War schon kurz nach Erscheinen von Prof. Heckmanns Praxiskommentar zum Internetrecht eine 2. Auflage von Nöten, so hat sich dieses Erfordernis mit der 3. Auflage fortgesetzt. Und mit dieser neuen Auflage hat sich dieses in der deutschen Kommentarlandschaft einzigartige Werk seinen vorderen Platz gesichert und ausgebaut. Es blieb auch nicht – wie man vielleicht erwarten könnte – bei einer bloßen Aktualisierung des Kommentars, sondern es erfolgte darüber hinaus erneut eine umfangreiche Erweiterung desselben. So ist das Werk um neuerlich über 200 Seiten (!) auf nunmehr stattliche 1200 Seiten angewachsen. Das freilich ging nicht ohne eine Verstärkung des Autorenteams. Neben Prof. Dr. Dirk Heckmann, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Sicherheits- und Internetrecht an der Universität Passau, nebenamtlicher Verfassungsrichter, Gutachter und Betreiber der Online-Plattform VERiGO (Verifying E-Government), Herausgeber des juris PraxisReports IT-Recht, des AnwaltZertifikatOnline IT-Recht und jetzt auch des PraxisKommentars Internetrecht, sind nunmehr zwei weitere Autoren in dieses Standardwerk eingebunden, nämlich Dr. Frank Braun, Oberregierungsrat und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen sowie Dr. Jan Dirk Roggenkamp, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter für IT-Recht, Fachhochschule Trier und Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung Kehl.
Unverändert blieb auch der grundlegende Ansatz des Werks, nämlich die Form als juris Praxiskommentar. «juris», Juristisches Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland, ist ein juristischer Informationsdienstleister und Print-Online-Verlag mit Sitz in Saarbrücken. Die Anteilsmehrheit an der juris GmbH hält bis heute der Bund, einen weiteren großen Part der niederländischen Verlag Sdu. juris ist in der deutschen Rechtslandschaft nicht mehr weg zu denken. Vor allen Dingen im Bereich der juristischen Recherche spielt diese Datenbank eine zentrale und gewichtige Rolle. In diesem ganzen Umfeld hat juris seit einiger Zeit mit seiner Reihe «juris PraxisKommentar» eine neue Art juristischer Nachschlagewerke geschaffen. Dabei verbindet juris die Vorteile eines herkömmlichen Buch-Kommentars mit den Vorteilen des Internets. Der Käufer erhält neben einem gebundenen Nachschlagewerk in gewohnt hochwertiger Aufmachung zugleich den Zugang zu der Online-Version dieses Kommentars, die ständig aktualisiert wird und zudem über entsprechende Verlinkungen verfügt. Ihm wird mit dem Erwerb des Buches ein entsprechender Zugangscode mitgeliefert. Auch in der aktuellen Auflage wurde allerdings die mit der 1. Auflage neu eingeführte Kombination mit der neuen «Hyperlink»-Technik unter Benutzung einer sog. Wiziway-Maus nicht wieder aufgegriffen. Damals versuchte der Verlag das neuartige Modell der Kombination aus Printwerk und Online-Zugang noch dadurch zu „toppen», dass mittels einer speziellen Computer-Maus («Wiziway-Maus») und der Verwendung von im Printwerk abgedruckten «Tags», also kleinen Code-Feldern, bereits nur durch Anklicken dieser «Tags» eine Verbindung zur juris-Datenbank aufgebaut und dort direkt der Aufsatz, das Urteil, etc. aufgerufen wurde, eben jene Fundstelle, die mit dem «Tag» an der genannten Stelle in der Kommentierung verbunden war. So konnte man ohne große Mühe die betreffenden Hyperlinks aufrufen und z.B. das betreffende Urteil zum kommentierten Problemaspekt nachlesen; eine umständliche Eingabe der genauen Fundstellendaten war