38. Forum für Rechtsetzung vom 16. November 2021

Parlamentarische Initiative: Arbeit der Kommissionen und Rolle der Verwaltung

  • Autori: Giannina Spescha / Sarah Vittoz / Karl-Marc Wyss
  • Categoria di articoli: Resoconti di convegni
  • DOI: 10.38023/41ac2792-bcd1-4a17-bb41-5a3d328f889a
  • Citazione: Giannina Spescha / Sarah Vittoz / Karl-Marc Wyss, 38. Forum für Rechtsetzung vom 16. November 2021, in: LeGes 33 (2022) 1
Compte-rendu du 38ème Forum de législation du 16 novembre 2021. Les deux thématiques suivantes étaient au programme : les initiatives parlementaires ainsi que le travail de la Commission de rédaction du Parlement.
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Im ersten Referat des Nachmittags setzten sich Theres Kohler (stv. Sekretärin Kommission für Rechtsfragen, Parlamentsdienste) und Iris Hollinger (stv. Sekretärin Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, Parlamentsdienste) mit dem Verfahren der parlamentarischen Initiative auseinander. Gemäss Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV; SR 101) steht jedem Ratsmitglied, jeder Fraktion, jeder parlamentarischen Kommission und jedem Kanton das Recht zu, der Bundesversammlung Initiativen zu unterbreiten. Ein Initiant kann so laut Verfahren nach Artikel 107 ff. des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR 171.10) mittels parlamentarischer Initiative vorschlagen, dass eine Kommission einen Entwurf für einen Erlass der Bundesversammlung ausarbeitet. Mit der parlamentarischen Initiative lassen sich folglich selbständige Erlassentwürfe einreichen oder deren Ausarbeitung anregen. Sie ist das Gegenstück zum Initiativrecht des Bundesrates (Art. 181 BV) und der Standesinitiative (Art. 160 Abs. 1 BV). Unzulässig ist eine parlamentarische Initiative eines Ratsmitglieds oder einer Fraktion dann, wenn ihr Anliegen als Antrag zu einem hängigen Erlassentwurf eingebracht werden kann (Art. 108 ParlG). Für die Standesinitiative und die parlamentarische Initiative einer Kommission besteht keine analoge Schranke. Das Verfahren der parlamentarischen Initiative gliedert sich in zwei Phasen: Das Vorprüfungsverfahren (1. Phase) und die Ausarbeitung des Entwurfs (2. Phase).

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Das Vorprüfungsverfahren soll verhindern, dass aufwändige Detailarbeiten an Erlassen erfolgen, wenn die im späteren Verfahren erforderliche grundsätzliche Zustimmung des andern Rates von vorneherein fehlt (Einbezug des andern Rates in die Vorprüfung – positiver Grundsatzentscheid, eine Vorlage auszuarbeiten, durch den Beschluss der Kommissionen beider Räte – innert Jahresfristen nach Art. 109 Abs. 2 und 3bis ParlG). Gegenstand der Vorprüfung ist infolgedessen zum einen der gesetzgeberische Handlungsbedarf, wobei die Ablehnung gewisser Teile der Initiative unproblematisch ist, sofern in andern Bereichen des aufgegriffenen Themas Handlungsbedarf anerkannt wird. Die Kommission ist später bei der Ausarbeitung des Entwurfs nicht an den Initiativwortlaut gebunden. Zum andern muss die parlamentarische Initiative zweckmässig erscheinen (gegenüber dem Weg der Motion), wobei in der Praxis ein grosser Ermessensspielraum besteht und die Beurteilung vielfach von Überlegungen politischer Natur geprägt ist. Wichtigste Anwendungsfälle für parlamentarische Initiativen sind dabei Änderungen des Parlamentsrechts sowie einfache Gesetzesänderungen. Sie dient aber auch als taktisches Instrument, um stecken gebliebene Rechtsetzungsprojekte voranzutreiben, z.B. gegen den Willen des Bundesrates. Das Vorprüfungsverfahren respektive der zugehörige Verfahrensablauf ist relativ kompliziert, entsprechend hilft der Beizug des folgenden Schemas:

 

