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Neue Kommunikationsformen für den Dialog Wissenschaft und Praxis

  • Autor/Autorin: Stefan Eder
  • Beitragsart: Rechtsinformatik
  • Rechtsgebiete: Rechtsinformatik
  • DOI: 10.38023/d9060084-cc76-457f-b980-4af229682433
  • Zitiervorschlag: Stefan Eder, Neue Kommunikationsformen für den Dialog Wissenschaft und Praxis, in: Jusletter IT 29. Juni 2023
Dieser Aufsatz behandelt verschiedene Aspekte des Einflusses moderner Kommunikationsformen auf den wissenschaftlichen Diskurs, den Informationsaustausch sowie die Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Veränderung der Formen und Foren für wissenschaftliche Publikationen durch die digitale Transformation. Weiters wird diskutiert, wie diese Entwicklungen den Charakter und das Ausmaß der Wahrnehmung wissenschaftlicher Forschung und ihre praktische Relevanz beeinflussen. Die fortgeschrittene Integration von Social Media ins Berufsleben zeigt einen positiven Einfluss auf den Zugang zu Informationen und die Teilhabe am wissenschaftlichen Diskurs durch eine breite Öffentlichkeit. Dies führt dazu, dass ein barrierefreier und diverser Zugang zu wissenschaftlicher Information und Daten möglich wird, was wiederum den Diskurs und den Austausch mit der Praxis belebt.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einführung
  • 2. Kurze (und beispielhafte) Betrachtung jüngster Entwicklungen im wissenschaftlichen praktischen Austausch
  • 3. Open Source, Open Data und Open Access als Grundlage einer breiten, diversen Kommunikationsplattform
  • 4. Moderne Kommunikationstechnologie als Forum für Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis
  • 5. Auswirkungen neuer Kommunikationsformen auf Wissenschaftstransfer und Kooperation von Wissenschaft und Praxis am Beispiel von Informationstechnologien im rechtlichen Kontext
  • 6. Ausgewählte Beispiele für neue Formen des Austausches zwischen Wissenschaft und Praxis mit rechtlichem Bezug
  • a. Legal Hackers – eine Community zwischen Wissenschaft und Praxis (https://legalhackers.org/)
  • b. Research Meets Practice (ReMeP) – Forschung und Praxis im stetigen Austausch (www.remep.net)
  • c. LawThek – Rechtsinformation als Plattform für Informationstechnologie im Recht (www.lawthek.eu)
  • d. Verbreitung und Akzeptanz dieser Plattformen
  • 7. Die Zukunft des wissenschaftlichen Diskurses und Austausches im Lichte der Bedeutung moderner Kommunikationsformen
  • 8. Schlussfolgerungen
  • 9. Literatur

1.

Einführung ^

[1]

Moderne Kommunikationsformen, wie die Vernetzung über soziale Medien, frei zugängliche Vorträge und wissenschaftliche Veranstaltungen in Form von Videostreams (mit interaktivem Austausch) ermöglichen es, Wissenschaft und Forschung einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

[2]

Während früher Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften der Fachverlage der gängige Weg waren, um wissenschaftliche Arbeiten zu verbreiten, gibt es heute eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein interessiertes Fachpublikum anzusprechen und den Beschränkungen (Vertrieb und Kosten) vieler Fachverlage auszuweichen. Das ist insbesondere dort von besonderer Relevanz, wo nicht primär Academia angesprochen, sondern ein breiteres Publikum erreicht werden soll.

[3]

Das wiederum führt auch dazu, dass eine wesentlich größere Anzahl von wissenschaftlichen und anderen fachlich orientierten Publikationen erscheinen und so eine große Vielfalt im wissenschaftlichen Diskurs möglich wird.

[4]

Vor allem digitale Kommunikationsformen erlauben es, in frei zugänglichen und kostenfreien Formaten zu publizieren. Der freie Zugang und die Verbreitung dieser Publikationen über soziale Medien bzw. die Auffindbarkeit im Internet schaffen eine wesentlich größere Reichweite, als dies mit der Verteilung von Büchern über Fachverlage möglich war.

[5]

Die große Vielfalt von Publikationen birgt aber auch Gefahren, wie eine niedrigere Schwelle der Qualitätskontrolle (so eine solche überhaupt gegeben ist), und macht es schwierig, in der Menge relevante Publikationen zu finden und einem Thema zu folgen. Dazu braucht es nun auch neue Formate, mit denen sichergestellt werden kann, dass relevante Informationen auffindbar und zugänglich bleiben.

[6]

Auch müssen die betroffenen Verkehrskreise lernen, diese Kommunikationsformen zu ihrem Vorteil zu nutzen und einzusetzen bzw. die relevante Information in der großen Menge an Publikationen und Informationen bzw. Informationsquellen ausfindig zu machen.

[7]

Neue Formate können für einen intensiveren Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis sorgen, der Nutzen ergibt sich aber nur dann, wenn gleichzeitig Foren und Kanäle geschaffen werden, die die Verteilung der Information unterstützen und so besser zugänglich machen.

