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Hartplatzhelden – Rechtliche Herausforderungen privater Sportvermarktung im Web 2.0

  • Author: Clemens Thiele
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: IP Law
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2009
  • Citation: Clemens Thiele, Hartplatzhelden – Rechtliche Herausforderungen privater Sportvermarktung im Web 2.0, in: Jusletter IT 1 September 2009
Die öffentliche Wiedergabe von Filmausschnitten von Amateurfußballspielen im Internet, die unter der Organisation eines Sportveranstalters (z.B. eines Landessportverbandes) stattfinden, beeinträchtigt weder in unlauterer noch in sonst rechtswidriger Weise die Vermarktungsmöglichkeiten des Veranstalters und kann daher nicht untersagt werden.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. – Hartplatzhelden.de
  • 2. Die Entscheidung des Gerichts und Ausblick
  • 3. User Generated Content – rechtliche Herausforderungen
  • 3.1. Rechtserwerb an privatem Content
  • 3.2. Medien- und kartellrechtliche Implikationen
  • 4. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung
  • 4.1. Kein Sonderrechtsschutz («droit d'arène»)
  • 4.2. Behinderungswettbewerb?
  • 4.3. Imitationsschutz?
  • 4.4. Unlautere Leistungsübernahme?
  • 5. Zusammenfassung der Ergebnisse

1.

– Hartplatzhelden.de ^

[1]

Im zu diskutierenden Ausgangsfall klagte der Württembergische Fußballverband (WFV), eine regionale Unterorganisation des Deutschen Fußballverbands (DFB) gegen die Betreiberin des Internetportals www.hartplatzhelden.de . Die beklagte Hartplatzhelden GmbH aus Gießen bot über ihr Online-Portal Filmmitschnitte von Partien aus der Württembergischen Regionalliga an. In dem Internetportal konnten von Dritten eingestellte Filmaufnahmen von Fußballspielen der Amateurligen angesehen werden. Die Partien des Amateurfußballs wurden bislang nicht kommerziell ausgewertet. Das Internetportal www.hartplatzhelden.de ermöglichte es seinen Mitgliedern, kurze Videomitschnitte von derartigen Spielen ins Internet einzustellen. Freizeitsportler sowie deren Verwandte und Freunde fanden dort ein Forum, um packende Szenen, etwa einen Fallrückzieher, eine schöne Torwartparade oder ein Hoppala der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Die besten Szenen wurden von einer prominenten Jury prämiert.

[2]

Der klägerische Fußballverband sah für die von ihm organisierten Spiele eine Verletzung der ihm als Veranstalter und aufgrund seiner Satzung zustehenden Verwertungsrechte und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch unter anderem gestützt auf §§ 3,4 und 8 dUWG. Die Beklagte trat dem mit der Begründung entgegen, dass an der Verwertung von Amateurspielen keine Ausschließlichkeitsrechte bestünden, jedenfalls nicht hinsichtlich einzelner Ausschnitte. Auch wäre der Kläger nicht als Veranstalter der Spiele anzusehen. Es handelte sich um private Filmaufnahmen.

[3]

Letztlich ging es um die Frage, ob auf dem Internetportal der Hartplatzhelden GmbH Videomitschnitte aus den Ligen des Württembergischen Fußballverbandes ohne dessen Zustimmung präsentiert werden durften oder nicht?

2.

Die Entscheidung des Gerichts und Ausblick ^

[4]

Die Stuttgarter Richter hielten fest, dass der Betrieb einer Plattform zur Veröffentlichung privater Videos aus dem Amateurfußball unlauter wäre. Der Veranstalter der Fußballspiele würde dadurch unzulässig in seinen Vermarktungsmöglichkeiten beeinträchtigt. Das LG Stuttgart bejahte in seiner Entscheidung eine Rechtsverletzung durch den Betrieb des Videoportals der «Hartplatzhelden». Dies aus mehreren Gründen:

Verwertungsrecht: Das alleinige Verwertungsrecht derartiger Sportveranstaltungen läge beim Veranstalter. Dies rechtfertigte sich daraus, dass dieser die organisatorischen Voraussetzungen schaffe und das finanzielle Risiko tragen würde.
Leistungsübernahme: In die Rechte des Veranstalters würde insbesondere deshalb eingegriffen, weil durch das öffentliche Zugänglichmachen der Videobeiträge das Leistungsergebnis des Veranstalters in unlauterer Weise übernommen würde.
[5]

Für unschädlich hielten es die Richter, dass der Veranstalter zum jetzigen Zeitpunkt eine Vermarktung der Sportereignisse noch nicht durchführte. Es wäre ausreichend, dass er eine Vermarktung für die Zukunft nicht ausschloss.

[6]

Die Beklagte erhob Berufung an das OLG Stuttgart, das in der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2008 einen Vergleich anregte. Beide Parteien waren Presseberichten1 zufolge dem Gespräch nicht abgeneigt. Da es aber zu keiner Einigung gekommen war, bestätigte das OLG Stuttgart – für viele überraschend – am 19. März 2009 das stattgebende Urteil I. Instanz2 . Die Betätigung der Beklagten stellte eine unlautere Nachahmung i.S. des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb dar. Der Kläger hätte zu Recht geltend gemacht, dass durch das angegriffene Internetportal Leistungen nachgeahmt würden, die nur er verwerten dürfte. Diese Nachahmung wäre auch i.S. des Lauterkeitsrechts zu beanstanden.

[7]

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde ausdrücklich zugelassen. Die Sache wäre nämlich von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere deshalb, weil die bisherigen Entscheidungen alle zum Profisport ergangen waren.3

3.

User Generated Content – rechtliche Herausforderungen ^

[8]

Umgelegt auf die österreichische Rechtslage versuchen die folgenden Erörterungen juristische Antworten auf die von den Stuttgarter Richtern skizzierten Herausforderungen der Nutzung von «privatem Content» im Internet und seinen Diensten zu geben. Folgende Eingrenzungen seien dabei gestattet:

Verwertungsrecht: Dies betrifft zum einen die Frage der Verwertungsmöglichkeiten von Sportveranstaltungen. Im Profifußball wird das alleinige Verwertungsrecht aus dem Hausrecht für die Spielstätte hergeleitet. Hiervon kann allerdings bei frei zugänglichen Fußballfeldern im Amateurbereich keine Rede sein, so dass die Entscheidung diesen wesentlichen Aspekt völlig außer Acht lässt.
Ergänzender Leistungsschutz: Gleiches gilt für die im Wettbewerbsrecht äußerst streitige Frage des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes, auf den die Entscheidung gestützt wird. Das Gericht setzt sich nicht mit der Frage auseinander, worin es die wettbewerbliche Eigenart der Leistung des Fußballverbands sieht.
Informationsinteresse: Darüber hinaus erfolgt keine Erörterung der auch im Profifußball oftmals streitigen Frage der Erfüllung eines berechtigten Informationsinteresses durch Kurzberichterstattung, die bei herausragenden Sportereignissen schon verfassungsrechtlich für unerlässlich gehalten wird.4

3.1.

Rechtserwerb an privatem Content ^

[9]

Unter Web 2.0 ist der «Oberbegriff für die Beschreibung einer Reihe neuer interaktiver Techniken und Dienste und einer geänderten Wahrnehmung des Internets» zu verstehen.5 Eine besondere Ausprägung des Web 2.0 ist es, dass Nutzer auf eigens dafür eingerichteten Plattformen zu unterschiedlichsten sozialen, sportlichen, politischen oder anderen Themen selbst urheberrechtlich relevante Inhalte zur Verfügung stellen (sog. «user genereated content»). Dieses Phänomen macht deutlich, dass ein schneller Wechsel der Rollen zwischen «Medienmacher» und «Medienkonsument» denkbar ist und dass es sich bei den Inhaltsanbieteren keineswegs immer um professionelle Kommunikatoren, wie Journalisten, Redakteure oder gewerblich Medienschaffende handeln muss.

