Kommentarwerk Onlinekommentar

Besonderer Teil: andere Gerätschaften

Schlauch- und Strandboote

Zitiervorschlag: Jonas Fischer, Stand Up Paddling,
in: Anne Mirjam Schneuwly (Hrsg.), Wassersportkommentar, https://wassersportkommentar.ch/BT_schlauch-und-strandboote, 1. Aufl., (publiziert am 19. Juli 2024).


Kurzzitat: Fischer, Rz. xx.


Literatur

Anderegg Mirco, Schadenabwehr: Zwischen Schadenprävention und Schadenminderung, HAVE 2015, S. 117–123; Burgermeister Daniel, Stand Up Paddling, in: Schneuwly Anne Mirjam (Hrsg.), Wassersportkommentar; Gefeller Katja, Wassersport auf öffentlichen Gewässern, in: Schneuwly Anne Mirjam (Hrsg.), Wassersportkommentar; Koch Patrick, Skitouren, in: Schneuwly Anne Mirjam/Müller Rahel (Hrsg.), Bergsportkommentar; Märki Raphaël/Wyss Karl-Marc, Bungeesurfen im Recht, Eine verwaltungsrechtliche Einordnung des Bungeesurfens im Kanton Bern sowie haftpflicht- und versicherungsrechtliche Hinweise, in: Jusletter vom 8. April 2019; Müller Rahel, Bergsportrecht: Einführung und Grundlagen, in: Schneuwly Anne Mirjam/Müller Rahel (Hrsg.), Bergsportkommentar; Schneuwly Anne Mirjam, Kitesurfen (Drachensegelbrett), in: Schneuwly Anne Mirjam (Hrsg.), Wassersportkommentar; Vuille Miro, Wandern, in: Schneuwly Anne Mirjam/Müller Rahel (Hrsg.), Bergsportkommentar;

Materialien

BAV, Ein paar Regeln für die sichere Flussfahrt im Gummiboot (zit. BAV, Regeln für Gummiboote); Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 31. Oktober 2022 zur parlamentarischen Initiative: Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken, BBl 2023 13; BFU, Ratgeber: Gummiboot fahren – Sicher böötlen auf dem Fluss (zit. BFU, Ratgeber); Kunststoffe in der Umwelt: Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Postulate 18.3196 Thorens Goumaz vom 14.03.2018 18.3496 Munz vom 12.06.2018 19.3818 Flach vom 21.06.2019 19.4355 CVP-Fraktion vom 27.09.2019, Bern 23. September 2022 (zit. Kunststoffe in der Umwelt); Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Februar 2023 zum Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 31. Oktober 2022, BBl 2023 437

I. Grundsätzliches zu Schlauch- und Strandbootfahrten


Ob auf Aare, Limmat, oder Rhein, auf Reuss oder Rhone: Sobald sommerliche Temperaturen zum Verbleib an den vielfältigen Gewässern der Schweiz laden, gehören die farbigen Schlauch- und Strandboote inzwischen fest zum Bild hochsommerlicher Freizeitbeschäftigung auf Schweizer Gewässern. Zugegeben – bei deren grosszügigen Subsumierung unter dem Sammelbegriff «Wassersport» dürfte die Betonung freilich eher auf «Wasser», denn auf «Sport» liegen: Abgesehen vom Auswassern der Boote und gelegentlichen Manövern bedingt eine Schlauch- oder Strandbootfahrt insb. auf fliessenden Gewässern kaum körperliche Ertüchtigung, sondern dient der «Besatzung» vornehmlich zur Entspannung. Vermehrt hören die Menschen auf den Booten auch Musik und bringen elektronische Geräte, sowie Verpflegung und alkoholische Getränke mit.


Trotz unbestrittener Beliebtheit und entsprechend flächendeckender Verbreitung solcher Bootsfahrten dürften sich jedoch die wenigsten Schlauchbootkapitän*innen im Vorfeld über die rechtlichen Dimensionen ihrer Aktivität informiert haben, weshalb in Bezug auf die Rahmenbedingungen zu Strand- und Schlauchbootfahrten nach wie vor ein erheblicher Informations- und Aufklärungsbedarf besteht. Die Tatsache, dass das umgangssprachlich als «Böötlen» bzw. «Gummibootfahren» bezeichnete Unterfangen dabei nicht gänzlich ungefährlich ist, zeigen Erhebungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU: Jährlich ertrinken in der Schweiz im Durchschnitt vier Personen während ihrer Bootsfahrt auf Seen und Flüssen (BFU, Ratgeber). Abgesehen von den Rechtsgütern, die der schweizerische Gesetzgeber im Hinblick auf «Besatzung» sowie das unmittelbar tangierte Umfeld aus Schwimmer*innen oder Bootskolleg*innen schützen will, kommen zusätzliche, entsprechend weniger intuitive Rechtsgüter dazu, welche aus juristischer Perspektive ebenso erwähnenswert scheinen.


