Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4683/2021 vom 10. November 2023

Schutzwürdiges Interesse trotz Zahlung durch den Solidarschuldner

  • Traité par: Dominique Seger
  • Catégories d'articles: Douanes
  • Proposition de citation: Dominique Seger, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4683/2021 vom 10. November 2023, ASA Online : Arrêt de principe
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4683/2021 vom 10. November 2023 i.S. A. gegen Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Direktionsbereich Grundlagen, Sektion Recht.
Nachforderung von Zöllen, Einfuhrsteuer und Tabaksteuer (Gegenstand).

Inhalt

  • 1. Regeste
  • 2. Sachverhalt (Zusammenfassung)
  • 3. Aus den Erwägungen

1.

Regeste ^

Gemäss Art. 70 Abs. 3 ZG richtet sich ein Rückgriff unter solidarisch haftenden Zollschuldnern nach dem OR (vgl. E. 2.3). Gemäss den einschlägigen Regeln des OR betreffend das Verhältnis unter Solidarschuldnern hat grundsätzlich jeder Solidarschuldner einen gleichen Teil der an den Gläubiger geleisteten Zahlung zu übernehmen und hat der mehr als seinen Teil Bezahlende für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner. Diese Forderung kann auf dem Zivilweg durchgesetzt werden (vgl. E. 2.3).

Vorliegend verfügte der Beschwerdeführer gemäss Bundesverwaltungsgericht demnach unbeachtlich der Tatsache, dass sein Solidarschuldner den nachgeforderten Betrag gemäss Vorinstanz bereits bezahlt hat, über ein schutzwürdiges Interesse i.S.v. Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hätte der Beschwerdeführer durch ein (allfälliges) Obsiegen seiner Beschwerde vor der Vorinstanz einen praktischen Nutzen erzielen können, weil im Umfang eines allfälligen Obsiegens ein zivilrechtlicher Rückgriff gegen ihn ausgeschlossen wäre. Die Vorinstanz ist diesbezüglich zu Unrecht nicht auf die Beschwerde eingetreten (zum Ganzen E. 4.3.2).

Selon lart. 70 al. 3 LD, le recours entre les débiteurs solidaires est régi par les dispositions du Code des obligations (cf. consid. 2.3). Conformément aux règles déterminantes du CO concernant les rapports entre débiteurs solidaires, chacun des débiteurs solidaires doit prendre à sa charge une part égale du paiement fait au créancier et celui qui paie au-delà de sa part a, pour lexcédent, un recours contre les ses codébiteurs. Cette prétention peut être réclamée par la voie de droit civil (cf. consid. 2.3).

Selon le Tribunal administratif fédéral, le recourant disposait donc en lespèce dun intérêt digne de protection au sens de lart. 48 al. 1 let. c PA, indépendamment du fait que son codébiteur solidaire avait, selon lautorité inférieure, déjà payé le montant litigieux. Contrairement à ce qua considéré lautorité inférieure, le recourant aurait eu un avantage pratique en obtenant (le cas échéant) parce quun droit de recours civil à son encontre aurait été exclu dans la mesure de sa victoire éventuelle. Cest donc à tort que lautorité inférieure nest pas entrée en matière sur le recours (sur lensemble, consid. 4.3.2).

2.

Sachverhalt (Zusammenfassung) ^

A.

A.a A. reiste am 3. Juli 2014 am Steuer seines Fahrzeugs über einen unbesetzten Grenzübergang in die Schweiz ein und wurde bei der Raststätte Werdenberg durch eine Equipe des Grenzwachtkorps kontrolliert. Dabei wurden 302 Stangen Zigaretten und 4 Liter Spirituosen im Fahrzeug entdeckt und beschlagnahmt. Eine Einkaufsquittung des Geschäfts (Name) in 7560 Martina (GR; im Zollausschlussgebiet der Talschaften von Samnaun und Val Sampuoir gelegen) für 300 Stangen Zigaretten, datierend vom gleichen Tag, befand sich in einem weiteren Fahrzeug. Mit diesem Fahrzeug war B., die Ehefrau von A. (nachfolgend: B.), kurze Zeit vorher in die Schweiz eingereist.

