Jörg Paul Müller
Die Demokratie der pluralistischen Gesellschaft geht nicht mehr von vorbestehenden Konsensen aus, sondern wird von den Problemen des gemeinsamen Lebens und von der Interpretation der Wirklichkeit und den verschiedenen Gesichtspunkten über das Gerechte bestimmt. Obwohl dies zu Lebzeiten von Charles-Louis de Montesquieu noch nicht so war, war dieser der Ansicht, dass die Menschen, die in einer Rechtsordnung miteinander verbunden sind, Massstab und Legitimität einer Gesetzgebung bestimmen sollten. In seinem Einleitungsreferat zeigt Jörg Paul Müller auf, welchen Einsatz Montesquieu für die repräsentative Demokratie geleistet hat.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Andreas Auer
Mit dem Projekt der Reform der Volksrechte von 1996 wurde ein kohärentes System von Änderungen des geltenden Rechts vorgeschlagen, die aber keine wesentlichen Neuerungen im Bereich der Demokratie enthielten. Leider wurde dieses Projekt 1998 von den Räten abgelehnt. Die vom Volk und den Ständen im Februar 2003 – zur allgemeinen Überraschung – angenommene Reform der Volksrechte ist nicht ganz so kohärent. Parallel dazu haben die Bundesbehörden – im Widerspruch zu einer formellen Forderung der Bundesverfassung – eine neue Praxis eingeführt: Die vom Volk und den Ständen angenommenen Bestimmungen werden zeitlich gestaffelt in Kraft gesetzt. Obwohl die Bundesverfassung von 1999 verlangt, dass nicht nur die Urheber und Urheberinnen von Volksinitiativen die Einheit der Materie respektieren, sondern auch die Bundesbehörden, haben diese in den letzten Jahren immer häufiger Vorlagen zu Paketen geschnürt und diese den Stimmbürgerinnen und -bürgern als Ganze unterbreitet. Diese Praxis widerspricht dem Prinzip der freien Stimmabgabe. Es ist nicht übertrieben, wenn man feststellt, dass die demokratischen Institutionen auf Bundesebene unter einem gewissen Verfall leiden. Dadurch wird die Legitimität der direkten Demokratie geschwächt, und zwar in einem Zeitpunkt, in dem diese von neuem in Frage gestellt wird, insbesondere im Zusammenhang mit dem Prozess der europäischen Integration. Schwieriger und delikater ist aber die Frage, womit dieser bedauerliche Niedergang zusammenhängt und wie man ihn eindämmen könnte.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Andreas Gross
Ewig unvereinbar oder gar aufeinander angewiesen?
In der EU fehlt es an einer transnationalen, europäischen Öffentlichkeit. Zudem gibt es eine grosse Distanz zwischen den aktiven Politikerinnen und Politikern der EU und den Bürgern und Bürgerinnen. Die Einführung direktdemokratischer Elemente in der EU könnte dazu beitragen, dass deren Politik die notwendige Legitimation zukommt und dass Mehrheitsentscheidungen auf transnationaler Ebene eine grössere Akzeptanz erfahren.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Klaus Armingeon
Der Europäischen Union wird ein Defizit an Demokratie zugeschrieben. Als Hauptursachen gelten die fehlende kollektive Identität ihrer Bürgerinnen und Bürger sowie deren geringe Möglichkeiten, die politische Entscheidfindung auf der Ebene der Union zu beeinflussen. Der folgende Beitrag geht der Frage nach, wieweit eine Übernahme direktdemokratischer Instrumente, wie sie die Schweiz kennt, die Demokratie in der EU stärken könnte. Eine differenzierte Betrachtung, welche die unterschiedlichen Verhältnisse im Kleinstaat und in der supranationalen Organisation berücksichtigt, führt zu einem klaren Befund.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Sergio Bellucci
Neue Entwicklungen in den Bereichen Biotechnologie, Nanotechnologie oder Informationstechnik wecken zahlreiche Hoffnungen, werfen aber auch Fragen ethischer, juristischer und ökonomischer Natur auf, welche die Gesellschaft als Ganzes betreffen. Das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-SWISS) gibt den Bürgerinnen und Bürgern das Wort, indem es neue Formen von Bürgerbeteiligungen erprobt. Ein Ansatz, der es allen erlaubt, sich Gehör zu verschaffen.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Caroline Hess-Klein
An der Entstehung des Behindertengleichstellungsrechts waren zahlreiche Organisationen und Unterorganisationen aus dem Behindertenwesen beteiligt. Der Weg bis zur Inkraftsetzung des Behindertengleichstellungesetzes (BehiG) führte über verschiedene Etappen der Mitwirkung. Der Beitrag zeigt auf, wie diese Mitwirkung ausgeübt wurde und wie es den Behindertenorganisationen gelang, im Gesetzgebungsprozess präsent zu sein?