Vorausgesetzt die einschlägige Berichterstattung ist zutreffend und ausgewogen, lässt sich eine in den letzten Jahren zunehmende Verunzierung der natürlichen Gewässerufer mit Teilen oder ganzen Einheiten solcher verlassenen Strand- oder Schlauchbootarten konstatieren – ein Zustand, welcher zum einen gegen Entsorgungs- bzw. abfallrechtliche Bestimmungen verstösst (siehe hierzu weiter nachfolgend Rz. 34 ff.). Zum anderen bietet die Schweiz mit ihren stark diversen Gewässerarten einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten ein Habitat, welche im Rahmen von Naturerhaltungsbemühungen ebenfalls als schützenswert eingestuft werden. Anders als in der viel alltäglicheren Situation des Strassenverkehrs besteht auf Schweizer Gewässern eine ziemliche Diskrepanz zwischen der Geltung bestehenden Rechts und dem entsprechenden Bewusstsein betroffener Rechtsadressaten über die Einzelheiten dieser juristischen Bestimmungen im öffentlichen Raum. Gewiss schützt auch in diesem Falle Unwissen vor Torheit nicht, gleichzeitig werden die meisten Menschen dieses ausschliesslich im Sommer praktizierte Freizeitvergnügen kaum von sich aus einer rechtlichen Analyse unterziehen.


Erfreulich ist deshalb, wie sehr sich tangierte Behörden und Stellen um eine breite und verständliche Aufklärung der Bevölkerung in Bezug auf Schlauchboot- und Strandbootfahrten bemühen: So verweist beispielsweise das Bundesamt für Verkehr (BFV) auf seinem Webauftritt direkt auf die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU), welche sich nebst eigenen Informationskampagnen wiederum mit den «6 Flussregeln» der Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG SSS) verlinkt hat, welche im Folgenden aufgezählt werden sollen:

  • «Schlauchbootfahrer müssen mit einer Rettungsweste ausgerüstet sein!
  • Die auf dem Boot vorgeschriebene Nutzlast darf nicht überschritten werden.
  • Boote nicht zusammenbinden! Sie sind sonst nicht mehr manövrierfähig.
  • Unbekannte Flussabschnitte müssen vor der Fahrt zuerst erkundet werden.
  • In freie Gewässer (Flüsse, Weiher und Seen) wagen sich nur gute und geübte Schwimmer.
  • Unterkühlung kann zu Muskelkrampf führen. Je kälter das Wasser, umso kürzer der Aufenthalt im Wasser.»

II. Öffentlich-rechtliche Regelungen


Den juristischen Rahmen sowie Fragen der Begriffsbestimmung für das Schlauchboot- und Strandbootfahren auf Binnengewässer legen grundsätzlich das Binnenschifffahrtsgesetz sowie seine Verordnung fest. Wird auf «internationalen Gewässer» gefahren, sind auch das internationalen Reglement über die Schifffahrt auf dem Langensee und dem Luganersee (SR 0.747.225.1), die Bodensee-Schifffahrts-Ordnung ( BSO; SR 747.223.1) sowie das Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik betreffend die Schifffahrt auf dem Genfersee vom 7. Dezember 1976 (SR 0.747.221.1) und das darauf basierende Reglement über die Schifffahrt auf dem Genfersee (SR 0.747.221.11) zu beachten, wobei sich diese Normen grösstenteils mit den Binnenschifffahrtsregelungen decken.


Die Kantonalen Regelungen finden sich in Einführungsgesetzen oder kantonalen Schifffahrtsgesetzen bzw. -verordnungen wie bspw. das Einführungsgesetz des Kantons Aargau zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt (SAR 997.100), das Gesetz des Kantons Bern über die Schifffahrt und die Besteuerung der Schiffe (BSG 767.1), die Verordnung des Kantons Luzern über die Schifffahrt (SRL Nr. 787) oder das Ausführungsgesetz des Kantons Freiburg zur Bundesgesetzgebung über die Binnenschifffahrt (SGF 785.1).

