Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2087/2021 vom 8. Februar 2023

Zollzahlungspflicht von «vorfahrenden» Personen

  • Bearbeitet durch: Dominique Seger
  • Category of articles: Leading decision
  • Field of Law: Zoll
  • Citation: Dominique Seger, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2087/2021 vom 8. Februar 2023, ASA online Grundsatzurteile
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2087/2021 vom 8. Februar 2023 (zur BVGE Publikation vorgesehen) i.S. A. gegen Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Direktionsbereich Strafverfolgung.
Zoll; Nachforderung von Zollabgaben und Einfuhrsteuer (Gegenstand).
Das Verfahren wurde vom Bundesgericht mit Urteil 9C_231/2023 vom 2. Mai 2023 infolge Rückzugs der Beschwerde abgeschrieben.

Inhalt

  • 1. Regeste
  • 2. Sachverhalt (Zusammenfassung)
  • 3. Aus den Erwägungen

1.

Regeste ^

Im vorliegenden Fall wurde von der Rechtsprechung erstmals die Frage geklärt, ob ein «Vorfahrer» zollzahlungspflichtig ist. Mit «Vorfahrer» ist im vorliegenden Kontext eine Person gemeint, die jener Person, die die Ware über die Grenze bringt, voranfährt und dieser Person im Wissen um die anstehende Wareneinfuhr «grünes Licht» gibt, wenn der Grenzübergang unbesetzt ist (insb. E. 4.1). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und festgehalten, dass ein Vorfahrer zollzahlungspflichtig ist, wenn er weiss, dass sein «OK» dazu führt, dass der Warenführer die Ware über die Grenze bringen wird (E. 4.3).

Dans le cas despèce, la jurisprudence a clarifié pour la première fois la question de savoir si une «personne chargée deffectuer une reconnaissance» est assujettie au paiement des droits de douane. Dans le présent contexte, on entend par «personne chargée deffectuer une reconnaissance» une personne qui précède celle qui conduit la marchandise à travers la frontière douanière et qui, sachant que limportation de la marchandise est imminente, donne le «feu vert» à la personne conduisant la marchandise à travers la frontière lorsque le poste douanier est inoccupé (en particulier consid. 4.1). Le Tribunal administratif fédéral a répondu par laffirmative à cette question et a retenu quune «personne chargée deffectuer une reconnaissance» est assujettie au paiement des droits de douane lorsquil sait que son «OK» aura pour conséquence que celui qui conduit la marchandise à travers la frontière douanière franchira cette dernière (consid. 4.3).

2.

Sachverhalt (Zusammenfassung) ^

A.

Die Eidgenössische Zollverwaltung (heute: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit [BAZG]), Direktionsbereich Strafverfolgung, Zollfahndung Ost (nachfolgend: Zollfahndung), leitete aufgrund von Überwachungsmassnahmen am 27. Februar 2017 eine Zollstrafuntersuchung wegen des dringenden Verdachts der fortgesetzten, gewohnheits- und gewerbsmässigen illegalen Einfuhr von Lebensmitteln in die Schweiz ein.

B.

m Rahmen dieser Zollstrafuntersuchung ermittelte die Zollfahndung auch gegen A. Am 12. März 2021 nahm die Zollfahndung das Schlussprotokoll auf und erliess gegenüber A. gleichentags die Verfügung über die Leistungspflicht, worin sie diesen zur Zahlung von Fr. 59’674.05 (Zoll: Fr. 52’508.55; Einfuhrsteuer: Fr. 2’056.75; Zins: Fr. 5’108.75) verpflichtete.

C.

Die Zollfahndung wirft A. im Wesentlichen vor, im Zeitraum vom 24. August 2016 bis 31. Oktober 2017 Lebensmittel illegal und ohne Zollanmeldung aus Österreich in die Schweiz eingeführt zu haben. Ebenfalls an diesen Einfuhren beteiligt gewesen seien insbesondere B. und C.

D.