A.b Die Zollkreisdirektion Schaffhausen, Sektion Zollfahndung, eröffnete gleichentags eine Verwaltungsstrafuntersuchung gegen A. und B. wegen Verdachts auf Widerhandlungen gegen das Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG, SR 631.0), das Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG, SR 641.29), das Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG, SR 680) und das Bundesgesetz vom 21. März 1969 über die Tabakbesteuerung (TStG, SR 641.31). Beide wurden am 3. und 4. Juli 2014 durch die Zollkreisdirektion Schaffhausen, Sektion Zollfahndung, getrennt einvernommen. A. wurde am 10. Juli 2014, am 17. Juli 2014, am 8. Juni 2015 und am 9. Juni 2015 erneut einvernommen, teilweise im Beisein seines Rechtsvertreters.

A.c Mit Schreiben vom 7. Juli 2017 gewährte die Zollkreisdirektion Schaffhausen A. das rechtliche Gehör betreffend die geplante Nachforderung von Einfuhrabgaben in Höhe von Fr. 392’465.55. A. nahm mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 über seinen Rechtsvertreter dazu Stellung.

A.d Am 7. September 2017 erliess die Zollkreisdirektion Schaffhausen ein Schlussprotokoll gegen A.

B.

B.a Mit Verfügung vom 15. Dezember 2017 erklärte die Zollkreisdirektion Schaffhausen A. leistungspflichtig und forderte von ihm Einfuhrabgaben in Höhe von Fr. 392’449.45 (Zollabgaben Fr. 13’323.20, Mehrwertsteuer Fr. 51’722.55, Monopolgebühren Fr. 759.80, SOTA-Gebühren Fr. 1’902.80, Tabakpräventationsabgabe Fr. 1’902.80, Tabaksteuer Fr. 322’838.30) sowie Verzugszinsen in Höhe von Fr. 65’374.70, gesamthaft Fr. 457’824.15, nach. Diese Nachforderungen bezogen sich auf 20 Einfuhren zwischen dem 15. Februar 2013 und dem 3. Juli 2014 von Tabakwaren sowie teilweise auch von Spirituosen, Fleisch und Speiseöl (vgl. Schlussprotokoll vom 7. September 2017, Akten der Vorinstanz [act.] Nr. 9A/1.1, pag. 1333 ff., mit Beilagen). C. wurde für den Betrag von Fr. 412’157.05 und B. für den Betrag von Fr. 18’970.50 solidarisch leistungspflichtig erklärt.

In einer gleichentags separat eröffneten Verfügung erklärte die Zollkreisdirektion Schaffhausen B. leistungspflichtig für den Betrag von Fr. 63’538.40 (Einfuhrzölle Fr. 1’809.65, Mehrwertsteuer Fr. 7’140.25, SOTA-Gebühren Fr. 262.80, Tabakpräventionsabgabe Fr. 262.80, Monopolgebühr Fr. 34.80, Tabaksteuer Fr. 44’952.90, Zinsen Fr. 9’075.20). Diese Nachforderungen bezogen sich auf die Einfuhr vom 3. Juli 2014 sowie auf zwei weitere Einfuhren von Tabakwaren am 13. und 20. Mai 2014, bei welchen sie als Vorfahrerin von C. fungiert habe (vgl. Schlussprotokoll vom 15. Dezember 2017, act. Nr. 9B/1.1, pag. 1359 ff., mit Beilagen). C. wurde im Umfang von Fr. 44’567.90 und A. im Umfang von Fr. 18’970.50 solidarisch leistungspflichtig erklärt.

In einer ebenfalls gleichentags separat eröffneten Verfügung wurde C. für den Betrag von Fr. 459’472.20 (Einfuhrzölle 14’453.50, Mehrwertsteuer 51’827.30, Monopolgebühren Fr. 1’818.30, SOTA-Gebühren Fr. 1’899.30, Tabakpräventionsabgabe Fr. 1’899.30, Tabaksteuer Fr. 322’173.60 und Zinsen Fr. 65’400.90) leistungspflichtig erklärt. Die Nachforderungen bezogen sich u.a. auf 19 Einfuhren von Tabakwaren und teilweise auch Spirituosen sowie Speiseöl zwischen dem 15. Februar 2013 und dem 26. Juni 2014. Für die dem Beschwerdeführer angelasteten Einfuhren vom 30. August 2013, dem 28. Januar 2014 und dem 3. Juli 2014 wurde C. nicht belangt (dafür zusätzlich für die Einfuhren vom 13. und 20. Mai 2013) (vgl. Schlussprotokoll vom 15. Dezember 2017, act. Nr. 9C/1.1, pag. 1377 ff., mit Beilagen). Die Verfügung betreffend C. erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

B.b Mit Eingabe vom 15. Januar 2018 reichten A. (und B.) Beschwerde gegen die Verfügungen vom 15. Dezember 2017 über die Leistungspflicht bei der Oberzolldirektion der Eidgenössischen Zollverwaltung (seit dem 1. Januar 2022: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG) ein. Sie beantragten die Aufhebung der gegen sie erlassenen Verfügungen vom 15. Dezember 2017; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Eidgenössischen Zollverwaltung.

