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Roland Traunmüller - Eine Würdigung zum 70. Geburtstag

  • Authors: Friedrich Lachmayer / Erich Schweighofer
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal informatics and administration informatics
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2010
  • Citation: Friedrich Lachmayer / Erich Schweighofer, Roland Traunmüller - Eine Würdigung zum 70. Geburtstag, in: Jusletter IT 1 September 2010
Roland Traunmüller wird heuer 70 Jahre. Die IRIS-Gemeinde möchte hiermit ihren Dank für die vielen Vorträge und Diskussionsbeiträge ausdrücken, mit denen Roland Traunmüller die IRIS-Konferenzen befruchtet hat. Ad multos annos!

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Eine untypische, aber sehr erfolgreiche wissenschaftliche Karriere
  • 2. Geburtshelfer und Doyen des E-Government
  • 3. Seminar für Rechts- und Verwaltungsinformatik an der Universität Wien
  • 4. Seine Schriften und Themen
  • 5. Seine Bedeutung für die Rechtsinformatik
  • 6. Schlussfolgerungen

1.

Eine untypische, aber sehr erfolgreiche wissenschaftliche Karriere ^

[1]

Professor Dr. Roland Traunmüller wurde am 2.4.1940 in Linz geboren. Fast 70 Jahre für die Wissenschaft, und hier insbes. für die Verwaltungsinformatik, aber auch die Rechtsinformatik, sind der Anlass dieser Würdigung. Roland Traunmüller ist dem IRIS seit ihrem Beginn verbunden und hat diese stets mit Tat und Kraft gefördert. Der starke Schwerpunkt des IRIS im E-Government ist auch seiner fördernden Unterstützung und tatkräftigen Mithilfe zu verdanken.

[2]

Das berufliche Leben von Roland Traunmüller hat sich in vielen Ländern abgespielt; hervorzuheben sind natürlich sein Heimatland Österreich, aber auch Deutschland, wo er im Rheinland einige Zeit gearbeitet hat und später oft zurückgekehrt ist. Als viel beschäftigter und gefragter Wissenschaftler war und ist er viel auf Reisen und erfüllt damit die wichtige und unentbehrliche Funktion eines Koordinators und Förderers der wissenschaftlichen Szene; in seinem Fall der Verwaltungsinformatik, des E-Government.

[3]

Die Ausbildung ist für einen Informatiker heutzutage untypisch. Traunmüller studierte Chemie und Physik an der Universität Wien und schloss dieses 1969 mit dem Doktorat ab. Sein Dissertationstitel im Fach Theoretische Chemie Zur Struktur und Reaktionsweise von Metallkomplexen war noch voll in der Chemie, allerdings waren die Methoden bereits die der Informatik. Sein Paulus-Erlebnis hat sich am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Müllheim an der Ruhr zugetragen, wo er seine Dissertation über Modellrechnungen zur Erklärung der dortigen Forschung von stereospezifischen Katalysen von Olefinen schrieb. Die Zusammenarbeit mit der Praxis war schon damals erfolgreich, kam doch als Frucht gemeinsamen Arbeitens 1970 das Buch Heimbach/Traunmüller «Chemie der Metall-Olefin-Komplexe» im Verlag Chemie heraus.

[4]

Schon 1970 erfolgte die Wende zur Informatik - katalysiert durch die Möglichkeit, eine schöne Position im heimatlichen Linz zu bekommen. Bis 1973 war Traunmüller in der öffentlichen Verwaltung als Abteilungsleiter für Administrative Datenverarbeitung tätig. Dem folgte eine kurze Zeit als Assistent an der Johannes Kepler Universität Linz (damals noch Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften). 1977 habilitierte er sich mit dem Thema Institutionalisierte Messung des Studienerfolges mit statistischen Methoden. Damit begann eine 28jährige, sehr erfolgreiche Karriere als Universitätsprofessor an der Universität Linz. Die Titel wie auch Institute haben gewechselt (Universitätsdozent, ausserordentlicher Universitätsprofessor, Universitätsprofessor; Institut für Informatik, Institut für Informatik in Wirtschaft und Verwaltung); die Funktionen ebenso. Neben der Professur war Traunmüller auch langjähriger Institutsvorstand. Auch die Emeritierung im Oktober 2005 (nunmehr offiziell unschön Pensionierung genannt) hat diese Tätigkeit nicht beendet; Roland Traunmüller befindet sich nach wie vor im wissenschaftlichen Unruhestand. Es steht zu hoffen, dass er noch möglichst lange dort verbleibt.

