oder Swiss Sport Integrity auferlegt werden

    b. Parteikosten

    Laut Art. 26 Abs. 4 f. VerfRegl stehen lediglich Swiss Sport Integrity (Abs. 4) sowie, bei Freispruch, der angeschuldigten Person (Abs. 5) der Ersatz ihrer Parteikosten zu. Der Anspruch der freigesprochenen Person besteht nach Abs. 5 nur, wenn diese das Verfahren nicht in rechtlich vorwerfbarer Weise veranlasst oder sonst dessen Durchführung erschwert hat. Im Übrigen kann Swiss Sport Integrity trotz der offenen Formulierung von Abs. 4 aufgrund allgemein anerkannter Grundsätze (vergleiche Art. 106 ZPO) mit dem Ersatz ihrer Parteikosten lediglich rechnen, wenn sie zumindest mit einem (grossen) Teil ihrer Rechtsbegehren obsiegt.

    c. Dopingkontrollkosten

    Die Dopingkontrollkosten werden in Übereinstimmung mit Art. 22.2 Doping-Statut erster Spiegelstrich bei abnormen Analyseresultaten dem fehlbaren Athleten auferlegt. Als solche Kosten gelten gemäss dem Kommentar zu dieser Bestimmung die Personal- und Materialkosten für die Probeerhebung, die Versandkosten der Probe, deren Analysekosten sowie sämtliche belegbaren Kosten in direktem Zusammenhang mit der Probeerhebung. Bei einem abnormen Analyseresultat handelt es sich laut der diesbezüglichen Definition im Anhang zum Doping-Statut um den Bericht eines durch die WADA akkreditierten oder anerkannten Labors, in dem festgehalten wird, dass in Einklang mit dem International Standard for Laboratories 2021 der WADA in einer Probe das Vorhandensein einer verbotenen Substanz, deren Metaboliten oder deren Marker beziehungsweise die Anwendung einer verbotenen Methode festgestellt wurde.


    Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich implizit, dass die Abwälzung der Dopingkontrollkosten auf den Athleten (unabhängig davon, ob es sich um ein Verfahren nach ABRM oder VerfRegl handelt) drei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen unterliegt. Es

  • liegt ein abnormes Analyseresultat vor,
  • wird ein Verstoss gegen Art. 2.1 Doping-Statut festgehalten,
  • wird zumindest leichtes Verschulden festgehalten.
  • 2. Eröffnung


    Art. 24 Abs. 1 lit. a VerfRegl sieht vor, dass der Entscheid oder die Einstellung des Verfahrens den Parteien (der betreffenden Sportorganisation auch bei Verzicht auf Teilnahme am Verfahren), der zuständigen internationalen Sportorganisation, der WADA und dem IOC oder dem IPC, wenn der Entscheid das Recht zur Teilnahme an Olympischen oder Paralympischen Spielen betrifft oder sonst Auswirkungen auf diese Spiele haben kann,mit schriftlicher Begründung und mittels eingeschriebenen Briefs zu eröffnen sind. Anders als die rein wörtliche Auslegung von Spiegelstrich 4 nahelegen könnte, sind Einstellungen dem IOC oder dem IPC ebenfalls zu eröffnen, weil per definitionem auch solche das Teilnahmerecht an deren Spielen betreffen, und weil deshalb anderweitig die ratio legis der Bestimmung ausgehöhlt würde. In der Praxis eröffnet die deutschsprachige DK-Abteilung ihre Urteile unter kurzer mündlicher Begründung inklusive Aushändigung des Dispositivs regelmässig bereits unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung. Zudem übersendet zumindest diese Abteilung die schriftlich begründeten Einstellungen und Entscheide vorab mittels ungesicherter E-Mail.


    Sobald die DK einen erstinstanzlichen Entscheid gefällt und den Parteien (das Dispositiv) eröffnet hat, informiert sie in Übereinstimmung mit Art. 24 Abs. 2 VerfRegl gleichzeitig Swiss Olympic (praxisgemäss die Direktion) über das Urteilsdispositiv, damit sich diese bei Bedarf über die Gründe des Entscheids informieren lassen kann. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich e contrario, dass Swiss Olympic weder über Einstellungen noch über zweitinstanzliche Entscheide informiert wird. Dieser Umstand mag erstaunlich scheinen, er lässt sich indes mutmasslich dadurch erklären, dass der verfahrensrechtlich an sich überflüssige Art. 24 Abs. 2 auf Ersuchen von Swiss Olympic in das VerfRegl aufgenommen wurde, und dass die Kammer ihn deshalb restriktiv ausgestaltete. Es dürfte im Übrigen nicht um Einflussnahme, sondern um einen zeitlichen Vorlauf bei kommunikativ heiklen Fällen gegangen sein.