[8]

Naturgemäß führt Open Source/Open Access dazu, dass eine breite Community im Diskurs über die relevanten Themen involviert ist. Eine derartige Gemeinschaft ist sehr divers, aber auch idealistisch und produktiv. Wenngleich in der großen Menge jener, die Zugang zu diesem Diskurs finden, immer wieder auch Personen sind, die den Diskurs ohne ausreichende Kompetenz, aus reiner Eitelkeit oder anderen Motiven führen. Auch dazu braucht es daher Mechanismen, solche negativen Einflüsse herauszufiltern bzw. über den Umgang mit den verschiedenen Anwendungen und Quellen aufzuklären. Wobei die Erfahrung des Autors ist, dass die positiven und produktiven Beiträge bei weitem jeglichen negativen Input überwiegen.

[9]

Es ist unbestritten, dass gerade für viele KMU eine gute Kooperation mit Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung und vice versa besonders wichtig ist. KMU haben naturgemäß nicht die Ressourcen, große Forschungsprojekte zu finanzieren. Andererseits sind KMU flexibel und können sich auf neue Entwicklungen gut einstellen und sind daher oft der ideale Ort, neue Ideen zu testen. KMU haben oft ein besonderes Interesse, Innovation voranzutreiben, um die jeweilige Marktposition auszubauen. Dementsprechend sind sie auch gut in der Lage, wertvolles Feedback aus der Praxis an Forschungseinrichtungen zurückzugeben.

[10]

Moderne Kommunikationstechniken spielen heute eine entscheidende Rolle bei der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Praktikern. Die digitale Vernetzung ermöglicht es, schnell und unkompliziert Informationen auszutauschen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten und in Echtzeit zu kommunizieren. Auch die Entstehung neuer Formen der Zusammenarbeit, wie beispielsweise Open Science und Citizen Science, wird durch moderne Technologien erleichtert.

2.

Kurze (und beispielhafte) Betrachtung jüngster Entwicklungen im wissenschaftlichen praktischen Austausch ^

[11]

Seitdem vor allem das Internet frei zugängliche Information ermöglicht, hat sich nicht nur der Umfang wissenschaftlicher Information stark ausgeweitet. Ein guter Teil von wissenschaftlicher Information ist auch frei zugänglich (je nach Fachbereich mit verschiedener Tiefe). Auch große renommierte Verlage ermöglichen frei zugängliche Publikationen mit vielfältigen umfangreichen Publikationen.

[12]

Insgesamt gibt es mittlerweile eine durchaus stattliche Anzahl von Plattformen zur digitalen Publikation von wissenschaftlichen Arbeiten (manche frei zugänglich und andere hinter Paywalls). Dieses digitale Angebot besteht neben den nach wie vor verfügbaren Druckwerken. Auch finden wissenschaftliche Vorträge mittlerweile nicht nur in (verhältnismäßig kleinen) Fachkreisen und damit stark abgegrenzten Foren statt. Vielmehr gibt es eine große Vielzahl von wissenschaftlichen (z.B. universitären) und anderen Plattformen, die von den unterschiedlichsten Anbietern betrieben werden. Diese Plattformen und die Veranstaltungen, die dort stattfinden, sind zum Teil in Präsenz und zum Teil online. Viele dieser Veranstaltungen werden aufgezeichnet und später als Video verfügbar gemacht, ebenso die Materialien dazu. Die Diskussion erfolgt oft über Nebenkanäle (Chats) und (nach Wahl) in anonymer Form, was zu einem breiteren Engagement in der Mitwirkung führt.

[13]

Dazu kommt, dass ein Teil der wissenschaftlichen Information und des wissenschaftlichen Diskurses in diversen sozialen Medien stattfindet, wo Materialien geteilt, kommentiert und diskutiert werden. Die Teilnehmer solcher Dialoge kommen wiederum oft aus Wissenschaft und Praxis, binden aber auch interessierte „Laien“ mit ein.

[14]

All das führt zu einer Flut von Informationen, die es zu verarbeiten gilt. Der damit verbundene Aufwand ist groß, wenn man sich ein umfassendes Bild verschaffen möchte. Das wiederum führt zu dem wenig befriedigenden Ergebnis, dass interessante Arbeiten in der Menge vieler Veröffentlichungen nicht aufgefunden werden.

[15]

Wissenschaftliche Arbeiten (vor allem jene guter Qualität) sollen jedoch gut auffindbar sein, um den Bedarf nach Austausch und Rückmeldung aus der Praxis, den viele Wissenschaftler haben, zu erfüllen. Ebenso wie es den Bedarf der Praxis nach Information zum Fortschritt der Forschung gibt, um diesen in der Praxis (sei es in der Ausbildung oder im Unternehmertum) verwerten zu können.

[16]

Dazu ein kurzer Rundblick: Eine Studie von wbmonitor zum Arbeitstitel „Wie kommt Wissenschaft in die Praxis?“1 zeigt, dass die Mehrheit der Einrichtungen Bedarf an wissenschaftlich aufbereiteter Information in Form von Forschungsergebnissen und wissenschaftlich fundierten Konzepten hat. Diese Einrichtungen sehen die Orientierung an Ergebnissen aus Wissenschaft und Forschung als wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung ihres Angebots sowie als Vorteil im Wettbewerb mit anderen Anbietern an. Interessant ist vor allem auch, dass die für die Leitung der Einrichtungen Verantwortlichen verschiedene Informationsquellen zur Beschaffung wissenschaftlicher Ergebnisse heranziehen, darunter Fachliteratur, Präsenzveranstaltungen und Online-Medien.

