1.
Vorbemerkung ^
2.1.
Begriff und Arbeitsschritte der Rechtsanwendung ^
2.2.
Dominanz der Tatsachenfragen ^
2.3.
Verfahrensrechtliche Komponente der Sachverhaltsfeststellung ^
2.4.
Überwiegen des Indizienbeweises ^
3.1.
Mehrzahl der Rechtsanwendungsmethoden ^
- Rechtsgebiete
- Verfahrensordnungen
- Rechtsanwender (Rechtswissenschaft, Gerichtspraxis mit Verfahrensbeteiligten)
- Im Gegensatz zum Strafrichter entscheidet der Strafverteidiger den Fall nicht in retrospektiver Betrachtung, sondern versucht zukunftsbezogen, zugunsten des beschuldigten Mandanten gestaltend auf die richterliche Entscheidung einzuwirken. Damit enthält die Strafverteidigung planerische und prognostische (insbesondere auf die mögliche richterliche Entscheidung bezogene) Bestandteile.
- Die Tätigkeit des Strafverteidigers ist nicht nur an der Wertekategorie der Rechtmäßigkeit, sondern auch der Zweckmäßigkeit ausgerichtet.
3.2.
Vollständige Bestandsaufnahme als Grundlage der Verteidigung ^
- Verfahrensakten und Beweisstücke
- Mandant
- Eigene Ermittlungen
- Eigene Wahrnehmungen und Kontakte
- Es kommt nicht nur auf die Erfassung der einzelnen Informationen an, sondern vielmehr auch auf die – mitunter mannigfaltige – Vernetzung der Informationen untereinander (Beziehungsgeflechte: z.B. Mehrfachrelevanz von Indizien und der zugehörigen Beweismittel).
- Das Beherrschen der Informationen muss über die gesamte Verfahrensdauer gewährleistet sein, was Aspekte des schnellen Zugriffs ebenso umfasst wie eine schnelle Wiedereinarbeitung nach einem Verfahrensstillstand sowie die kontextbezogene Einarbeitung neu hinzukommender Informationen.
3.3.
Bewertung der Informationsbasis ^
Bevor der Strafverteidiger Verteidigungsmaßnahmen ergreifen kann, muss er die Informationen bewerten. Auch bei der Bewertung handelt es sich nicht um einen eigenständigen und formal abgegrenzten Arbeitsschritt, vielmehr fließt sie mit der Aufnahme und Aufbereitung der Informationen zusammen. Dennoch wird man sagen können, dass es im Verlauf der Fallbearbeitung sicher Schwerpunkte gibt, in denen die Informationen vorrangig zur Kenntnis genommen werden und andere, in denen die Bewertung der Informationen im Vordergrund steht.
Losgelöst von dieser Frage besteht das methodische Erfordernis, bei der Bewertung Hypothesen zu bilden und die Informationen unter den abweichenden Perspektiven der jeweiligen Hypothesen zu betrachten; zumindest ist zwischen der amtlichen Version des Vorwurfs und der Darstellung des Mandanten zu unterscheiden25 . Aus informationstechnischer Sicht ist zu beachten, dass die Bildung von Hypothesen und die Anbindung relevanter Informationen eine zusätzliche und komplexe Vernetzung der Informationen bewirkt, aus der eine deutlich gesteigerte Komplexität des Sachverhalts resultiert, die wiederum an die Beherrschbarkeit besondere Anforderungen stellt.
...Die Eingliederung des ganzen Materials in die Hypothesen ist eine mühsame und zeitraubende Arbeit. Um diesen Aufwand nicht zu vergrößern, empfiehlt es sich, die Akten erst dann durchzuarbeiten, wenn die Hypothesen möglichst vollständig versammelt sind. Man sucht also zuerst das Material, das zur Hypothesenbildung oft etwas hergibt. ...
...Hat der Verteidiger diese Aktenteile gelesen, durchdacht und zur Formulierung von Hypothesen genutzt, dann sieht er die Akten vom ersten bis zum letzten Blatt durch und notiert alle Belegstellen auf den Hypothesenblättern. ...
...Das vollständige Durcharbeiten der Akten wird zweckmäßig gleich dazu benutzt, einen Datenlauf anzulegen. Alle Vorgänge nicht nur der Tat, sondern auch ihrer Vor- und Nachgeschichte und der Ermittlungsarbeit, besonders die Vernehmungen werden kurz vermerkt. Dazu ist ein Computer wohl besonders geeignet. Man kann auch kleine Zettel benutzen. Rechts oben werden Tag und Uhrzeit, in die Mitte wird das Ereignis und unten die Fundstelle notiert. Der ganze Haufen ist zuletzt chronologisch zu ordnen und links oben zu klammern. Seine Durchsicht erhellt manches und kann zu verblüffenden Einsichten führen. Er erleichtert auch das Auffinden bestimmter Aktenstellen. ...»
