Zweites Kapitel: Sorgfaltspflichten der Versicherungsunternehmen

3. Abschnitt: Besondere Sorgfaltspflichten und Massnahmen

Art. 15

Verantwortung des obersten Geschäftsführungsorgans



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Das oberste Geschäftsführungsorgan oder mindestens eines seiner Mitglieder entscheidet über:

  1. die Aufnahme sowie allfällige Änderungen einer Geschäftsbeziehung, bei welcher die Vertragspartei, die wirtschaftlich berechtigte Person oder der Begünstigte eine politisch exponierte oder dieser nahestehende Person gemäss Art. 2 lit. b oder c ist, und sie als Geschäftsbeziehung mit erhöhten Risiken nach Art. 13bis Abs. 4 und 5 qualifiziert wird;
  2. die Anordnung regelmässiger Kontrollen aller Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken sowie deren Auswertung und Überwachung. Die Anordnung ist schriftlich festzuhalten. Eine Delegation dieser Aufgaben an die interne Geldwäschereifachstelle oder an andere gleichwertige Stellen ist zulässig. Die Verantwortung bleibt in jedem Fall beim obersten Geschäftsführungsorgan oder bei mindestens einem seiner Mitglieder. Geschäftsbeziehungen gemäss lit. a müssen jährlich kontrolliert und die Liste dieser Geschäftsbeziehungen (PEP-Liste) muss durch das oberste Geschäftsführungsorgan oder mindestens eines seiner Mitglieder jährlich abgenommen werden.

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Liegen mehrstufige hierarchische Strukturen vor, so können diese Aufgaben der Leitung einer Unternehmenseinheit übertragen werden.



Vorbemerkungen


Zweck dieser Bestimmung ist es, deutlich zu machen, dass die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung zu den Aufgaben des obersten Geschäftsführungsorgans gehört.


Bei der Aufnahme und Führung von Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Risiko, bei der eine politisch exponierte Person oder eine ihr nahestehende Person beteiligt ist, ist besondere Sorgfalt geboten, weil politisch exponierte Personen als zusätzlicher Risikofaktor gelten und diese Geschäftsbeziehungen umso vertiefter geprüft werden müssen.


Mit dem obersten Geschäftsführungsorgan ist das operative Organ gemeint, dem die Geschäftsführung obliegt, also die Geschäftsleitung der für die Anwendung des Reglements zuständigen juristischen Person oder Niederlassungsleitung eines ausländischen Versicherungsunternehmens, nicht aber der Verwaltungsrat.


zu lit. a:


Zur Definition von politisch exponierten Personen (PEP) vgl. Art. 2 lit. b R SRO-SVV.


Zur Definition von politisch exponierten nahestehende Personen vgl. Art. 2 lit. c R SRO-SVV.


Geschäftsbeziehungen mit ausländischen PEP oder ihnen nahestehende Personen gemäss Art. 2 lit. b Ziff. I resp. c R SRO-SVV gehören zu den Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Geldwäschereirisiko (GmeR; vgl. Art. 13bis Abs. 5 R SRO-SVV).


Geschäftsbeziehungen mit politisch exponierten Personen oder ihnen nahestehende Personen gemäss Art. 2 lit. b Ziff. II und III resp. c R SRO-SVV mit einem zusätzlichen Risikokriterium gehören zu den Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Geldwäschereirisiko (vgl. Art. 13bis Abs. 4 und 5 R SRO-SVV).


Aufgrund der mit der PEP-Beteiligung spezifischen erhöhten Risiken liegt der Entscheid für die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen gemäss lit. a bei der obersten Geschäftsführung, zumindest aber bei einem ihrer Mitglieder. Auch wesentliche Änderungen in der Geschäftsbeziehung obliegen dem Entscheid der obersten Geschäftsführung oder einem ihrer Mitglieder. Solche Änderungen in der Geschäftsbeziehung sind

  • Vertragsparteiwechsel;
  • Wesentliche, bei Vertragsabschluss noch nicht bestimmte Erhöhung von Prämien und/oder Leistungen;
  • Gewährung von Policen-Darlehen.


zu lit. b:


Das Versicherungsunternehmen hat Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Geldwäschereirisiko (Art. 13bis R SRO-SVV) zu definieren und zu kennzeichnen. Solche Geschäftsbeziehungen sind zu kontrollieren.


