In welcher Sprache entstehen die Gesetze des Bundes?
Das Bundesrecht ist mehrsprachig. Wie aber steht es um die Mehrsprachigkeit im Gesetzgebungsverfahren? Im folgenden Beitrag werden einige Ergebnisse einer Masterarbeit vorgestellt, die dieser Frage anhand einer quantitativen Untersuchung der Rechtsetzungsprojekte des Bundes der Jahre 2010–2012 nachgegangen ist. Wie hoch ist bei der Ausarbeitung der Entwürfe der Anteil der einzelnen Amtssprachen, und wie gross ist der Anteil mehrsprachig erarbeiteter Entwürfe? Wer arbeitet in seiner Hauptsprache, wer nicht? Welchen Einfluss auf die Sprache der Entwürfe hat die Grösse eines Projektteams und des Projekts selber? Zum Schluss wird die Frage diskutiert, wann die Verwendung der verschiedenen Amtssprachen im Gesetzgebungsprozess als angemessen betrachtet werden kann. Die Antwort fällt anders aus, je nachdem ob dem Sprachenproporz, der Sprachenfreiheit oder der Textqualität Priorität eingeräumt wird. Unter anderem wird dargelegt, inwiefern das Einfordern fixer Quoten für die Verwendung der drei Amtssprachen im Gesetzgebungsprozess von fragwürdigen Vorstellungen ausgeht: von der Figur des einsprachigen Menschen und der einsprachigen «Identität» von Texten sowie davon, dass Menschen über das Merkmal ihrer Hauptsprache zu homogenen Gruppen zusammengefasst werden können.