 

 

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Das Vorprüfungsverfahren (sowie eine allfällige spätere Abschreibung des Verfahrens) fällt dabei je nach initiierendem Organ unterschiedlich aus bzw. ist an unterschiedlichen Orten «hängig»: Parlamentarische Initiativen eines Ratsmitglieds oder einer Fraktion im Rat ihrer Einreichung, Standesinitiativen in beiden Räten, Kommissionsinitiativen (Antrag eines Kommissionsmitglieds auf Ausarbeitung einer parlamentarischen Initiative der Kommission) dagegen nur in der Kommission nicht jedoch in den Räten. Die Urheberin oder der Urheber der Initiative können diese jeweils vor der Kommission des eigenen Rates begründen und mit beratender Stimme an der Sitzung der Kommission des eigenen Rates teilnehmen, selbst wenn sie oder er nicht der Kommission angehört (Art. 109 Abs. 4 und Art. 111 Abs. 2 ParlG). Der Urheber einer parlamentarische Initiative kann diese grundsätzlich solange zurückziehen, bis ihr eine vorberatende Kommission Folge geben hat (vgl. Art. 73 Abs. 2 ParlG). Die Vorprüfung erfolgt ohne Einbezug des Bundesrates. Dieser nimmt erst Stellung, wenn ein fertig ausgearbeiteter Erlassentwurf der Kommission vorliegt. Die beigezogenen Personen aus der Verwaltung vertreten im Rahmen der Vorprüfung weder den Bundesrat noch die Verwaltung, sondern sind nur für Rechts- und Sachauskünfte zuständig – keine politische Beurteilung der Initiative. Von Interesse für die Kommission ist dabei namentlich ein Überblick über die übrigen laufenden Arbeiten in der Verwaltung zum Thema der parlamentarischen Initiative.

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Wird einer parlamentarischen Initiative Folge gegeben startet die Ausarbeitung eines Erlassentwurfs und damit die 2. Phase. Die zuständige Kommission des Rates, in dem die Initiative eingereicht worden ist, erhält den Auftrag, innert zweier Jahren einen Erlassentwurf auszuarbeiten (Art. 111 Abs. 1 ParlG). Die Kommission ist dabei an die Zielsetzung, nicht aber an den Wortlaut der Initiative gebunden. Sie kann eine Subkommission einsetzen (Art. 45 ParlG). Bei komplexeren Vorlagen kann es zweckmässig sein, einer Kommission oder Subkommission Grundsatzfragen (z.B. verschiedene Umsetzungsvarianten) in Form eines Arbeitspapiers zum Entscheid vorzulegen, bevor die eigentlichen Arbeiten zum Erlassentwurf beginnen. Verantwortlich für das Projektmanagement, etwa den Zeitplan, ist das Kommissionssekretariat. Die Kommission kann für die Arbeiten am Erlassentwurf das zuständige Departement beiziehen, um die erforderlichen Rechts- und Sachauskünfte zu erhalten (Art. 112 Abs. 1 ParlG), was in der Regel Textentwürfe inklusive zugehörige Begründungen miteinschliesst. Während das Sekretariat in der Regel für die Arbeitspapiere zum Vorgehen und Verfahren, sowie eventuell die formale Darstellung des Berichts und die eher «politischen» Teile des Berichtsentwurfs (Übersicht, Entstehungsgeschichte, Grundzüge der Vorlage) zuständig ist, obliegen der Verwaltung die Arbeitspapiere betreffend verschiedenen möglichen Umsetzungsvarianten, die Redaktion des Erlassentwurfs und die eher «fachtechnischen» Teile des Berichtsentwurfs (Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen). Nicht zu vergessen ist – soweit erforderlich – der Beizug weiterer Dienststellen wie BJ, VIRK, EFV etc. Die Stossrichtung der Projekte können politisch, sachlich und rechtlich der Beurteilung von Bundesverwaltung beziehungsweise Bundesrat entgegenlaufen, was für die beigezogenen Sachbearbeiterinnen und -bearbeiter der Verwaltung zu heiklen Spannungsfeldern führen kann. Die Mitarbeit der Verwaltung präjudiziert jedoch die spätere Stellungnahme des Bundesrates nicht. Falls die Kommission innert Zweijahresfrist keinen Entwurf präsentieren kann oder will, muss sie dem Rat Bericht erstatten über den Stand der Arbeiten und Antrag auf Fristverlängerung oder Abschreibung stellen (vgl. Art. 113 ParlG).