[17]

Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist für beide Seiten von großem Nutzen. Unternehmen profitieren von neuen Erkenntnissen und Technologien, die ihre Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit stärken. Forschende erhalten wertvolles Feedback und Zugang zu Anwendungsfeldern, die ihre Forschung praxisrelevanter und sichtbarer machen. Doch wie gelingt es, die richtigen Partner zu finden und eine vertrauensvolle und fruchtbare Kooperation aufzubauen? Dazu braucht es Plattformen, die einerseits das Wissen um die verschiedensten Forschungsarbeiten und deren Ergebnisse verfügbar und zugänglich machen und andererseits die Transformation von Forschung in die Praxis vermitteln.

[18]

Ein Beispiel: Das Fraunhofer-Institut für Internationales Management und Wissensökonomie IMW hat in den vergangenen Jahren verschiedene Projekte durchgeführt, die sich mit der Thematik nationaler und internationaler Aspekte des Wissenstransfers zwischen Praxis und Forschung beschäftigt haben2. Formen des Austauschs, die sich aus solchen Aktivitäten ergeben, sind Aspekte wie Cluster Feedback (Erkenntnisse zur Innovation durch Crowdsourcing), Crowd Innovation (bringt Unternehmen, wissenschaftliche und öffentliche Institutionen zusammen und ermöglicht es z.B., interessierte Personen an Innovationsprozessen zu beteiligen), oder das Bereitstellen von Experimentierfeldern für Beteiligte aus Wissenschaft und Praxis im Kontext mit digitaler Transformation.

[19]

In ihrer Studie „The Future of University-Business Cooperation: Prioritäten für Forschung und Praxis“3 beschäftigen sich die Autoren mit dem aktuellen Stand und künftigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen. Dabei arbeiten die Autoren drei Haupttypen der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen heraus:

  • Forschungskooperationen
  • Bildungspartnerschaften
  • Innovationspartnerschaften
[20]

In Bezug auf die vielfältigen Vorteile, die sich für die Beteiligten ergeben können, besteht aber auch die Notwendigkeit nach effektiven Governance-Strukturen und Klärung der Fragen zu den Rechten an geistigem Eigentum an Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit solchen Kooperationen. Besonders relevant ist die Erkenntnis, dass sich aus den Rückmeldungen der Teilnehmer der Studie folgende sechs Hauptaspekte ableiten lassen:

  • Nachhaltigkeit als Grundlage für den Wettbewerbsvorteil von Universitäten und Unternehmen und das Wirtschaftswachstum einer Region;
  • die Notwendigkeit, Humankapital zu entwickeln;
  • die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Verbesserung
  • das Bewusstsein für die Möglichkeiten und Vorteile des Engagements sowie die verbesserte Sichtbarkeit in der Gesellschaft;
  • die Notwendigkeit, verschiedene Perspektiven und Kulturen von Interessensvertretern kennenzulernen;
  • die Notwendigkeit, einen professionellen Ansatz für universitäre Kooperationen mit der Praxis zu entwickeln
[21]

Darauf aufbauend stellt sich die Herausforderung, entsprechende Partnerschaftsmodelle für die Kooperation von Wissenschaft und Praxis zu entwickeln. Dazu gibt es schon viele Ansätze, sei es institutionalisiert durch Interessensvertretungen oder in individuellen Partnerschaften zwischen Forschungseinrichtungen (bzw. Forschern) und Unternehmen. Es gibt aber wenige unabhängige Einrichtungen, die sich als Plattform für die Entwicklung solcher Kooperationen anbieten.

3.

Open Source, Open Data und Open Access als Grundlage einer breiten, diversen Kommunikationsplattform ^

[22]

Ein wesentlicher Treiber für freie Wissensplattformen sind Open Source Software, Open Data und Open Access.

[23]

Open Source Software erlaubt es, solche Pattformen ohne große direkte Kosten einzurichten, so die Arbeit für Einrichtung und Anpassung von Mitgliedern kostenfrei übernommen wird. Die frei verfügbaren Anwendungen, die hier zum Einsatz kommen, erlauben es, eine Kommunikationsplattform auf hohem Niveau aufzubauen.

[24]

Open Data und Open Access sind gewisser Weise Teil der DNA derartiger Kommunikationsplattformen. Der freie Zugang zu Information wird vielfach durch soziale Medien verteilt. Digitale Publikationen, gepaart mit der Verteilungskraft sozialer Medien, führen dazu, dass ein guter Teil der Forschungstätigkeiten über diese Verteiler verfügbar gemacht wird und grundsätzlich auch viele Empfänger erreichen kann. Open Access bedeutet, dass wissenschaftliche Veröffentlichungen und Forschungsdaten kostenlos, unmittelbar und online digital zugänglich sind.

[25]

Open Science umfasst den offenen Zugang (aber auch offene Daten, offene Methoden und offene Peer-Reviews) und zielt darauf ab, die wissenschaftliche Forschung transparenter, zugänglicher und inklusiver zu machen. Dies auch mit dem Ziel, dass die Wirkung der Forschung erhöht, die wissenschaftliche Zusammenarbeit verbessert und die Effizienz der Forschung gesteigert wird. Dies erfolgt unter anderem durch das Publizieren in Open-Access-Zeitschriften oder Büchern in digitaler Form, die Hinterlegung von Daten in offenen Repositorien und die gemeinsame Nutzung von Daten und Arbeitsergebnissen.

