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Friedrich Lachmayer und die Rechtsinformation

  • Authors: Helga Stöger / Karl Irresberger
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Legal Informatics, Legal Information
  • Citation: Helga Stöger / Karl Irresberger, Friedrich Lachmayer und die Rechtsinformation, in: Jusletter IT 11 September 2014
Friedrich Lachmayer hat sich auch als wesentlicher Mitgestalter des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS), der authentischen elektronischen Kundmachung und überhaupt der Rechtsinformation in Österreich einen Namen gemacht. Der Beitrag betrachtet einige Eckpunkte dieses Weges.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Anfänge des Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS)
  • 2. Pionier für die Rechtsinformatik und das Rechtsinformationssystem
  • 2.1. Unentgeltlichkeit
  • 2.2. Rechtsinformation-Rundschreiben (RI-RS)
  • 2.3. Ausbildungs- und Informationsveranstaltungen
  • 2.4. Erweiterungen der Datenbanken
  • 2.5. Internationales Rechtsinformatik Symposion – IRIS
  • 2.6. Klagenfurter Legistik-Gespräche
  • 2.7. E-Recht
  • 2.8. EU-Ratsarbeitsgruppe «Rechtsinformatik»
  • 2.9. EU-Informationsveranstaltung
  • 3. Jüngste Vergangenheit und Gegenwart
  • 3.1. Die Revolution von «RIS neu»
  • 3.1.1. Probleme der Wiedergabetreue
  • 3.1.2. Verlinkungen
  • 3.2. Gegenwart
  • 4. Ausblick
    «Österreich zeigt mit seinem Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS), dass die Informationen der Normgeber, Gerichte und Parlamente für die Belange von Bürgern und Unternehmen über ein zentral verortetes Informationsportal zu koordinieren, zu administrieren und darzubieten sind. … Die Bevölkerung bekommt auf diese Weise einen umfassenden und direkten Zugang zu einer qualitativ hochwertigen E-Government-Informationsdienstleistung.» (Böhm-Leitzbach)1
[1]

Mit dem Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) verfügt Österreich über ein zentrales Instrumentarium der Rechtsinformation, das internationale Vergleiche nicht zu scheuen braucht, ja sogar in anderen Ländern immer wieder als vorbildhaft charakterisiert wird. Hervorgehoben werden dabei etwa das breite Angebot und der kostenlose Informationszugang.2

[2]
Dass sich die rechtsinteressierte österreichische Bevölkerung in dieser vergleichsweise beneidenswerten Lage befindet, ist dem Weitblick und dem Zusammenwirken einer Anzahl von Persönlichkeiten zu verdanken, unter denen Friedrich Lachmayer hervorgehoben zu werden verdient: Als treibende Kraft der fortschreitenden Erweiterung des Informationsangebots, als Brückenbauer zwischen den Welten der Juristen und der Techniker, als Verfechter des allgemeinen unentgeltlichen Zugangs.
[3]
Als erster Schritt zu einem umfassenden Rechtsinformationssystem des Bundes wurde ein Verzeichnis der Fundstellen des geltenden Bundesrechts («Index des Bundesrechts») geschaffen, der erstmals im Jahr 1985 herauskam. Idealtypisch gesehen ist der Zugang zum Recht kein Problem: Nach der Fiktion des § 2 ABGB kennen alle das Recht. Der Zugang zum Recht beinhaltet nicht nur den Zugang zu den Datenträgern, sondern setzt auch eine semantische Kompetenz voraus, um mit den Inhalten des Rechtes zu Rande zu kommen. Der Zugang hängt von der Kundmachung ab. Das Rechtsinformationssystem des Bundes wird vor allem im Bundeskanzleramt realisiert und koordiniert. Es sind mehrere Dienststellen des Bundeskanzleramtes, die mit dem RIS befasst sind, vor allem der Verfassungsdienst und die ADV-Abteilung. So ist das RIS ein Beispiel für ein ressortübergreifendes ADV-Projekt, bei dem auf der Grundlage einer realistischen ADV-Koordination unterschiedliche juristische und dokumentalistische Komponenten zu einem erfolgreichen Produkt zusammengefügt werden.

1.