[5]

Eine Professur war ihm jedoch nicht genug der Arbeit. Das wissenschaftliche Schaffen von Roland Traunmüller ist auch dadurch charakterisiert, dass er stets die nationale wie internationale Kooperation gesucht und sich dort in die jeweiligen Arbeitskreise und Plattformen (heute würde man sagen: soziale Netzwerke) eingebracht hat. So war und ist Roland Traunmüller langjähriger Funktionär der Österreichischen Computer Gesellschaft OCG (Erster Vizepräsident von 1997 bis 2006; Leitung des Arbeitskreises Verwaltungsinformatik, später des Forums e|Government) bzw. der deutschen Gesellschaft für Informatik (Co-Leitung des Fachausschusses Rechtsinformatik mit Herbert Fiedler sowie Leitungsgremium E-Government). Dazu war und ist er in der IFIP (International Federation for Information Processing) führend tätig; und zwar als Vice Chair der Sektion Information Systems der (IFIP). Dafür wurde er 1996 mit dem IFIP Silver Core ausgezeichnet. Aufgrund seiner Expertise wurde er als Berater von Regierungen wie Internationalen Organisationen herangezogen (insbes. Österreich, EU, UNO und UNESCO). Des Weiteren ist seine Unterstützung des Aufbaus von E-Government in den Mittel- und Osteuropäischen Ländern wie emerging economies und Entwicklungsländern besonders hervorzuheben. Hierfür wurde er 2006 mit dem Prometheus (Preis der North-American Society on Digital Government und der Europäischen Kommission für E-Government) ausgezeichnet. Abschliessend ist noch die Verleihung des Roland Wagner Preises für Verdienste um die bessere Integration von Menschen mit Behinderungen mit Anwendungen der Informationstechnologie und des Grosse Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich zu erwähnen.

[6]

Seine intensiven wissenschaftlichen Kooperationen fruchteten in leitenden Stellungen bei vielen wichtigen Konferenzen: Tagungen über Rechtsinformatik und Verwaltungsinformatik (mit Herbert Fiedler , IFIP-Teilkonferenzen Telecooperation (1998) und e-Business (2002); Gründung und Leitung der E-GOV Konferenz der DEXA Konferenzen (seit 2002) etc. etc.

[7]

Die Liste seiner Gastlehrtätigkeiten ist ebenfalls eindrucksvoll. Bangkok, Bonn, Budapest, Graz, Heidelberg, Paris, Prag, Speyer, Turku und Saragossa; dazu gehört natürlich auch die Universität Wien.

[8]

Trotz bescheidener Ausstattung der Professur an der Universität Linz konnte Traunmüller die Karriere vieler WissenschaftlerInnen entscheidend fördern; insbes. sind folgende Namen anzuführen: Gerald Quirchmayr (heute Vizedekan und Universitätsprofessor für Angewandte Informatik an der Universität Wien), Tom Gross (Professor an der Bauhaus-Universität Weimar) und Maria Wimmer (Professsorin an der Universität Koblenz-Landau).

2.

Geburtshelfer und Doyen des E-Government ^

[9]

Im Nachhinein ist es erstaunlich, mit welch strategischer Intuition und Sicherheit Roland Traunmüller das Werden von E-Government als der Wissenschaft von der Computerisierung der Verwaltung vorbereitet und begleitet hat. Zwar war in den Anfangszeiten noch nicht von E-Government (eGov) die Rede, doch der von ihm verwendete Begriff der Verwaltungsinformatik deckte inhaltlich genau das ab, was dann später als E-Government bezeichnet wurde. Insofern hat er entscheidende Vorarbeiten zu E-Government geleistet. Es war ihm aber auch vergönnt, im neuen Wissenschaftsdesign von E-Government eine führende Rolle einzunehmen, sodass auch die neue wissenschaftliche Ära des E-Government ebenfalls mit seinem Namen verbunden ist. In einer gleichsam sokratischen Unruhe war er in den Anfangszeiten der Geburtshelfer des Neuen um nunmehr in der globalen Community in gewisser Weise die Rolle des Doyens von E-Government zu erhalten.

3.

Seminar für Rechts- und Verwaltungsinformatik an der Universität Wien ^

[10]

Die Geschichte der Rechtsinformatik an der Universität Wien lässt sich auf zwei wesentliche Begebenheiten im Jahre 1989 zurückführen: Roland Traunmüller und Friedrich Lachmayer haben das Seminar für Rechts- und Verwaltungsinformatik ins Leben gerufen. Der Verfasser dieses Beitrags wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät als Beauftragter für juristische Informationsverarbeitung ernannt (heute würde man eher sagen: IT-Beauftragter); und zwar mit einem Mandat zur IT-Ausstattung aller Arbeitsplätze und einer Vernetzung dieser PCs; dazu kam die Betrauung mit Lehrveranstaltungen im Fach Rechtsinformatik. Dies war der Nukleus der Arbeitsgruppe Rechtsinformatik an der Universität Wien.