[26]

Die Akzeptanz dieser Konzepte im wissenschaftlichen Bereich zeigt sich in einer starken Zunahme an Open-Access-Publikationen und Hinterlegung von Informationen und Anwendungen in offenen Repositorien (wie z.B. GitHub). Das gilt nicht für alle Disziplinen in gleicher Form. Während einerseits juristische Publikationen mehrheitlich noch dem Weg der Druck- und Verlagspublikation folgen, sind z.B. im Bereich der Informationswissenschaften eine große Anzahl von Publikationen digital und frei zugänglich. Preprint Server wie Arxiv (Cornell) oder SSRN (Elsevier) helfen, wissenschaftliche Publikationen leichter einem breiteren Personenkreis zugänglich zu machen.

4.

Moderne Kommunikationstechnologie als Forum für Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis ^

[27]

Es ist wohl unbestritten, dass die Zusammenarbeit und Kommunikation bzw. der Austausch mit anderen Wissenschaftlern und der Praxis für die bestmögliche Entwicklung wissenschaftlicher Forschung von entscheidender Bedeutung sind. Insbesondere weil keine einzelne Person oder Gruppe über alle Kenntnisse, Fähigkeiten oder Ressourcen verfügt, die zur Lösung komplexer wissenschaftlicher Probleme erforderlich sind. Durch den Austausch von Ideen, Daten und Ressourcen wird der innovative Prozess angeregt und die Ergebnisse kommen schneller und effizienter in der Praxis an.

[28]

Festzustellen ist aber auch, dass der technologische Fortschritt die Art und Weise, wie Wissenschaftler kommunizieren und zusammenarbeiten, verändert hat. Neue Kommunikationstechnologien wie Videokonferenzen, Instant Messaging und Cloud-basierte Plattformen für die gemeinsame Nutzung von Daten erleichtern es, trotz räumlicher Distanz zusammenzuarbeiten und die Arbeitsergebnisse einem breiten Publikum zugänglich und auch verständlich zu machen. Das wiederum fördert eine offene Wissenschaft und hilft, wissenschaftliche Forschung transparenter, zugänglicher und integrativer zu machen.

[29]

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass moderne Kommunikationsformen (wie soziale Medien) nützliche Instrumente sein können, um möglichst viele Zielgruppen zu erreichen und eine offene Wissenschaft zu fördern. Diese neuen Kommunikationsformen können der Öffentlichkeit ein persönlicheres und interaktiveres Erlebnis bieten, das zu Engagement und Feedback anregt. Der offene Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Daten wiederum verbessert die Wissenschaftskommunikation, da die angesprochene Öffentlichkeit Zugang zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Forschung erhält und auf diese reagieren und mit Wissenschaftlern interagieren kann. Wichtig ist dabei aber, Wissenschaftskommunikation auf die verschiedenen Zielgruppen abzustimmen und eine verständliche Sprache zu verwenden.

5.

Auswirkungen neuer Kommunikationsformen auf Wissenschaftstransfer und Kooperation von Wissenschaft und Praxis am Beispiel von Informationstechnologien im rechtlichen Kontext ^

[30]

Gerade im Zusammenhang mit dem Einsatz von modernen Technologien im Bereich der Rechtsanwendung sehen wir das Phänomen, dass es ein Auseinanderklaffen zwischen den langjährigen Erkenntnissen aus der Forschung und der Umsetzung in praktische Anwendungen gibt. Das kommt zum einen durch eine große Vielzahl von praktischen Anwendungen zum Ausdruck, die aus einem praktischen Aspekt, aber ohne Anknüpfung an Forschungsergebnisse entwickelt werden, und andererseits das Problem der Forscher, dass der Zugang zu Daten und Rückmeldung aus der Praxis bei der Entwicklung von Anwendungen fehlt.

[31]

Die vorstehend angeführten Formen der Zusammenarbeit würden sich daher auch im rechtlichen Kontext anbieten, sind aber bisher nur in geringem Umfang in der rechtlichen Praxis zu sehen. Gerade bei der rechtlichen Digitalisierung bietet sich schon seit Jahren an, die umfangreichen Forschungsergebnisse praktisch einzusetzen. Die Technologien dafür sind schon lange vorhanden, es fehlt allerdings offensichtlich an der Visibilität der Forschungsergebnisse und der Information dazu, welche qualitativen und auch ökonomischen Vorteile eine solche Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis bringen könnte.

[32]

Nicht zu verwechseln ist eine solche Herangehensweise mit den vielen mittlerweile verfügbaren Legal-Tech-Applikationen. Viele dieser Anwendungen stellen Insellösungen dar. Es wird dabei ein spezielles Problem im rechtlichen Kontext gelöst (z.B. automatisierte Erstellung eines typischen Dokuments), die Anwendung hat aber in aller Regel keine Einbindung in den Arbeits- und Datenfluss der betroffenen Unternehmen, der Gesamtnutzen übersteigt den Aufwand zur Einrichtung und Aufrechterhaltung nicht. Das oft auch, weil die Anzahl der Anwendungsfälle nicht groß genug ist und die Anwendung daher nicht ausreichend skaliert werden kann oder andere praktische Umsetzungshindernisse entgegenstehen.

6.