Anfänge des Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) ^

[4]
Das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) hat aus heutiger Sicht eine sehr bewegte und dynamische Entwicklung hinter sich. Dies sowohl in rechtlicher, inhaltlicher und technischer Sicht.
[5]

Die Anfänge des RIS, das vom Bundeskanzleramt koordiniert und betrieben wird, reichen bis in das Jahr 1983 zurück.3 Bereits damals waren die heutigen Prinzipien erkennbar. Ein Ministerratsbeschluss über den Aufbau eines umfassenden Rechtsinformationssystems wurde am 7. Oktober 1986 gefasst4. Durch dieses umfassende Rechtsinformationssystem sollten vorerst die geltenden Rechtsvorschriften des Bundes, später die Judikatur der Höchstgerichte, allenfalls parlamentarische Materialien sowie im Wege eines Rechnerverbundes auch die Rechtsdokumentationen der Länder und privater Institutionen mittels EDV abfragbar sein. Das Rechtsinformationssystem soll ein Beitrag zur Rationalisierung der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit sein, aber auch durch einfache und kostengünstige Abfragemöglichkeiten den Zugang des Bürgers zum Recht erleichtern.

[6]
Als erster Schritt war die Erstellung der «Bundesnormendokumentation» festgelegt, bestehend aus den Bundesgesetzblättern, Textausgaben aller im Bundesgesetzblatt oder in einem seiner Vorläufer kundgemachten Rechtsvorschriften sowie dem (bereits 1985 erstmals im Druck erschienenen) Index des Bundesrechts. Für die Erstellung aller Textausgaben wurde ein Zeitraum von ungefähr vier Jahren in Aussicht genommen (was sich als wesentlich zu optimistisch erwies). Der Zugriff auf die Bundesnormendokumentation stand allen Bundesministerien ab dem Jahr 1987 offen.
[7]
Somit wurde das RIS damals zwar primär für die Rationalisierung der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit aufgebaut, doch der Gedanke, durch eine einfache und kostengünstige Abfragemöglichkeit den Zugang der BürgerInnen zum Recht zu erleichtern, war bereits Bestandteil des Konzeptes. Die Idee war, die Zugänglichkeit durch öffentliche Terminals bei Gerichten, Postämtern usw. zu ermöglichen. Man kann sich vorstellen, dass der Start dieses Projektes nicht ganz einfach war. Gab es doch zahlreiche Hürden zu bewältigen – einerseits auf der technischen Ebene, andererseits auf der juristischen Ebene. Es gab noch kein Internet, vielmehr wurde ein elektronischer Zugriff auf die im RIS zunächst noch spärlich vorhandenen Daten für das Bundeskanzleramt und alle anderen Bundesministerien geöffnet. Voraussetzung war eine IBM-Schnittstelle «3270».5 Nach und nach gab es für außerhalb der Verwaltung stehende Personen die Möglichkeit, über private Anbieter («Radio Austria», Rechtsdatenbank – RDB) ebenfalls das immer umfangreicher werdende Informationsangebot zu nutzen. Den BenutzerInnen dieser privaten Anbieter durften lediglich die Verteilungskosten in Rechnung gestellt werden. Der Durchbruch erfolgte zweifellos mit der WEB-Technologie. Damit wurde das Ziel eines leichten und kostenlosen «Zuganges zum Recht für alle» verwirklicht.
[8]

Aus Anlass der Schaffung des Rechtsinformationssystems wurde im Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine eigene Organisationseinheit (Referat «Rechtsinformationssystem») geschaffen. Dieses sowie überhaupt die Zuständigkeit für Angelegenheiten der Rechtsinformation wurden im Jahr 19896 der von Friedrich Lachmayer geleiteten Abteilung zugewiesen. Vierzehn Jahre lang setzte er sich fortan maßgeblich für die Belange dieses Bereichs ein.

2.