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Felix Wirz
Die Rolle der NGOs im Schweizer Gesetzgebungsverfahren
Nichtregierungsorganisationen und Verbände arbeiten zum Teil eng mit Parlamentariern und Parlamentarierinnen sowie der Verwaltung zusammen und spielen eine nicht unwichtige Rolle im Schweizer Gesetzgebungsverfahren. Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus? Und welchen Einfluss können Nichtregierungsorganisationen auf den Gesetzgebungsprozess ausüben?
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Beitragsarten: Werkstattberichte
Anita Chaaban
der Weg der Verwahrungsinitiative
Anita Chaaban lancierte 1998 zusammen mit ihrer Schwester die Volksinitiative «Lebenslange Verwahrung» (Verwahrungsinitiative) mit dem Ziel, nicht therapierbare und extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter lebenslang zu verwahren. Die Initiative wurde im Februar 2003 vom Schweizer Stimmvolk angenommen. Im Beitrag beschreibt sie den Ursprung der Verwahrungsinitiative und den Weg bis zu deren Annahme.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Alain Bovard
l’exemple d’Amnesty International
Die NGOs haben bei der Ausarbeitung internationaler Rechtsnormen durchaus einen Einfluss; dieser ist allerdings oft nur schwer messbar. Amnesty International etwa hat – sei es als Wegbereiterin oder als reine Beobachterin – durch konstanten Druck auf die internationalen Organisationen dazu beigetragen, dass im Bereich der Menschenrechte neue Rechtsnormen geschaffen wurden. Unterstützt wurde die Organisation dabei von ihren eineinhalb Millionen Mitgliedern auf der ganzen Welt. So konnte sie in den letzten zwanzig Jahren die «Politisierung » eindämmen, der die Rechtsetzung auf internationaler Ebene zunehmend ausgesetzt war.
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Thomas Sägesser
Als der liebe Gott die Welt erschuf, schritt er voller Ungeduld zur Tat. In nur sechs Tagen war das Werk vollbracht – mit den bekannten Mängeln, unter denen wir noch heute zu leiden haben. Als er dann später die Schweiz erfand, ging der Schöpfer auf Nummer Sicher. Er schenkte dem Alpenvolk nicht nur Berge und Täler, sondern auch die Sensibilität, Risiken zu eliminieren. (...) Derart inspiriert vom göttlichen Geist, hat das helvetische Sicherheitsdenken darauf das Vernehmlassungsverfahren geboren.
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Beitragsarten: Wissenschaftliche Beiträge
Jean-Luc Egger
Im November 2003 hat der Bundesrat beschlossen, das Erscheinungsbild der Bundesverwaltung zu vereinheitlichen. Wer sich ein solches Ziel setzt, kann von einem so entscheidenden Identitätsfaktor wie der Benennung nicht absehen. Deshalb wurde eine Arbeitsgruppe (AG Terminologie) eingesetzt, die das Problem der Benennung der Organisationseinheiten der Bundesverwaltung untersuchen soll. Die Arbeitsgruppe hat den Ist-Zustand analysiert und eine Reihe von konkreten Empfehlungen erarbeitet. Sie hat festgelegt, was unter einer amtlichen Bezeichnung zu verstehen ist und welchen rechtlichen und institutionellen Anforderungen eine solche Bezeichnung genügen muss (oder genügen sollte). Die Arbeitsgruppe ist sich bewusst, dass sie sich hier auf heiklem Gelände bewegt und dass die Beurteilung amtlicher Bezeichnungen oft auch Ermessenssache ist. Sie schlägt einen Raster mit sechs Beurteilungskriterien sowie Massnahmen für das weitere Vorgehen vor.
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Beitragsarten: Werkstattberichte