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Für Verfassungsänderungen und Gesetzesänderungen, die wichtige Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 BV enthalten, muss die Kommission ein Vernehmlassungsverfahren durchführen. Der Entscheid über die Vernehmlassung ist der Kommission möglichst früh zu unterbreiten. Praxisgemäss unterschätzen die Kommissionen nämlich oft die Notwendigkeit und Bedeutung der Vernehmlassung. Die Kommission eröffnet das Verfahren und zieht in der Regel die Verwaltung bei für die Vorbereitung und Zusammenstellung der Ergebnisse (Dauer ca. fünf bis sieben Monate). Die Kommission berät dann den Ergebnisbericht. Der definitive Kommissionsentwurf sowie der zugehörige Bericht gehen an den Rat und gleichzeitig an den Bundesrat zur Stellungnahme. Der Bundesrat erhält dabei eine angemessene Frist zur Stellungnahme (Art. 112 Abs. 3 ParlG): mindestens sechs bis acht Wochen. Die bundesrätliche Stellungnahme ist jedoch keine formelle Voraussetzung für die Behandlung im Rat. Falls der Bundesrat jedoch Änderungsanträge stellt, muss die Kommission die bundesrätliche Stellungnahme vor der Beratung im Erstrat behandeln (Art. 112 Abs. 4 ParlG). Die Kommission kann diesfalls neue Anträge stellen.

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Besondere verfahrensrechtliche Fragen stellen sich bei parlamentarischen Initiativen im Zusammenhang mit Volksinitiativen: Kommissionsinitiativen als «Vehikel» für einen indirekten Gegenentwurf. Kommissionen beraten neben der Gültigkeit der Initiative u.a. die Frage, ob es Anträge für allfällige Gegenentwürfe gibt. Meistens liegen anlässlich der Kommissionssitzungen noch keine «pfannenfertigen» Anträge für einen direkten oder indirekten Gegenentwurf vor. Vielmehr beauftragt die Kommission dann meist die Verwaltung, sie solle für die nächste Sitzung einen Vorschlag für einen indirekten und/oder direkten Gegenentwurf ausarbeiten. Anders als ein direkter Gegenentwurf lässt sich ein indirekter Gegenentwurf nicht über das Antragsrecht, sondern nur mittels Initiativrecht einbringen. Die Kommission muss also eine Kommissionsinitiative ergreifen, die danach die Zustimmung der Schwesterkommission benötigt. Ein Minderheitsantrag für einen indirekten Gegenentwurf ist unzulässig. Unter der Voraussetzung, dass ein indirekter Gegenentwurf von der Bundesversammlung spätestens gleichzeitig mit der Schlussabstimmung über die Volksinitiative verabschiedet wird, ermöglicht dieser es dem Initiativkomitee, die Volksinitiative bedingt zurückzuziehen (Art. 73a BPR). Das Verfahren bei einer Kommissionsinitiative für einen indirekten Gegenentwurf läuft im klassischen Fall wie folgt: Die Kommission sistiert die Beratung der Volksinitiative, beschliesst die Kommissionsinitiative, holt die Zustimmung der Schwesterkommission ein, erarbeitet eine Vorlage (zusammen mit der Verwaltung) und unterbreitet ihrem Rat die Volksinitiative und den indirekten Gegenentwurf (falls zeitlich möglich) dann zusammen. Der indirekte Gegenentwurf muss – nach Zustimmung durch die Schwesterkommission – in die Vernehmlassung. Die Zeit ist meistens knapp. Immerhin erlaubt die Beschlussfassung eines Rates über einen Gegenentwurf die Behandlungsfrist der Volksinitiative um ein Jahr zu verlängern (Art. 105 Abs. 1 ParlG).