Pionier für die Rechtsinformatik und das Rechtsinformationssystem ^

[9]
Friedrich Lachmayer war in der Zeit, in der er als leitender Beamter für die Rechtsinformatik und insbesondere für das Rechtsinformationssystem des Bundes im Bundeskanzleramt verantwortlich war, stets unermüdlich um Reformen und Verbesserungen bemüht.
[10]
Ein besonderes Anliegen war es Friedrich Lachmayer immer, die Koordination zwischen dem öffentlichen Bereich und privaten Unternehmungen (etwa Verlage) herbeizuführen. Auch die optimale Betreuung der BenutzerInnen des RIS war ihm sehr wichtig, sei es durch Informationsveranstaltungen, Rundschreiben oder persönlichen Kontakt, dies war alles notwendig, um die Akzeptanz des RIS zu fördern und zu garantieren. Zur Pionierleistung einer authentischen Publikation kann ganz besonders gratuliert werden. Ebenfalls war Friedrich Lachmayer mit großem Engagement beteiligt an der Begründung des Internationalen Rechtsinformatik Symposions – IRIS und an den Klagenfurter Legistik-Gesprächen. Beide Veranstaltungen erfreuen sich bis heute eines anhaltenden Interesses. Auch international beteiligte sich Friedrich Lachmayer im Rahmen der EU-Ratsarbeitsgruppe in Brüssel sehr engagiert an Themenbereichen der Rechtsinformatik, des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS), der Rechtsinformationssysteme der EU-Länder, CELEX, EUR-Lex, der authentischen elektronischen Publikation des Rechts, usw. Weiters wurden in diesem Zusammenhang die EU-Informationsveranstaltungen in Wien ins Leben gerufen. Friedrich Lachmayer war die Information an eine breite Öffentlichkeit sehr wichtig. Dies ist ihm auch immer gelungen. Er hat sich auch stets vehement für die Verlinkung innerhalb des RIS eingesetzt. Auch dieses Anliegen wurde in der Zwischenzeit verwirklicht. Im Nachfolgenden werden die einzelnen Themen näher erörtert.

2.1.

Unentgeltlichkeit ^

[11]
Ein sehr wichtiges Anliegen war für Friedrich Lachmayer immer die Unentgeltlichkeit des Zugangs zum RIS, er setzte sich stets mit ganzer Kraft für das kostenlose Angebot der Daten des RIS im Internet ein. Dies war nicht immer ganz einfach. Zunächst wurde das RIS für die Verwaltung und Gerichtsbarkeit konzipiert. Der Gedanke des kostengünstigen Zugangs der BürgerInnen war jedoch bereits im ursprünglichen Konzept enthalten.
[12]
Für einen kostenlosen Zugang zu den Daten des RIS über Internet musste zunächst ein politischer Wille gefunden werden. Schon früh stellte der Gesetzgeber hier die Weichen: § 7 Abs. 2 zweiter Satz BGBlG in der Fassung von 19987 normierte: «Die konsolidierte Fassung der Bundesnormendokumentation im RIS und der Inhalt des Bundesgesetzblattes sind unentgeltlich im Internet bereitzustellen.» Im Bundesgesetzblattgesetz von 20048 wurde immerhin noch der unentgeltliche Zugang zu den Verlautbarungen im Bundesgesetzblatt festgeschrieben. Für andere Inhalte des RIS war die Unentgeltlichkeit nie gesetzlich festgeschrieben. Bei all dem musste nicht zuletzt der zunächst scheinende Gegensatz zwischen dem öffentlichen Sektor und dem privaten Sektor überwunden werden. Mit viel Einfühlungsvermögen musste der private Sektor (insbesondere Verlage) davon überzeugt werden, dass durch das kostenlose Angebot des Rechtsinformationssystems neue Produktionsschienen für die Verlage geschaffen werden können: Das RIS bietet die Basisinformation, daraus können Mehrwertprodukte durch andere entstehen. Von dieser Idee war Friedrich Lachmayer immer überzeugt. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Informationen des Rechtsinformationssystem kostenlos im Internet angeboten werden und ausgehend von dieser Basisinformation Mehrwertprodukte entstehen.

2.2.

Rechtsinformation-Rundschreiben (RI-RS) ^

[13]
Friedrich Lachmayer trieb nicht nur die Rechtsinformation selbst voran, ein großes Anliegen war und ist ihm auch, wie man sagen kann, die Information über die Rechtsinformation und Rechtsinformatik.
[14]
Die von ihm ins Leben gerufenen Rundschreiben RI-RS informieren noch heute unter anderem über wichtige Termine innerhalb der Rechtsinformatik. Diese Rundschreiben erschienen in früheren Zeiten nur einmal wöchentlich. Heute werden sie nach Bedarf eingesetzt. Für die BenutzerInnen des Rechtsinformationssystems sowie für Interessierte der Rechtsinformatik ist dieses Rundschreiben eine wichtige Informationsquelle.