Mit Eingabe vom 30. April 2021 lässt A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht gegen die Leistungsverfügung der Zollfahndung bzw. des BAZG (nachfolgend auch: Vorinstanz) vom 12. März 2021 erheben und beantragen, die Leistungsverfügung sei aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen und subeventualiter «seien die Abgaben und Steuern im Sinne der nachstehenden Erwägungen auf ein angemessenes Mass herabzusetzen». (…)

(...)

F.

Mit Vernehmlassung vom 28. Juni 2021 beantragt die Vorinstanz, die Beschwerde sei im Umfang von Fr. 18’219.25 gutzuheissen. Im Übrigen sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; alles unter Kostenfolge.

(…)

3.

Aus den Erwägungen ^

(...)

1.8 Der zu beurteilende Sachverhalt hat sich im Zeitraum zwischen dem 24. August 2016 und dem 31. Oktober 2017 verwirklicht. Somit sind vorliegend das ZG, die Zollverordnung vom 1. November 2006 (ZV, SR 631.01) sowie das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20) in ihrer jeweils geltenden Fassung heranzuziehen.

(…)

2.5 Gemäss Art. 50 MWSTG («Einfuhrsteuer») gilt für die Steuer auf der Einfuhr von Gegenständen grundsätzlich die Zollgesetzgebung. Steuerpflichtig ist, wer nach Art. 70 Abs. 2 und 3 ZG Zollschuldner oder Zollschuldnerin ist (Art. 51 Abs. 1 MWSTG). Zum entsprechenden Kreis gehören jene Person, welche die Waren über die Zollgrenze bringt oder bringen lässt sowie die Person, die zur Zollanmeldung verpflichtet bzw. damit beauftragt ist oder auf deren Rechnung die Ware ein- oder ausgeführt wird (Art. 70 Abs. 2 ZG). Zur Zollanmeldung verpflichtet sind gemäss Art. 26 ZG die zuführungspflichtige Person (Bst. a), die mit der Zollanmeldung beauftragte Person (Bst. b) und Personen, die den Verwendungszweck der Ware ändern (Bst. d). Zuführungspflichtig ist, wer Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt (Art. 21 Abs. 1 ZG). Art. 75 ZV präzisiert, dass als zuführungspflichtige Personen namentlich (also nicht ausschliesslich) gelten: die Warenführerin oder der Warenführer (Bst. a), die mit der Zuführung beauftragte Person (Bst. b), die Importeurin oder der Importeur (Bst. c), die Empfängerin oder der Empfänger (Bst. d), die Versenderin oder der Versender (Bst. e) und die Auftraggeberin oder der Auftraggeber (Bst. f). Als Auftraggeberin gilt nicht nur die (natürliche oder juristische) Person, die im zivilrechtlichen Sinne mit dem Transporteur einen Frachtvertrag abschliesst, sondern jede Person, welche die Wareneinfuhr tatsächlich veranlasst (zu Letzterem: Urteil des BGer 2C_420/2013 vom 4. Juli 2014 E. 3.4, teilweise noch mit Bezug zum alten Zollgesetz vom 1. Oktober 1925 [aZG, AS 42 287] sowie Hinweisen auf die entsprechende Rechtsprechung).

Die Zollschuldnerinnen und Zollschuldner haften für die Zollschuld solidarisch. Der Rückgriff unter ihnen richtet sich nach dem Obligationenrecht (Art. 70 Abs. 3 ZG).

(…)

3.

3.1 Wer sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Zoll- oder Einfuhrsteuervorteil verschafft, insbesondere indem er vorsätzlich oder fahrlässig Waren bei der Einfuhr nicht oder unrichtig anmeldet, begeht eine Widerhandlung gegen die Zoll- bzw. Mehrwertsteuergesetzgebung (vgl. Art. 118 ZG, Art. 96 MWSTG). Sowohl die Zoll- als auch Mehrwertsteuergesetzgebung gehören zur Verwaltungsgesetzgebung des Bundes (Urteile des BVGer A-957/2019 vom 9. Dezember 2019 E. 2.6.1 [bestätigt durch Urteil des BGer 2C_97/2020 vom 18. Mai 2020], A-5320/2018 vom 26. August 2019 E. 4.4, A-4510/2018 vom 20. Mai 2019 E. 4.4).