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Die anschliessende Diskussion mit Plenumsfrage zeigte, dass beim Start in die 2. Phase ein gewisses Spannungsfeld zwischen der Kommission und der Verwaltung besteht. Während die Kommission zuerst möglichst konkrete Vorschläge auf dem Tisch haben möchte, bevor sie einen Entscheid fällt, möchte die Verwaltung die ungefähre Stossrichtung kennen, bevor sie mögliche Gesetzestexte erarbeitet. Die Diskussion ergab, dass eine mögliche Lösung darin liegen könnte, mit Konzepten zu arbeiten, die der Kommission zum Entscheid vorgelegt werden. Aus Sicht der Kommissionen ist es wichtig, ihr solche Konzepte in einer Form vorzulegen, dass sie darüber abstimmen kann. Es bestehen zudem in den verschiedenen Kommissionen und Ämtern unterschiedliche Praxen betreffend den Zeitpunkt, wann sie jeweils die VIRK einbeziehen. Bezüglich Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) hat sich gemäss SECO noch keine fixe Praxis entwickelt. Es gilt die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Es gibt jedoch einen ersten Fall, in dem die Verwaltung zu einer parlamentarischen Initiative eine externe RFA-Studie in Auftrag gab.

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Dans le deuxième exposé, Debora Gianinazzi a présenté l’exemple de lInitiative parlementaire 13.468 «Mariage civil pour tous» pour illustrer le déroulement chronologique et les étapes principales du traitement d’une initiative parlementaire, avec une attention particulière au rôle de ladministration fédérale. Le 5 décembre 2013, le groupe Vert libéral a déposé une initiative parlementaire demandant la modification des art. 14 et 38 de la Constitution fédérale (Cst. ; RS 101) en vue d’introduire le «mariage pour tous». En l’occurrence, les Commissions des affaires juridiques du Conseil national et du Conseil des Etats (CAJ-N et CAJ-E) étaient compétentes pour l’examen préalable de cette initiative. Dans ce cadre, l’Office fédéral de la justice (OFJ) a désigné deux personnes de contact, issues de l’Unité Droit civil et procédure civile et de l’Office fédéral de l’état civil, pour fournir des informations sur ce que signifierait l’ouverture du mariage à tous les couples et indiquer la situation dans les autres pays. Une fois que les deux commissions ont décidé de donner suite à l’initiative parlementaire, le dossier est retourné à la CAJ-N et en septembre 2015, l’OFJ s’est vu confier le mandat d’accompagner la mise en œuvre du projet. Tout d’abord, il a fallu attendre de connaître le résultat du vote populaire sur l’initiative populaire du 5 novembre 2012 «Pour le couple et la famille – Non à la pénalisation du mariage», qui visait à introduire dans l’art. 14 Cst. la définition du mariage comme « union durable et réglementée par la loi d’un homme et d’une femme ». Cette initiative a été rejetée lors de la votation populaire du 28 février 2016. En juillet 2016, l’OFJ a alors établi un avis de droit qui se penchait sur la question – controversée – de la nécessité de modifier ou non l’art. 14 Cst. pour pouvoir ouvrir le mariage à tous les couples. Au printemps 2017, la CAJ-N a pris connaissance de cet avis et décidé de confier un nouveau mandat à l’administration fédérale, avant de décider comment mettre en œuvre l’initiative, avec ou sans modification de la Constitution. L’OFJ a notamment été chargé d’effectuer un examen approfondi des conséquences que pourrait avoir l’introduction du «mariage civil pour tous». Plusieurs offices ont été consultés et ont transmis leurs prises de position à cet égard. L’OFJ a rendu la note présentant le résultat de ces travaux en mars 2018.