2.3.

Ausbildungs- und Informationsveranstaltungen ^

[15]

Mit der zunehmenden Nachfrage nach dem RIS entstand ein erhöhter Bedarf nach Informationen über das RIS. Deswegen wurde im Bundeskanzleramt ein EDV-Schulungsraum eingerichtet, in welchem einmal wöchentlich «RIS-Schulungen» stattfanden. Bei diesen RIS-Präsentationen gab es nach einer kurzen Einführung auch die Gelegenheit für praktische Übungen. Zunächst wurden flächendeckend alle Zentralbehörden des Bundes eingeladen, danach auch die nachgeordneten Dienststellen. Dies war nicht nur für die Benutzer-, sondern auch für die MitarbeiterInnen des RIS wichtig, denen dadurch die Möglichkeit geboten wurde, mit den bis dahin anonymen BenutzerInnen des RIS Kontakt aufzunehmen und mit ihnen gemeinsam ihre Bedürfnisse und Anforderungen aufzuarbeiten. Weiters wurden schriftliche Informationsmaterialien ausgearbeitet. Die Informationen für die BenutzerInnen des RIS waren Friedrich Lachmayer immer ein besonderes Anliegen. Darüber hinaus wurden einmal jährlich alle Ministerien und auch die Länder zu Informationsveranstaltungen geladen, die über die Neuerungen im RIS, etwa über neue Applikationen, neue technische Entwicklungen informiert wurden und auch ihre Anliegen an die RIS-Verantwortlichen herantragen konnten. Andererseits wurden auch in den Bundesländern vor Ort nach Bedarf Ausbildungs- und Informationsveranstaltungen durchgeführt. Damit entwickelte sich damals die sogenannte «RIS-Familie».

2.4.

Erweiterungen der Datenbanken ^

[16]
Die Erweiterung des RIS wurde von Friedrich Lachmayer immer konsequent angestrebt. Das bereits bestehende Datenangebot wurde stets vergrößert.
[17]

Ursprünglich war das RIS wesentlich als Zweitnutzung der für die Produktion von Druckwerken erstellten Daten konzipiert; mittelbar galt das auch für die zu konsolidierenden Texte geltender Rechtsvorschriften, die wenigstens teilweise auf diesen BGBl-Texten beruhten. So konnte damals die Alimentierung einer juristischen Datenbank als «Abfallprodukt der Drucklegung des Bundesgesetzblattes» bezeichnet werden.9 Diesen Gedanken der (kostengünstigen) Zweitnutzung elektronischer Daten für das Rechtsinformationssystem verfolgte Friedrich Lachmayer konsequent weiter.

[18]
In den 1990er-Jahren erreichte das RIS nicht nur einen hohen Vollständigkeitsgrad der Texterfassung des geltenden Bundesrechts, es kamen auch fortwährend zusätzliche Informationsangebote hinzu. Wie vom Ministerratsbeschluss des Jahres 1986 vorgezeichnet, begann im Jahr 1990 auch der Aufbau der Judikaturdokumentation des VwGH und des VfGH; von 1991 an folgten die Dokumentationen des Rechts der Länder. 1992 kam die Judikaturdokumentation der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern (UVS) hinzu und 1993 die der Justiz.
[19]
Neben dem Bundesrecht und dem Landesrecht sowie der Judikatur der Höchstgerichte wurde (zunächst lediglich für die Gebietskörperschaften) im Jahr 1994 auch das Europäische Gemeinschaftsrecht (CELEX) in das RIS aufgenommen. Zudem wurden Gemeinderecht und Erlässe der Bundesministerien in das Angebot des RIS einbezogen und werden Übersetzungen wichtiger Gesetzestexte ins Englische als «Austrian Laws» im RIS angeboten.
[20]

Nachdem das RIS also bereits das Recht des Bundes, der Länder und einiger Gemeinden dokumentierte, konnte Lachmayer im Jahr 2003 resümieren, dass «sich das RIS von einem Rechtsinformationssystem ‹des Bundes› bereits zu einem Rechtsinformationssystem ‹der Republik Österreich› entwickelt hat».10

