Jusletter IT

Die rein virtuelle Hauptversammlung in Österreich im Dauerrecht

Noch keine praktische Bedeutung für den Kapitalmarkt

  • Authors: Stefan Szücs / Christian Szücs
  • Category of articles: E-Commerce
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Commerce
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2024
  • DOI: 10.38023/fbe368bd-b3f4-4b13-a50a-bf5547bf9b98
  • Citation: Stefan Szücs / Christian Szücs, Die rein virtuelle Hauptversammlung in Österreich im Dauerrecht, in: Jusletter IT 24 April 2024
Eine Hauptversammlung, die an keinem physischen Ort mehr stattfindet, sondern ausschließlich im Cyberspace (sog. rein virtuelle Hauptversammlung) hat der österreichische Gesetzgeber angesichts der Corona-Pandemie mit dem COVID-19-GesG, BGBl I 2020/16, ermöglicht. Ursprünglich bis 31.12.2020 befristet, hat der österreichische Gesetzgeber die entsprechenden Regelungen immer wieder verlängert. Mit dem VirtGesG, BGBl I 2023/79, ist es zur Überführung der rein virtuellen Hauptversammlung ins Dauerrecht gekommen. Ein knappes halbes Jahr in Kraft zeigt sich noch keine praktische Bedeutung des VirtGesG für börsenotierte österreichische Aktiengesellschaften.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Vom COVID-19-Sonderrecht zum Dauerrecht
  • 2. VirtGesG
  • 3. Verspätete Relevanz, möglicherweise geringe Bedeutung
  • 4. Literatur

1.

Vom COVID-19-Sonderrecht zum Dauerrecht ^

[1]

Die durch den Erreger SARS-CoV-2 verursachte Corona-Pandemie und die damit verbundenen Auswirkungen haben den österreichischen Gesetzgeber im März 2020 dazu veranlasst, ein eigenes Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG)1 zu beschließen.2 Physische Zusammenkünfte einer großen Zahl an Personen waren – jedenfalls zu Beginn der Pandemie – nicht nur nicht erwünscht, sondern sogar verboten.3 Insofern stellte sich auch die Frage, wie mit Hauptversammlungen börsenotierter Aktiengesellschaften umzugehen sei: Ausfallenlassen, Verschieben oder diese Versammlungen in den Cyberspace verlagern.

[2]

Den börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften wurde mit dem COVID-19-GesG ein Instrument an die Hand gegeben, wodurch sie Hauptversammlungen auch ohne physisches Zusammenkommen der Aktionäre als rein virtuelle Hauptversammlungen durchführen konnten. Darüber, ob eine Hauptversammlung rein virtuell stattfindet, konnte das die Hauptversammlung einberufende Organ entscheiden. Das COVID-19-GesG war ursprünglich bis 31.12.2020 befristet. Es wurde mehrfach verlängert4, zuletzt bis 30.6.2023.5

[3]

Von der Möglichkeit, rein virtuelle Hauptversammlungen durchzuführen, haben die börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften in den Jahren 2020, 2021 und 2022 reichlich Gebrauch gemacht.6 Die rein virtuelle Hauptversammlung war „das klar dominierende (HV-)Format“7 in diesen Jahren.

[4]

Bereits kurz nach Einführung des COVID-19-GesG, damit schon relativ früh während der Corona-Pandemie, wurden erste Stimmen in Österreich laut, die eine Rückkehr zum Status quo ante – in eine Zeit als rein virtuelle Hauptversammlungen verboten waren8 – als unwahrscheinlich bezeichneten.9 Eine Übertragung der rein virtuellen Hauptversammlung ins Dauerrecht ließ in Österreich im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz lange auf sich warten, sodass schon die Frage aufgeworfen wurde, ob es nicht doch nicht zu einer Übertragung der virtuellen Hauptversammlung ins Dauerrecht kommen werde.10

[5]

Schließlich wurde am 19.7.2023 das Virtuelle Gesellschafterversammlungen-Gesetz, kurz: VirtGesG, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.11 Es trat rückwirkend mit 14.7.2023 in Kraft. Die damit geschaffenen Dauerregelungen zur virtuellen Hauptversammlung in Österreich finden sich außerhalb des AktG.12

2.

VirtGesG ^

[6]

Das VirtGesG ist keine bloße Fortschreibung des COVID-19-GesG.13 Mit dem VirtGesG wurden „zum Teil bedeutsame Abänderungen“14 gegenüber dem pandemiebedingten Sonderrecht vorgenommen.