Art, Inhalt, Umfang und Periodizität solcher Kontrollen sind zu definieren und schriftlich festzuhalten. Zu dokumentieren ist auch das Ergebnis der Kontrollen.


Die (schriftliche) Anordnung regelmässiger Kontrollen aller Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken wie auch deren Auswertung und Überwachung fällt in die Zuständigkeit des obersten Geschäftsführungsorgans oder (mindestens) eines seiner Mitglieder. Entsprechend kann es die Kontrollen auch selbst definieren und durchführen. Jedoch ermöglicht Art. 15 Abs. 1 lit. b S. 2 R SRO-SVV die Delegation dieser Aufgaben an die interne Fachstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung oder eine andere gleichwertige Stelle. Eine Weiterdelegation ist dabei aber ausgeschlossen. In jedem Fall bleibt gemäss Art. 15 Abs. 1 lit. b S. 4 R SRO-SVV die Verantwortung beim obersten Geschäftsführungsorgan oder mindestens einem seiner Mitglieder.


Die Geschäftsbeziehungen gemäss Art. 15 Abs. 1 lit. a R SRO-SVV (PEP-GmeR-Liste) müssen vom obersten Geschäftsführungsorgan oder mindestens einem seiner Mitglieder jährlich abgenommen werden. Die Erkenntnisse aus der Kontrolltätigkeit sowie mögliche weitere Massnahmen fliessen in die Entscheidung zur Abnahme ein.


Mit der per 1. Januar 2023 eingeführten Erweiterung von Art. 15 Abs. 1 lit. b S. 5 R SRO-SVV wird klargestellt, dass Geschäftsbeziehungen mit ausländischen politisch exponierten Personen oder diesen nahestehenden Personen sowie den anderen politisch exponierten Personen bei Vorliegen eines zusätzlichen Risikokriteriums jährlich kontrolliert werden müssen. Da es sich hier um Geschäftsbeziehungen der höchsten Risikoklasse handelt, wird zudem explizit im R SRO-SVV verankert, dass diese und damit auch einhergehend die Ergebnisse der Kontrollen und allfällige sich daraus ergebende Massnahmen durch das für den PEP-Entscheid zuständige Organ ebenfalls jährlich abgenommen werden müssen. Da in diesem Bereich die höchsten Risiken bestehen, ist eine Delegation an eine andere Stelle nicht möglich. Dies wird mit der vorliegenden Erweiterung von Art. 15 R SRO-SVV nun explizit im Reglement festgehalten (analog zu den entsprechenden Bestimmungen in Art. 19 GwV-FINMA). Die materielle Erweiterung von Art. 15 R SRO-SVV ist Teil der umfassenden Überarbeitung des R SRO-SVV zum Umgang mit PEP. Entsprechend kann auch in diesem Zusammenhang auf die kritische Analyse der FATF verwiesen werden (FATF/GAFI, Anti-money laundering and counter-terrorist financing measures, Switzerland, Mutual Evaluation Report, 7. Dezember 2016, Technical Compliance Annex, zudem in Kriterium 12.1, S. 184 (engl.) / S. 198 (frz.), abrufbar unter: https://www.fatf-gafi.org/media/fatf/content/images/mer-switzerland-2016.pdf).


zu Abs. 2:


Das oberste Geschäftsführungsorgan kann die Verantwortung für die Genehmigungsentscheide und Kontrollen gemäss Art. 15 Abs. 1 R SRO-SVV an eines oder mehrere seiner Mitglieder übertragen. Bei mehrstufigen hierarchischen Unternehmensstrukturen (Konzern, Gruppe) kann diese Verantwortung auch an die Leitung einer Unternehmenseinheit übertragen werden. Die einzelnen Mitglieder oder die Leitung der Unternehmenseinheit, an welche die Verantwortung für diese Aufgaben übertragen worden ist, können die Durchführung der Kontrollen von Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken sowie deren Auswertung und Überwachung gem. Art. 15 Abs. 1 lit. b S. 1 R SRO-SVV an die interne Geldwäschereifachstelle oder an andere gleichwertige Stellen delegieren (Art. 15 Abs. 1 lit. b S. 3 R SRO-SVV). Die einzelnen Mitglieder oder die Leitung der Unternehmenseinheit bleiben aber für diese Aufgabe sowie die Abnahme der PEP-Liste verantwortlich.