[21]
Die Gesamtabfrage der konsolidierten Fassungen war aus der Sicht der Rechtsbereinigung besonders wichtig (ursprünglich umfasste jedes elektronische Dokument nur einen Paragraphen, und es war bereits ein bedeutender Fortschritt, als auf Knopfdruck der Text eines ganzen Gesetzes angezeigt werden konnte!).
[22]
Bis zu diesem Zeitpunkt war man auf das Instrument der Wiederverlautbarung angewiesen, um rechtlich verbindliche konsolidierte Fassungen der Rechtstexte herzustellen. Der Aufwand (und damit das «Arbeitsleid» der Bearbeiter) war (und ist) dabei aber relativ hoch. Sämtliche Änderungen mussten auf eine sehr detaillierte Weise ausgewiesen werden. Deswegen wurde die Wiederverlautbarung nur wenig in Anspruch genommen und die Texte des Bundesrechts im RIS, die zwar nicht authentisch sind, bevorzugt. Auch der Bereich der Erlässe war und ist bis heute ein besonderes Anliegen. Eine der Voraussetzungen für ein einigermaßen umfassendes Angebot an solchen Texten ist aber die Bereitschaft der Bundesministerien zur Mitwirkung, und hier besteht noch großes Entwicklungspotential.

2.5.

Internationales Rechtsinformatik Symposion – IRIS ^

[23]
Friedrich Lachmayer, zugleich ein Mann der Wissenschaft und ihrer Lehre wie auch der Praxis, kennt die Bedeutung von Foren des Informationsaustausches für die Weiterentwicklung eines dynamischen Bereiches.
[24]

Das erste «Internationale Rechtsinformatik-Kolloquium» fand 1998 zum Thema «Verweisungen und Hyperlinks im Recht» statt. Im Jahr 2000 wurde der Name auf «Salzburger Rechtsinformatik-Gespräche» geändert. Es erfolgte eine weitere Namensänderung, die bis heute gültig ist: «Internationales Rechtsinformatik Symposion – IRIS». In diesem Symposion werden unter anderem die Leistungen der Rechtsinformatik einem breiten Publikum vorgestellt. Das Internationale Rechtsinformatik-Symposion – IRIS findet einmal jährlich statt. Die zahlreichen unterschiedlichen Themengruppen machen es möglich, dass diese wissenschaftliche Plattform sich eines immer größeren Interessentenkreises erfreut.

2.6.

Klagenfurter Legistik-Gespräche ^

[25]
In Zusammenarbeit des Bundeskanzleramtes und der Kärntner Verwaltungsakademie finden jährlich die Klagenfurter Legistik-Gespräche statt. Diese Veranstaltung versucht die Themen der Legistik mit den Anforderungen der Rechtsinformatik zu verbinden. Zentrale Themen waren u.a. «Suche nach einer zeitgemäßen Architektur für elektronische Legistische Richtlinien», «elektronische Kundmachung von Rechtsvorschriften und die legistische Praxis», «Anliegen aus der österreichischen Gesetzgebungspraxis», «Fragen der Gesetzgebungsinformatik». Weiters ist der Themenbereich «Konsolidierung und aktuelle politische Fragestellungen» ein wichtiger Bestandteil dieser Diskussion. Diese Veranstaltung findet einmal jährlich in Klagenfurt statt. Auch sie ist bis heute lebendig und erfreut sich ebenfalls reger Teilnahme, von ihrem Informationsertrag legen auch hier die Tagungsbände11 Zeugnis ab.

2.7.