[7]

Anders als nach dem COVID-19-GesG braucht es für eine rein virtuelle Hauptversammlung in Österreich nunmehr eine gesellschaftsvertragliche Grundlage.15 In dieser ist festzulegen, dass die Hauptversammlung entweder stets im virtuellen Format durchgeführt wird oder dass das einberufende Organ über die Form der Durchführung entscheidet (Präsenz-HV, hybride HV, reine virtuelle HV).16 Die Satzungsbestimmung, die die Durchführung rein virtueller Versammlungen bei einer börsenotierten Aktiengesellschaft vorsieht oder die die Entscheidung hierüber dem einberufenden Organ überlässt, ist auf längstens fünf volle Geschäftsjahre zu befristen.17 Nach Ablauf dieser Frist kann eine neue Frist, wieder für maximal fünf Jahre festgesetzt werden.18 Wurde eine ordentliche Hauptversammlung bei einer börsenotierten Aktiengesellschaft rein virtuell durchgeführt, so können Aktionäre, deren Anteil zusammen 5 % des Grundkapitals erreichen, bis zum Ende des Geschäftsjahres die Einberufung der nächsten ordentlichen Hauptversammlung in einer Form verlangen, die eine physische Teilnahme der Aktionäre ermöglicht.19

[8]

Bei dem den Aktionären zustehenden Fragerecht hat sich insoweit eine Änderung ergeben, als Aktionäre einer börsenotierten Aktiengesellschaft ihre Fragen (und Beschlussanträge) schon vor Beginn einer rein virtuellen, aber auch vor Beginn einer hybriden Hauptversammlung elektronisch einreichen können.20 Die Aktionäre sind damit nicht mehr auf die Zeit während der Hauptversammlung eingeschränkt, um Fragen zu Angelegenheiten der Gesellschaft zu stellen, soweit sie sich auf Punkte der Tagungsordnung der Hauptversammlung beziehen.21 Dem VirtGesG ist nicht zu entnehmen, ob dieses Recht der elektronischen Vorabeinreichung von Fragen eingeschränkt werden kann.22 Denkbar wären etwa eine maximale Zahl von Fragen insgesamt, eine maximale Zahl von Fragen pro Aktionär sowie eine Beschränkung des Umfangs der Fragen (Zeichen bei Text, Minuten bei Audio und Video).23 Eine Beschränkung der Fragen während der virtuellen oder hybriden Hauptversammlung ist nach der h.L. in Österreich zulässig.24

[9]

Die rein virtuelle Hauptversammlung kann nach dem VirtGesG entweder als einfache oder als moderierte virtuelle Hauptversammlung durchgeführt werden.25 Eine einfache virtuelle Hauptversammlung ist eine solche, bei der eine Teilnahmemöglichkeit mittels einer akustischen und optischen Zweiwegverbindung in Echtzeit besteht. Jedem Aktionär muss es möglich sein, sich zu Wort zu melden, an den Abstimmungen teilzunehmen und gegebenenfalls Widerspruch zu erheben. Bei einer großen Anzahl von Aktionären, die an der Versammlung online teilnehmen, kann es technisch schwierig sein, eine stabile Zweiwegverbindung in Echtzeit während der gesamten Hauptversammlung zu gewährleisten. Aus diesem Grund braucht es bei einer moderierten virtuellen Hauptversammlung nur eine optische und akustische Übertragung. Die Aktionäre müssen in diesem Fall ebenfalls die Möglichkeit haben, sich zu Wort zu melden, ihr Stimmrecht auszuüben und gegebenenfalls Widerspruch zu erheben.26 Dies soll im Wege der elektronischen Kommunikation geschehen.27 Gleich, ob einfache oder moderierte virtuelle Hauptversammlung, die Aktionäre einer börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaft sind nicht mehr verpflichtet, sich zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte eines von der Aktiengesellschaft gestellten Stimmrechtsvertreters zu bedienen.28 Die Nutzung eines von der Aktiengesellschaft gestellten Stimmrechtsvertreters durch die Aktionäre ist nunmehr „rein freiwillig“29.

[10]

Auf die weiteren Änderungen des VirtGesG im Vergleich zum pandemiebedingten Sonderrecht soll hier nicht eingegangen werden.30

3.

