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Liebe Leserinnen und Leser

Ist die auf Männer beschränkte Wehr- bzw. Abgabepflicht diskriminierend? Die Autoren Martin D. Küng und Bernhard Waldmann analysieren und kommentieren das Urteil des Bundesgerichts 2C_1051/2016 vom 24. August 2017. Das Urteil hält fest, dass die auf Männer beschränkte Wehrpflicht(-Ersatzabgabe) zwar im Widerspruch zu Art. 8 Abs. 2 und 3 BV (Rechtsgleichheit) steht, sie jedoch als lex specialis zu diesem Artikel anzusehen ist. Die Rüge des Beschwerdeführers, wonach eine Verletzung der EMRK  vorliege, behandelte das Bundesgericht jedoch nicht.

Jérôme Bürgisser widmet sich in seiner Urteilsbesprechung dem Widerruf der Steuerbefreiung anhand des Falles Tamoil (Urteil des Bundesgerichts 2C_382/2016 vom 11. Juli 2017). In diesem Urteil musste das Bundesgericht die Frage der Aufhebung einer Steuerbefreiung im Falle der definitiven Einstellung der Tätigkeit des begünstigten Unternehmens beantworten. Die Urteilsbesprechung analysiert die Stichhaltigkeit der Dialektik des Bundesgerichts, insbesondere im Hinblick auf neue Tatsachen (sog. «novas»).

Guillaume Braidi thematisiert in seinem Beitrag den Schutz der Kunden nach dem künftigen Finanzdienstleistungsgesetz, insbesondere in Bezug auf die Informationsasymmetrie zwischen Kunden und Finanzinstitut. Der derzeit im Parlament diskutierte Gesetzesentwurf über Finanzdienstleistungen schlägt konkrete Lösungen zur Überwindung solcher Informationsasymmetrien vor, unter anderem durch die Verpflichtung der Finanzdienstleister, mehr Informationen über sich selbst sowie über die Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente bereitzustellen.

Was kann das Strafrecht für das Zivilrecht leisten? Strafanzeigen, welche der reinen Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche dienen, erfreuen sich einiger Beliebtheit, werden aufgrund der knappen Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden jedoch ebenso kritisch betrachtet. Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine ergänzte Fassung des Referats von Damian K. Graf vor dem Luzerner Juristenverein vom 23. Januar 2018. Graf analysiert Strafanzeigen zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, prüft prozessuale und materielle Aspekte und zeigt mögliche Verbesserungsvorschläge auf.

Der Beitrag von Kerstin Noëlle Vokinger und Urs Jakob Mühlematter liefert erste Ergebnisse einer empirischen Analyse bundesgerichtlicher Urteile zum Arztrecht, die unter Anwendung eines systematisch-statistischen Ansatzes und Artificial Intelligence ermittelt wurden. Dabei stehen z.B. folgende Fragestellungen im Zentrum: Wie häufig weicht das Bundesgericht in arztrechtlichen Verfahren vom vorinstanzlichen Urteil ab? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der anwaltlichen Vertretung und dem Verfahrensausgang?

Nach fünfzigjähriger Beschäftigung mit dem Kartellrecht zieht Herbert Wohlmann in seinem Essay eine ernüchternde Bilanz: Dem Kartellrecht ist es nicht gelungen, die Konzentration in den Märkten zu stoppen, es hat im Gegenteil mit der Nicht-Berücksichtigung von Gemeinwohlaspekten und dem einseitigen Gewicht auf der Effizienz dazu beigetragen, marktbeherrschende Unternehmen zu begünstigen und kleine und mittlere Unternehmen zu benachteiligen. Dies hat auch schwerwiegende gesellschaftspolitische Konsequenzen.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und eine schöne Woche.

Anna Steger
Leiterin Jusletter

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