E-Recht ^

[26]
In besonderem Maße ist die erfolgreiche Einführung der authentischen elektronischen Publikation des Bundesgesetzblattes (Projekt «E-Recht») mit dem Namen und dem Wirken Friedrich Lachmayers verbunden.
[27]
Am Beginn des Projektes E-Recht stand der Gedanke einer grundlegenden Reform des Verlautbarungswesens. Als Serviceleistung (Informationsangebot) waren die Bundesgesetzblätter im RIS schon seit langer Zeit enthalten. Durch eine enorme Bewusstseinsbildung, an der Friedrich Lachmayer massiv beteiligt war, hat das RIS die Voraussetzungen für den elektronischen Rechtserzeugungsprozess geschaffen. Ein Beschluss der Bundesregierung vom 6. Juni 2001 ermöglichte es, mit der Umsetzung dieses Projektes zu beginnen. Dazu waren auch gesetzliche Maßnahmen notwendig. Durch das Kundmachungsreformgesetz 2004, BGBl I 2003/100, wurde einerseits Art. 49 Abs. 1 B-VG an die Bedürfnisse einer elektronischen authentischen Publikation angepasst, andererseits ein neues Bundesgesetzblattgesetz erlassen. Seit 1. Jänner 2004 wird das Bundesgesetzblatt authentisch elektronisch im Internet kundgemacht. Einen nicht ganz geringer Teil dieser Herausforderung stellte es dar, die Qualität und Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes des Bundesgesetzblattes künftig ohne Zwischenschaltung der Staatsdruckerei (ein Arbeitsgang, der wieder ein nachträgliches Korrekturlesen in den für die Rechtsvorschriften legistisch zuständigen Bundesministerien erforderte) sicherzustellen; für die am Gesetzesentstehungsprozess beteiligten Personen waren damit gravierende Eingriffe in ihre Arbeitsabläufe und neue Anforderungen verbunden, denen ohne zu entwickelnde programmtechnische Hilfsmittel kaum entsprochen werden konnte. Noch wichtiger war es, die Authentizität und Integrität der authentisch kundgemachten Rechtsvorschriften technisch zu gewährleisten. Hiezu wurde vom Bundeskanzleramt eine elektronische Signatur eingesetzt.
[28]

Unbestritten handelte es sich um einen historischen «Meilenstein des Kundmachungswesens».12 In der Praxis erwies sich die einheitliche Produktionsschiene von der Begutachtung von den Rechtsvorschriften bis hin zur Kundmachung im Internet als äußerst positiv. Dieses System konnte und kann nicht nur Kosten vermindern, sondern auch etwaige Fehler reduzieren. Außerdem kann der Kundmachungsvorgang beschleunigt werden. Dem Bundeskanzleramt gelang es gemeinsam mit der Parlamentsdirektion, den von der Wirtschaftskammer Österreich vergebenen Sonderpreis E-Government (Amtsmanager 2005) für das Workflow-System im E-Recht zu erhalten. Österreich hatte innerhalb der EU-Staaten sowie für das Gemeinschaftsrecht selbst eine Beispielswirkung.

[29]
Zu Friedrich Lachmayers persönlichen Verdiensten zählt dabei, dass er sich die Aufgabe stellte, bei Entscheidungsträgern in den Bundesministerien Verständnis für die notwendigen Umstellungen zu wecken und Befürchtungen und Bedenken zu besänftigen sowie andererseits Anregungen aufzunehmen und fruchtbar zu machen. Inwieweit er selbst der Vater der authentischen elektronischen Kundmachung war, hat er wohl aus Bescheidenheit noch nicht offengelegt. Jedenfalls fiel ihm die Rolle eines zentralen Projektmanagers zu. Dazu gehörte etwa die Abhaltung von Informationsveranstaltungen in allen Ministerien. An Bedeutung für den Projekterfolg kaum zu überschätzen ist auch die Vermittlung zwischen den mit der Entwicklung der programmtechnischen Grundlagen betrauten Experten, den Legisten und den sonstigen Anwendern. Legendär ist die Papierrolle, die ihm zur fortschreitenden zeichnerischen Darstellung weiterer Projektschritte diente, einer Darstellung, die im Lauf der Zeit zu etlichen Metern Länge wuchs.

2.8.