Verspätete Relevanz, möglicherweise geringe Bedeutung ^

[11]

Das VirtGesG sieht keine Übergangsfrist für die Abhaltung rein virtueller Hauptversammlungen ohne entsprechende Satzungsbestimmung vor.31 Da die erforderlichen Satzungsbestimmungen in aller Regel nicht schon während der Hauptversammlungssaison 2023 geschaffen wurden32, bedarf es im Jahr 2024 Hauptversammlungen in Präsenz, um die Bestimmungen zu schaffen.33 Nach unserer Einschätzung werden in vielen Fällen Satzungsbestimmungen geschaffen werden, die dem einberufenden Organ die Möglichkeit eröffnen, die Form der Durchführung der Hauptversammlung (Präsenz-HV, hybride HV, rein virtuelle HV) festzulegen.34 Der Grund hierfür liegt nicht zuletzt darin, dass börsenotierte Aktiengesellschaften in Österreich und deren Vorstände für neuerliche turbulente Zeiten gewappnet sein wollen.

[12]

Ob sich die rein virtuelle Hauptversammlung nach dem Dauerrecht in der österreichischen Praxis außerhalb von Notsituationen etablieren wird, bleibt abzuwarten. Gegen eine (schnelle) Akzeptanz spricht, dass die meisten börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften bei ihrer letzten Hauptversammlung, die sie nach dem pandemiebedingten Sonderrecht durchgeführt haben, zur Präsenzhauptversammlung zurückgekehrt sind.35 Auch könnte sich die Ausgestaltung des Fragerechts (Möglichkeit zur Vorabeinreichung) und der ungewisse Umgang mit einer Vielzahl vor Beginn der Hauptversammlung eingereichten Fragen als hinderlich erweisen. Vorstände könnten den damit verbundenen Aufwand und die Rechtsunsicherheit, die entsteht, wenn sie Fragen, die vor der Hauptversammlung eingereicht werden, beschränken, scheuen.

4.

