1 |
Vertragspartei verfügt über einen Eintrag im Handelsregister oder in einem ausländischen Register: |
2 |
Vertragspartei verfügt über keinen Registereintrag:
|
3 |
Die in Art. 5 Abs. 1 und 2 genannten Auszüge aus dem Handelsregister oder privat verwalteten Datenbanken, dem SHAB sowie Publikationen oder schriftliche Bestätigungen der Aufsichtsbehörden und Revisionsstellen dürfen höchsten zwölf Monate alt sein. Bei juristischen Personen und Personengesellschaften muss das Versicherungsunternehmen die Bevollmächtigungsbestimmungen der Vertragspartei zur Kenntnis nehmen und die Identität der Personen überprüfen, die im Namen der Vertragspartei die Antragsdokumente unterzeichnen. Die Prüfung der Identität erfolgt gemäss den Vorgaben in Art. 4 Abs. 1 oder durch Einholung einer einfachen Kopie eines amtlichen Ausweispapiers mit Foto und Unterschrift derjenigen Person, welche die Antragsdokumente unterzeichnet. |
Der Finanzintermediär ist verpflichtet, die Vertragspartei anhand von beweiskräftigen Originaldokumenten zu identifizieren. Dieses Vorgehen dient der Transparenz von Geschäftsbeziehungen im Finanzsektor. Mögliche Geldwäscher sollen bei ihren kriminellen Handlungen nicht anonym bleiben dürfen. Die Identifizierung der Vertragspartei erschwert letztlich die Platzierung von Vermögenswerten, die aus einem Verbrechen stammen oder der Terrorismusfinanzierung dienen sollen (vgl. Kommentar zu Art. 3 R SRO-SVV).
Art. 5 R SRO-SVV definiert die beweiskräftigen Dokumente für die Identifizierung einer juristischen Person abschliessend. Verfügt die Vertragspartei über keine Identifizierungsdokumente gemäss Art. 5 R SRO-SVV oder sind die Dokumente fehlerhaft oder nicht mehr aktuell, so muss die Identifizierung gemäss Art. 6 R SRO-SVV vorgenommen werden.
Bei den zulässigen Identifizierungsmöglichkeiten wird zwischen juristischen Personen und Personengesellschaften mit und ohne einen Handelsregistereintrag unterschieden.
Vereine müssen sich gemäss Art. 61 Abs. 2 ZGB (SR 210) ins Handelsregister eintragen lassen, wenn sie (a) für ihren Zweck ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben, oder (b) revisionspflichtig sind, oder (c) hauptsächlich Vermögenswerte im Ausland direkt oder indirekt sammeln oder verteilen, die für karitative, religiöse, kulturelle, erzieherische oder soziale Zwecke bestimmt sind und keine Ausnahme gemäss Art. 90 Abs. 2 der Handelsregisterverordnung (SR 221.411) Absatz 2 vorliegt. Vereine, wie soeben unter (c) beschrieben, sind von der Eintragungspflicht befreit, wenn (a) in den letzten zwei Geschäftsjahren weder die jährlich gesammelten Vermögenswerte noch die jährlich verteilten Vermögenswerte den Wert von 100’000 Franken übersteigen, (b) die Verteilung der Vermögenswerte über einen Finanzintermediär nach dem Geldwäschereigesetz vom 10. Oktober 1997 erfolgt, und (c) mindestens eine zur Vertretung des Vereins berechtigte Person ihren Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese drei Voraussetzungen für die Befreiung von der Eintragungspflicht müssen kumulativ erfüllt sein. Vereine, die zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet sind, führen gemäss Art. 61a ZGB ein Verzeichnis, in das die Mitglieder mit Vor- und Nachnamen oder Firma sowie Adresse eingetragen werden. Sie führen das Verzeichnis so, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann. Sie bewahren die Angaben über jedes Mitglied sowie allfällige Belege während fünf Jahren nach der Streichung des Mitglieds aus dem Verzeichnis auf. Verletzen Vereine ihre Eintragungspflicht, so empfiehlt sich eine Einzelfallprüfung durch die unternehmenseigene Fachstelle für die Geldwäschereibekämpfung.