    3. Rechtsmittel


    Abgesehen von jenem im vereinfachten Verfahren (vergleiche Rz. xx) können die Endentscheide der DK nach Art. 25 Abs. 1 VerfRegl beim CAS angefochten werden. Aus dieser Bestimmung folgt im Umkehrschluss, dass Zwischenentscheide nicht unmittelbar überprüfbar sind, zumindest scheinen keine CAS-Schiedssprüche zu existieren, die eine anderweitige Auslegung der Vorschrift nahelegen. Überdies entspricht diese Interpretation in ihrer ratio der konstanten Rechtsprechung und Lehre zu Art. 75 des ZGB Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (SR 210), wonach einzig abschliessende Vereinsbeschlüsse in Übereinstimmung mit dieser Vorschrift angefochten werden können (anstelle Vieler: BGE 144 III 433, Erw. 4.2, inklusive weiterführender Verweise).


    Art. 25 Abs. 2 lit. a VerfRegl sieht vor, dass die Legitimation zur Anfechtung und ergänzende Bestimmungen sich in Art. 13 Doping-Statut befinden. Somit geht nach der hier vorgenommenen Lesart bei Abweichungen das VerfRegl hinsichtlich der Rechtsmittel dem Doping-Statut vor. Diese Systematik mag auf den ersten Blick erstaunen, handelt es sich beim Statut doch um den zentralen Text in der privatrechtlichen Dopingbekämpfung in der Schweiz, und war dieses durch das Sportparlament von Swiss Olympic verabschiedet worden, wohingegen das VerfRegl durch die DK selbst verabschiedet wurde. Sie ist dennoch gerechtfertigt, weil Swiss Olympic der DK statutarisch Unabhängigkeit zugesteht, und weil sowohl das Doping-Statut als auch das VerfRegl zusammen mit den Ausführungsbestimmungen durch die WADA auf ihre globale Kompatibilität mit dem Welt-Anti-Doping-Programm überprüft sowie entsprechend gutgeheissen wurden.


    Art. 13 Doping-Statut unterscheidet in wenig systematischer Art und Weise zwischen

  • anfechtbaren Entscheiden (13.1),
  • der Legitimation zur Berufung inkl. Anschlussberufung (13.2),
  • dem Fehlen eines innerhalb angemessener Frist vorliegenden Entscheids (13.3),
  • Ausnahmebewilligungen zu therapeutischen Zwecken (ATZ, 13.4),
  • durch Swiss Olympic sanktionierten Mitgliedsverbänden (13.5) und
  • der Berufungsfrist (13.6).

  • Nachstehend wird der Versuch unternommen, die im Bereich der Dopingbekämpfung betreffend Berufung unmittelbar relevanten Vorschriften von Art. 13 in einen denkrichtigen Kontext zu stellen, ohne sich von der Systematik des Doping-Statuts mehr als notwendig zu entfernen.


    Nach den Art. 13.1 und 13.4 Doping-Statut können, par défaut ohne aufschiebende Wirkung in den beiden Fällen von Art. 13.1 sowie namentlich aus Gründen der Einheitlichkeit der Materie analog in den beiden diesbezüglich nicht geregelten Fällen von Art. 13.4, mittels Berufung angefochten werden

  • bei der DK Entscheide von Swiss Sport Integrity, die auf Grundlage des Doping-Statuts oder der dazugehörigen Ausführungsbestimmungen ergehen, dies unter Vorbehalt anderslautender Bestimmungen (Art. 13.1 lit. a),
  • beim CAS Entscheide der DK, die auf Grundlage des Doping-Statuts oder der dazugehörigen Ausführungsbestimmungen ergehen (Art. 13.1 lit. b),
  • bei der DK Entscheide von Swiss Sport Integrity, die eine ATZ ablehnen und nicht durch die WADA umgestossen werden (Art. 13.4 Abs. 2), sowie
  • beim CAS Entscheide der WADA, welche Ausstellung oder Ablehnung einer ATZ durch Swiss Sport Integrity umstossen (Art. 13.4 Abs. 1).

  • Wenn keine andere Partei diesen anficht, kann zudem die WADA laut Art. 13.1.2 Doping-Statut einen Entscheid von Swiss Sport Integrity direkt beim CAS anfechten.