3.2 Gemäss Art. 12 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR, SR 313.0) sind Abgaben nachzuentrichten, wenn sie infolge einer Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes zu Unrecht nicht erhoben worden sind. Dies gilt «ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person» (Art. 12 Abs. 1 VStrR). Die Leistungspflicht im Sinne von Art. 12 VStrR hängt weder von einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit noch von einem Verschulden oder gar der Einleitung eines Strafverfahrens ab. Vielmehr genügt es, dass der durch die Nichterhebung der entsprechenden Abgabe entstandene unrechtmässige Vorteil auf einer objektiven Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes gründet (zum Ganzen: BGE 129 II 160 E. 3.2, 106 Ib 218 E. 2c; Urteile des BGer 2C_424/2014 vom 18. Juli 2015 E. 5.2.2, 2C_420/2013 vom 4. Juli 2014 E. 3.2; Urteile des BVGer A-4963/2020 vom 15. Dezember 2021 E. 4.2, A-3365/2020 vom 19. März 2021 E. 4.2; Stefan Oesterhelt/Laetitia Fracheboud, in: Frank/Eicker/Markwalder/Achermann [Hrsg.], Basler Kommentar, Verwaltungsstrafrecht, 2020 [nachfolgend: Kommentar VStrR], Art. 12 N 5).

3.3 Zu den gestützt auf Art. 12 Abs. 2 VStrR Nachleistungspflichtigen gehört nach dem Gesetzeswortlaut «insbesondere der zur Zahlung der Abgabe Verpflichtete», d.h. für die Zollabgaben jene Personen, welche dem Kreis der Zollschuldnerinnen und Zollschuldner gemäss Art. 70 ZG entsprechen (vgl. oben E. 2.5). Sie gelten ipso facto als durch die Nichtbezahlung der Abgabe bevorteilt (Urteil des BGer 2C_420/2013 vom 4. Juli 2014 E. 3.3). Sie bleiben selbst dann leistungspflichtig, wenn sie nichts von der falschen bzw. fehlenden Deklaration gewusst haben (BGE 107 Ib 198 E. 6c/d) und wenn sie selber aus der Widerhandlung keinen persönlichen Nutzen gezogen haben (Urteil des BGer 2A.242/2006 vom 2. Februar 2007 E. 2.2; Urteile des BVGer A-3365/2020 vom 19. März 2021 E. 4.2, A-1497/2019 vom 7. Oktober 2020 E. 2.3.2; Michael Beusch, Zollkommentar, Art. 70 N 12). Sie gelten als direkt unrechtmässig bevorteilt, weil sie die geschuldeten Abgaben infolge der Widerhandlung nicht entrichten mussten. Der Genuss dieses Vorteils soll den Leistungspflichtigen mit dem Institut der Nachleistungspflicht entzogen werden. Diese Personen – für welche die gesetzliche Vermutung eines unrechtmässigen Vermögensvorteils gilt – haften solidarisch für den gesamten nicht erhobenen Abgabebetrag (Art. 70 Abs. 3 ZG; Urteile des BGer 2C_420/2013 vom 4. Juli 2014 E. 3.3, 2A.242/2006 vom 2. Februar 2007 E. 2.2; Urteile des BVGer A-3365/2020 vom 19. März 2021 E. 4.2, A-1497/2019 vom 7. Oktober 2020 E. 2.3.2).

4.

4.1 Bisher noch nicht von der Rechtsprechung geklärt, ist die Frage, ob ein «Vorfahrer» zollzahlungspflichtig ist. Mit «Vorfahrer» ist im vorliegenden Kontext eine Person gemeint, die jener Person, die die Ware über die Grenze bringt, voranfährt und dieser Person im Wissen um die anstehende Wareneinfuhr «grünes Licht» gibt, wenn der Grenzübergang unbesetzt ist.