Vereine, die nicht verpflichtet sind, sich im HReg eintragen zulassen, werden dies meist unterlassen, obwohl der freiwillige Eintrag grundsätzlich zulässig ist. Diese Vereine werden oft auch nicht durch eine Prüfgesellschaft revidiert. Sie können deshalb in der Regel nur mit den Statuten oder anderen Vereinsdokumenten identifiziert werden. Da diese Dokumente die aktuellen Verhältnisse auch dann wiedergeben, wenn sie älter als 12 Monate sind, können diese akzeptiert werden. Ist dagegen ein Verein im Handelsregister eingetragen, so darf der Handelsregisterauszug nicht älter als 12 Monate sein.
Im Falle von Beziehungsaufnahmen mit Vereinen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen oder die hauptsächlich Vermögenswerte im Ausland direkt oder indirekt sammeln oder verteilen, die für karitative, religiöse, kulturelle, erzieherische oder soziale Zwecke bestimmt sind, mit Stiftungen, Trusts oder ähnlichen rechtlich «verselbständigten» Vermögensmassen empfiehlt es sich, eine Einzelfallprüfung durch die unternehmenseigene Fachstelle für die Geldwäschereibekämpfung vornehmen zu lassen.
Zusätzlich zur Identifizierung der juristischen Person und/oder der Personengesellschaft ist die Identität der für die juristische Person und/oder der Personengesellschaft handelnden natürlichen Personen zu überprüfen. Dies erfolgt entweder nach Art. 4 R SRO-SVV oder durch Einholen einer einfachen Kopie eines amtlichen Ausweispapiers mit Foto und Unterschrift derjenigen Person, welche die Antragsdokumente unterzeichnet.
Bei Beziehungsaufnahmen mit juristischen Personen sollte sich der identifi¬zierende Mitarbeitende folgende Grundfragen stellen:
- Besteht die juristische Person ordnungsgemäss?
- Ist sie im Handelsregister eingetragen?
- Wurden die Gesellschaftsorgane ordnungsgemäss bestellt?
- Welches ist der Zweck der juristischen Person oder Gesellschaft?
- Welche Geschäfte kann die Gesellschaft überhaupt bzw. sinnvollerweise tätigen?
- Welche Personen können die juristische Person vertreten?
Unter den Begriff «juristische Personen» im Sinne des Reglements fallen Aktiengesellschaften (Art. 620 ff. OR), Kommanditaktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Art. 772 ff. OR), Genossenschaften (Art. 828 ff. OR) sowie Vereine (Art. 60 ff. ZGB) und Stiftungen (Art. 80 ff. ZGB).
Kollektivgesellschaften (Art. 552 ff. OR) und Kommanditgesellschaften (Art. 594 ff. OR) sind rechtsfähige Personengesellschaften. Im Kommentar wird nachstehend der Einfachheit halber nur der Begriff «juristische Person» für alle oben aufgeführten juristischen Personen und Personengesellschaften verwendet.
Die einfache Gesellschaft ist keine juristische Person. Bei einer einfachen Gesellschaft wird der Vertrag mit den einzelnen Gesellschaftern abgeschlossen (vgl. Art. 4 Abs. 5 R SRO-SVV).
Nicht rechtsfähige Personengesellschaften sind nach den Grundsätzen über die Identifizierung natürlicher Personen gemäss Art. 4 R SRO-SVV zu identifizieren. Die Vertreter müssen ihre Vertretungsmacht nachweisen (z.B. anhand eines Versammlungsprotokolls).
Bei der Identifizierung der juristischen Person bzw. der rechtsfähigen Personengesellschaft mit Sitz im Ausland muss in einem ersten Schritt geprüft werden, ob ein Registereintrag besteht (z.B. «Certificate of incorporation»). Besteht ein solcher nicht, so ist die Vertragspartei anhand gleichwertiger Dokumente gemäss Art. 5 Abs. 2 R SRO-SVV zu identifizieren (z.B. «Memorandum and articles of associations»).
