Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2702/2018 vom 23. April 2019

CO2 Abgabe – Taxe sur le CO2

  • 7 ottobre 2019
  • Trattato da: Monique Schnell Luchsinger
  • Categoria di articoli: Sentenza di principio
  • Campo del diritto: Altre contributi e imposte
  • Citazione: Monique Schnell Luchsinger, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2702/2018 vom 23. April 2019, ASA Online: Sentenza di principio
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2702/2018 vom 23. April 2019 i.S. A. AG gegen Oberzolldirektion. Weiterführung der bisherigen Rechtsprechung zur Fristenwahrung unter revidierten Recht.

Inhalt

  • 1. Regeste
  • 2. Sachverhalt
  • 3. Aus den Erwägungen

1.

Regeste ^

Die unter dem Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen [AS 2000 979] bzw. Verordnung vom 8. Juni 2007 über die CO2-Abgabe [AS 2007 2915]) entwickelte Rechtsprechung, wonach die durch den Bundesrat festgesetzte sechsmonatige Verwirkungsfrist sich als verfassungs- und gesetzeskonform erweise, gilt auch für Art. 98 Abs. 2 und 3 der Verordnung vom 30. November 2012 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Verordnung; SR 641.711).

La jurisprudence développée dans le cadre de la loi fédérale du 8 octobre 1999 sur la réduction des émissions de CO2 (RO 2000 979) et de lordonnance du 8 juin 2007 sur la taxe sur le CO2 (RO 2007 2915), selon laquelle le délai de péremption de six mois fixé par le Conseil fédéral est conforme à la Constitution et à la loi, garde sa valeur sous lempire de lart. 98 al. 2 et 3 de lordonnance du 30 novembre 2012 sur la réduction des émissions de CO2 (Ordonnance sur le CO2 ; RS 641.711).

2.

Sachverhalt ^

A.

A.a Bei der A._______ AG (nachfolgend: Steuerpflichtige) mit Sitz in Hedingen (ZH) handelt es sich um ein Unternehmen, welches mit […] handelt sowie […] herstellt.

A.b Mit Verfügung vom 6. Februar 2014 entschied das Bundesamt für Umwelt (BAFU) auf entsprechendes Gesuch vom 16. Mai 2013 hin, dass die Steuerpflichtige ab dem 1. Januar 2013 bis am 31. Dezember 2020 von der CO2-Abgabe befreit wird. Gemäss dieser Verfügung hat die Steuerpflichtige ihren Pflichten in Zusammenhang mit dem Monitoring gemäss Art. 72 der Verordnung vom 30. November 2012 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Verordnung; SR 641.711) nachzukommen.

B.

B.a Am 6. November 2017 reichte die Steuerpflichtige der Oberzolldirektion (OZD) das Gesuch um «Rückerstattung der CO2-Abgaben an befreite Unternehmen und Kraftwerkbetreiber» für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 ein. Der rückgeforderte Betrag belief sich auf insgesamt Fr. 220’673.20. Im Begleitschreiben zum Rückerstattungsantrag entschuldigte sich die Steuerpflichtige für die verspätete Einreichung des Antrags und erklärte, dass zwar alle Daten und Rechnungen fristgerecht auf der Datenbank der EnAW (Energie-Agentur der Wirtschaft) erfasst worden seien, dass aber bei der Generierung des Antrages etwas nicht geklappt habe. Leider sei nicht mehr nachvollziehbar, weshalb dies geschehen sei.

B.b Mit Verfügung vom 27. November 2017 trat die OZD nicht auf das Gesuch der Steuerpflichtigen um Rückerstattung der CO2-Abgabe betreffend 100’742 Liter Heizöl extraleicht und 914’850 kg Erdgas gasförmig ein. Sie erwog in erster Linie, der Anspruch auf Rückerstattung sei im vorliegenden Fall verwirkt, da es die Steuerpflichtige versäumt habe, das entsprechende Gesuch fristgemäss (d.h. bis zum 30. Juni des Folgejahres; vgl. nachfolgend E. 2.3.3) bei der OZD einzureichen.

C.

C.a Mit Eingabe vom 12. Januar 2018 erhob die Steuerpflichtige gegen den Nichteintretensentscheid der OZD vom 27. November 2017 Einsprache. Beantragt wurde die Aufhebung der genannten Verfügung und die Rückerstattung der CO2-Abgaben für das Jahr 2016 in Höhe von Fr. 220’673.20.

Eventualiter sei der Steuerpflichtigen basierend auf Art. 26 Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 (MinöStG; SR 641.61) die Rückerstattung der CO2-Abgabe in Form eines Erlasses in Höhe von Fr. 220’673.20 zu gewähren. Subeventualiter beantragte die Steuerpflichtige sodann eine Fristwiederherstellung betreffend das Rückerstattungsgesuch.