Ausgewählte Beispiele für neue Formen des Austausches zwischen Wissenschaft und Praxis mit rechtlichem Bezug ^

[33]

Der Bitte des Jubilars folgend beschäftigt sich dieser Artikel mit einer Reihe von Plattformen, die zur Unterstützung des Austausches und der Interaktion zwischen Wissenschaft und Praxis im Bereich der Forschung und Verwendung von Informationstechnologien im rechtlichen Kontext geschaffen wurden. Die Darstellung ist daher auf ausgewählte Bereiche solcher Interaktionen fokussiert und nicht als umfänglich bzw. vollständig anzusehen (es gibt durchaus eine Reihe von anderen Aktivitäten, die in den letzten Jahren parallel zu den hier besprochenen Beispielen entstanden sind (Stanford Codex, Liquid Legal, MIT Law Tech)).

[34]

Hier sollen die Plattformen Legal Hackers, Research Meets Practice und die LawThek besprochen werden.

a.

Legal Hackers – eine Community zwischen Wissenschaft und Praxis (https://legalhackers.org/) ^

[35]

Legal Hackers ist eine globale „Grassroot“-Bewegung von Personen aus den verschiedensten Disziplinen und Berufen (von IT-Enthusiasten über Unternehmer, Juristen, Forscher, Studenten, Lehrer und Technologen). Gemeinsam ist allen Beteiligten das Interesse, kreative Lösungen für Probleme an der Schnittstelle von Recht und Technologie zu erforschen und zu entwickeln. Die Struktur ist informell und die Aktivitäten werden über Sponsoring und Eigenleistungen der Mitglieder finanziert. Heute gibt es Legal-Hackers-Chapter in über 130 Städten auf sechs Kontinenten und eine Gemeinschaft aus vielen tausend Teilnehmern. In Österreich sind rund 1.000 Personen im Kontaktkreis und viele davon regelmäßig bei den verschiedenen Aktivitäten involviert. Diese Initiative ist strikt non-profit und nicht kommerziell ausgerichtet.

[36]

Die Plattform zeichnet sich durch eine enorme globale Diversität und unkomplizierte, einfache und primär lokal selbst organisierte Organisationsstruktur aus.

[37]

Teilnehmer kommen aus den verschiedensten Bereichen – Wissenschaftler von renommierten Universitäten wie dem MIT, aus großen und kleinen Unternehmen, aus dem öffentlichen Sektor, aus den beratenden Berufen, Studenten. Auch die Fachgebiete, die unter den Mitgliedern repräsentiert sind, variieren stark (Recht, Informationstechnologie, Kommunikationswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften usw.).

[38]

Veranstaltungen sind in der Regel offen und frei zugänglich. Oft werden diese über soziale Netzwerke wie Meetup organisiert und die Zugangshürde wird bewusst niedrig gehalten.

[39]

Dieser Netzwerkgedanke wird von vielen – auch größeren – Unternehmen gut angenommen, die oft bereit sind, Veranstaltungen vor allem mit Sachleistungen zu unterstützen.

[40]

Inhaltlich werden Vorträge und Präsentationen mit breitem Diskurs zu verschiedensten Themen im Kontext Recht und Technologie bzw. Technologie und Recht ausgerichtet. Dazu kommt ein informeller Austausch in Form von E-Mail-Informationen oder Diskussion in diversen sozialen Kanälen (wie z.B. Discord). Darüber hinaus werden Aktivitäten wie Hackathons oder auch soziale Zusammenkünfte organisiert. Die Legal-Hackers-Initiative ist nachhaltig und stetig wachsend, wie sich an den jährlich steigenden Zahlen an involvierten Personen nachvollziehen lässt. Es gelingt durch diese Initiative vor allem ein persönlicher Austausch zwischen Vortragenden und Mitgliedern bzw. den Mitgliedern untereinander. Es entsteht so ein breiter Personenkreis, der sich fachkundig austauschen und ohne irgendwelche Schwellen interagieren kann.

b.

Research Meets Practice (ReMeP) – Forschung und Praxis im stetigen Austausch (www.remep.net) ^

[41]

ReMeP ist ebenfalls eine informelle Plattform, die 2018 aufbauend auf einer privaten Initiative gegründet wurde. Zweck ist es, Wissenschaft und Praxis zu vernetzen, um Innovationen und Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu entwickeln. Gefördert wird der Austausch zwischen Wissenschaftlern, Praktikern und Experten aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen mit einem besonderen Fokus auf die mögliche Umsetzung von forschungsbasierten Erkenntnissen in reale Anwendungen und den Austausch von Wissenschaft und Praxis zu solchen Forschungsarbeiten bzw. Projekten, die daraus entstanden sind.

[42]

Die Themenfelder umfassen innovative Aspekte in den Bereichen Unternehmensorganisation, Wirtschaft, Recht, Digitalisierung und neue Technologien. Aktuell treffen sich auf dieser Plattform rund 100 Wissenschaftler und rund 1.000 Praktiker und Studenten, indem sie an einem kontinuierlichen Austausch durch wissenschaftliche Veranstaltungen wie Konferenzen, Seminare und Workshops teilhaben. Die Teilnehmer verteilen sich rund um den Erdball, mit einer Konzentration im DACH-Raum. So sind Forscher und Universitäten aus Europa genauso vertreten wie solche aus Asien oder den USA. Auch die Teilnehmer an den Veranstaltungen, die in aller Regel auch virtuell verfügbar sind, verteilen sich auf eine breite Geographie.