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Au terme de la séance de la CAJ-N en juillet 2018, celle-ci a donné le mandat à l’OFJ d’élaborer un avant-projet de loi d’ici 2019, en renonçant dès lors à une modification dans la Constitution. En l’occurrence, le calendrier pour l’avant-projet a donc été établi directement par la commission. Sur cette base, l’OFJ s’est doté d’un groupe d’experts pour élaborer un avant-projet. Après approbation par la CAJ-N en février 2019, l’avant-projet – accompagné du rapport explicatif – a été soumis à consultation publique de mars à juillet 2019. A l’issue de la consultation publique, les résultats de celle-ci ont été analysés par l’OFJ, qui a rédigé le rapport sur la consultation. Enfin, le 30 août 2019, la CAJ-N a pris connaissance des résultats de la consultation publique et adopté le projet «Mariage pour tous». Après cette date, l’OFJ a continué à s’occuper du projet, pour le Conseil fédéral. Il a en effet établi l’avis du Conseil fédéral sur le projet, comme le prévoit l’art. 112, al. 3, de la loi sur le Parlement (LParl ; RS 171.10). L’avis du Conseil fédéral du 29 janvier 2020 proposait d’entrer en matière et d’accepter le projet de la CAJ-N sans aucune modification. L’accompagnement du projet législatif par l’OFJ s’est poursuivi comme d’habitude jusqu’à son adoption par le Parlement et, par la suite, jusqu’à la votation populaire du 26 septembre 2021. L’entrée en vigueur du nouveau régime est prévue le 1er juillet 2022. Suite à cette présentation, la discussion a mis en avant l’importance primordiale d’une bonne collaboration entre les différentes parties impliquées dans le travail de mise en œuvre d’une initiative parlementaire, ainsi que d’une répartition claire de leurs rôles et compétences respectifs. A cette occasion, Gianinazzi a notamment rappelé le rôle de «personne de contact» au sein de l’administration fédérale, qui consiste en règle générale à désigner une personne responsable du projet au sein de l’office compétent, qui interagit avec les autres acteurs impliqués (notamment les Services du Parlement, autres offices de l’administration fédérale et groupes d’experts).

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Nach der Pause erläuterte Ettore Mjoelsnes (Mitarbeiter Zentrale Sprachdienste der Bundeskanzlei, Abteilung Italienisch) im dritten Referat die Arbeit der Redaktionskommission des Parlaments. Die gesetzlichen Grundlagen dazu befinden sich in Artikel 56–59 Parlamentsgesetz (ParlG; SR 171.10) und in der Verordnung der Bundesversammlung über die Redaktionskommission (SR 171.105, Verordnung RedK [keine amtliche Abkürzung]). Ein wichtiges Merkmal der Redaktionskommission besteht darin, dass sie eine gemeinsame Kommission beider Räte ist. Sie gliedert sich in drei Subkommissionen, d.h. je eine pro Amtssprache des Bundes (Art. 56 ParlG). Einsitz nehmen je zwei Mitglieder des National- und des Ständerates sowie je zwei Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Die Subkommissionen tagen getrennt voneinander (Art. 3 Abs. 1 Verordnung RedK), womit ein zentrales Grundprinzip zum Ausdruck kommt: Die Autonomie der Sprachen. Es handelt sich bei den Texten (Bundesgesetze, Bundesverordnungen und Bundesbeschlüsse, die dem Referendum unterstehen) um drei Originaltexte und nicht um ein Original mit zwei Übersetzungen. Bei unterschiedlichen Anträgen der Subkommissionen obliegt der Entscheid den Präsidentinnen und Präsidenten der Subkommissionen in Absprache untereinander (Art. 3 Abs. 2 Verordnung RedK).

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Die Redaktionskommission hat die Aufgabe sicherzustellen, dass die Texte den Willen der Bundesversammlung wiedergeben. Zudem achtet sie auf eine verständliche und knappe Formulierung, kontrolliert die Anwendung der gesetzestechnischen Regeln und gewährleistet die Koordination zwischen verschiedenen Gesetzen und deren Inkrafttreten. Besonderes Augenmerk gilt den Übergangsbestimmungen. Die Redaktionskommission passt dazu Formulierungen an, jedoch darf sich daraus keine materielle Änderung ergeben (Art. 57 ParlG). Ob eine Änderung rein formaler Art ist, oder bereits materiell in den Text eingreift, ist dabei oftmals eine Ermessensfrage. Grundsätzlich ist die Redaktionskommission sehr zurückhaltend mit Interventionen im Text. Wenn die Differenzbereinigung noch nicht abgeschlossen ist, kann die Redaktionskommission bei Unstimmigkeiten die zuständige Sachkommission informieren, die dann – wo nötig – neu beschliesst (Art. 5 Abs. 1 Verordnung RedK). Andernfalls stellen die Redaktionskommission oder deren Mitglieder in den Räten Anträge, um die Anpassungen vorzunehmen (Art. 5 Abs. 2 Verordnung RedK). Dies muss vor der Schlussabstimmung erfolgen. Nimmt die Redaktionskommission erhebliche Textänderungen direkt vor, werden diese zuhanden der Materialien vor der Schlussabstimmung in jedem Rat erläutert (Art. 3 Abs. 3 Verordnung RedK).