[10]

Für die Websitebetreiber, wozu neben privaten Vereinen auch professionelle Medieninhaber von Online-Zeitungen zählen, sehen sich mit den rechtlichen Erfordernissen für einen ordnungsgemäßen Rechteerwerb konfrontiert.

[11]

Zunächst genießt das einzelne Hartplatzhelden-Video i.d.R. Laufbildschutz nach § 4 des Gesetzes über Urheberrecht (UrhG) als nicht gewerbsmäßig hergestelltes Filmwerk. Die Abbildung des einzelnen Sportlers, sofern deutlich erkennbar, unterfällt dem Bildnisschutz nach § 78 UrhG. Bei bestimmten, durch künstlerische Ausdrucksformen geprägten Sportarten, wie z.B. Eiskunstlauf, ist zudem noch an den Leistungsschutz des ausübenden Künstlers nach § 66 UrhG zu denken. Keines dieser Rechte gebührt jedoch dem (klägerischen) Verband, meist nicht einmal dem Sportverein, sondern demjenigen, der das Video angefertigt hat bzw. dem abgebildeten bzw. ausübenden Sportler.

[12]

Es muss daher jeder einzelne Rechteinhaber um Lizenzerteilung, d.h.i.d.R. eine Nutzungsbewilligung oder Nutzungsberechtigung nach § 24 UrhG, ersucht werden, was oft genug ein sehr mühsamer Weg ist. Ein entsprechender Rechtserwerb durch klar und unmissverständlich formulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) erscheint m.E. praxisnah und nach § 18a UrhG jedenfalls geboten.6 Auch sollten entsprechende Freistellungserklärungen zugunsten des Portalbetreibers nicht fehlen. 

3.2.

Medien- und kartellrechtliche Implikationen ^

[13]

Schließlich hat sich das LG Stuttgart m.E. nicht (ausreichend) mit dem Einwand der Beklagten auseinander, die ausschließliche Zuweisung von Medien- und Vermarktungsrechten in § 13 der WFV-Satzung stellt einen Kartellrechtsverstoß nach § l GWB dar. Damit ist das vieldiskutierte Problem der Zentralvermarktung angesprochen.7

[14]

Nach Auffassung des deutschen Höchstgerichts können demgegenüber deutsche Fußballvereine von Hörfunksendern für die Berichterstattung über Bundesligaheimspiele ein besonderes Entgelt verlangen, wenn diese Berichterstattung aus den Stadien der Vereine erfolgt. Dies ergibt sich ebenfalls auf der Grundlage des Hausrechtes. Machen daher die Vereine als (Mit-)Veranstalter den Zutritt von Hörfunkveranstaltern zu ihren Stadien von der Entrichtung von Entgelten für die Hörfunkberichterstattung abhängig, so stellt dies weder eine unbillige Behinderung noch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.8

[15]

Eine Anwendung des (österreichischen) Kartellrechts auf den Ausgangsfall setzt zunächst voraus, den WFV als Unternehmen oder Unternehmensvereinigung i.S. des § 7 Abs. 1 Z 5 KartG 2005 zu betrachten. Aufgrund der streitgegenständlichen Tätigkeit des WFV bzw. der ihm angeschlossenen Vereine im Amateurbereich ist eine entsprechende Einordnung nahe liegend, wenn man die lauterkeitsrechtlichen Überlegungen der Stuttgarter Richter zu den geschäftlichen Vermarktungstätigkeiten des DFB und seiner Unterorganisationen berücksichtigt. Im Lichte dieser Überlegungen erscheinen die in § 13 der WFV-Satzung enthaltenen Regelungen durchaus als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen nach §§ 1 Abs. 2 , 5 Abs. 1 KartG 2005.