B.c Mit Entscheid vom 22. September 2021 hiess die Oberzolldirektion (nachfolgend auch: Vorinstanz) die Beschwerde von A. teilweise gut, soweit sie darauf eintrat.

Mit Bezug auf die Eintretensfrage hielt die Oberzolldirektion fest, A. fehle das Rechtsschutzinteresse an einer Überprüfung der Nachforderung im Umfang von Fr. 412’157.05, da C. im gleichen Umfang für solidarisch leistungspflichtig erklärt worden sei und diese Forderung bereits getilgt habe (Beschwerdeentscheid, Ziff. II.1.5). Die Forderung der Eidgenössischen Zollverwaltung gegenüber A. reduziere sich auf den Betrag von Fr. 45’667.10 (Fr. 1’315.65 Zoll, Fr. 5’155.60 Mehrwertsteuer, Fr. 46.40 Monopolgebühren, Fr. 188.10 SOTA-Gebühren, Fr. 188.10 Tabakpräventionsabgabe, Fr. 31’251.65 Tabaksteuer, Fr. 6’521.60 Verzugszinsen). In diesem Umfang habe A. weiterhin ein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse und sei materiell beschwert. Im Übrigen trat sie auf die Beschwerde nicht ein (Beschwerdeentscheid, Ziff. II.1.6 sowie Dispositiv-Ziff. 1).

Weiter hielt die Oberzolldirektion fest, die Forderung gegenüber A. belaufe sich auf insgesamt Fr. 34’167.75 (Zoll Fr. 1’150.25, Tabaksteuer Fr. 28’139.85, SOTA-Gebühren Fr. 163.75, Tabakpräventionsabgabe Fr. 163.75, Einfuhrsteuer Fr. 4’503.75 und Monopolgebühren Fr. 46.40), zzgl. Verzugszins in Höhe von Fr. 5’690.45. Die Vorinstanz erachtete es als erwiesen, dass A. am 28. Januar 2014 und am 3. Juli 2014 diverse Stangen Zigaretten sowie Spirituosen ohne Zollanmeldung in die Schweiz eingeführt habe. Als Person, welche die Waren in die Schweiz verbracht hat bzw. als Warenführer sei er gestützt auf Art. 12 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR, SR 313.0) nachleistungspflichtig. Mit Bezug auf eine angebliche Einfuhr von 93 Stangen Zigaretten am 30. August 2013 hiess die Oberzolldirektion die Beschwerde gut, da sich nicht rechtsgenüglich beweisen lasse, dass A. diese Waren tatsächlich eingeführt bzw. die Einfuhr veranlasst habe (Beschwerdeentscheid, Ziff. II.4.5.4). Auch mit Bezug auf die Nachforderungen betreffend eine angebliche Einfuhr von 0.718 kg (netto) frischem Schweinsschnitzel am 3. Juli 2014 wurde die Beschwerde gutgeheissen (Beschwerdeentscheid, Ziff. II.4.3). Weiter wurden die Verzugszinsen neu berechnet.

C.

Mit Eingabe vom 25. Oktober 2021 erhebt A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) Beschwerde gegen die «Verfügung über die Leistungspflicht» der Oberzolldirektion vom 22. September 2021 beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragt, die Verfügung vom 22. September 2021 sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass er die ihm von der Vorinstanz auferlegten Abgaben inkl. Zinsen nicht schulde; eventualiter sei das Verfahren zur weiteren Abklärung und Entscheidung an die Vorinstanzen zurückzuschicken; unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Vorinstanz.

(…)

D. Mit Vernehmlassung vom 17. Dezember 2021 beantragt der Direktionsbereich Strafverfolgung der Eidgenössischen Zollverwaltung, die Beschwerde sei unter Kostenfolge abzuweisen.

(…)

3.

Aus den Erwägungen ^

(...)

1.4

1.4.1 Gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Bst. a); durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (Bst. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Bst. c). Diese drei Voraussetzungen sind kumulativ zu erfüllen (vgl. BGE 141 II 14 E. 4.4).