[11]

Das Seminar für Rechts- und Verwaltungsinformatik wurde bis 2003 abgehalten; und zwar mit einem wechselnden Organisationsteam mit Friedrich Lachmayer im Zentrum: zu Beginn hat Roland Traunmüller die Hauptlast mitgetragen; später auch Werner Robert Svoboda, Gerald Quirchmayr, Erich Schweighofer und zuletzt Thomas Menzel . Sehr viele praktisch, aber auch theoretisch tätige Rechtsinformatiker haben dieses Seminar als Forum für die Präsentation ihrer wissenschaftlichen Themen genutzt.

[12]

Es sei darauf hingewiesen, dass der Beginn dieses Seminars am Juridicum zeitlich mit der Öffentlichkeitsphase vom RIS zusammenfällt, dass also damals immer wieder Themen der Rechtsdokumentation in diesem Rahmen besprochen wurden. Ebenso wurde Protagonisten von RIS, der RDB und von anderen juristischen Datenbanken und Grossrechner- und CD-ROM-Applikationen dort Gelegenheit gegeben, ihre Produkte, Projekte und Perspektiven einem interessierten (wenn auch meist nicht allzu zahlreichen) Fachpublikum sowie den Studierenden vorzutragen.

4.

Seine Schriften und Themen ^

[13]

Das wissenschaftliche Oeuvre von Roland Traunmüller umfasst über 160 Werke, davon als Autor bzw. Co-Autor vier Bücher. Besonders beeindruckend ist sein Wirken als Herausgeber: über 30 Bücher, 2 Zeitschriften und eine Buchserie. Traunmüller ist aber wesentlich mehr als nur ein Kompilator der Wissenschaft. Er hat stets intensiv wissenschaftliche Entwicklungen beobachtet und diese Erkenntnisse weitergegeben; aus diesen wurden Leitmotive für Konferenzen, Streams oder junge Wissenschaftler. Wissensmanagement, Wissensgesellschaft, E-Government und vieles mehr: Roland Traunmüller hat das Seinige beigetragen, damit es diese Themen überhaupt gibt, und das lange bevor diese in aller Munde waren.

5.

Seine Bedeutung für die Rechtsinformatik ^

[14]

Roland Traunmüller ist zwar selbst kein Rechtsinformatiker, doch hat er wissenschaftspolitisch dieses Fach durch die Kooperation mit der Verwaltungsinformatik für entscheidende Jahre gleichsam abgesichert. Nach der ersten Blütezeit der österreichischen Rechtsinformatik in den Siebzigerjahren (Weinberger, Tammelo, Reisinger) hat er den erneuten Bestrebungen, die Rechtsinformatik zu beleben, durch das Doppelseminar in Wien zur Rechts-und Verwaltungsinformatik einen Raum geboten, zumindest für eine Übergangszeit.

[15]

Die inhaltliche Synthese von Rechts- und Verwaltungsinformatik wurde damals und ist auch heute noch nicht geleistet, doch das ausdrückliche Zulassen der Parallelität der akademischen Foren war ein klimatischer Beitrag dazu, dass sich die Rechtsinformatik zumindest an der Universität Wien dann in den Neunzigerjahren wieder entfalten konnte. In gewissem Sinne wurde der Boden für das IRIS vorbereitet.

6.

Schlussfolgerungen ^

[16]

Roland Traunmüller hat sich als Förderer und Gestalter der Wissenschaftsszene grosse Verdienste für die Rechtsinformatik erworben. Die Würdigung seines wissenschaftlichen Werkes als Verwaltungsinformatiker wird in anderen Foren heuer etwas später noch eingehend erfolgen.

[17]

Dafür ein herzliches Dankeschön, Herr Professor Dr. Roland TraunmüllerAd multos annos und noch ein möglichst langer wissenschaftlicher Unruhestand!

 



Erich Schweighofer, Universitätsprofessor, Universität Wien, Arbeitsgruppe Rechtsinformatik (DEICL/AVR), Schottenbastei 10-16/2/5, 1010 Wien, AT, Erich.Schweighofer@univie.ac.athttp://rechtsinformatik.univie.ac.at
Friedrich Lachmayer, Universitätsprofessor, Leopold-Franzens-Universität, Innrain 47, 6020 Innsbruck AT, friedrich.lachmayer@uibk.ac.atwww.legalvisualization.com/