4.2

4.2.1 Zum Kreis der Zollzahlungspflichtigen gehören diverse Personen (E. 2.5). Eingehender zu prüfen ist dabei, ob der Vorfahrer im Sinne der oben (E. 4.1) genannten Konstellation als Person anzusehen ist, die Waren über die Zollgrenze bringen (Art. 70 Abs. 2 Bst. a) bzw. ins Zollgebiet verbringen lässt (Art. 70 Abs. 2 Bst. b i.V.m. Art. 26 Bst. a i.V.m. Art. 21 Abs. 1 ZG), also als Auftraggeber im Sinne der oben genannten Rechtsprechung (E. 2.5).

4.2.2 Das Bundesgericht führte noch zu Art. 9 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 aZG aus, dass es «im Interesse der Vollstreckung der Zollabgabe [geboten ist, den] Kreis der Zahlungspflichtigen in dem Sinne weit zu ziehen, als die an der Erfüllung des der Warenbewegung zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts wirtschaftlich interessierten Personen für die Zollabgaben haften. Es lässt sich folglich nicht vertreten, Art. 13 Abs. 1 [a]ZG eng auszulegen. Die fragliche Bestimmung bezieht sich insbesondere nicht nur auf die Person, welche sich im Innenverhältnis zur Bezahlung der Zollabgaben verpflichtet» (BGE 107 Ib 198 E. 6b).

Der noch vor Inkrafttreten des VStrR ergangene BGE 89 I 542 beschäftigte sich mit der Frage, ob jene Person, die den Auftrag gegeben hatte, Waren über die Grenze zu schmuggeln, für die Zollabgaben hafte. Ein Auftrag im Sinne des Zivilrechts lag nicht vor, weil dieser Auftrag aufgrund seines rechtswidrigen Inhalts gemäss Art. 20 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220) nichtig war. Wie sich der Erwägung 4 dieses BGE (am Ende) entnehmen lässt, gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass «[m]it der weiten Umschreibung des Kreises der Zollzahlungspflichtigen [...] die Zahlung der Abgaben vor allem gerade für den Fall des Schmuggels gesichert werden [soll], in dem ein Bedürfnis danach in besonderem Masse besteht. Diese Auslegung drängt sich umsomehr auf, als der im Urteil Ischy [BGE 62 I 28, in dem das BGer noch zum gegenteiligen Schluss gelangte] zitierte Art. 99 [a]ZG (solidarische Haftung mehrerer Angeschuldigter) nur die Busse betrifft und hinsichtlich der Abgabe eine entsprechende Bestimmung fehlt».

In seinem Urteil 2C_747/2009 vom 8. April 2010 ging das Bundesgericht dann gar soweit, nicht nur (wiederum bezogen auf das aZG) festzuhalten, der Gesetzgeber habe den Kreis der Zollzahlungspflichtigen weit gezogen, um die Einbringlichkeit der Zollforderung sicherzustellen, sondern hielt in E. 4.2 unter Hinweis auf den zuvor genannten BGE 89 I 542 fest: «Es geht unter anderem darum, die illegale Einfuhr zu unterbinden» (s.a. den Hinweis auf dieses Urteil im Urteil des BGer 2C_363/2010 et al. vom 6. Oktober 2010 E. 5.1, wo dies allerdings nicht explizit festgehalten ist). Dieser Satz ist insofern fragwürdig, als es eigentlich Sache des Straf- und nicht des Abgaberechts ist, Straftaten zu verhindern. Nichtsdestotrotz wird hier aber ersichtlich, wie weit das Bundesgericht den Kreis der Zollzahlungspflichtigen ziehen will; dies, obwohl es im genannten bundesgerichtlichen Verfahren um die Frage ging, ob der Geschäftsführer und Verwaltungsrat einer Gesellschaft, in deren Namen und auf deren Rechnung der Import erfolgt war, zollzahlungspflichtig sei (was das BGer bejahte).