nicht erforderlich. Leider musste ein Kompromiss zwischen Preis und Leistungsfähigkeit der mitgelieferten Maus-Hardware eingegangen werden, was sich insbesondere dadurch negativ auswirkte, dass die Hardware nicht so zielsicher und verläßlich eingesetzt werden konnte, wie man es sich gewünscht hätte. Auch eine alternative Technologie in Form eines stiftförmigen Zeigegeräts kam letztendlich nicht zur Umsetzung, so dass die «Wiziway»-Technologie und die entsprechenden «Tags» im Printwerk zukünftig wieder entfielen. Das hat aber weder der 2. noch der hier zu besprechenden 3. Auflage geschadet, da dieser juris PraxisKommentar Internetrecht darüberhinaus auch als E-Book erhältlich ist. Das E-Book enthält ein verlinktes Schlagwortregister und die in den Kommentierungen enthaltenen Querverweise (Verweise auf Randnummern und Kapitel) sind mit den entsprechenden Zielstellen verlinkt. Nachdem sich auch bei den geeigneten «Abspielgeräten» rasante Entwicklungen vollzogen haben und mit Smartphones, Tablet-PCs und dergleichen mehr im digitalen Alltag auch weitere Alternativen zu herkömmlichen Lesegeräten zur Verfügung stehen, hat juris m. E. angemessen und richtig entschieden – wenngleich auch die «Wiziway»-Technologie nachwievor reizvoll bleibt. Vielleicht kann man ein solches Potential in Zukunft wieder «anzapfen» und zu einem geeigneteren Zeitpunkt wieder aufgreifen.
Das Werk ist in der 3. Auflage zunächst in allen Teilen auf den aktuellen Stand gebracht worden. Das war schon der Kurzlebigkeit des «Internetrechts» geschuldet. Wie der Herausgeber zu Recht herausstellt, zwingen die technologische Entwicklung, aber auch die forcierten gesellschaftlichen und politischen Debatten, viele IT-spezifische Geschäftsmodelle sowie nicht zuletzt eine sich stärker ausdifferenzierende Gesetzgebung und Rechtsprechung zu einer permanenten «Wachsamkeit» und erfordern die Berücksichtigung einer Vielzahl von Rechtsquellen und rechtstatsächlichen Umständen. Aktuell sind alle wesentlichen neuen Entscheidungen und Rechtsquellen eingearbeitet, sowohl auf EU-Ebene (z.B. audiovisuelle Mediendiensterichtlinie) als auch auf nationaler Ebene (z.B. DL-InfoV). Mit den neuen Kapiteln zum Datenschutz und zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter tragen die Autoren der gestiegenen Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes (vor allem in sozialen Netzwerken) und den Haftungsfragen im Internet Rechnung. Das das nötig war, zeigt sich bereits am Umfang dieser beiden Kapitel, die schon jetzt einen Umfang von jeweils (klein gedruckt!) ca. 120–130 Seiten haben. Betrachtet man die Fragen des Datenschutzes genauer, zeigt sich sodann, dass uns der digitale Alltag, das «smart life» erreicht hat, und damit auf der anderen Seite aber auch, dass die Reichweite und Effizienz gesetzgeberischer Maßnahmen begrenzt ist. Denn – unverzichtbare – normative Grundlagen des Datenschutzes reichen für sich genommen nicht aus. Vielmehr bedarf es daneben im «smart life» auch einer nicht-normativen Steuerung in Form eines technischen Datenschutzes und eines «smart privacy managements». Beides zeigt in eindringlicher Weise der vorliegende Kommentar auf, kommentiert einschlägige Normen und stellt diese insbesondere in einen Kontext mit dem Nicht-Normativen. Gerade hier ist – wie in keinem anderen Rechtsgebiet – der «Blick über den Tellerrand» unbedingt von Nöten, sowohl seitens des Kommentators als auch für den Leser, dem er mit der erforderlichen Sachkunde vermittelt werden muss.
