Justice - Justiz - Giustizia

Liebe Leserinnen und Leser

Die Justiz hat viele Facetten, in ihrer Tätigkeit und in der Reflexion derselbigen. Von diesen Seiten scheinen in der vorliegenden Ausgabe gleich mehrere auf. Ein erster Aspekt beschlägt die richterliche Praxis : Wer als Richterin oder Richter Wahrheit von Lüge trennen können muss (aber auch, wer sich schlicht für Menschen interessiert), wird grossen Gewinn ziehen aus dem Beitrag von Revital Ludewig, Daphna Tavor und Sonja Baumer, die weiterführende und nachgerade spannende Einblicke vermitteln in die Aussagenpsychologie als Hilfe bei der Wahrheitsfindung. Zur Gerichtspraxis gehört natürlich auch die Auslegung von Normen. Damit befasst sich Peter V. Kunz, und zwar mit besonderem Augenmerk auf den methodischen Besonderheiten, welche der Rechtsvergleichung, der wirtschaftlichen Betrachtungsweise oder dem Argument der Praktikabilität eigen sind.

Ein ganz anderer Gesichtspunkt ist die Frage von Selektion und Wahlverfahren von Richterinnen und Richtern. Damit befassen sich insbesondere die Beiträge von Catherine Gavin und von Pierre Zappelli, beide den Kanton Genf betreffend, und derjenige von Daniel Rietiker über die Richtlinien des Europarates für das nationale Auswahlverfahren zur Wahl der Richter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR ). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich Renate Jaeger, vormals Richterin am EGMR, gegen Ende ihrer Amtszeit im Deutschlandradio zum beruflichen Hintergrund ihrer ehemaligen Kollegen äusserte: Richterliche Zurückhaltung könne am besten von denjenigen ausgeübt werden, die als Richter sozialisiert seien - unabhängig von ihrem kulturellen oder gesellschaftlichen Hintergrund. Insbesondere die intensive Auseinandersetzung mit prozessualen und kompetenzbezogenen Fragen führe dazu, dass Richter anders denken als ihre Kollegen mit ebenfalls juristischem Hintergrund. Ferner sei auch die Stellungnahme der SVR-ASM an die Mitglieder der Delegation des Schweizer Parlamentes beim Europarat vom 21. Februar 2011 erwähnt. Zum EGMR finden sich weitere Beiträge, so namentlich von Giorgio Malinverni zum in der letzten Ausgabe kontrovers behandelten Thema des Verhältnisses zwischen der Schweiz und dem EGMR.

Institutionelle Fragen der Gerichtsorganisation und des Funktionierens der Justiz sind ebenfalls ein Thema. Gleich drei Beiträge (von Alfred Bühler, von Brigitte Hürlimann und von René Staubli) betreffen die Handelsgerichte. Weitergehend stellen Andreas Lienhard und Daniel Kettiger das in der Startphase befindliche Forschungsprojekt zum Justizmanagement in der Schweiz vor. Darauf darf man besonders gespannt sein – dürften doch einige Justizangehörige künftig in der einen oder anderen Weise mit dem Projekt in Berührung kommen.

Der Strauss von Themen in dieser Ausgabe ist insgesamt sogar noch bunter als das hier Vorgestellte – wir wünschen Ihnen eine möglichst erspriessliche Blütenlese!

Emanuela Epiney-Colombo, Stephan Gass, Regina Kiener, Hans-Jakob Mosimann, Thomas Stadelmann, Pierre Zappelli

 

    EDITORIAL

  • SCIENCE



  • FORUM

  • JUDICATURE

  • NEWS CH

  • NEWS ABROAD

  • REPRINT





  • LITERATURE



  • ASSOCIATIONS

  • PERSONALIA