1.4.2 Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als Adressat des angefochtenen Entscheids auch besonders berührt.

1.4.3

1.4.3.1 Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Verfügung hat. Ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Anliegen obsiegt und dadurch seine tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann (BGE 141 II 14 E. 4.4; 140 II 214 E. 2.1; Abschreibungsentscheid des BVGer vom 6. Dezember 2022 E. 3.1.2 [Entscheid bestätigt durch das BGer mit Urteil 9C_56/2023 vom 15. Mai 2023]).

1.4.3.2 Mit Entscheid vom 22. September 2021 hiess die Oberzolldirektion die Beschwerde des Beschwerdeführers im Umfang von Fr. 5’808.90 (Fr. 45’667.10 [Abgaben] – [Fr. 34’167.75 {Abgaben} +Fr. 5’690.45 {Verzugszins}]) teilweise gut (zu diesen Zahlen siehe Sachverhalt Bst. B.c). In diesem Umfang ist der Beschwerdeführer vom angefochtenen Entscheid nicht materiell beschwert und es fehlt ihm ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung. Es ist demnach in diesem Umfang nicht auf die Beschwerde einzutreten.

(…)

2.

2.1 Waren, die ins schweizerische Zollgebiet verbracht werden, sind grundsätzlich zollpflichtig und nach dem ZG sowie nach dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG, SR 632.10) zu veranlagen (Art. 7 ZG). Der Zollbetrag bemisst sich nach Art, Menge und Beschaffenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie der Zollstelle angemeldet wird (Art. 19 Abs. 1 Bst. a ZG) und nach den Zollansätzen, die im Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld gelten (Art. 19 Abs. 1 Bst. b ZG). Ein- und Ausfuhrzölle werden nach dem Generaltarif festgesetzt (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. den Anhängen 1 und 2 des ZTG). Grundlage für die Bemessung der Zollabgaben ist dabei grundsätzlich das Warenbruttogewicht (vgl. Art. 2 Abs. 1 ZTG).

Einfuhren von Gegenständen unterliegen zudem im Allgemeinen der Einfuhrsteuer (Art. 50 ff. MWSTG).

Handelt es sich bei den betreffenden Waren – wie im vorliegenden Fall mehrheitlich – um Tabakwaren, ist neben dem Mehrwertsteuergesetz zudem das Tabaksteuergesetz zu beachten. Gemäss Art. 1 Abs. 1 TStG erhebt der Bund eine Steuer auf Tabakfabrikaten sowie auf Erzeugnissen, die wie Tabak verwendet werden (Ersatzprodukte). Zudem leisten Hersteller und Importeure von Zigaretten und Feinschnitttabak für den Inlandmarkt mit der Tabaksteuer zusammenhängende Abgaben in den Finanzierungsfonds für die Mitfinanzierung des Inlandtabaks (SOTA-Gebühren; Art. 28 Abs. 2 Bst. b TStG i.V.m. Art. 36 Abs. 1 der Verordnung vom 14. Oktober 2009 über die Tabakbesteuerung [TStV, SR 641.311]) und in den Tabakpräventionsfonds (Tabakpräventationsabgabe; Art. 28 Abs. 2 Bst. b TStG i.V.m. Art. 38 Abs. 1 TStV).

Bei der Einfuhr gebrannter Wasser zu Trink- und Genusszwecken ist zudem eine Monopolgebühr zu entrichten (vgl. Art. 28 des Alkoholgesetzes in der vorliegend anwendbaren Fassung [AS 1997 379, 383]; vgl. E. 1.10).

2.2 Die Zollzahlungspflicht obliegt der Zollschuldnerin bzw. dem Zollschuldner (Art. 70 Abs. 1 ZG). Zum entsprechenden Kreis gehören jene Person, welche die Waren über die Zollgrenze bringt, deren Auftraggeber sowie die Person, die zur Zollanmeldung verpflichtet bzw. damit beauftragt ist oder auf deren Rechnung die Ware ein- oder ausgeführt wird (Art. 70 Abs. 2 ZG).

Zollschuldner nach Art. 70 ZG sind auch für die Einfuhrsteuer, die Monopolgebühren sowie die Tabaksteuer steuerpflichtig (Art. 51 Abs. 1 MWSTG, Art. 34 AlkG, Art. 6 Bst. b TStG). Gleiches gilt für die SOTA-Gebühren und die Tabakpräventionsabgabe (Art. 36 Abs. 2 TStV i.V.m. Art. 6 Bst. b TStG, Art. 38 Abs. 2 TStV i.V.m. Art. 6 Bst. b TStG).