Die Beschwerdeführerin rügte namentlich, die Frist zur Rückforderung der CO2-Abgabe hätte in einem formellen Gesetz verankert werden müssen und der Bundesrat habe mit der Festlegung einer Verwirkungsfrist seinen Ermessensspielraum überschritten. Zudem liege eine Verletzung des Verbots eines überspitzen Formalismus vor, zumal der Monitoringbericht zu Handen des BAFU bereits vor dem 30. Juni 2017 eingereicht worden sei. Damit seien die materiellen Voraussetzungen für die Rückerstattung der Abgabe erfüllt gewesen.

C.b Mit Einspracheentscheid vom 23. März 2018 wies die OZD die Einsprache der Steuerpflichtigen ab. Sie verwies namentlich darauf, das Bundesgericht habe in einem vergleichbaren Fall bereits entschieden, dass die in Frage stehende, in der CO2-Verordnung verankerte Verwirkungsfrist verfassungs- und gesetzeskonform sei (Urteil 2C_923/2014 vom 22. April 2016). Auf den Eventualantrag, die Abgabe sei zu erlassen, trat die OZD – wenn auch nicht förmlich im Dispositiv, so doch in den Erwägungen – nicht ein. Hinsichtlich des Gesuchs um Fristwiederherstellung erwog sie, dass die Beschwerdeführerin keine Gründe für eine Wiederherstellung der Frist nach Art. 24 VwVG geltend gemacht habe.

D.

D.a Gegen den Einspracheentscheid vom 23. März 2018 erhob die Steuerpflichtige (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 7. Mai 2018 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückerstattung der CO2-Abgaben für das Jahr 2016 in Höhe von Fr. 220’673.20. Eventualiter sei der Beschwerdeführerin basierend auf Art. 26 MinöStG die Rückerstattung der CO2-Abgabe in Form eines Erlasses in Höhe von Fr. 220’673.20 zu gewähren. Subeventualiter beantragt die Beschwerdeführerin eine Frist-wiederherstellung.

D.b In ihrer Vernehmlassung vom 2. Juli 2018 schliesst die OZD (nachfolgend: Vorinstanz) auf kostanfällige Abweisung der Beschwerde.

3.

Aus den Erwägungen ^

[…]

3.3

3.3.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit seinem Urteil A-2032/2013 vom 27. August 2014 einen mit dem vorliegenden rechtswesentlich vergleichbaren Fall entschieden. Zwar war damals altes Recht (Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen [AS 2000 979] bzw. Verordnung vom 8. Juni 2007 über die CO2-Abgabe [AS 2007 2915]) anzuwenden (nachfolgend: aCO2-Gesetz und aCO2-Verordnung), doch stimmte der Inhalt der früheren Bestimmungen mit den heute geltenden Normen überein, womit sich auch das Resultat der gerichtlichen Würdigung auf den hier zu entscheidenden Fall anwenden lässt (vgl. nachfolgend E. 3.3.2). Im Rahmen des genannten Urteils prüfte das Bundesverwaltungsgericht die anwendbare gesetzliche Delegationsnorm, untersuchte die Gesetzeskonformität der in Frage stehenden Verordnungs-bestimmung und schliesslich deren Verfassungsmässigkeit (vgl. vorangehend E. 2.4.4 sowie E. 3 ff. des genannten Urteils). Es kam zum Schluss, die durch den Bundesrat festgesetzte sechsmonatige Verwirkungsfrist er-weise sich als verfassungs- und gesetzeskonform (vgl. E. 3.3.3 des genannten Urteils). Dies wurde in der Folge auch durch das Bundesgericht mit Urteil 2C_923/2014 vom 22. April 2016 bestätigt (vgl. E. 8.3 des betreffenden Urteils).

3.3.2 Tatsächlich wurden die Argumente der Beschwerdeführerin in dem soeben genannten bundesgerichtlichen Urteil im Wesentlichen bereits behandelt und verworfen. So verwies das Bundesgericht auf Art. 11 Abs. 2 aCO2-Gesetz (vgl. Art. 33 Abs. 1 CO2-Gesetz), in welchem vorgesehen werde, dass für die «Erhebung und Rückerstattung der Abgabe» auf den übrigen fossilen Energieträgern (im Gegensatz zur Kohle, vgl. dazu Art. 11 Abs. 1 aCO2-Gesetz) die Verfahrensbestimmungen der Mineralölsteuergesetzgebung gelten (vgl. Urteil des BGer 2C_923/2014 vom 22. April 2016 E. 7.3). Es führte aus, dass gemäss Art. 18 Abs. 4 MinöStG der Bundesrat das Rückerstattungsverfahren regle und hielt fest, die Auslegung dieses Artikels ergebe, dass der Bundesrat legitimiert sei, alles Verfahrenstechnische in Bezug auf die Rückerstattung der CO2-Abgabe festzulegen, was nicht bereits in den fünf Absätzen von Art. 18 MinöStG geregelt werde (vgl. Urteil des BGer 2C_923/2014 vom 22. April 2016 E. 7.3.1 ff. und E. 8). Dazu gehörten auch für eine Rückerstattung zu beachtende Fristen.