Die Rechtsprechung hat auch festgehalten, dass Angestellte und Hilfspersonen des eigentlichen Auftraggebers zollzahlungspflichtig sind (vgl. das schon zuvor genannte Urteil des BGer 2C_747/2009 vom 8. April 2010 E. 5.3, wobei das BGer hier auf seine nicht publizierte Rechtsprechung verwies, in welcher es die Ansicht verworfen hatte, das Handeln des Organs oder von Angestellten sei der juristischen Person zuzurechnen und nur diese sei als Auftraggeberin zu betrachten; vgl. auch: Urteil des BVGer A-6977/2009 vom 29. November 2010 E. 3.2). Als Auftraggeberin wird auch eine Person betrachtet, die einen Dritten dazu bringt, ihr eine Ware zu liefern, von der sie weiss oder annehmen muss, dass sie sich im Ausland befindet und zur Lieferung in die Schweiz eingeführt werden muss; dies gilt auch dann, wenn Waren ohne vorgängige Bestellung der betreffenden Person in die Schweiz gebracht werden, diese zuvor aber ihre generelle Bereitschaft zur Abnahme solcher Waren kundgetan hat (Urteil des BVGer A-6977/2009 vom 29. November 2010 E. 3.2 m.H.w.). Diese weite Auslegung des Begriffs des Auftraggebers wird in der Lehre bisweilen kritisiert (Oesterhelt/Fracheboud, Kommentar VStrR, Art. 12 N 24), gibt aber die geltende Rechtsprechung wieder.

4.2.3 Der Vorfahrer (immer im Sinne der in E. 4.1 genannten Konstellation) veranlasst die Einfuhr einer Ware in unmittelbarer Weise dadurch, dass er den Wagenführer direkt zum Grenzübertritt bewegt. Ohne sein Zutun hätte der Warenführer die Grenze nicht oder zumindest nicht an dieser Stelle überquert. Seine Stellung lässt sich insofern unter die des Auftraggebers subsummieren. Dabei ist dem Vorfahrer bekannt, dass sich die Ware im Ausland befindet und in die Schweiz eingeführt werden muss. Er hat zwar – im Gegensatz zum «klassischen» Auftraggeber – möglicherweise kein wirtschaftliches Interesse an der Ware selbst; diese Eigenschaft teilt er aber wohl mit den meisten Angestellten und Hilfspersonen von Auftraggebern, die dennoch als zollzahlungspflichtig angesehen werden, sowie mit den meisten Wagenführern, für die das Gesetz die Zollzahlungspflicht explizit statuiert. Schliesslich steht auch in der Botschaft, Träger der Zollmeldepflicht (und damit zollpflichtig; E. 2.5) seien grundsätzlich nur Personen, die zum Grenzübertritt als einem äusseren Vorgang in tatsächlicher Beziehung stünden, wobei wiederum die Warenführerin oder der Warenführer genannt werden (Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz, BBl 2003 567 606). Auch der Vorfahrer, der das «OK» zum Grenzübertritt gibt, steht mit diesem Übertritt in tatsächlicher Beziehung, in dem er bewusst die Wareneinfuhr tatsächlich veranlasst.

4.3 Insgesamt ist damit festzuhalten, dass ein Vorfahrer zollzahlungspflichtig ist, wenn er weiss, dass sein «OK» dazu führt, dass der Warenführer die Ware über die Grenze bringen wird.

(…)

5.

5.1 Im vorliegenden Fall ist die illegale Einfuhr von Lebensmitteln insofern strittig, als der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbringt, er habe bei gewissen Einfuhren die Waren weder eingeführt noch diese Einfuhren in Auftrag gegeben noch in wirtschaftlicher Hinsicht davon profitiert. Er habe allerhöchstens als Vorfahrer mitgewirkt. Der Beschwerdeführer bringt überdies vor, er sei der deutschen Sprache nicht mächtig und deshalb auch nicht in der Lage gewesen, zu verstehen, was er in den verschiedenen Einvernahmen durch die Vorinstanz gefragt worden sei. Zudem habe ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis zu C. bestanden, weil seine Frau (die Frau des Beschwerdeführers) bei C. angestellt sei und auch er selber (der Beschwerdeführer) kurz bei ihm angestellt gewesen sei. Auch sei er (der Beschwerdeführer) von B. bedroht worden.

5.2 Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Vorinstanz den Sachverhalt richtig erstellt und rechtlich gewürdigt hat.

