Justice - Justiz - Giustizia

Liebe Leserinnen und Leser

Am 1. Januar 2011 treten die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) und die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO) in Kraft. Nach lebhaften parlamentarischen Debatten wurde die Mediation als Konfliktlösungsmodell in beiden Prozessordnungen eingeführt.

Art. 213-218 ZPO bilden die Grundlagen der Mediation im Zivilprozess, während Art. 17 JStPO die Mediation im Jugendstrafprozess einführt.

Unter dem Begriff Mediation wird ein methodisches Vorgehen verstanden, bei welchem eine neutrale Drittperson ohne inhaltliche Entscheidbefugnis die Parteien unterstützt, eigenverantwortlich eine Lösung ihres Konfliktes zu finden. Sie unterscheidet sich damit von der Schlichtung als behördliche oder richterliche Vermittlung. Mithilfe der Mediation wird die Suche nach einer verbindlichen Lösung des Konfliktes gefördert, wobei nach Möglichkeit ein gutes Verhältnis zwischen den Parteien wiederhergestellt werden soll.

Aber wie ist die Situation im Verwaltungsverfahren? Dies war das Thema einer Tagung der schweizerischen Richtervereinigung für Mediation und Schlichtung (GEMME) am 10. Juni in Aarau. In der vorliegenden Ausgabe von «Justice - Justiz - Giustizia» finden sich alle Referate sowie die Protokolle der Podien dieser Tagung im Volltext.

In der Schweiz ermöglicht der seit Anfang 2007 in Kraft stehende Art. 33b VwVG die Mediation im Verwaltungsverfahren. Alle Vortragenden der Tagung sowie ein Richter aus Deutschland weisen jedoch mit Blick auf die Ausübung staatlicher Gewalt, welche wenig Verhandlungsspielraum bietet, sowie auf Fälle, in denen aus Gründen der Rechtssicherheit ein klarer Entscheid getroffen werden muss, auf den eingeschränkten Anwendungsbereich von Mediation in verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten hin. Dies gilt umso mehr in Beschwerdeverfahren.

Demgegenüber bietet sich die Mediation auf erstinstanzlicher Ebene geradezu an und sollte überall dort bevorzugt werden, wo ein Ermessensspielraum ausgenutzt werden kann. Die Referenten nennen hier zum Beispiel Verfahren im Umweltrecht oder auch Disziplinarverfahren. Im Verwaltungsrecht steht also das Instrument der Mediation zur Verfügung, es wird aber zumindest in der Schweiz bisher wenig genutzt.

In dieser Ausgabe sei auch auf das missliche Ergebnis der Wahl einer Präsidentenstelle im Kantonsgericht durch den Nidwaldner Landrat hingewiesen. Dabei wurde der amtierende Einzelrichter in Schuldbetreibung und Konkurs im Rahmen der Integration dieser Stelle in das Kantonsgericht nach achtjähriger unbescholtener Tätigkeit nicht wiedergewählt. In diesem durch parteipolitischen Erwägungen entschiedenen Fall erfuhr der Betroffene, welcher kein solches Schicksal verdient hat, ein abruptes Ende seiner Richterkarriere, welches den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verletzt.

Auch wenn man aus verschiedenen Gründen den entscheidenden Einfluss der politischen Parteien auf die Wahl der Richter in unserem Land kritisieren kann, bleibt sie ein Fakt. Mit der Macht kommt aber auch Verantwortung, vorab bezüglich der Auswahl würdiger Kandidaten für das Richteramt. In diesem Zusammenhang wird in dieser Ausgabe ein Artikel zur bevorstehenden Wahl eines Ersatzrichters für das Bezirksgericht Einsiedeln mit einem redaktionellen Kommentar abgedruckt.

Weiter sei auf die Ergebnisse einer in allen Kantonen durchgeführten Umfrage zur Umsetzung der Justizreform hingewiesen.

Schliesslich informiert die vorliegende Ausgabe von «Justice - Justiz - Giustizia» wie gewohnt auch über verschiedene Neuigkeiten aus den Kantonen, insbesondere zu Wahlen von Richterinnen und Richtern.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

Anne Colliard, Stephan Gass, Regina Kiener, Hans-Jakob Mosimann, Thomas Stadelmann, Pierre Zappelli

 

    EDITORIAL

  • MEDIATION











  • FORUM







  • JUSTIZREFORM / RÉFORME DE LA JUSTICE


























  • JUDICATURE


  • NEWS CH







  • NEWS ABROAD



  • LITERATURE



  • PERSONALIA