Der Kommentar wartet nun aber nicht nur mit neu geschaffenen Kapiteln (zum Datenschutz und zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter) auf. Er wurde auch an anderer Stelle strukturell überarbeitet. So wurde die bislang im ehemaligen Kapitel 1 vorhandene systematische Kommentierung des TMG (Telemediengesetzes) zugunsten einer systematischen Darstellung im jeweiligen fachlichen Kontext aufgelöst (eine Kurzkommentierung von 52 Seiten Umfang ist jedoch geblieben). Zu Recht, wenn man sich die «Vernetztheit» dieses Rechtsgebiet vor Augen führt. Insbesondere bei der praktischen Arbeit mit dem Kommentar zeigt sich die Richtigkeit dieses Vorgehens. Man vermisst die vor die Klammer gezogene Kommentierung des TMG nicht. Im Gegenteil ist man angenehm überrascht, wie sich das Ganze nun systematisch und zwanglos ineinander fügt. Ein weiterer Schwerpunkt des Werks liegt sodann auf den aktuellen Entwicklungen im Verbraucherschutz sowie im E-Government, insbesondere auf den Instrumenten einer sicheren elektronischen Kommunikation (De-Mail-Dienste, E-Postbrief, neuer Personalausweis). Auch insoweit hat die aktuelle Kommentierung den «Stand der Technik» aufgegriffen und diese Möglichkeiten umfassend hinterfragt. Kritisch werden über die reinen Begrifflichkeiten hinaus vor allen Dingen auch die – teils unterschiedlichen – Auswirkungen dieser Instrumente im elektronischen Rechtsverkehr eingehend dargestellt. Vieles ist jedoch auch weiterhin unverändert oder doch im Grundsatz und/oder in der Systematik unverändert geblieben. So findet der Leser auch weiterhin die bislang aus den ersten Auflagen vertrauten Kommentierungen zum «Internetrecht», das keine geschlossene Rechtsmaterie ist, sondern als Klammer um jene Ausschnitte der Rechtsordnung verstanden sein will, die auf Sachverhalte mit Internetbezug anzuwenden sind. Das sind zunächst zivil- und strafrechtliche Aspekte, wie wir sie aus dem alltäglichen Umgang mit dem Internet kennen, angefangen vom schlichten Agieren in sozialen Netzwerken, über das Herunterladen von Dateien, urheberrechtliche Aspekte sowie der Handel auf Auktionsplattformen. Es sind dies aber auch Fragestellungen, die im Zusammenhang mit E-Government und der Justizkommunikation stehen, weshalb diese Rezension im öffentlich-rechtlichen Umfeld von Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz durchaus ihre Berechtigung hat. Gerade hier ist neben den rechtlichen Aspekten ein hohes Maß an funktionalem IT-Verständnis erforderlich, zumal da sich die Entwicklungen in diesem Bereich regelmäßig langsamer und zeitlich nach den Neuerungen im privaten Umfeld vollziehen, dann aber nicht minder Auswirkungen auf das Leben aller Mitglieder eines Staatswesens haben. Soweit auch insofern Anknüpfungspunkte zu den übrigen Teilen des Kommentars und zu den darin behandelten Rechtsgebieten bestehen, vermittelt der Kommentar auch dies weiterhin in einer gut verständlichen Art.