Literatur ^

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  1. 1 Als Teil des 2. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 2020/16.
  2. 2 Siehe u.a. Artmann, COVID-19 und Gesellschaftsrecht. In: Resch (Hrsg.), Corona-HB Kap 12 (Version 1.00, Stand 10.4.2020), C. Szücs, Die virtuelle Hauptversammlung als Folge der „Corona“-Pandemie – Zum Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetz, jusIT 2020, S. 91 ff., Wenger/Ebner, Virtuelle Versammlungen nach dem COVID-19-GesG, RWZ 2020, S. 109 ff., Zollner/Simonishvili, Gesellschaftsrecht in Zeiten von COVID 19, GES 2020, S. 175 ff. und Fiala/Potyka, Gesellschaftsrecht in Zeiten des Corona-Virus, RdW 2020, S. 308 ff.
  3. 3 Vgl. C. Szücs, The Annual Shareholder Meeting in Austria in Times of the COVID-19-Pandemic. In: Schneckenleitner et al. (Eds.): Conference Proceedings Trends in Business Communication 2020, p. 180.
  4. 4 Dazu C. Szücs, In der Verlängerung: Die virtuelle Hauptversammlung als Folge der „Corona“-Pandemie, jusIT 2022, S. 13 f., dort auch mit Kritik an den spät erfolgten Verlängerungen.
  5. 5 BGBl I 2022/224.
  6. 6 Nicht bloß zu Österreich, sondern auch zu Deutschland Spitzer/Kovarova-Simecek, Virtuelle Hauptversammlung. Relikt aus der COVID-19-Pandemie oder künftiges Normativ? Ein Vergleich zwischen Österreich und Deutschland, KoR 2023, S. 279 f.
  7. 7 Ebendort, S. 280.
  8. 8 Für viele Nicolussi, Anlass- und Krisengesetzgebung im Recht der Hauptversammlung. Ein Rechtsvergleich und Diskussionsbeitrag, GesRZ 2020, S. 307: „Eine gänzliche virtuelle Versammlung war (in Österreich) bis 2020 nicht möglich.“
  9. 9 Etwa C. Szücs, a.a.O. [FN 2], S. 93, der dies sowohl auf die rechtlichen Grundlagen als auch auf die Praxis der börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften bezog.
  10. 10 So S. Szücs/C. Szücs, Die rein virtuelle Hauptversammlung in Österreich: Vom COVID-19-Sonderrecht zum Dauerrecht – oder doch nicht? In: Schweighofer/Zanol/Eder (Hrsg.), Rechtsinformatik als Methodenwissenschaft des Rechts. Tagungsband des 26. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2023, Bern: Edition Weblaw, 2023, S. 327 ff.
  11. 11 BGBl I 2023/79. Orlik, Virtuelle HV à l´autrichienne. Aktionärsportale bieten zahlreiche Vorteile, going public „Kapitalmarkt Österreich 2023“, S. 46, spricht davon, dass dies „nach zähem Ringen“ erfolgt sei.
  12. 12 Kritisch C. Szücs, Vom COVID-19-Sonderrecht zum Dauerrecht: Die virtuelle Hauptversammlung, jusIT 2023, S. 186.
  13. 13 Als einer der ersten in diesem Sinne C. Szücs, a.a.O. [FN 12], S. 186 f.
  14. 14 Baumüller, Die neue „virtuelle“ Hauptversammlung in Österreich, Aufsichtsrat aktuell 2023, S. 201.
  15. 15 Neben Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften können auch andere Mitgliederversammlungen rein virtuell durchgeführt werden, deshalb auch die Bezeichnung mit „Virtuelle Gesellschafterversammlungen-Gesetz“. Auch das COVID-19-GesG beschränkte sich nicht auf die Aktiengesellschaft (dazu Fucik, Virtuelle Gesellschafterversammlungen im Dauerrecht, ÖJZ 2023, S. 451).
  16. 16 In aller Regel wird die Einberufung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand erfolgen. Denkbar ist jedoch ebenso, dass andere Personen (z.B. Aufsichtsrat, Aktionärsminderheit) die Hauptversammlung einberufen (dazu Bydlinski/Potyka in: Artmann/Karollus, AktG II6, § 105 Rz 2–11 (Stand 1.10.2018, rdb.at) sowie Kalss/Leonhartsberger in: Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3, § 105 Rz 9–26 (Stand 1.6.2021, rdb.at)). Insoweit ist es sachgerecht, hier nicht bloß auf den Vorstand abzustellen.
  17. 17 Siehe § 5 Abs. 8 VirtGesG.
  18. 18 Die Entscheidung darüber muss nicht in einer Präsenz-HV oder hybriden HV getroffen werden. Sie kann auch im Rahmen einer rein virtuellen HV erfolgen (ebenso C. Szücs, a.a.O. [FN 12], S. 187, FN 30).
  19. 19 Präsenz-HV oder hybride HV. Auf diese Weise wird den Aktionären, sofern sie von diesem (Minderheiten-)Recht Gebrauch machen, zumindest jedes zweite Jahr eine physische Anwesenheit bei der Hauptversammlung ihrer börsenotierten Aktiengesellschaft ermöglicht (vgl. C. Szücs, a.a.O. [FN 12], S. 187, dazu auch Baumüller, a.a.O. [FN 14], S. 204, welcher darauf hinweist, dass der Schwellenwert von 5 % des Grundkapitals „allenfalls durch professionelle Investoren, aber nur in Ausnahmefällen durch Kleinaktionäre erreicht werden (wird)“).
