Liebe Leserinnen und Leser
Im Urteil vom 16. März 2015 hat das Bundesgericht an der Rechtsprechung festgehalten, dass Gesellschaftsorgane auch in Einmanngesellschaften Art. 158 StGB verletzen können, wenn sich die Schädigung auf das Aktienkapital und die gebundenen Reserven erstreckt. Dies selbst dann, wenn die Gesellschaft nach gesellschaftsrechtlichen Massstäben gültig in das inkriminierte Verhalten eingewilligt hat. Laut Damian K. Graf dient die ungetreue Geschäftsbesorgung jedoch allein dem Schutz des Treueverhältnisses zwischen dem Geschäftsherrn als unmittelbar geschädigte Person und dem Geschäftsführer als Täter.
Drei kartellrechtliche Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu den Baubeschlägen vom 23. September 2014 regen in der Praxis zu vielen lebhaften Diskussionen an (siehe konkret zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-8430/2010 vom 23. September 2014: Daniel Zimmerli, Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen «Fensterbeschläge», in: dRSK, publiziert am 10. April 2015). Stephan Breitenmoser beschreibt, wie diese Urteile in Sachen Baubeschläge und Gaba zueinander stehen und bemängelt, dass für die Beurteilung kartellrechtlicher Sachverhalte im Schweizer Kartellrecht weiterhin ein spezifisches Verfahren fehlt. Die Frage einer Abweichung der Prüfmethodik zwischen den Baubeschläge-Urteilen und der «Gaba-Doktrin» stellt sich aber gemäss dem Autor von vorneherein nicht (anderer Meinung Carl Baudenbacher, Kartellrecht: Mit wie vielen Zungen spricht das Bundesverwaltungsgericht?, in: Jusletter 2. Februar 2015).
Der Bundesrat hat am 30. April 2014 einen Entwurf zum Bundesgesetz über Geldspiele sowie einen erläuternden Bericht dazu vorgelegt. Im Rahmen der Umsetzung des am 11. März 2012 von Volk und Ständen angenommenen Artikels 106 BV werden Lotterien, Sportwetten und Spielbankenspiele neu in einem einzigen Gesetz geregelt. Anne Benoit und Michel Besson legen den Entwurf in vielen Punkten als eine Kompromisslösung aus, stellen allerdings fest, dass ein sicherer und transparenter Betrieb von Geldspielen in der Schweiz gewährleistet wird.
Roland Pfäffli und Fabrizio Andrea Liechti äussern sich kritisch zum Anhang 1 Ziffer 11 Verordnung über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen, welcher die Notare dem Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens mit der Europäischen Union (EU) unterstellt (siehe auch Roland Pfäffli / Fabrizio Andrea Liechti, Bemerkungen zu den rechtlichen Einschätzungen der eidgenössischen Wettbewerbskommission (WEKO) zur Freizügigkeit der Notare, in: Jusletter 16. Dezember 2013).
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
Simone Kaiser | Sandrine Lachat Leiterin Jusletter Suisse Romande |