Angelsächsischer Rechtskreis:
Das «Certificate of incorporation» bestätigt die Existenz der Gesellschaft.
«Memorandum and Articles of association» sind die Statuten der Gesellschaft.
«Certificate of Incumbency»: Liste der vertretungsberechtigten Personen («Directors») mit Board Resolution, welche bestätigt, dass die entsprechenden Personen autorisiert wurden und wie (z. B. «joint signature») sowie allenfalls in welchem Umfang (z.B. betragliche Grenzen) sie für die Gesellschaft zeichnen dürfen.
Kennt das Sitzland des Versicherungsnehmers Rechtsformen, welche dem schweizerischen Recht unbekannt sind, ist von Fall zu Fall zu prüfen, aufgrund welcher Dokumente die Identität der Vertragspartei zweifelsfrei festgestellt werden kann.
zu Abs. 1:
Zulässig für die Identifizierung einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person sind höchstens zwölf Monate alte Handelsregisterauszüge, Publikationen im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) oder im zentralen Firmenindex des Bundes (ZEFIX), ein aktueller Teledata/Creditreform/Bisnode D&B-Print oder Publikationen sowie Bestätigungen der Aufsichtsbehörden (z.B. Aufführung der Vertragspartei auf der Website der FINMA) oder Bestätigungen der Revisionsstelle (Testat).
Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der letzten zwölf Monate Änderungen im Eintrag vorgenommen wurden, ist ein aktueller Handels¬registerauszug beizubringen.
Handelt es sich bei der der Vertragspartei um eine allgemein bekannte juristischen Person, Personengesellschaft oder eine Behörde, so kann die Tatsache, dass sie allgemein bekannt ist, in einer Aktennotiz festgehalten werden. Die Identität gilt insbesondere dann als allgemein bekannt, wenn die Vertragspartnerin eine Publikumsgesellschaft oder mit einer solchen direkt oder indirekt verbunden ist (vgl. Art. 7 R SRO-SVV).
zu Abs. 2:
Die Identität der im Handelsregister nicht eingetragenen juristischen Personen und Gemeinschaften (Vereine, Stiftungen, Stockwerkeigen¬tümergemeinschaften, öffentlich-rechtliche Anstalten und Körperschaften) ist anhand von Statuten oder gleichwertigen Dokumenten vorzunehmen. Die Identifizierungsdokumente müssen nicht öffentlich beglaubigt sein. Zulässig, aber in der Praxis von geringer Bedeutung, ist die Identifizierung der Vertragspartei anhand einer gewerbepolizeilichen Bewilligung.
zu Abs. 3:
In Abs. 3 wird festgehalten, dass die Grundsatzregelung, wonach die für die Identifizierung verwendeten Auszüge aus den Registern und Bestätigungen der Aufsichtsbehörden etc. höchstens 12 Monate alt sein dürfen, für alle juristischen Personen gilt.
Zusätzlich zur Identifizierung der juristischen Person oder der rechtsfähigen Personengesellschaft sind die Bevollmächtigungsbestimmungen der Vertragspartei zur Kenntnis zu nehmen und die Identität der gegenüber dem Versicherungsunternehmen für die Vertragspartei handelnden natürlichen Personen zu prüfen. Es handelt sich dabei um eine erleichterte Identifizierungsform: Es genügt eine einfache Kopie eines Identifizierungsdokumentes. Der Vertreter der juristischen Person kann selbst eine Ausweiskopie erstellen und der Versicherungsgesellschaft per Post oder auf dem elektronischen Weg zustellen. Dies stellt einen Unterschied zu den Regeln, welche für die Identifizierung einer natürlichen Person als Vertragspartei gelten.
Nur bei den gegenüber dem Versicherungsunternehmen für die Vertragspartei im Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftsbeziehung handelnden natürlichen Personen (Unterzeichner der Antragsdokumente) ist die Identität zu prüfen und eine Ausweiskopie zu den Akten zu nehmen (nicht von allen im Register eingetragenen Zeichnungsberechtigten).