  20. 20 „Vom Zeitpunkt der Einberufung bis zum dritten Werktag oder einem festzusetzenden späteren Zeitpunkt vor Beginn der Versammlung“ (§ 5 Abs. 3 VirtGesG).
  21. 21 Bereits vor der Hauptversammlung gestellte Fragen mussten vor Inkrafttreten des VirtGesG in der Hauptversammlung wiederholt werden, um rechtlich beachtlich zu sein (zur vormaligen Rechtslage für viele M. Doralt in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3, § 118 Rz 67 (Stand 1.6.2021, rdb.at)).
  22. 22 Siehe die Textierung des § 5 Abs. 3 VirtGesG. Auch die Materialien zum VirtGesG gehen darauf nicht ein.
  23. 23 In Deutschland, das ebenfalls eine zeitliche Vorverlagerung des Fragerechts bei virtuellen Hauptversammlungen im Dauerrecht kennt, welche dort jedoch nur fakultativ ist, also nicht verpflichtend – der Vorstand kann hierüber entscheiden –, sind solche Beschränkungen des Fragerechts vor der Hauptversammlung möglich (siehe Mayer/Jenne/Miller, Die virtuelle Hauptversammlung – 80 Praxisfragen zu Grundlagen, Vorbereitung und Durchführung der neuen virtuellen Hauptversammlung, BB 2022, S. 2957; ebenso, Probleme damit ansprechend Schilha/Gaßner, Die neue virtuelle Hauptversammlung. Gestaltungsoptionen für die Praxis, ZIP 2022, S. 2363 f.).
  24. 24 Dazu M. Doralt in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3, § 118 Rz 95 (Stand 1.6.2021, rdb.at), jedoch noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie, sohin vor Verabschiedung des VirtGesG: „Eine Beschränkung des Fragerechts (durch den Versammlungsleiter kann) durch Ordnungsmaßnahmen geboten sein. Eine Satzungsregel oder ein HV-Beschluss ist dazu nicht erforderlich“; noch älteren Datums und stark zwischen dem weniger gewichtigen Rederecht und dem gewichtigeren Fragerecht abwiegend Brix, Ordnungsmaßnahmen des Vorsitzenden der Hauptversammlung und deren Rahmenbedingungen, GesRZ 2013, S. 332 ff.
  25. 25 § 3 versus § 4 VirtGesG. Dabei handelt es sich um eine Unterscheidung, die dem pandemiebedingten Sonderrecht ebenfalls fremd war.
  26. 26 Vgl. C. Szücs, a.a.O. [FN 12], S. 186.
  27. 27 Die Aktionäre haben dabei den von der Aktiengesellschaft gewählten elektronischen Kommunikationskanal zu verwenden (siehe ErläutRV 2094 BlgNr XXVII. GP, S. 3).
  28. 28 Derartiges konnte – mit Ausnahme des Fragerechts – bis 30.6.2023 in Österreich vorgesehen sein (§ 3 Abs. 4 COVID-19-GesV).
  29. 29 C. Szücs, a.a.O. [FN 12], S. 187, FN 26.
  30. 30 Dazu C. Szücs, a.a.O. [FN 12] sowie Baumüller, a.a.O. [FN 14].
  31. 31 Vgl. Orlik, a.a.O. [FN 11], S. 47. Anders in Deutschland, wo es in § 26n Abs. 1 EGAktG eine Übergangsvorschrift für ein Jahr gab (vgl. Schilha/Gaßner, a.a.O. [FN 23], S. 2358).
  32. 32 Nach § 104 Abs. 1 AktG hat die jährliche ordentliche Hauptversammlung grundsätzlich in den ersten acht Monaten eines Geschäftsjahres stattzufinden, bei keinem abweichenden Kalenderjahr somit bis spätestens 31.8. (insoweit gleich § 175 Abs. 1 letzter Satz dAktG, weshalb § 26n Abs. 1 EGAktG auch den 31.8.2023 nennt). Der Großteil der börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften hatte die ordentliche Hauptversammlung für das Jahr 2023 zum Zeitpunkt der Verabschiedung des VirtGesG bereits abgehalten.
  33. 33 Dass auf eine Reihe rein virtueller Hauptversammlungen nach dem Corona-Pandemie bedingtem Sonderregime eine Präsenz-HV folgen muss, wurde in Deutschland mit der Schaffung der Übergangsvorschrift bewusst vermieden (dazu Danwerth, Die erste Saison der neuen virtuellen Hauptversammlung der Unternehmen der DAX-Familie in Abgrenzung zur dritten und letzten Saison der virtuellen COVID-Hauptversammlung, ZIP 2023, S. 2329: „(kein) Pingpong zwischen virtueller und Präsenz-Hauptversammlung“).
  34. 34 Mit einer ähnlichen Einschätzung wie hier für Deutschland vor Beginn des dortigen neuen Regimes (HV-Saison 2023) Rieckers, Nachlese zur Hauptversammlungssaison 2022 und Ausblick auf 2023 (Teil 2), BB 2023, S. 374. Letztlich haben in Deutschland die größten börsenotierten Unternehmen allesamt eine solche Satzungsermächtigung für den Vorstand geschaffen (dazu Merkner/Schulenburg/Elixmann, Beobachtungen zur Handhabung der neuen Regelungen zur virtuellen Hauptversammlung durch die DAX-40-Unternehmen, AG 2023, S. 644).
  35. 35 Fast 90 Prozent der Aktiengesellschaften, deren Aktien im sog. prime market der Wiener Börse notieren, haben im Jahr 2023 eine Präsenz-HV abgehalten.