5.2.1 Im Zuge der Zollstrafuntersuchung wertete die Vorinstanz die Daten des automatischen Fahndungs- und Verkehrsüberwachungssystems der Grenzstellen (AFV) aus, liess die Auszüge der Bankkonten mehrerer Beteiligter edieren und forderte amtshilfeweise die Rechnungen der österreichischen Lebensmittelhändler ein. Zusätzlich wertete sie Mobiltelefondaten aus und führte eine Hausdurchsuchung beim Beschwerdeführer und den Lokalitäten weiterer Beteiligter durch.

Gestützt auf die Aussagen der Beteiligten – insbesondere des Beschwerdeführers und von C. – in den jeweiligen Einvernahmen sowie die oben erwähnten Unterlagen evaluierte die Vorinstanz die einzelnen Einfuhren. Dabei stellte sie mehrheitlich auf jene Rechnungen ab, auf welchen der Beschwerdeführer als Einkaufsberechtigter (D.-Kundenkarte) vermerkt war oder zu deren Zahlung die Kreditkarten des Beschwerdeführers verwendet wurden. Vereinzelte Einfuhren eruierte die Vorinstanz anhand der ausgewerteten Mobiltelefondaten oder den Aussagen in den Einvernahmen.

Nach Feststellung der Vorinstanz führte der Beschwerdeführer die Waren jeweils entweder selbst ein oder fungierte als Vorfahrer. Vereinzelt führte er die Waren alleine ein. In den übrigen Fällen gingen die Beteiligten in der Regel nach demselben Muster vor: Der Beschwerdeführer passierte entweder als Vorfahrer den jeweiligen Grenzübergang und informierte den nachfolgenden Warenführer über allfällige Grenzkontrollen oder er war selbst Warenführer, der einem Vorfahrer folgte.

Bei der Prüfung der einzelnen Einfuhren bezog die Vorinstanz offensichtlich für den Privatgebrauch eingekaufte Waren nicht in die Berechnung der Nachforderung mit ein.

5.2.2 Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz diverse Beweismittel herangezogen, um den Sachverhalt festzustellen. Die eingeführten Waren ermittelte die Vorinstanz im Einzelnen mittels der jeweiligen Rechnungen, Zahlungen oder Abmachungen zwischen den Beteiligten. Dass die Waren nach dem Kauf im Ausland auch tatsächlich in die Schweiz eingeführt wurden, erachtet das Bundesverwaltungsgericht angesichts des wiederholten Vorgehens der Beteiligten, welches sich anhand der Überwachung mittels AFV sowie der Aussagen verschiedener Personen nachvollziehen lässt, der Art und Menge der für verschiedene Restaurants bestimmten Waren sowie der Angaben auf den Rechnungen als grundsätzlich erwiesen (vgl. oben E. 1.6). Insgesamt ergibt die Sachverhaltserstellung der Vorinstanz ein schlüssiges Bild, wobei in der Folge zu beurteilen bleibt, ob dies auch für bestimmte unten aufgezählte Einfuhren gilt und ob es dem Beschwerdeführer jeweils gelingt, den Gegenbeweis zu erbringen (zu den einzelnen Einfuhren s. E. 5.3 ff.).

5.2.3 Vorweg rügt der Beschwerdeführer im Allgemeinen, er sei der deutschen Sprache nicht mächtig und es bestünden erhebliche Zweifel, ob er überhaupt in der Lage gewesen sei, zu verstehen, was er gefragt worden sei. Es könne deshalb nicht auf die bisherigen Befragungsprotokolle abgestellt werden. Darüber hinaus sei er – so der Beschwerdeführer weiter – von einem Beteiligten bedroht worden und von einem anderen Beteiligten wirtschaftlich abhängig.

Der Argumentation des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. So wurde er vor der ersten Befragung gefragt, ob er die deutsche Sprache in mündlicher und schriftlicher Form verstehe, worauf er geantwortet hat: «Ja ein bisschen. Wenn ich etwas nicht verstehe, werde ich Sie fragen». Zudem wurde er vor der ersten sowie jeder weiteren Befragung darauf hingewiesen, dass er das Recht habe, einen Verteidiger zu bestellen und einen Übersetzer zu verlangen. Von diesem Recht machte der Beschwerdeführer nicht Gebrauch. Dass er die Befragungen möglichst schnell hinter sich gebracht haben wollte und deshalb auf einen Dolmetscher verzichtet habe, mag für die erste und zweite Befragung noch plausibel erscheinen. Es erschliesst sich dem Bundesverwaltungsgericht indes nicht, inwiefern dieser Umstand den Beschwerdeführer bei den weiteren Befragungen daran gehindert haben soll, einen Dolmetscher zu verlangen.