A. Begriffsbestimmung

1. Definition der Schlauch- und Strandbote laut Schifffahrtsregelung


Als Schlauchboot im Sinne des Gesetzes gilt gem. Art. 2 Abs. 1 lit. a Ziff. 13 «ein aus mehreren separaten Luftkammern mit oder ohne feste Bauteile bestehendes aufblasbares Schiff», als Strandboot gem. Art. 2 Abs. 1 lit. a Ziff. 20 «ein aus einer zusammenhängenden Luftkammer bestehendes Schlauch-, Vergnügungs- oder Badegerät, das aus einem trägerlosen, nicht verstärkten Werkstoff hergestellt ist»; wobei Luftmatratzen, Schwimmhilfen und dergleichen im Sinne der BSV ausdrücklich als Strandboote gelten. Zur genauen Abgrenzung konkreter Gefährte, lohnt sich ein Blick in Art. 2 Abs. 1 lit. a BSV, da die Aufzählung nebst Schlauch- und Strandbooten noch über 20 andere Fahrzeugarten kennt, welche sich in ihren Definitionen teilweise ähneln oder sich begrifflich aufeinander beziehen. In Bezug auf die Einhaltung der zulässigen Nutzlast, auf welche sowohl kantonale Polizeicorps als auch die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG SSS) sowie die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) verweist, ist auf die Boote selbst zu verweisen: Die Nutzlast ist auf dem Schlauch- oder Strandboot angegeben.


Die Schlauch- und Strandboote sind von den Rafts im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. a Ziff. 12 BSV klar zu unterscheiden. Ein Raft ist «ein nicht motorisiertes, aufblasbares Schiff, das für den Einsatz auf Wildwasser bestimmt ist, und bei dem die Insassen in der Regel auf den Längsschläuchen sitzen». Auch wenn das Raft äusserlich wie ein Schlauchboot aussieht, muss es widerstandsfähiger sein als ein gemeines Schlauchboot und wahrscheinlich aus verstärktem Werkstoff hergestellt sein, da das Raft im Wildwasser über teilweise kantige Steine gleiten wird und dabei nicht gleich aufreissen sollte. Es geht aber dabei nicht primär um die Erscheinung des Bootes sondern die Verwendung, denn die Wildwasserfahrt bzw. das River-Rafting auf gefährlichen Fliessgewässern (insb. auf Fliessgewässern ab dem Schwierigkeitsgrad Wildwasser III gemäss Anhang 3 Risikoaktivitätenverordnung) ist als sog. Risikoaktivität einzustufen. Bei Gewerbsmässigkeit sind das Risikoaktivitätengesetz und die Risikoaktivitätenverordnung heranzuziehen, welche die Bewilligungs-, Zertifizierungs- und Versicherungspflichten festlegen (siehe hierzu Müller Rz. 9; mehr auch nachfolgend im Exkurs unter Rz. 38 ff.).

2. Uferzone


Umgangssprachlich wird das «Bööteln» als Fortbewegung auf Fliessgewässer wie der Aare oder der Limmat verstanden. In diesem Kontext ist die Abgrenzung von Uferzonen (innere und äussere) kaum von Relevanz. Da aber Schlauch-und Strandboote auch auf Stehgewässer in Verkehr gebracht werden, beispielsweise um damit eine kleine Insel wie die île d’Ogoz im Greyerzer See oder die Schönenwerd Insel im Zürichsee anzusteuern, ist die Begriffsbestimmung der Uferzonen durchaus gerechtfertigt.


Als innere Uferzone gilt gemäss Art. 53 Abs. 1 BSV (siehe auch Art. 1 lit. t und lit. u des internationalen Reglements über die Schifffahrt auf dem Langensee und dem Luganersee; SR 0.747.225.1) der Gewässergürtel bis zum Abstand von 150 m vom Ufer und als äussere Uferzone gilt der Gewässergürtel ausserhalb der inneren Uferzone bis zum Abstand von 300 m vom Ufer, von Wasserpflanzenbeständen, die dem Ufer vorgelagert sind oder von Einbauten im Gewässer (vgl. Gfeller, Rz. 25). Interessant ist einerseits, dass auf dem Bodensee nicht zwischen der inneren und äusseren Uferzone unterschieden wird, sondern dass allgemein die Uferzone als Gewässergürtel bis zum Abstand von 300 m Abstand vom Ufer oder einem dem Ufer vorgelagerter Schilfgürtel bezeichnet wird (Art. 6.11 Abs. 1 Bodensee-Schifffahrts-Ordnung [BSO]; SR 747.223.1). Andererseits wird im Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik betreffend die Schifffahrt auf dem Genfersee vom 7. Dezember 1976 (SR 0.747.221.1) und das darauf basierende Reglement über die Schifffahrt auf dem Genfersee (SR 0.747.221.11) der Begriff Uferzone nicht definiert (vgl. Gfeller, Rz. 25).