    Die Berufungsfrist beträgt gemäss Art. 13.6 Abs. 1 Doping-Statut grundsätzlich 21 Tage seit schriftlicher Eröffnung des Entscheids, aber für die WADA gilt laut Abs. 2 derselben Bestimmung eine längere und dynamische Frist. Wenn Swiss Sport Integrity beziehungsweise die DK den Entscheid darüber, ob ein Verstoss gegen Anti-Doping-Bestimmungen vorliegt, nicht innerhalb einer angemessenen, durch die WADA bei Bedarf festgelegten Frist trifft, kann diese nach Art. 13.3 Doping-Statut direkt Berufung beim CAS einlegen. Soweit ersichtlich gelangte diese Bestimmung noch nie zur Anwendung, obwohl ein solches Vorgehen (aus der Aussenperspektive betrachtet) in Zusammenhang mit zwei medial ausführlich abgedeckten sowie offenbar immer noch nicht vollständig abgeschlossenen Fällen rund um einen ehemaligen Radprofi und einen (ehemaligen) Leichtathleten wohl durchaus angezeigt (gewesen) wäre.


    Berechtigt zur Berufung sind in Übereinstimmung mit Art. 13.2.1.1 Doping-Statut sowie unter Vorbehalt der ATZ-spezifischen und restriktiveren Bestimmungen von dessen Art. 13.4

    • die natürliche Person, welche Partei im vorinstanzlichen Verfahren war,
    • Swiss Sport Integrity,
    • der zuständige nationale Sportverband, wenn er sich am Verfahren von Swiss Sport Integrity oder der DK beteiligt hat,
    • der zuständige internationale Sportverband,
    • das IOC oder das IPC, wenn der Entscheid das Recht zur Teilnahme an den jeweiligen Spielen betrifft oder anderweitige Auswirkungen auf diese haben kann, und
    • die WADA.

    • Abs. 3 des Kommentars zu Art. 13 Doping-Statut schränkt ein, dass die Legitimation zur Berufung keine Athleten oder deren Verbände einschliesst, denen aus der Disqualifizierung anderer Athleten ein Vorteil entstehen könnte. Art. 13.2.2 Abs. 1 Doping-Statut legt fest, dass jede Partei, die gemäss dessen Art. 13 befugt ist, selbst Rechtsmittel einzulegen, im Berufungsverfahren vor dem CAS anlässlich der Berufungsantwort Anschlussberufung erheben kann. Obschon der CAS des CAS die Möglichkeit der Anschlussberufung nicht (mehr) vorsieht, bleibt sie in Dopingangelegenheiten somit (auch weltweit) ausdrücklich zulässig (siehe Art. 13.2.4 des Welt-Anti-Doping-Code 2021 der WADA sowie den dazugehörigen Kommentar). die Möglichkeit der Anschlussberufung nicht (mehr) vorsieht, bleibt sie in Dopingangelegenheiten somit (auch weltweit) ausdrücklich zulässig (siehe Art. 13.2.4 des Welt-Anti-Doping-Code 2021 der WADA sowie den dazugehörigen Kommentar).


      Im Rahmen einer Berufung nach Art. 13 Doping-Statut entscheiden laut dessen Art. 13.1.1 sowohl die DK als auch der CAS mit uneingeschränkter Kognition de novo, womit sie insbesondere neue Tatsachen sowie Beweismittel berücksichtigen können und nicht an die rechtliche Würdigung der Vorinstanz gebunden sind (siehe bezüglich Einzelheiten zu den Befugnissen des CAS anlässlich von Berufungen Cortada, Rz. xx).

      V. Würdigung


      Abgesehen von den im Rahmen dieses Beitrags aufgezeigten, punktuellen Schwächen handelt es sich bei den Verfahren insb. vor der DK um Instrumente, die sich über viele Jahre hinweg für die Zwecke der privatrechtlichen Dopingbekämpfung bewährt sowie fortlaufend weiterentwickelt haben, und zwar nicht zum Nachteil der betroffenen Personen, so Athleten und Betreuer. Diese Feststellung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass kein Reformbedarf bestehen würde, allerdings ist dieser primär materiellrechtlich zu situieren.


      Das Verfahren von Swiss Sport Integrity im Resultatmanagement und diejenigen vor der DK weisen indes zwei fundamentale Schwächen auf. Einerseits finden keine öffentlichen Verhandlungen statt, andererseits und vor allem sind die begründeten Entscheide nicht öffentlich zugänglich. Anders ausgedrückt ist es zukünftigen Parteien sowie der breiten Öffentlichkeit nur dann (und nur indirekt) möglich, die Erwägungen von Swiss Sport Integrity und der DK in ihre eigenen Verfahren einfliessen zu lassen respektive nachzuvollziehen und einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, wenn ein Verfahren bis an den CAS gelangt und dieser entscheidet, seinen Schiedsspruch zu veröffentlichen.