Im Übrigen handelt es sich bei den strittigen Einfuhren auch nicht um derart komplexe Sachverhalte, dass davon auszugehen wäre, dem Beschwerdeführer sei es nicht möglich gewesen, den Ausführungen der Vorinstanz in den Befragungen zu folgen.

Betreffend die angeblichen Drohungen und die wirtschaftliche Abhängigkeit, die den Beschwerdeführer – wie er geltend macht – dazu veranlasst haben sollen, Fahrten zuzugeben, bei denen er gar nicht beteiligt war, ist anzumerken, dass die Aussagen des Beschwerdeführers bei der Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur ein Indiz unter mehreren darstellen. Die Vorinstanz basiert ihre Leistungsverfügung insbesondere auf den Rechnungen der Lebensmittelhändler, der Auswertung der AFV sowie den Kartentransaktionen. Allein dadurch lässt sich in der Regel schon erstellen, dass der Beschwerdeführer an den Einfuhren (in der einen oder anderen Form) beteiligt war (zu den einzelnen Einfuhren: E. 5.3 ff.). Zudem hat die Vorinstanz in ihrer Leistungsverfügung mehrere Einfuhren, an welchen der Beschwerdeführer – gemäss Feststellung der Vorinstanz – fälschlicherweise vorgab, beteiligt gewesen zu sein, zugunsten des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt (z.B. jene zur Zeit, als der Beschwerdeführer in den Ferien weilte).

Sofern der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde im Sinne eines Widerrufs seiner Geständnisse geltend macht, seine Aussagen in den Befragungen seien unrichtig oder nicht verwertbar, prüft das Bundesverwaltungsgericht die Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der einzelnen Einfuhren auf deren Glaubhaftigkeit und im Zusammenhang mit den weiteren Sachverhaltselementen (vgl. oben E. 1.6).

Nach dem Gesagten ist angesichts der ausreichenden Aktengrundlage in antizipierter Beweiswürdigung von der Erstellung eines Gutachtens betreffend die sprachlichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers und von einer weiteren Befragung des Beschwerdeführers abzusehen, weshalb sich dementsprechend auch eine Rückweisung an die Vorinstanz erübrigt (zur antizipierten Beweiswürdigung: BGE 141 I 60 E. 3.3; Urteil des BVGer A-3346/2020 vom 27. April 2022 E. 1.8).

5.2.4 Des Weiteren verfängt auch der generelle Einwand des Beschwerdeführers, bei sämtlichen Einfuhren seien die Freigrenzen für Fleisch, Öl und Rahm in Abzug zu bringen, nicht. Der Beschwerdeführer hat wiederholt Waren für verschiedene Restaurantbetriebe eingeführt. Es handelte sich bei den entsprechenden Produkten folglich um Handelswaren, bei deren Einfuhr keine zollrechtlichen Freimengen bzw. mehrwertsteuerlichen Freigrenzen bestehen (vgl. oben E. 2.10; Urteil des BVGer A-2346/2021 vom 10. Mai 2022 E. 3.2.1). Im Übrigen hat die Vorinstanz offensichtlich für den Privatgebrauch bestimmte Waren nicht in die Berechnung miteinbezogen (so schon oben E. 5.2.1 a.E.). Auf konkrete Einwände betreffend zum Privatgebrauch eingeführte Waren wird im Zusammenhang mit den einzelnen Einfuhren eingegangen.

(Im Nachfolgenden prüft das BVGer die einzelnen Einfuhren gesondert, woraus eine Reduktion der Nachforderung um Fr. 2326.05 resultiert [Obsiegen zu ca. 4%]).

(Teilweise Gutheissung der Beschwerde.)