[16]

Dessen ungeachtet gilt der Grundsatz der freien Meinungsbildung nicht nur im Profisport,9 sondern auch in den Amateurklassen. Die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 10 MRK erfasst nicht nur die Vermarktung von herausragenden und daher wirtschaftlich besonders ertragreichen Sportereignissen i.S. der Wertungen des FERG, sondern dient auch der Verhinderung von Berichterstattungsmonopolen im Amateursport.10

4.

Lauterkeitsrechtliche Beurteilung ^

[17]

Unter einem «Sportveranstalter» versteht die h.A.11 eine natürliche oder juristische Person, die die organisatorische Vorbereitung und Durchführung einer Sportveranstaltung verrichtet und das finanzielle Risiko trägt. Davon ist derjenige zu unterscheiden, der wie im Ausgangsfall der Württembergische Fußballverband (WFV) lediglich für den Wettkampfbetrieb als solchen, also für die sportliche «Ausrichtung» eines bestimmten Wettkampfereignisses verantwortlich ist,12 demzufolge der «ausrichtenden Veranstalter» (kurz: «Ausrichter»).

4.1.

Kein Sonderrechtsschutz («droit d'arène») ^

[18]

Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen13 kennt das österreichische Recht, insbesondere das UrhG, kein spezifisches Leistungsschutzrecht (sog. «droit d'arène ») für sportliche Veranstaltungen bzw. deren Veranstalter oder sportliche Vereinigungen, welche die Ausrichtung derartiger Events übernehmen.

[19]

Wie ein Teil der Lehre14 überzeugend dargelegt hat, scheidet eine analoge Anwendung des (künstlerischen) Leistungsschutzes aus, da insoweit eine planmäßige Lücke besteht. Nach der Rsp.15 ist es nicht Aufgabe des UrhG, allen Ergebnissen schöpferischer, geistiger Tätigkeit den weitgehenden urheberrechtlichen Schutz zu gewähren, sondern nur denjenigen Leistungen auf dem Gebiet der Literatur und Kunst; nicht aber des Sports.16

[20]

Der Ausrichter bzw. Sportveranstalter ist ebenso wie der Sacheigentümer grundsätzlich berechtigt, im Rahmen seines Hausrechts andere Personen von der Veranstaltung auszuschließen. Ohne Einwilligung des Eigentümers ist nicht nur das Betreten der Liegenschaft rechtswidrig, sondern auch jede Nutzung eines dadurch erlangten Vorteils. Auch die bloße Verwendung eines nur durch eine Eigentumsverletzung erlangten Fotos kann daher zur Unterlassung verpflichten.17

[21]

Der zivilrechtliche Schutz des Sportveranstalters richtet sich nach gefestigter Rsp. und h.L.18 nach den §§ 66 ff UrhG. Der Sportveranstalter, z.B. eines Internationalen Freistilringer-Turniers, ist auf Grund seines Hausrechts berechtigt Dritte von der Veranstaltung auszuschließen oder deren Besuch von Bedingungen abhängig zu machen. Die Herstellung von Filmaufnahmen des Turniers bedarf deshalb der Zustimmung des Veranstalters als Leistungsschutzberechtigten.19 Gestattet der Veranstalter die Herstellung von Filmaufnahmen zum Zweck der Sendung eines dreiminütigen Ausschnitts in einer ORF-Sendung, so bedarf jede darüber hinausgehende kommerzielle Verwertung der Zustimmung des Veranstalters. Die Abgabe einer Videokassette an eine interviewte Person zum Selbstkostenpreis und ausschließlich zum privaten Gebrauch stellt aber keine kommerzielle Nutzung dar und ist in ergänzender Vertragsauslegung als zulässig anzusehen.20

4.2.