B. Zulassung und Beschränkung von Strand- und Schlauchbooten auf Schweizer Gewässer


In der Regel erlässt der Regierungs- oder Staatsrat Verkehrs- oder Zulassungsbeschränkungen, wie die Beschränkungen des Verkehrs mit nicht kennzeichnungspflichtigen Schiffen wie Paddelbooten, Kajaks, Windsurfern, Strand- und ähnlichen kleinen Vergnügungsbooten (siehe z.B. § 9 Einführungsgesetz des Kantons Zug zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt, BGS 753.1; Art. 8 Ausführungsgesetz des Kantons Freiburg zur Bundesgesetzgebung über die Binnenschifffahrt; SGF 785.1). Allgemein gilt, dass Strand- und Schlauchboote nur dort ins Wasser gesetzt werden oder anlegen dürfen, wo die Ufer sowie die Pflanzen- und Tierwelt nicht beeinträchtigt werden (§ 2 Einführungsgesetz des Kantons Aargau zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt, SAR 997.100; § 9 Abs. 1 Verordnung über die Schifffahrt; SRL Nr. 787; Art. 5 Abs. 1 Gesetz des Kantons Bern über die Schifffahrt und die Besteuerung der Schiffe, BSG 767.1; Art. 8 Ausführungsgesetz des Kantons Freiburg zur Bundesgesetzgebung über die Binnenschifffahrt; SGF 785.1).


In Luzern ist bspw. die Schifffahrt auf den stehenden Gewässern im Rahmen der eidgenössischen und kantonalen Vorschriften frei, während das Befahren der Fliessgewässer mit Schiffen und Flossen untersagt ist (§ 5 Abs. 1 und 2 Verordnung des Kantons Luzern über die Schifffahrt; SRL Nr. 787). Auf der Kleinen Emme und der Reuss ab St.-Karli-Brücke flussabwärts sind motorlose Schlauchboote, Paddelboote, Strandboote und dergleichen ohne Bewilligung erlaubt (§ 5 Abs. 3 lit. d Verordnung des Kantons Luzern über die Schifffahrt; SRL Nr. 787).

C. Verkehrsregeln


Auch wenn es den Strand- und Schlauchbootkapitän*innen nicht immer bewusst ist, haben sie sich an geltende Verkehrsregeln zu halten und bewegen sich keinesfalls in einem rechtsfreien Raum:

1. Allgemeine Verkehrsregeln


Auch für Schlauch- und Strandboote gilt das allgemeine Fahrverbot, wo das Zeichen (Verbot der Durchfahrt) mit drei übereinander liegenden Balken (rot-weiss-rot, siehe Anhang 4 BSV, A.1) aufgeführt ist (Burgermeister, Rz. 14).


Schlauchbootkapitän*innen müssen ausserdem die Vortrittsregeln in Art. 44 BSV (unter ausdrücklichem Vorbehalt von Art. 43 BSV) beachten. Insbesondere haben Kursschiffe auf Schweizer Gewässern gegenüber anderen Vorrangschiffen (Art. 2 Abs. 1 lit. a Ziff. 22 BSV) immer den Vortritt. Ihnen muss für ihre Manöver immer ausreichend Raum gelassen werden, da diese in Flüssen schwerlich ausweichen können und zudem insbesondere stromabwärts einen langen Bremsweg haben (BAV, Regeln für Gummiboote). Aber auch bei Stehgewässern gilt der Vortritt von Kursschiffen.

2. Kennzeichnung der Schlauch- und Strandboote


Strandboote und dergleichen gelten als Schiffe ohne Immatrikulationspflicht (Art. 16 Abs. 2 lit. c BSV). Schlauchboote werden unter Art. 16 BSV nicht gesondert aufgeführt, ob sie als «Strandboote und dergleichen» subsummiert werden können, ist unklar. Auf alle Fälle sind Schlauchboote aber von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen, wenn sie nicht gewerbsmässig eingesetzt werden, nicht motorisiert sind, ihre Rumpflänge 4 m nicht übersteigt und wenn sie auf Fliessgewässer, Kanälen oder in der inneren Uferzone verkehren, oder sich nicht weiter als 150 m von einem Begleitschiff fortbewegen (Art. 16 Abs. 2bis BSV).


