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Elektronische Signaturen – digitale Ausgabe zur Monographie von Thomas Menzel.


Liebe Leserinnen und Leser

Seit fast 30 Jahren wird das Internet zur globalen Kommunikation genutzt, seit etwas mehr als 20 Jahren sind revolutionäre Konzepte zur Verschlüsselung bekannt, die authentische und sichere Kommunikation aller Beteiligten im Internet erst ermöglichen, indem Identität des Senders und Integrität der übermittelten Nachricht sichergestellt werden. Die Kombination dieser beiden Technologien führt zu völlig neuen Möglichkeiten für die Verwendung dieses Mediums im Rahmen von ElectronicCommerce und Electronic Government. Stand bis vor kurzem durch das Internet nur der Austausch von rechtlich nicht verbindlichen Informationen im Vordergrund, findet in jüngster Zeit eine Entwicklung statt, dieses Medium auch für die Kommunikation von rechtsverbindlichen Willenserklärungen zu nutzen. Vertriebsfirmen, Banken und Kreditkartenunternehmen, Versicherungen, Konsumenten und nicht zuletzt diverse Behörden erkennen die Vorteile der Sicherung elektronischer Kommunikation in offenen Netzwerken wie dem Internet, die auch im Rahmen rechtsverbindlicher Kommunikation zur Verfügung stehen sollen.

Aus der bisher fehlenden rechtlichen Anerkennung folgte unzureichendes Vertrauen derAnwenderund die Vermeidung der Kommunikationsmöglichkeit «Internet» im rechtsgeschäftliehen Bereich. Die Fixierung allgemein verbindlicher Normen über die Rechtswirkung elektronisch signierter Dokumente ist daher eine Voraussetzung für Electronic Commerce und Electronic Government.

Nachdem eine erste gesetzliche Regelung nun in der Europäischen Union und auch die Umsetzung in  österreichisches Recht in Kraft trat, ist der erste Schritt zur rechtlichen Anerkennung und Absicherung des elektronischen Geschäfts- und Behördenverkehrs getan. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz elektronischer Signaturen und deren Ausstattung mit Rechtswirkung regeln neueste Normen auf internationaler, europäischer und innerstaatlicher Ebene. 

Die Notwendigkeit einer positiv-rechtlichen Regelung durch den Gesetzgeber wurde auch von der Wirtschaft erkannt und wird von ihr seit einiger Zeit gefordert. Nicht nur im ökonomischen Bereich gewinnen elektronische Signaturen immer mehr an Bedeutung, auch der Einsatz im öffentlichen Bereich wurde und wird diskutiert. Angeregt wurde die Öffnung der Verwaltung gegenüber dem Internet durch ein Grünbuch der Europäischen Kommission über die Information des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft «help.gv.at», das Rechtsinformationssystem der Republik Österreich, der Bürgerservice der Stadt Wien und die Internetpräsenz des Österreichischen Parlaments liefern genügend konkrete Anregungen für einen zukünftigen Bedarf an Einsatz elektronischer Signaturen bei der Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltungsdienststelle.

Mittlerweile liegen genügend Erfahrungswerte, Feldstudien und auch schon Gesetze über den Einsatz elektronischer Signaturen in einigen Ländern vor, um den Beginn einer breiten Anwendung der neuen Techniken im Rechtsbereich zu erwarten. 

Die angestrebte Erweiterung rechtsverbindlicher Erklärungsarten erfordert sowohl von rechtswissenschaftlicher als auch von technischer Seite Impulse und Reaktionen, um gemeinsam erarbeitete, sinnvoll anwendbare rechtliche und technische Normen sowie Lösungen zu präsentieren. Die zunehmende Vernetzung der Rechnersysteme im Internet und deren Nutzung für Telekooperation im Electronic Commerce haben die Suche nach einem technischen Verfahren zur rechtsverbindlichen Willenserklärung über dieses Medium ausgelöst. Die elektronische Signatur verkörpert die passende Lösung für dieses Problem, indem sie dem Sicherheitsbedarf optimal Rechnung trägt, da sie alle Funktionen eigenhändiger Unterschriften im elektronischen Bereich erfüllt.

Dieses Buch soll einen Beitrag liefern, die Zusammenarbeit von Technikern und Juristen in diesem Gebiet zu erleichtern, indem sowohl der technische Background allgemein verständlich dargestellt als auch die Reaktion des Rechts behandelt wird. 

Es sollen hauptsächlich die Regelung des Österreichischen Signaturgesetzes und der Themenbereich der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen und die daraus resultierenden rechtlichen Wirkungen elektronischer Signaturen diskutiert werden. 

Nach einer Darstellung der derzeit angewandten Technik zur Gewährleistung der Identität des Senders und der Authentizität der im Internet übertragenen Nachrichten werden die Anforderungen der Rechtsordnung an sichere Kommunikation im Rahmen von Electronic Commerce und die Rechtswirkung, mit der sicher elektronisch signierte Dokumente ausgestattet sind, vom Standpunkt des Österreichischen und des Europarechts beschrieben.

Wien, im Mai 2000

Thomas Menzel