Behinderungswettbewerb? ^

[22]

Zunächst ist bereits fraglich, ob die Übertragung von Sportveranstaltungen durch Rundfunksender eine Wettbewerbshandlung darstellt.21 Darüber hinaus hat sich durch die UWG-Novelle 200722 die Systematik geändert, die infolge der Rückkopplung der nunmehr expressis verbis geregelten Einzeltatbestände an den zentralen Begriff der «Unlauterkeit» in § 1 UWG auch zu einem geänderten Verständnis der Generalklausel geführt hat.23 Die Unlauterkeit einer Wettbewerbshandlung wird im an die RL-UGP24 angepassten UWG 2007 zunächst anhand der geregelten Beispielsfälle im Anhang und nur subsidiär auf der Grundlage der Generalklausel des § 1 UWG bestimmt. Ist ein Sachverhalt nicht unter einen der zahlreichen Beispielsfälle (die z.T. ihrerseits generalklauselhaft weit sind), subsumierbar, ist stets zu prüfen, ob dies nicht im Umkehrschluss die Lauterkeit des Verhaltens impliziert.25

[23]

Eine «Behinderung» i.S. des Unlauterkeitsrechts liegt nur bei einer Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbs vor, die durch den Einsatz von unlauteren Mittel der Behinderung oder in besonderer Absicht der wirtschaftlichen Vernichtung des Mitbewerbers erfolgt.26 Für eine unlautere Behinderung bietet der Ausgangssachverhalt kein ausreichendes Substrat. Der Betrieb der Internetplattform schränkt den Kläger in möglichen Aktivitäten überhaupt nicht ein. Die bloße Existenz der www.hartplatzhelden.de für sich reicht nämlich für eine zielgerichtete Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung keineswegs.

4.3.

Imitationsschutz? ^

[24]

Auf jeden Fall erfordert die Begrenzungsfunktion der Einzelregelungen eine vom früheren Recht abweichende Bewertung der «Unlauterkeit». Eine dies nicht beachtende Beurteilung, die unmittelbar und unreflektiert auf der Grundlage von § 2 UWG erfolgt, ist mit dem Grundverständnis des geltenden Lauterkeitsrechts nicht vereinbar. Sowohl nach der Rechtslage vor als auch nach der UWG-Novelle 2007 ist beim Irreführungstatbestand zu prüfen, (a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt, der eine dem Erwerb solcher Produkte angemessene Aufmerksamkeit aufwendet, die strittige Ankündigung versteht, (b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und ob (c) eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.27

[25]

Gerade das zuletzt genannte Kriterium lässt m.E. lauterkeitsrechtliche Ansprüche gegenüber den Portalbetreibern der Hartplatzhelden scheitern. Den Ausführungen der Stuttgarter Richtern ist nämlich entgegenzuhalten, dass durch den (angeblich unvollständigen) Inhalt der Website hervorgerufene Fehlvorstellungen mit der behaupteten Irreführungseignung der «Hartplatzhelden» über den offiziellen oder offiziösen Charakter der Website nichts zu tun haben. Als mögliche Auswirkung der von der Klägerin behaupteten Irreführung bleibt daher nur, dass Internetnutzer auf die Website des Beklagten gelangen, weil sie annehmen, die dargebotenen Ausschnitte bezeichneten die offizielle oder offiziöse Website des Verbandes mit fußballerischen Informationen. Sie nehmen damit zwar die auf der Website angebotenen Dienstleistungen von Unternehmen wahr; das reicht aber nicht aus, um die Relevanz einer allfälligen Irreführung für den Kaufentschluss bejahen zu können. Dafür müsste – was jedoch, wie oben ausgeführt, nicht zutrifft – der irrtümlich angenommene offizielle oder offiziöse Charakter der Website der Grund dafür sein, sich mit den dort aufscheinenden Angeboten von Fußball-Regionalverbänden näher zu befassen. Die fehlende Relevanz einer allfälligen Irreführung für den Kaufentschluss schließt einen Verstoß gegen § 2 Abs. 3 Z 1 UWG und letztlich auch gegen § 1 UWG m.E. aus.28

4.4.