Schlauch-und Strandboote müssen mit Namen und Adresse der Eigentümerschaft bzw. des «Halters» beschriftet sein (Art. 16 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 lit. d BSV), wobei das Bundesamt für Verkehr in diesem Zusammenhang auch die Angabe einer Telefonnummer empfiehlt (BAV-News Juni 2020). Der Sinn dieser Empfehlung liegt darin, beim Auffinden eines herrenlosen Gummibootes rasch nachvollziehen zu können, ob die Eigentümerschaft dieses als verloren gemeldet hat, oder letzter allenfalls als selbst in Gefahr geraten oder gar als vermisst gemeldet werden muss (BAV-News Juni 2020). Damit wird die Arbeit der Polizei- und Rettungskräfte unterstützt (BAV-News Juni 2020) sowie unnötige Such- und Rettungsaktionen vermieden (Märki/Wyss, Rz. 21).


Wenn ein Boot verloren geht oder führerlos den Fluss hinuntertreibt, bittet das kantonale Polizeicorps, dies sofort unter der Nummer 112 oder 117 zu melden. Genauso wichtig ist allerdings auch die Entwarnung der Behörden, damit diese nicht vergebens nach verunfallten oder vermissten Personen suchen (Information der Kantonspolizei Bern).

3. Rettungswestenpflicht


Das Bundesamt für Verkehr (BAV) empfiehlt das Tragen einer Schwimmweste generell für alle Personen, welche auf Flüssen unterwegs sind (BAV, Regeln für Gummiboote). Diese Empfehlung geht dem Grundsatz von Art. 134 Abs. 4 BSV nach, gemäss jenem auf Schiffen für jede an Bord befindliche Person ein Einzelrettungsmittel oder ein Platz in einem Sammelrettungsmittel vorhanden sein muss. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Schiffe und insbesondere Schlauchboote, die auf Seen in der inneren und äusseren Uferzone verkehren (Art. 134 Abs. 4bis BSV). Da Art. 134 Abs. 4bis BSV direkt auf Art. Art. 16 Abs. 2bis BSV verweist, sind Strandboote (Art. 16 Abs. 2 lit. c BSV) eigentlich nicht von dieser Ausnahme umfasst.


Dementsprechend gilt die Rettungswestenpflicht für Strandboote auf Fliess- und Stehgewässer – also immer. Für Schlauchboote hingegen gilt die Pflicht nur auf Fliessgewässern, Kanälen und Seen ausserhalb der äusseren Uferzone. Zwischen dem Ufer und der äusseren Uferzone (300 m) ist davon auszugehen, dass keine Rettungswestenpflicht besteht.


Aber wie nachstehend noch erläutert wird (Rz. 22), besteht für Schlauchboote auf Seen ein Fahrverbot ausserhalb der inneren Uferzone – es sei denn das Schlauchboot verkehrt nicht weiter als 150 m von einem Begleitboot. Keine Rettungswestenpflicht besteht also für Schlauchboote auf Seen innerhalb der inneren Uferzone (150 m). Zwischen der inneren und der äusseren Uferzone bleibt die Regelung uneindeutig.


Die Beratungsstelle für Unfallverhütung allerdings betont, dass nur gerade 20% der Bootsführer*innen auf Flüssen eine Rettungsweste tragen (BFU, Ratgeber). Ob daraus auch Rückschlüsse über ein grundsätzliches Vorhandensein, bzw. das obligatorische Mitführen von Rettungswesten als vorgeschriebenes Einzelrettungsmittel möglich sind, ist kaum zu beantworten. Vielmehr fehlt es an einem Bewusstsein über die Nützlichkeit von Rettungswesten –– und an der Einsicht, wie mühelos ein Grossteil tödlicher Bootsunfälle damit hätten verhindert werden könnten, da die Besonderheit der Rettungsweste in ihrem Design selbst liegt: Gut verarbeitete Westen drehen Personen im Wasser automatisch auf den Rücken, womit auch Ohnmächtige im Zweifelsfalle freie Atemwege haben (BFU, Ratgeber).

4. Fahrerlaubnis und Fahrverbot abgeleitet aus der Kennzeichnungs- und Rettungswestenpflicht


Grundsätzlich gilt, dass nur Schiffe auf einem öffentlichen Gewässer eingesetzt werden dürfen, welche von der zuständigen Behörde zugeteilten Kennzeichnung versehen sind (Art. 16 Abs. 1 BSV). Die Kennzeichnungspflicht impliziert ein Fahrverbot für Schiffe, die nicht explizit gemäss Art. 16 Abs. 2 und 2bis BSV davon ausgenommen sind. Des Weiteren ist aus der Rettungswestenpflicht (Art. 134 BSV) die rechtliche Begrenzung der Strand- und Schlauchbootfahrten abzuleiten.