Der mittlerweile zum Standardwerk avancierte «Heckmann’sche» Kommentar wird sicherlich mit der 3. Auflage nicht abgeschlossen sein. Ich persönlich bin sehr gespannt, wie es damit weiter gehen und mit welchen Neuerungen dann eine – wohl wiederum in absehbarer Zeit zu erwartende – 4. Auflage aufwarten wird. Sollte auch zukünftig derart viel an Erweiterungen dazu kommen, wird wohl eine Aufspaltung in 2 Bände unausweichlich sein. Nicht nur, dass bereits jetzt der Band im wahrsten Sinne des Wortes «schwergewichtig» ist. Er ist vielmehr auch in der 3. Auflage nur deswegen in einem Band zu verwirklichen gewesen, weil durchgängig eine – wohlgemerkt subjektiv bewertet – kleine Schriftart gewählt wurde. Es mag das Alter oder die zunehmende Arbeit am Bildschirm sein, aber die Sehkraft wird nicht nur beim Rezensenten im Laufe der Jahre schwächer. Insofern wünschte ich mir auch aus diesem Grunde eine Aufspaltung in 2 Bände, wenn dies mit einer besser lesbaren Schrifttype verbunden wäre. Eine Mutation in ein Loseblattwerk schließlich halte ich indes für eher unwahrscheinlich, in jedem Falle aber für ungut, weil es auch zukünftig nicht sein Bewenden mit einem Austausch überholter einzelner Seiten haben kann. Es gibt wohl kein anderes Rechtsgebiet, das sich bezogen auf Umfang, Struktur und Technologie dermaßen rasant fortentwickelt wie das Internetrecht. Und selbst wenn sich sogar in Gesetzgebung und Rechtsprechung nichts Wesentliches ereignen sollte (was aber insofern auszuschließen ist, als diese beiden gerade am Ende der «Reaktionskette» stehen), werden die technologische Fortentwicklung sowie die forcierten gesellschaftlichen und politischen Debatten in jedem Falle und unabwendbar eine derartige Aktualisierung und Erweiterung des Kommentars bedeuten, die einem Loseblattwerk abträglich bzw. mit einem solchen nicht zu verwirklichen wären – ganz abgesehen vom «Handling».
Auch die wachsende Bedeutung des Internetrechts spricht dafür, dass dem Autorenteam die Arbeit nicht ausgehen wird. Noch vor einigen Jahren ein eher belächeltes Nischendasein fristend, betrifft das Internetrecht nunmehr den (digitalen) Alltag. Die «Zeit des Staunens» ist vorbei, wie es der damalige Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizire bei seiner Grundsatzrede zur Netzpolitik am 22. Juni 2011 ausdrückte, und gerade weil uns der digitale Alltag eingeholt hat, wird ein Werk wie das vorliegende zunehmend unverzichtbar werden. Den alltäglichen digitalen Verknüpfungen in seiner Umwelt vermag sich heute kaum jemand mehr zu entziehen (man möge allein die Bezeichnung von nach 1980 Geborenen als «digital natives» oder der vor 1970 Geborenen als «digital immigrants» betrachten, wobei die Bezeichnungen mittlerweile nicht mehr einheitlich verwendet werden, was die Jahreszahlen, etc. anbelangt). Die Zeit der sensationellen Innovationen ist – zumindest für eine gewisse Phase – vorbei bzw. die Amplitude spektakulärer neuer Entwicklungen merklich kleiner geworden. Dafür wird jetzt zunehmend an den Feinheiten gearbeitet und daran, wie die jüngsten Entwicklungen alltagstauglich umgesetzt werden können. Auch insofern sei wiederum beispielhaft auf neue Begrifflichkeiten verwiesen. Denn gerade in der Sprache zeigt sich die Umsetzung derartiger Entwicklungen frühzeitig und nachhaltig. Ich denke insofern an die Begriffsbildung «smart», die vom «smart phone» angefangen über «smart grids» und «smart metering» im Strommarkt zum «smart home» und «smart life» führt. Wie «smart» wir damit umgehen werden, wird sich zeigen. Dass wir – alle – damit – alltäglich – umgehen werden müssen, zeigt aber erneut die Notwendigkeit des vorliegenden Internetrecht-Kommentars und dessen Bedeutung in der heutigen Zeit. Auch in der 3. Auflage bleibe ich daher bei meinem Fazit aus den vergangenen beiden Auflagen: «Ein großer Wurf!».
Armin Horn ist Richter am Verwaltungsgericht und EDV-Beauftragter.