Unlautere Leistungsübernahme? ^

[26]

Schließlich ist keineswegs ersichtlich, welches «Leistungsergebnis» des Klägers auf der Internetplattform der Beklagten rechtswidrig übernommen worden wäre. Es liegt keine schützenswerte «Leistung» des WFV vor, da – wie bereits dargelegt – kein originäres Leistungsschutzrecht für Veranstalter besteht. Darüber hinaus ist eine wettbewerbliche Eigenart der Leistung des Verbandes nicht erkennbar. Das ergibt sich zwanglos aus der Gestaltung des Portals29 der Beklagten: «Hartplatzhelden» verdeutlicht, dass kein Bezug zu einer bestimmten Liga oder konkreten Spielen hergestellt wird. Es werden weder komplette Spiele noch Zusammenfassungen gezeigt, sondern nur einzelne Szenen von max. 90 Sekunden. Überdies sind i.d.R. nicht einmal Gegner, Torschützen oder das Ergebnis vermerkt. Die einzelnen Szenen werden somit vollständig losgelöst von Organisation, Spielbetrieb und konkretem Spiel gezeigt, sodass ein vom WFV in der Vergangenheit dargelegtes «Schmarotzen» an seiner organisatorischen Leistung nicht vorliegt. Es sind auch in anderer Hinsicht keine besonderen Umstände erkennbar, die den Betrieb der Internetplattform als sonstige unlautere Handlung i.S. des § 1 Abs. 1 Z 1 UWG erscheinen lassen.

5.

Zusammenfassung der Ergebnisse ^

[27]

Die öffentliche Wiedergabe der Filmausschnitte von Amateurfußballspielen im Internet, die unter der Organisation eines Sportveranstalters (z.B. eines Landessportverbandes) stattfinden, beeinträchtigt weder in unlauterer noch in sonst rechtswidriger Weise die Vermarktungsmöglichkeiten des Veranstalters und kann nicht daher untersagt werden. Dem Veranstalter von Sportereignissen steht für die «private» Kurzberichterstattung nicht die alleinige Verwertungsmöglichkeit zu. Portalbetreiber wie die «Hartplatzhelden», d.h. solche die user generated content nutzen, müssen sich für den erforderlichen Rechterwerb durch Nutzungseinräumungen vertraglich gegenüber den jeweiligen Urhebern absichern.



Clemens Thiele, Gerichtlich beeideter Sachverständiger für Urheberfragen aller Art, insbesondere Neue Medien und Webdesign, Salzburg, AT
Anwalt.Thiele@eurolawyeer.at; www.eurolawyer.at.