Strandboote sind gemäss Art. 16 Abs. 2 lit. c BSV von der Kennzeichnungspflicht explizit ausgenommen, entsprechend ist davon abzuleiten, dass sie überall (Fliessgewässer, Kanäle, Seen) verkehren dürfen – Ausgenommen es gilt ein, von der Gemeinde festgelegtes Fahrverbot (siehe nachstehend Rz. 23 f.). Ausserdem wird das Mitführen von Rettungsgeräten vorausgesetzt (Art. 134 Abs. 1 BSV).


Bei Schlauchbooten ist davon auszugehen, dass der am 12. Februar 2019 eingeführte Art. 16 Abs. 2bis BSV heranzuziehen ist. Somit dürfen Schiffe mit einer Rumpflänge bis zu 4 m von auf Fliessgewässer, Kanälen und in der inneren Uferzone (d.h. innerhalb von 150 m des Ufers) verkehren. Schlauchboote können auch ausserhalb der inneren Uferzone verkehren, wenn sie im Abstand von höchstens 150 m von einem Schiff begleitet werden – m.a.W. von einem Begleitboot betreut werden. Grund dafür ist vermutungsweise, dass unvorsichtige Schlauchbootführer*innen sich überschätzen und weit vom Ufer in Seenot geraten, sodass die Seepolizei gerufen werden muss. Auf Fliessgewässer und kleinerer Stehgewässer (Teich oder kleine Seen, die nicht 300 m Durchmesser übersteigen) – wo die meisten Strand- und Schlauchboote anzutreffen sind – kommt das Schlauchboot nicht über die innere Uferzone hinaus, weshalb diese Regel auch wenig bekannt ist. Das Tragen oder Mitführen von Rettungsmittel ist nun gemäss Art. 134 Abs. 4bis BSV nur vorgeschrieben, wenn sich das Schlauboot ausserhalb der äusseren Uferzone ( 300 m des Ufers) befindet.

D. Verhaltensregeln

1. Sorgfaltspflicht


Schiffsführer*innen sind angehalten, alle Vorsichtsmassnahmen zu treffen, welche die allgemeine Sorgfaltspflicht gebieten, damit niemand gefährdet, kein fremdes Gut beschädigt, die Schifffahrt nicht behindert, und die Umwelt nicht gestört wird (Art. 22 Abs. 1 BSV). Bei Vorliegen unmittelbarer Gefahr, sind sie dazu ermächtigt alles vorzukehren, um Schaden abzuwenden (Schadenabwehr), selbst wenn dabei geltende Vorschriften verletzt werden müssen (Art. 22 Abs. 2 BSG; zu Schadenabwehr siehe insb. Anderegg, S. 117 ff.).

2. Rettungspflicht


Im Falle einer Gefährdung von Menschen durch einen Unfall, regelt Art. 23 Abs. 1 BSG, dass Schiffsführer*innen und Mannschaft alles aufzubieten haben, um sie zu retten. Bei Menschen, welche auf Gewässern in Gefahr sind, gilt diese Pflicht gem. Art. 23 Abs. 2 BSG, sofern eine Rettung zumutbar und die Sicherheit des eigenen Schiffs damit nicht gefährdet wird.

3. Genuss von alkoholischen Getränken und Betäubungsmitteln


In Art. 40a BSV ist das Verbot in fahrunfähigem Zustand inklusive der allgemeinen Grenzwerte infolge Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss geregelt. Für Schlauch- und Strandbootführer*innen gilt ebenfalls, wer ein Boot führt oder sich an dieser Aufgabe beteiligt, fahrtüchtig sein muss. Diese Auflage lässt sich freilich nicht damit umgehen, dass die Verantwortung schlicht nicht auf eine oder mehrere Personen verteilt, oder stillschweigend ignoriert wird. Abgesehen davon, dass auf jedem Fluss früher oder später gewisse Manöver unvermeidlich sind, schreibt der Gesetzgeber in Art. 16 Abs. 1 BSG denn auch vor, dass jedes Schiff einen verantwortlichen Führer haben muss, und dass gem. Art. 16 Abs. 2 BSG als solcher gilt, wer die tatsächliche Befehlsgewalt innehat. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung empfiehlt deshalb, den Genuss von Alkohol oder Drogen auf einen Zeitpunkt nach der eigentlichen Fahrt zu verschieben (BFU, Ratgeber).