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Den Subkommissionen steht je ein Sekretariat zur Seite. Diese bereiten die Texte für die Sitzungen vor, vergleichen die Fahnen für die endgültige Fassung, kontrollieren die gesetzestechnischen Aspekte und erkennen, wo eine Intervention nötig ist. Nach den Sitzungen finalisieren die Sekretariate die Texte und halten sie «à jour», da sich insbesondere im Rahmen der Differenzbereinigung nochmals einiges ändern kann. Als letzter Schritt werden dann die Texte in allen drei Sprachen zusammen gegengelesen, was zwar aufwändig ist, sich aber dennoch als am effizientesten erwiesen hat. Falls formale Fehler oder Formulierungen, die nicht das Ergebnis der parlamentarischen Beratungen wiedergeben, nach der Schlussabstimmung festgestellt werden, kann die Redaktionskommission eine Berichtigung publizieren (Art. 6 und 7 Verordnung RedK).1 Die italienische Sprache hat eine Sonderstellung. Aufgrund der geringen Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter italienischer Muttersprache ist Italienisch meistens nicht Arbeitssprache. Das ist aber keine neue Problematik, sondern das war schon 1848 so, als der Bundeskanzlei die Aufgabe zukam, alle Sprachfassungen vorzubereiten. Damals musste die Verwaltung oft externe Sachverständige für die italienische Fassung beiziehen. Die italienische Fassung wurde ausserdem nicht immer gleichzeitig mit den deutschen und französischen Texten im Bundesblatt publiziert. Aufgrund dieser unbefriedigenden Situation wurde dann schliesslich 1902 eine dauernde italienische Subkommission eingeführt und 1917 in der Bundeskanzlei ein ständiges Sekretariat italienischer Sprache eingerichtet, u.a. zur Unterstützung dieser Subkommission. Für die anderen beiden Sprachen wurden bis 1974 nur ad hoc Subkommissionen eingesetzt.

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In der anschliessenden rund halbstündigen Podiumsdiskussion unter der Leitung von Michel Besson (Leiter Fachbereich Rechtsetzungsprojekte II, Bundesamt für Justiz) diskutierten neben den genannten Referenten auch Hans Stöckli (Ständerat). Die Diskussion drehte sich dabei u.a. um folgende Themenblöcke:

  • Die demokratische Funktion der parlamentarischen Initiative: Während Stimmen in der Lehre die parlamentarische Initiative kritisch hinterfragen (z.B. Uhlmann), begrüsst das Parlament dieses Instrument. Stöckli stützt die Ansicht, dass es sich um ein wichtiges Instrument handelt, welches dem Parlament zur Verfügung steht. In gewissen Fällen sei es nämlich die einzige parlamentarische Handlungsmöglichkeit, wenn der Bundesrat nichts macht oder wenn es um die Definition von Regeln zum Parlamentsbetrieb geht (bspw. Änderungen der ParlG). In der Diskussion wird darauf hingewiesen, dass dabei die Meinung des Bundesrates erst sehr spät miteinbezogen wird, was zu Problemen führen kann. In diesem Zusammenhang betont Stöckli, wie wichtig es ist, das bestmögliche Gleichgewicht zwischen Einbezug von Politikerinnen und Politikern und den Expertinnen und Experten der Verwaltung zu finden. Im Übrigen gebe es gute Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung parlamentarischer Initiativen.