      Es existieren nachvollziehbare Gründe gegen die öffentliche Verhandlung des Resultatmanagements und die Veröffentlichung der begründeten Entscheide. So kann argumentiert werden, dass Aufwand und Nutzen einer solchen Praxis in keinem Verhältnis stehen würden, sowie dass mit der DK und dem CAS gleich zwei (mit dem Bundesgericht sogar drei) Rechtsmittelinstanzen bestehen, welche die Entscheide von Swiss Sport Integrity noch umstossen können. Ausserdem würden öffentliche Verhandlungen und die Veröffentlichung von begründeten Entscheiden Swiss Sport Integrity wohl in einer ihrer Kernaufgaben, nämlich der effektiven und effizienten Bekämpfung von Doping, einschränken, weil diesbezüglich sensible Informationen dopenden Athleten resp. ihrem Umfeld Rückschlüsse auf die Vorgehensweise von Swiss Sport Integrity erlauben würden. Nicht zuletzt laufen im Stadium des Resultatmanagements regelmässig parallel straf- und/oder verwaltungsrechtliche Verfahren nach den Art. 20 und 22 des Bundesgesetzes über die Förderung von Sport und Bewegung (SR 415.0), zu denen Swiss Sport Integrity beigezogen wird (Strafrecht, vergleiche auch Rz. xx) respektive die durch Swiss Sport Integrity selbst geführt werden (Verwaltungsrecht). Öffentlich nachvollziehbares Resultatmanagement wäre folglich auch hinsichtlich des Untersuchungs- und des Amtsgeheimnisses (zur Problematik der Unterstellung von Swiss Sport Integrity unter das Amtsgeheimnis hinsichtlich ihrer verwaltungsrechtlichen Tätigkeit siehe: Contat/Steiner, S. 371; Contat/Pamberg/Pfister/Steiner, S. 172) problematisch.


      Die vorstehenden Gründe mögen für das Verfahren im Resultatmanagement richtig sein, für diejenigen vor der DK hingegen können sie höchstens teilweise Geltung in Anspruch nehmen. Einerseits kann sich eine gerichtsähnliche Instanz hinsichtlich der Öffentlichkeit ihrer Verfahren nicht auf eine Kosten-Nutzen-Rechnung berufen. Andererseits handelt es sich bei der DK um die letztinstanzliche, sogenannte Verbandsgerichtbarkeit in der Schweiz (vergleiche Rz. xx), danach steht nur noch der Weg zum CAS, ein echtes Schiedsgericht, und anschliessend zum Bundesgericht (mit allerdings sehr eingeschränkter Kognition) offen. Auch die Sensibilität der aktenkundigen Informationen darf in diesem Stadium keine Rolle mehr spielen, gegebenenfalls wären durch die DK entsprechende, punktuelle Vorkehrungen zu treffen. Schliesslich sind Straf- und/oder Verwaltungsverfahren in aller Regel abgeschlossen, bevor eine Angelegenheit bei der DK anhängig wird, womit auch das Untersuchungs- und das Amtsgeheimnis in diesem Stadium höchstens noch von punktueller Relevanz sind. Insbesondere bei der Nichtveröffentlichung ihrer Entscheide durch die DK handelt es sich nach der hier vertretenen Ansicht um ein grundlegendes Problem, das namentlich in Zusammenhang mit rechtsstaatlich zentralen Aspekten wie der Rechtssicherheit sowie dem Willkürverbot nicht hinnehmbar und durch die zuständigen Akteure schnellstmöglich anzugehen ist.


      Die vorstehenden Überlegungen mögen den Schluss nahelegen, dass es wegen der fehlenden Transparenz der DK-Verfahren nicht möglich sein kann, konkrete Aussagen zu einzelnen, verfahrensrechtlichen Aspekten zu treffen. Dieser Einschränkung ist bei der Reflexion des Beitrags tatsächlich Rechnung zu tragen. Allerdings hat der Autor in den letzten rund 15 Jahren eine dreistellige Zahl an Verfahren vor der DK (mit)geführt, was die Einschränkung relativieren dürfte. Er hegt zudem die Hoffnung, insbesondere den Praktikern einige Anregungen mitzugeben, welche über die rein abstrakte Abhandlung einzelner Vorschriften hinausgehen.