4.
Methodik der softwaregestützten juristischen Fallbearbeitung? ^
4.1.
Anwendungsbeispiel «Hypothesen» ^
4.2.
Anwendungsbeispiel «Erfassung von Tatsachen» ^
- Können die – teils umgangssprachlichen – Verfahrensinformationen für die Rechtsanwendung systematisch präziser formuliert werden?
- Ist die Umformulierung durch den Rechtsanwender zulässig und opportun31 ?
- Führt eine präzisere Formulierung der Verfahrensinformationen zu einer tatbestands-orientierteren und damit effektiveren Fallbearbeitung?
5.
Fazit ^
- Klärung der Rechtsanwendungsmethoden anhand der unter Ziffer 3.1 genannten Kriterien.
- Ermittlung und/oder Entwicklung sowie Dokumentation der Methoden der «konventionellen» Fallbearbeitung einschließlich übergreifender Gemeinsamkeiten.
- Abgleich, Übertragung und Anpassung der Methoden der «konventionellen» Fallbearbeitung auf die softwaregestützte Fallbearbeitung sowie ggf. Entwicklung eigener spezifischer Methoden.
Bernd Schaudinn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Advocatio Rechtsanwälte
Innere Wiener Str. 13, 81667 München, DE
schaudinn@advocatio.de ;www.advocatio.de
- 1 www.justiz.nrw.de/WebPortal/Online_verfahren_projekte/projekte/ergonomie_elektr_akte/index.php – Abruf am 25. Januar 2011.
- 2 www.marketing-boerse.de/Ausschreibungen/details/ProjektSoftware-Entwicklung---ergonomische-elektronische-Akte – Abruf am 25. Januar 2011.
- 3 www.mj.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=5784&article_id=16128&_psmand=13 – Abruf am 25. Januar 2011.
- 4 www.normfall.de – Abruf am 25. Januar 2011.
- 5 www.normfall.de/unternehmen/aktuelles/aktuelles.html%23Sept2010 – Abruf am 25. Januar 2011.
- 6 www.knowledgetools.de/index.htm – Abruf am 25. Januar 2011.
- 7 www.fallsoft.de/ – Abruf am 25. Januar 2011.
- 8 Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Auflage 2010, S. 418, Rn. 657.
- 9 Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Auflage 1963, S. 3 f.
- 10 Rüthers/Fischer, a.a.O., S. 420, Rn. 665.
- 11 Rüthers/Fischer, a.a.O., Rn. 666.
- 12 Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, Band I, 2. Auflage 1995, Vorwort.
- 13 A.a.O.
- 14 Rüthers/Fischer, a.a.O., S. 423, Rn. 671.
- 15 Rüthers/Fischer, a.a.O., S. 421, Rn. 669.
- 16 Engisch, Einführung in das juristische Denken, 10. Auflage 2005, S. 58.
- 17 Rüthers/Fischer, a.a.O., S. 424 ff.
- 18 Rüthers/Fischer, a.a.O., S. 408, Rn. 640.
- 19 Barton, Einführung in die Strafverteidigung, 2007, S. 174, Rn. 15.
- 20 Vgl. Barton, a.a.O., S. 167 ff.
- 21 Barton, a.a.O., S. 189 ff.
- 22 Barton, a.a.O., S. 192, Rn. 8.
- 23 Barton, a.a.O.
- 24 Nack, Anforderungen an die Informationstechnik am Arbeitsplatz von Richtern- – Die Arbeit am Sachverhalt- – in: Informationstechnik am Arbeitsplatz von Juristen..., Köln 1989.
- 25 Barton, a.a.O., S. 202 ff.
- 26 Prüfer StV 1993, 602, 603 f.
- 27 Vgl. für die zivilrichterliche Tätigkeit: Nordhues/Trinczek, Technik der Rechtsfindung, 6. Auflage 1994, S. 3 ff
- 28 Im Zusammenhang mit Hypothesen sind ausschließlich Indizien relevant.
- 29 Vgl. Ziffer 3.3.
- 30 Rüthers/Fischer, a.a.O., insb. S. 132, Rn. 186.
- 31 Vgl. z.B. § 273 III StPO und die polizeiliche Praxis bei der Erstellung von Vernehmungsprotokollen.
- 32 Z.B. Lesezeichen im PDF-Reader.