  • Die Qualität der parlamentarischen Initiativen: Einer der zentralen Punkte besteht darin, sicherzustellen, dass die Qualität der Rechtsetzungsprojekte mindestens gleichwertig sind wie diejenigen, welche die Verwaltung direkt ausarbeitet. Ist dies gewährleistet? Kohler findet es schwierig, dies abschliessend und generell zu beurteilen, weil auch bei der Beratung eines Erlassentwurfs des Bundesrates mittels Antragsrecht (ohne vorgängige Vernehmlassung) weitgehende Veränderungen vorgenommen werden können. Allerdings fehlen bei den parlamentarischen Initiativen gewisse Qualitätssicherungsmechanismen, die beim üblichen Verfahren innerhalb der Verwaltung stattfinden (z.B. Ämterkonsultation). Gianinazzi weist darauf hin, dass in einigen parlamentarischen Initiativen die entworfenen Texte nicht den Anforderungen an Qualität und Genauigkeit eines verwaltungsinternen Entwurfs des Bundesrates entsprachen. Stöckli antwortete, er möchte hier eine Lanze brechen für die Arbeit der Verwaltung, die er generell als gut empfindet und zwar auch bei Entwürfen zu parlamentarischen Initiativen. Zwischen beiden Verfahrensarten bestehe jedoch ein grosser Unterschied: Das Parlament entscheide bei der parlamentarischen Initiative selbst über die Verwertung des Vernehmlassungsergebnisses und nicht der Bundesrat. Grundsätzlich empfände er es nicht als problematisch, wenn der Gesetzgeber selbständig tätig werde.

  • Die Diskussion drehte sich anschliessend darum, weshalb die Anzahl der parlamentarischen Initiativen in den letzten Jahren zugenommen haben. Dies möge u.a. damit zusammenhängen, dass in gewissen Bereichen teilweise etwas mehr Drive und Vorwärtsdrang vom Bundesrat erwartet würde. Hinsichtlich der damit verbunden Probleme wies Gianinazzi darauf hin, dass die Ressourcen der Bundesverwaltung begrenzt sind. Es gelte daher ein ausgewogenes Verhältnis bei der Begleitung von Projekten des Bundesrates und Projekten, die aus einer parlamentarischen Initiative hervorgingen, zu finden.

  • Die Frage nach einer «Parlamentsverwaltung»: Braucht es bei den Parlamentsdiensten eigenständige Rechtsetzungsspezialistinnen und -spezialisten. Gemäss Kohler gibt es zwar insbesondere für die parlamentsrechtlichen Abläufe spezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dem Parlament angegliedert sind. Sie sind aber nicht die Experten in den jeweiligen Themenbereichen einer parlamentarischen Initiative. Stöckli betont dazu abschliessend, dass sich die Qualität der Parlamentsdienste in diesem Bereich im Laufe der Zeit jedoch stark verbessert habe.
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Sämtliche Tagungsunterlagen finden sich auf der Homepage des Bundesamts für Justiz; abrufbar unter: «https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/staat/legistik/rechtsetzungsforum/veranstaltungsthemen/38.html». Das 39. Forum für Rechtsetzung findet am 28. Juni 2022 statt und dreht sich thematisch um die pekuniären Verwaltungssanktionen. Das angekündigte Forum zur Datenschutzrechtsrevision erfolgt voraussichtlich am 27. Oktober 2022.


Giannina Spescha, Rechtsanwältin, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachbereich Rechtsetzungsprojekte II, Bundesamt für Justiz.

Sarah Vittoz, MLaw, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachbereich Rechtsetzungsprojekte II, Bundesamt für Justiz.

Dr. iur. Karl-Marc Wyss, Rechtsanwalt, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachbereich Rechtsetzungsprojekte II, Bundesamt für Justiz.

  1. 1 Ergänzung der Autorenschaft: Für Artikel 17 Geldwäschereigesetz (GwG; SR 955.0) war das bspw. notwendig, weil das Geldspielgesetz (BGS; SR 935.51) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG; SR 954.1) fast gleichzeitig diesen Artikel änderten und deshalb versehentlich eine falsche Version verabschiedet worden war (vgl. AS 2019 5065).