[43]

Das Format wird auch von Forschern gut angenommen, da Vorträge und Präsentationen einem wissenschaftlichen Anspruch genügen müssen und auch akademisches Publikum umfassen, sodass diese Tätigkeiten auch im wissenschaftlichen Kontext repräsentativ sind.

[44]

Ein besonderes Anliegen dieser Plattform ist es, auch jungen Wissenschaftlern eine Plattform zu geben, um ihre innovativen Ideen zu präsentieren und Sichtbarkeit zu erlangen. Überdies werden freie Mittel auch vorrangig dafür eingesetzt, Studierenden Zugang zur Plattform und die Teilnahme an Veranstaltungen zu ermöglichen. Gerade die Einbindung jüngerer Generationen soll den Zugang zu Materien, die oft nicht im Zentrum des Allgemeininteresses stehen und teilweise auch an der Universität nur ungenügend abgedeckt sind, erleichtern und Interesse an Zukunftsthemen schaffen. Vielfach sind es diese Themen und eine unvoreingenommene junge Generation, die einen wichtigen Nährboden für neue Lösungsansätze schaffen.

[45]

Veranstaltungen finden regelmäßig statt und auch hier steht primär der Netzwerkgedanke im Vordergrund. Anders als bei den Legal Hackers gibt es eine zentrale Organisation, die Mitglieder unterstützt und betreut. Auch werden bewusst konkrete Vorschläge von Wissenschaftlern für den konkreten Diskurs mit der Praxis aufgegriffen.

[46]

Ein weiterer Aspekt ist, dass die eingereichten Forschungsprojekte ausgewertet werden und bei Interesse an Ansprechpartner aus der Praxis weitergegeben werden bzw. Unterstützung bei der Suche nach Partnern für Forschungsprojekte (sei es auf Seiten der Wissenschaft oder der Praxis) gewährt wird. Der Informationsaustausch wird mit regelmäßigen (wöchentlichen, teilweise täglichen) Informationen zu Publikationen, Forschungsprojekten, einschlägigen Vorträgen oder Veranstaltungen auf diversen Kanälen unterstützt.

[47]

Auch diese Initiative ist stetig wachsend und in laufender Fortentwicklung.

c.

LawThek – Rechtsinformation als Plattform für Informationstechnologie im Recht (www.lawthek.eu) ^

[48]

Die LawThek (www.lawthek.eu) ist eine frei zugängliche Rechtsdatenbank, die derzeit den Inhalt der RIS-Datenbank sowie das Datenmaterial von EUR-Lex vereint und von der Cybly GmbH betrieben wird.

[49]

Die Datenbank ist so konzipiert, dass auch die Normen und Judikatur weiterer Jurisdiktionen aufgenommen werden können, und zwar in der jeweiligen Landessprache. EU-Materialien sind bereits im aktuellen Stand auf Deutsch und Englisch verfügbar. In Ergänzung zum Rechtsbestand (Normen und Judikatur) werden Kommentare sowie Artikel erfasst und in weiterer Folge mit diesem verknüpft.

[50]

Die LawThek unterstützt Autoren, die ihre Inhalte offen zugänglich machen wollen, bei der Publikation und Verbreitung ihrer Arbeiten auch mit Verlagsdiensten. Zitierfähige Publikationen in einem wissenschaftlichen Format mit Erstellung eines DOI4 sind ebenfalls möglich und werden auch vom Betreiber gefördert und unterstützt.

[51]

Das digitale Format erleichtert Auffindbarkeit und Zugang einerseits und fördert den Austausch mit den Lesern andererseits. Dafür steht eine eigene Umgebung zur Verfügung.

[52]

Neben der Aufnahme weiterer öffentlich zugänglicher Rechtsquellen können auch andere Quellen mit Relevanz für eine (allenfalls auch eingeschränkte) Öffentlichkeit eingegliedert werden (bspw. Normen und Standards, aber auch Compliance Vorschriften oder lokale Verordnungen usw.).

[53]

Die LawThek ist als Graphendatenbank konzipiert und setzt verschiedene Anwendungen ein, die dem Bereich der künstlichen Intelligenz zugeordnet werden (z.B. Sprachanalyse, automatisierte Verlinkung und Markierung etc.). Der große Thesaurus der Datenbank in Verbindung mit den Suchvektoren, die sich aus der laufenden Verwendung ergeben, wird es mit der Zeit möglich machen, auch ein Sprachmodell als Schnittstelle sinnvoll einzusetzen.

[54]

Die LawThek ist eine der wenigen großen Rechtsinformationsdienste, die einen Großteil ihres Angebots auch in Form einer mobilen App unter iOS bzw. Android anbietet. Aktuell nutzen über 60.000 Benutzer diesen Dienst. Gerade die mobile Nutzung erlaubt den Anwendern einen ständigen Zugang zur Rechtsinformation. Die Möglichkeit, in der persönlichen Arbeitsumgebung auch mobil Notizen zu erfassen (Gedanken zu notieren), bringt eine fließende Integration mit den sonstigen Geräten, die ein Nutzer in Verwendung hat.