E. Unterhalt der Gewässer und Umgang mit Hindernissen


    In Art. 5 Abs. 1 BSG führt der Gesetzgeber den Begriff der «Schiffbarkeit» ein und meint damit, dass die betroffenen Uferkantone in der Pflicht sind, die Gewässer schiffbar zu erhalten und die erforderlichen Signale anzubringen – freilich unter der Voraussetzung, dass die Schifffahrt auf dem entsprechenden Gewässer möglich, bzw. nicht eingeschränkt oder verboten ist. Art. 5 Abs. 2 BSG stellt zudem klar, dass der massgebliche Kanton für den mangelhaften Unterhalt seines Gewässers haftet, und im Übrigen das Obligationenrecht zur Anwendung kommt. Die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG SSS) hat eine aktuelle und leicht verständliche Übersicht über die wichtigsten Signale auf Flüssen zusammengestellt. Bspw. müsse die Verbotszeichen für die Benutzer*innen der Wasserflächen sichtbar und klar erkennbar sein (siehe hierzu Burgermeister, Rz. 14, der zur Veranschaulichung auf einen Entscheid Kantonsgericht BL verweist).

1. Haftung des Staates


Art. 5 BSG dürfte im Hinblick auf Schlauch- und Strandbootfahrten auf mehreren Ebenen relevant sein. Es stellt zum einen die Haftungsfrage, des Staates bzw. der Kantone wenn etwa ein*e Schlauchbootkapitän*in auf einem Fluss verunfallt, obwohl die entsprechende Signalisation vom zuständigen Kanton zwar angebracht wurde, diese jedoch vom sommerlichen Bewuchs angrenzender Vegetation vollständig verdeckt wurde und somit auch aus Perspektive eines unbehelligten Dritten nicht erkennbar war, dass der zuständige Kanton dort einen Hinweis geben wollte (in diesem Hinblick kann ebenfalls auf Burgermeister, Rz. 14 verwiesen werden, der zur Veranschaulichung auf einen Entscheid Kantonsgericht BL verweist).


Eine andere denkbare Konstellation staatlicher Haftungsfälle auf Gewässern stellen zudem die neuralgischen Auswasserungszonen dar, deren oft naturbelassener Untergrund durch die zahlreichen Abriebbewegungen aussteigender Menschen mit Booten rasch aufweichen und glitschig werden, womit nicht nur das unmittelbare Unfallrisiko für das korrekte und sichere Auswassern besteht, sondern der daraus resultierende Zeitverlust erfahrungsgemäss zu einem Rückstau nachfolgender Boote führt, denen das Auswassern damit erheblich erschwert oder verunmöglicht wird. Solche Situationen verleiten vor allem wenig erfahrene Bootskapitäne in der Hitze des Gefechts nur allzu leicht zu gefährlichen Manövern. Dem Unterhalt der Gewässer in Art. 5 BSG und insbesondere der Signalisation sowie der Sicherung bekannter Nadelöhre kommt damit für die Aufrechterhaltung der Sicherheit eine erhöhte Bedeutung zuteil.

2. Räumung durch den Staat


Art. 6 Abs. 1 BSG gibt den Kantonen mit Gewässerhoheit das Recht, festgefahrene, gesunkene oder betriebsuntaugliche Schiffe und andere Gegenstände, welche die Schifffahrt behindern oder gefährden, auf Kosten des Halters und des Eigentümers zu entfernen, falls diese ihrer Pflicht nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommen, wobei Art. 6 Abs. 2 BSG zusätzlich festhält, dass die zuständigen Behörden bei Vorliegen unmittelbarer Gefahr oder bei Unerreichbarkeit von Halter und Eigentümer unverzügliche Massnahmen treffen (siehe bspw. § 19 Abs. 3 lit. d Verordnung des Kantons Luzern über die Schifffahrt; SRL Nr. 787)


In diesem Sinne stellt sich die Frage, ob –– wenn Schlauch- und Standboote nach dem Gebrauch am Ufer liegen gelassen werden –– auch Art. 6 BSG zum Tragen kommt, oder ob es sich hier um sogenanntes Littering handelt. Werden Schlauch- und Strandboote die Luft rausgelassen und am Uferrand liegengelassen, müssten sie rechtlich wohl am ehesten unter den Begriff von Siedlungsabfällen subsumiert werden, deren Entsorgung von den Kantonen sichergestellt werden muss (Art. 31b Abs. 1 USG). Die Inhaber*innen dieser Abfälle – d.h. die Strand- und Schlauchbootinhaber*innen – sind verpflichtet diese den von den Kantonen vorgesehene Sammlungen oder Sammelstellen zu übergeben (Art. 31b Abs. 3 USG), sprich in die Mülltonne zu werfen und nicht einfach liegen zu lassen.

