Gemäss EuGH spielt es nach der EU-Software-Richtlinie4 keine Rolle, ob bei Software ein physischer Datenträger oder bloss eine digitale Kopie übertragen wird. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zur Info-Richtlinie5, gemäss der ein Anbieten zum Download normaler Werke nicht zu einer Erschöpfung der Urheberrechte führt. Dies weil die Software-Richtlinie der Info-Richtlinie als lex specialis vorgehe. Die Erschöpfung habe zum Ziel, zu verhindern, dass zweimal Geld verlangt werden könne, was Sekundärmärkte behindern würde.
Das Schweizer Urheberrechtsgesetz unterscheidet im Wortlaut nicht zwischen physischen und digitalen Werkexemplaren, was für eine technologieneutrale Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auf Software und andere Werke spricht.7 Gerichtsentscheide liegen allerdings noch keine vor.
Simon Schlauri
- 1 Urteil des OLG Hamm AZ 22 U 60/13 vom 15. Mai 2014.
- 2 Urteil des EuGH vom 3. Juli 2012, Rs. C-128/11.
- 3 Das Aufteilungsverbot gilt nicht für Volumenlizenzen, d.h. um im Paket verkaufte Einzellizenzen, sondern nur für Lizenzen, bei denen eine Kopie der Software auf einem Server abgelegt wird und der Kunde eine bestimmte Zahl von Zugriffsrechten erhält.
- 4 Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (Software-Richtlinie 2009/24/EG).
- 5 Art. 3 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Info-Richtlinie 2001/29/EG).
- 6 R. Hilty, Urheberrecht, Bern 2010, N 160.
- 7 So C. Rigamonti, Zur Rechtmässigkeit des Handels mit Softwareproduktschlüsseln, AJP 2010, 582 ff., 586, tinyurl.com/qhfegku; anders D. Barrelet/W. Egloff, Urheberrecht, 3. A. Bern 2008, N 1a zu Art. 12 des Urheberrechtsgesetzes (URG).