[55]

Parallel dazu entwickelt sich hier eine Plattform für weiterführende Anwendungen. So kann in der LawThek jeder Benutzer individuell seine eigene digitale Gesetzessammlung erstellen und diese bearbeiten (Markierungen setzen, Notizen machen). Nutzer können in Gruppen zusammenarbeiten und sich austauschen. Nutzern steht auch die Möglichkeit offen, automatisiert Informationsquellen zu folgen und Informationen abzurufen. Beispielhaft werden z.B. in einem automatisierten Feed fortlaufend aktuelle Informationen zu Sanktionsregelungen der EU ausgewiesen und verfügbar gemacht.

[56]

Der Betreiber kooperiert mit verschiedenen Universitäten und hat Schnittstellen entwickelt, die es ermöglichen, andere Technologieanbieter anzubinden und in die Plattform zu integrieren. Nutzer werden regelmäßig über neue Informationsangebote informiert und können aus verschiedenen Newslettern zu verschiedenen Themen (fachspezifisch oder nutzerorientiert) wählen. Durch die Entwicklung verschiedener Schnittstellen und die Konzeption als Graphendatenbank erlaubt es diese Plattform auch, Fremdanwendungen einzubinden, die mit dem verfügbaren Datenmaterial und den Anwendungen interagieren können, um so einen besseren Dienst für die eigenen Nutzergruppen zu erreichen.

[57]

Die Möglichkeit, viele Anwendungen in eine Plattform zu integrieren und in das Datenmanagement einzubinden, ist insbesondere geeignet, ein zentrales Problem im Bereich der Legal-Tech-Applikationen zu lösen. Durch Schaffung einer integrierten Plattform für Anwendungen und Dienste, verbunden mit Datenmanagement, können Nutzer ein breiteres Spektrum an Diensten (im Vergleich zur einzelnen Anwendung) nutzen und Diensteanbieter können Dienste auch für jene Interessenten nutzbar machen, die eine Einzelapplikation mangels nötiger Volumina nicht installieren würden. So können Entwickler ihre Anwendungen leichter skalieren und weiterentwickeln und Nutzer haben ein breiteres Angebot zur Verfügung.

[58]

In weiterer Folge sind die Einbindung anderer Jurisdiktionen und Sprachen sowie die laufende Ausweitung der Informationsdienste und Anwendungen geplant. Auch soll der Austausch von Autoren und Nutzern weiter gefördert und ausgeweitet werden.

d.

Verbreitung und Akzeptanz dieser Plattformen ^

[59]

Gemeinsam ist allen drei Plattformen, dass sie sich an eine breite Öffentlichkeit richten und versuchen, Information barrierefrei zugänglich zu machen. Das wird von den beteiligten Verkehrskreisen sehr gut angenommen. Diskurs und Austausch finden in persönlichen Meetings statt, wobei diese (fast) immer virtuell angeboten werden, um einen möglichst breiten Zugang zu ermöglichen. Ebenso werden Materialien (und in der Regel Videoaufzeichnungen von Vorträgen) digital verfügbar gemacht.

[60]

Eine wesentliche Motivation für die Plattformbetreiber ist auch die Möglichkeit, mit geringen Mitteln und unter bestmöglicher Nutzung moderner Kommunikationsformen eine breite Masse an interessierten Personen zu erreichen, auch jene, die nicht über die Mittel verfügen, an Konferenzen oder Vorträgen teilzunehmen, die ein gewisses Reisebudget verlangen. Dies gelingt insbesondere dort sehr gut, wo Informationen zu Veranstaltungen über die Plattformen hinweg geteilt werden. Gerade diese Form des Diskurses mit hoher Diversität der Teilnehmer schafft wiederum die Grundlage eines breiten Austausches zwischen Wissenschaftlern und auch mit Praktikern, da hier die Erfahrungen aus verschiedensten Geographien, sozialen Umfeldern und auch unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einfließen.

7.

Die Zukunft des wissenschaftlichen Diskurses und Austausches im Lichte der Bedeutung moderner Kommunikationsformen ^

[61]

Moderne Kommunikationsformen vereinfachen und beschleunigen den Diskurs, da die Beteiligten in Echtzeit kommunizieren und Informationen schnell und einfach austauschen können. Auch der gemeinsame Zugang zu Daten und Arbeitsergebnissen erleichtert den Austausch und fördert Kooperationen. Soziale Medien bieten eine Plattform für kollaboratives Lernen, den Diskurs und den Aufbau von Wissen, indem sie die Kommunikation, die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen allen Beteiligten erleichtern.

[62]

Die Voraussetzungen für die Schaffung einer offenen Wissensgesellschaft und den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis waren nie besser als heute. Soziale Medien werden von vielen Forschern und Praktikern genutzt, was sie zu einer vertrauten und zugänglichen Umgebung für Kommunikation und Zusammenarbeit macht. Soziale Medien ermöglichen überdies eine asynchrone und synchrone Kommunikation, so dass die Beteiligten über Zeit und Raum hinweg zusammenarbeiten können. Auch erlauben moderne Technologien es, auf einfache Weise Ressourcen auszutauschen und darauf zuzugreifen und so zum Austausch beizutragen und davon zu profitieren.