3. Littering


«Als Littering bezeichnet wird das achtlose Liegenlassen oder Wegwerfen von kleinen Mengen von Siedlungsabfällen, ohne die dafür vorgesehenen Abfalleimer oder Sammelstellen zu verwenden» (BBl 2023 13, S. 12). Im Rahmen des Schlauch- und Strandbootfahrens beobachten die Gemeinden nach eigener Wahrnehmung einen drastischen Anstieg an Littering durch das Verhalten der Gummibootkapitän*innen, die entweder kleiner Abfälle wie Flaschen oder Packungen von konsumierten Nahrungsmitteln, über Einweggrills zu dem gesamten Gummiboot, welches am Ufer liegengelassen wird. Das ist ein Ärgernis für die Gesellschaft und generiert dem Staat hohe Kosten, welcher letztlich wiederum in Form von Steuern und Abgaben auf die Gemeinschaft überwälzt wird.


Das Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG) beinhaltet noch keine Littering-Norm (BBl 2023 13, S. 12). Die Mehrheit der Kantone haben bereits Littering-Bussen eingeführt. Kantonale Gesetzesbestimmungen ahnden Littering mit einer Ordnungsbusse von CHF 40.- bis 300.- oder einem ordentlichen Strafverfahren (Kunststoffe in der Umwelt, S. 36). Konkret ist Littering im Kanton St. Gallen strafbar und gemäss Art. 7bis Übertretungsstrafgesetz des Kantons St. Gallen (sGS 921.1) und Nr. 20.1 im Anhang 1: Bussenerhebung auf der Stelle der Strafprozessverordnung des Kantons St. Gallen (sGS 962.11) ist für das Wegwerfen oder Zurücklassen von einzelnen oder mehreren Kleinabfällen eine Busse von CHF 50.-, respektive CHF 200.- vorgesehen. Die Verunreinigung durch Kleinabfälle wie Dosen, Flaschen, Papier, Verpackungen, Überreste von Raucherwaren, Kaugummi, Essensresten wird im Kanton Zug gemäss § 5 Übertretungsstrafgesetz (BGS 321.1) und Ziff. 1.1 Anhang: Bussenkatalog gemäss § 15 ÜStG (BGS 321.1-A1) mit einer Busse bis zu CHF 100.- zu ahnden.


Dieser Regelung soll durch die parlamentarische Initiative vom 19. Mai 2020 «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» (Curia Vista-Nr. 20.433) entgegengewirkt werden, indem eine nationale Litteringbusse zur Harmonisierung der kantonalen Regelungen eingeführt wird (Kunststoffe in der Umwelt, S. 36). Art. 31b USG soll in Abs. 5 dahingehend ergänzt werden, dass Littering rechtlich einfacher belangt werden kann. Ergänzend soll auch eine Strafbestimmung eingeführt werden, mit welcher Littering mit Busse bis zu CHF 300.- geahndet werden kann (Art. 61 Abs. 4 E-USG; (BBl 2023 437, S. 6).

III. Haftpflichtrechtliche Fragestellung

A. Keine Versicherungspflicht


Die grundsätzliche Versicherungspflicht gemäss Art. 153 Abs. 1 BSV (hierzu Gfeller, Rz. 21; Schneuwly, Rz. 30 ff.) gilt nicht für Schiffe ohne Maschinenantrieb, Rafts unter einer Länge von 2.5 m und für Segelschiffe ohne Motor, deren Segelfläche 15 m2 oder weniger beträgt, sofern sie nicht gewerbsmässig eingesetzt werden. Demzufolge sind Schlauch- und Strandboote von dieser Pflicht ausgenommen. Bei einem Unfall gilt allgemein die Verschuldenshaftung nach Art. 41 OR.

B. Exkurs: Wildwasserfahrt mit Rafts


Die Verwendung eines Schlauchbootes, um eine gewerbsmässige Wildwasserfahrt bzw. einen Rafting-Ausflug zu machen, bedingt eine besondere Untersuchung. Das River-Rafting und die Wildwasserfahrt auf Fliessgewässern ab dem Schwierigkeitsgrad Wildwasser III nach Anhang 3 bedingt ein Raft im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. a Ziff. 12 BSV (siehe vorstehend Rz. 7). Wird diese Wildwasserfahrt nicht von Privaten, sondern gewerbsmässig durchgeführt, so sind das Risikoaktivitätengesetz und die Risikoaktivitätenverordnung heranzuziehen (siehe hierzu Müller Rz. 9).