In einem weiteren Schritt prüfte das Bundesgericht, ob der an sich für die Regelung des Rückerstattungsverfahrens legitimierte Bundesrat seine Kompetenzen mit Erlass der konkreten Bestimmungen von Art. 14 Abs. 2 und 3 aCO2-Verordnung (vgl. Art. 98 Abs. 2 und 3 CO2-Verordnung; vgl. E. 2.3.3), bzw. durch den Erlass einer Verwirkungsfrist (im Gegensatz zu einer einfachen Ordnungsfrist), überschritten hatte (vgl. Urteil des BGer 2C_923/2014 vom 22. April 2016 E. 8 ff.). Auch hier kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die in Frage stehende Regelung nicht zu beanstanden sei. Namentlich habe der Bundesrat weder willkürlich gehandelt noch gegen Treu und Glauben verstossen. Auch sei er nicht unnötig formalistisch oder unverhältnismässig vorgegangen. Er habe das ihm vom Gesetzgeber übertragene Ermessen weder überschritten noch missbraucht. Das Vorsehen von – sogar relativ kurzen – Verwirkungsfristen sei legitim, zumal diese nicht zuletzt der Rechtssicherheit und dem reibungslosen Funktionieren der Verwaltungsabläufe dienten. Letztlich könne auch nicht von überspitztem Formalismus die Rede sein, wenn vom Rechtsunterworfenen verlangt werde, innert einer bestimmten Frist (man denke z.B. an eine Rechtsmittelfrist) zu handeln. Das Bundesgericht hielt weiter fest, von Gesellschaften müsse erwartet werden können, sich dergestalt zu organisieren, dass sie die in der CO2-Verordnung klar festgesetzten Fristen einhalten können (vgl. Urteil des BGer 2C_923/2014 vom 22. April 2016 E. 8.3). Somit hat das Bundesgericht die Einhaltung des Gesetzmässigkeitsprinzips (vgl. E. 2.4.1), das Vorhandensein der Voraussetzungen für eine Gesetzesdelegation (vgl. E. 2.4.2 f.) sowie den Inhalt der fraglichen Verordnungsbestimmung geprüft und bestätigt. Sodann geht aus der genannten Rechtsprechung auch hervor (vgl. Urteil des BGer 2C_923/2014 vom 22. April 2016 E. 4.2 und Urteil des BVGer A-2032/2013 vom 27. August 2014 E. 3.3.3), dass eine Erfüllung der weiteren (hier materiellen) Voraussetzungen für eine Rückerstattung (so etwa die rechtzeitige Einreichung des Monitoringberichts; vgl. dazu Sachverhalt Bst. A.b und C.a), nichts daran ändert, dass das Rückerstattungsrecht der Abgabe verwirkt, wenn die entsprechende Frist nicht gewahrt wird.

3.3.3 Entsprechend dem Dargelegten ist der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren nicht zu folgen, wenn sie sich auf den Standpunkt stellt, die Frage nach einem allfälligen Ermessensmissbrauchs des Bundesrates oder die Verletzung des Erfordernisses der Gesetzesform seien durch das oben genannte bundesgerichtliche Urteil noch nicht entschieden worden. Es erschliesst sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht, inwiefern die gleichlautenden neurechtlichen Bestimmungen unter den gerügten Aspekten anders zu würdigen wären. Als Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass der Bundesrat berechtigt war, für die Rückerstattung der CO2-Abgabe in der entsprechenden Verordnung eine Verwirkungsfrist festzulegen. Da diese Frist im vorliegenden Fall unbestrittenermassen nicht eingehalten worden ist – und keine Fristwiederherstellungsgründe vorlagen (vgl. dazu nachfolgend E. 3.5) – hat die Vorinstanz zu Recht das Nichteintreten auf den Rückerstattungsantrag der Beschwerdeführerin vom 6. November 2017 (Sachverhalt Bst. B.a) gestützt (vgl. E. 1.4). Die Beschwerde ist diesbezüglich abzuweisen.