  1. 1 Abrufbar unter www.hartplatzhelden.de/prozess/ (15.4.2009).
  2. 2 OLG Stuttgart, 19. März 2009, 2U47/08, CR, S. 386 (2009).
  3. 3 Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 19. März 2009, abrufbar unter www.olg-stuttgart.de/servlet/PB/menu/1240612/index.html?ROOT=1182029 (15.4.2009).
  4. 4 BVerfG 17. Februar 1998, 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228; Berka, Das Recht zur Kurzberichterstattung im Spannungsfeld von Informationsfreiheit und Erwerbsfreiheit. Verfassungsrechtliche Anmerkungen zu OGH 14. Juni 2005, 4 Ob 49/05t, wbl 2006, 61; Wiebe, Der Zugang zu Programminhalten im Spannungsfeld von Allgemeininteressen und Eigentumsrechten, in: Berka ua. (Hrsg.), Medienfreiheit versus Inhaltsregulierung, 79.
  5. 5 Vgl. die Definition im Online-Lexikon unter www.wikipedia.de (15. April 2009).
  6. 6 Zur Problematik der Gestaltung und Akzeptanz siehe die Diskussion um die AGB der Social Platforms, vgl. Facebook macht Regeländerung rückgängig, Artikel in den Salzburger Nachrichten vom 17. Februar 2009, abrufbar unter  http://search.salzburg.com/articles/3159653?highlight=Social+Networks (15. April 2009).
  7. 7 Dazu statt vieler Frey, Die Vergabe der medialen Rechte an der Fußball-Bundesliga – Vom kartellrechtlichen Streitfall zum lizenzrechtlichen Problemfall? ZUM 2005, 585 mwN.
  8. 8 BGH 8. November 2005, KZR 37/03 – Hörfunkrechte, MR-Int 2005, 126 = NJW 2006, 377.
  9. 9 Vgl. BverfG 7. Februar 1998, 1 BvF 1/91 – Kurzberichterstattung, NJW 1998, 1627, 1629.
  10. 10 Ähnlich Maume, Der Amateurfußball in den Fängen des Wettbewerbsrechts, MMR 2008, 797, 802.
  11. 11 Thiele, FIFA ante portas – Zum Schutz des Wettkampfveranstalters nach österreichischem Recht, ecolex 2007, 411; Haunschmidt, Sport und Recht in Österreich (2005), 10 ff; Lienbacher, Sport und Recht – Gewerberecht und Veranstaltungsrecht in WiR (Hrsg), Sport und Recht (2005), 135, 136; Walter, Der Schutz von sportlichen Leistungen und Sportveranstaltungen nach österreichischem Recht, MR 1995, 206 jeweils mwN.
  12. 12 Walter, MR 1995, 206 mwN.
  13. 13 Vgl. die Nachweise bei Walter, MR 1995, 206.
  14. 14 Walter, MR 1995, 206, 207 mwN.
  15. 15 OGH 12. September 1951, 1 Ob 434/51 – Fußball-Seismograph, ÖBl 1952, 28 = SZ 24/215.
  16. 16 Ausgenommen ist der viel zitierte Schutz der Eiskunstläuferin für ihre choreografische Leistung.
  17. 17 Deutlich OGH 29. Januar 2002, 4 Ob 266/01y – Schwimmbad, EvBl 2002/118, 452 = MR 2003, 44 (Walter); Thiele, ecolex 2007, 411, 412.
  18. 18 Walter, MR 1995, 206, 207, 210 mwN.
  19. 19 OGH 22. März 1994, 4 Ob 26/94 – Internationales Freistilringer-Turnier, MR 1995, 231 (Walter)= ÖBl 1995, 139; vgl. auch Wiebe, Schutzrechtliche Grundlagen der Sportvermarktung, in Studiengemeinschaft Wirtschaft und Recht – WiR (Hrsg), Sport und Recht, 1, 5 ff.
  20. 20 OGH 22. März 1994, 4 Ob 26/94 – Internationales Freistilringer-Turnier, MR 1995, 231 (Walter)= ÖBl 1995, 139.
  21. 21 ME wohl verneinend BGH 8. November 2005, KZR 37/03 – Hörfunkrechte, MR-Int 2005, 126 = NJW 2006, 377.
  22. 22 BGBl I 79/2007 in Kraft seit 12. Dezember 2007.
  23. 23 Statt vieler Schuhmacher, Die UWG-Novelle 2007, wbl 2007, 557 mwN.
  24. 24 Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken), ABl. L 149 vom 11. Juni 2005, 22.
  25. 25 OGH 22. Januar 2008, 4 Ob 177/07v – Das beste Wachstum, wbl 2008/110, 244 = MR 2008, 111 = ecolex 2008/163, 447 (Tonninger); 8. April 2008, 4 Ob 42/08t – W-Klaviere, wbl 2008/164, 344.
  26. 26 Gamerith, Wettbewerbsrecht I5, 67 ff mwN; vgl. auch BGH 24. Juni 2004, I ZR 26/02 – Werbeblocker, K&R 2004, 534.
  27. 27 OGH 26. August 2008, 4 Ob 109/08w – Bis zu 432 km mehr pro Jahr, MR 2008, 312; 23. September 2008, 17 Ob 20/08b – BOTOX/Botonia, ecolex 2009/32 (Horak).
  28. 28 Ähnlich vor dem Hintergrund der deutschen Rechtslage Frey, Entscheidungsanmerkung, CR 2008, 530, 531.
  29. 29 Ebenso Hoeren/Schröder, Entscheidungsanmerkung, MMR 2008, 553, 554.