[63]

Soziale Medien ermöglichen nicht nur Kommunikation in vielfältiger Form, sondern fördern in der Regel ein Gemeinschaftsgefühl (und auch eine Gemeinschaft), was wiederum die Aktivitäten und das Engagement steigert. Durch Analyse von Ansichten, Klicks, Likes, Shares, Kommentaren, Follows, Unfollows, Impressionen, Retentionsrate, Stimmung, Klickraten, Konversionen, Erwähnungen, Hashtag-Nutzung, Engagement-Raten, Scores usw. lässt sich die Stimmung und das Interesse in diesen Gemeinschaften auf Social-Media-Kanälen auch messen und gibt dies wiederum Feedback für die Organisatoren solcher Plattformen hinsichtlich deren Akzeptanz und Zielgenauigkeit.

[64]

Im Bereich von Informationstechnologien in rechtlichen Anwendungsfällen stehen wir allerdings erst am Anfang eines solchen Prozesses. Zu sehr sind viele Anwender noch in ihren eingefahrenen Kanälen verhaftet und sind dadurch einer sehr selektiven Kommunikation und Informationspolitik von Verlagen ausgeliefert. Die große Vielfalt an Informationskanälen, die sich in diesem Kontext zeigt, wird nicht systematisch aufbereitet und ist erfahrungsgemäß daher einem großen Teil der potenziellen Empfänger (vor allem jenen, die nicht Zugang zu kommerziellen Informationssystemen haben) auch nicht zugänglich.

[65]

Auch zeigt eine Vielzahl von Legal-Tech-Anwendungen, dass bestehende Forschungsergebnisse vielfach nicht bekannt sind, und oft werden daher neue Lösungsansätze angeboten, die nicht an die Qualität schon publizierter Forschungsarbeiten heranreichen. Viele Forschungsarbeiten bleiben wiederum am theoretischen Ansatz hängen, da es mangels Zugangs zu Daten und Rückmeldung aus der Praxis zu keiner Umsetzung kommt, die den Einsatz von Informationstechnologien im Recht vorantreiben würde. Auch wenn dem entgegengehalten werden mag, dass es im Bereich der Digitalisierung der Justiz oder der Rechtsdatenbanken schon umfangreiche und langjährige Anwendungen gibt, zeigt sich gerade am Beispiel der aktuellen Diskussion der generativen künstlichen Intelligenz, dass hier (im Vergleich vieler Forschungsjahrzehnte) in vielen zentralen Bereichen kaum Fortschritte bei der Umsetzung gemacht wurden. Aus Sicht des Autors ist das primär auf den fehlenden Konnex zwischen Wissenschaft und Praxis und damit auch das fehlende universitäre Ausbildungsangebot zurückzuführen.

8.

Schlussfolgerungen ^

[66]

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien bewirken eine Ausweitung von wissenschaftlichen Publikationen und erweitern den Diskurs in eine wesentlich breitere Öffentlichkeit als dies noch vor zehn Jahren der Fall war. Der Fülle der so geschaffenen Information ist schwer zu folgen und es gibt auch eine wesentlich breitere qualitative Streuung. Für den erstrebenswerten Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ergibt sich daraus auch die Schwierigkeit der Transparenz und Nachvollziehbarkeit des wissenschaftlichen Angebotes.

[67]

Es braucht daher gewisse Rahmenbedingungen, um den Austausch von Wissenschaft und Praxis generell und den Transfer von Forschung in praktische Anwendungen im Speziellen zu organisieren. Dazu dienen verschiedene Plattformen, die helfen, diesen Austausch zu bewerkstelligen. Solche Plattformen gibt es im Bereich der Informationstechnologien in rechtlichen Anwendungen nur vereinzelt. Anhand von drei Beispielen wurde versucht zu zeigen, wie ein solcher Austausch im angesprochenen Kontext in Bewegung gebracht werden kann. Bis dies eine relevante Breitenwirkung erreicht, wird aber noch einige Zeit vergehen.

9.

Literatur ^

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Christ Johannes; Koscheck Stefan; Martin Andreas; Widany Sarah: Wissenstransfer – Wie kommt die Wissenschaft in die Praxis? Ergebnisse der wbmonitor Umfrage 2018. Bonn 2019.
https://wbmonitor.bibb.de/downloads/Ergebnisse_20190513.pdf (abgerufen am 09.05.2023).

Christ, Johannes; Koscheck, Stefan; Martin, Andreas; Ohly, Hana; Widany, Sarah: Auswirkungen der Coronapandemie auf Weiterbildungsanbieter. Ergebnisse der wbmonitor Umfrage 2020. Bonn 2021. https://wbmonitor.bibb.de/downloads/Ergebnisse_20210803.pdf (abgerufen am 09.05.2023).

Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW: Jahresbericht 2020-2022. https://www.imw.fraunhofer.de/de/jahresbericht.html (abgerufen am 09.05.2023).

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  1. 1 Christ, Johannes; Koscheck, Stefan; Martin, Andreas; Widany, Sarah: „Wissenstransfer – Wie kommt die Wissenschaft in die Praxis?“ Ergebnisse der wbmonitor Umfrage 2018. Bonn 2019.
  2. 2 Beispiele aus dem Jahresbericht 2020-2022 des Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW.
  3. 3 Balzhan Orazbayeva, Carolin Plewa, Todd Davey, Victoria Galán-Muros. The future of University Business Cooperation: research and practice priorities. Journal of Engineering and Technology Management, 2019, 54, pp. 67–80.
  4. 4 Digital Object Identifier https://www.doi.org/.