2.3 Die Zollschuldner haften solidarisch. Der Rückgriff unter ihnen richtet sich nach dem Obligationenrecht (Art. 70 Abs. 3 ZG).Gemäss den Regressregeln des Obligationenrechts hat grundsätzlich jeder einen gleichen Teil der an den Gläubiger geleisteten Zahlung zu übernehmen und hat der mehr als seinen Teil Bezahlende für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner (Art. 148 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fünfter Teil: Obligationenrecht] vom 30. März 1911 [OR, SR 220]). Die Rückgriffsforderung entsteht mit der Leistung an den Gläubiger, dessen Rechte auf den rückgriffsberechtigten Schuldner übergehen (Art. 149 Abs. 1 OR). Streitigkeiten über die Regressforderung sind auf dem Zivilweg auszutragen und unterliegen der Zivilgerichtsbarkeit (vgl. Michael Beusch, in: Kocher/Clavadetscher, Zollgesetz, Rn. 10 zu Art. 70 ZG).

(…)

4.3 Es ist (…) zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht teilweise nicht auf die Beschwerde vom 15. Januar 2018 eingetreten ist.

4.3.1 Für die Beschwerdeberechtigung vorausgesetzt ist u.a. das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses (Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG). Dieses besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Anliegen obsiegt und dadurch seine tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann (vgl. E. 1.4.3.1).

4.3.2 Der Beschwerdeführer wurde gemäss Verfügung vom 15. Dezember 2017 im Umfang von Fr. 412’157.05 als zusammen mit C. solidarisch für den nachgeforderten Betrag leistungspflichtig befunden. Die solidarische Leistungspflicht ergibt sich aus Art. 12 Abs. 2 VStrR i.V.m. Art. 70 Abs. 3 ZG, wonach Zollschuldner solidarisch für die Zollschuld haften und bei Widerhandlungen gegen die Zollgesetzgebung auch nachleistungspflichtig sind (vgl. E. 2.2 und 2.3). Gleiches gilt für Nachforderungen gestützt auf die Mehrwertsteuer-, Tabaksteuer- und Alkoholgesetzgebung (vgl. E. 2.2). Dabei sieht Art. 70 Abs. 3 ZG ausdrücklich vor, dass sich ein Rückgriff unter solidarisch haftenden Zollschuldnern nach dem Obligationenrecht richtet (vgl. E. 2.3). Gemäss den einschlägigen Regeln des OR betreffend das Verhältnis unter Solidarschuldnern hat grundsätzlich jeder Solidarschuldner einen gleichen Teil der an den Gläubiger geleisteten Zahlung zu übernehmen und hat der mehr als seinen Teil Bezahlende für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner. Diese Forderung kann auf dem Zivilweg durchgesetzt werden (vgl. E. 2.3).

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hätte der Beschwerdeführer durch ein (allfälliges) Obsiegen seiner Beschwerde vor der Vorinstanz vom 15. Januar 2018 einen praktischen Nutzen erzielen können. Dieser liegt darin, dass im Umfang eines allfälligen Obsiegens ein zivilrechtlicher Rückgriff gegen ihn ausgeschlossen wäre. Ob die Vorinstanz den Beschwerdeführer zu Recht als leistungspflichtig erachtet für die Einfuhren, die Abgaben in der Höhe von Fr. 412’157.05 zur Folge haben, hätte diese deshalb entscheiden müssen. Der Beschwerdeführer verfügte demnach unbeachtlich der Tatsache, dass C. den nachgeforderten Betrag gemäss Vorinstanz bereits bezahlt hat, über ein schutzwürdiges Interesse i.S.v. Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG. Die Vorinstanz ist im Umfang von Fr. 412’157.05 zu Unrecht nicht auf die Beschwerde eingetreten.

4.4 Der Beschwerdeentscheid der Oberzolldirektion vom 22. September 2021 ist demnach teilweise aufzuheben. Die Sache ist zur Beurteilung der Beschwerde gegen die mit Verfügung vom 15. Dezember 2017 geltend gemachte Nachforderung in Höhe von Fr. 412’157.05 an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...)

(Teilweise Gutheissung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten wird.)