EU-Ratsarbeitsgruppe «Rechtsinformatik» ^

[30]
An der EU-Ratsarbeitsgruppe in Brüssel ist Österreich und damit Friedrich Lachmayer seit dem EU-Beitritt, also ab Beginn des Jahres 1995 (und informell schon länger) beteiligt. Halbjährlich fanden in Brüssel entsprechend dem Rhythmus der Präsidentschaften, Sitzungen der Rats-Arbeitsgruppe Rechtsinformatik statt. Wenn sich auch der Name der Gruppe und die Organisation innerhalb der Gruppe geändert haben, ist sie nach wie vor sehr aktiv.
[31]
Hinsichtlich der Entgeltlichkeit/Unentgeltlichkeit von Rechtsinformationen an die BürgerInnen waren zunächst innerhalb der EU-Ratsarbeitsgruppe zwei Trends feststellbar. Einerseits sah man die Rechtsinformation vertikal, nämlich als eine öffentliche Aufgabe. Die Rechtsinformation wäre dabei den BürgerInnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Gegen diese mehr traditionelle staatliche Haltung hat sich dann zunächst die Auffassung durchgesetzt, dass man Rechtsinformation als Produkt am Markt verkaufen sollte, nämlich wirtschaftlich über Private zu verwerten. Dabei wäre das Entgelt maßgeblich gewesen. Der Aufstieg und die Vorherrschaft des Internets haben die Rahmenbedingungen der Gruppe völlig verändert. Aus heutiger Sicht besteht kein Zweifel darüber, dass das Angebot der vom Staat betreuten Rechtsinformationen an die BürgerInnen kostenlos erfolgen muss.
[32]
Zunächst allerdings wurde die Ratsarbeitsgruppe gegründet, um das gemeinschaftsrechtliche Informationsangebot CELEX13 zu begleiten. Es fanden halbjährlich Sitzungen der Rats-Arbeitsgruppe statt. Bei diesen Sitzungen sind Vertreter aus Österreich durch das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Justiz vertreten. Diskutiert wurden unter anderem Bereiche der Rechtsinformatik, bereits vorhandene oder neu aufzubauende Datenbanken der teilnehmenden Staaten, Datenbanken des Gemeinschaftsrechtes wie CELEX oder EUR-Lex.
[33]
Im Zusammenhang mit der Osterweiterung der Europäischen Union änderte sich die Situation innerhalb der Rats-Arbeitsgruppe mit dem Jahr 2003. In organisatorischer Hinsicht mussten größere Verhandlungssäle gefunden werden, die Übersetzungen erfolgten in mehreren Sprachen. Die Texte des Gemeinschaftsrechts wurden in die offiziellen Sprachen der Mitgliedstaaten übersetzt und im Internet zur Verfügung gestellt. Innerhalb der EU-Ratsarbeitsgruppe werden umfangreiche europäische Trends aller Staaten diskutiert.
[34]
Österreich hatte eine gewisse Vorreiterrolle innerhalb des internationalen Bereichs und innerhalb der Europäischen Union hinsichtlich der authentischen elektronischen Kundmachung des Bundesgesetzblattes inne, da ja seit 1. Jänner 2004 das österreichische Bundesgesetzblatt nur mehr elektronisch authentisch publiziert wird. Dies löste lebhafte Diskussionen innerhalb der Rats-Arbeitsgruppe aus. Manche Mitgliedstaaten wollten die publizierte Fassung und zugleich auch die elektronische Fassung für authentisch erklären, andere wieder nur die Druckfassung und andere nur die elektronische Fassung. Viele Länder sind letztlich dem Beispiel Österreichs gefolgt. Auch das Unionsrecht steht kurz vor der Einführung der elektronischen authentischen Publikation für sein zentrales Publikationsmedium, das Amtsblatt der Europäischen Union.14

2.9.

EU-Informationsveranstaltung ^

[35]
Der Schwerpunkt dieser Veranstaltungen lag und liegt auf dem Gebiet der Europäischen Rechtsdokumentation, insbesondere CELEX und EULEX. Aber trotzdem blieb immer Zeit, aktuelle Themen der Rechtsinformatik anzusprechen. Um die öffentliche Verwaltung, die BenutzerInnen des RIS aber auch den privaten Markt über die Entwicklung innerhalb der EU-Ratsarbeitsgruppe in Brüssel zu informieren, fanden zweimal jährlich Informationsveranstaltungen statt. Traditionsgemäß gab es anschließend ein Roundtable-Gespräch.
[36]
Zurzeit wird die EU-Informationsveranstaltung (in leicht veränderter Form) einmal jährlich durchgeführt und erfreut sich ebenfalls vieler Interessenten.

3.

Jüngste Vergangenheit und Gegenwart ^

3.1.

Die Revolution von «RIS neu» ^

[37]
Das Bundeskanzleramt führte im Jahr 2006 eine Internetumfrage durch, um die Wünsche der BenutzerInnen an ein benutzerfreundlicheres und modernes Rechtsinformationssystem zu erheben.
[38]

Anfang 2008 machte das RIS (nachdem das Bundesgesetzblatt dabei schon 2003/04 vorangegangen war) einen technologischen Sprung: Das RIS bietet einen barrierefreien Zugang (WAI-A nach WCAG 1.0). Die Dokumente werden im XML-Format gehalten und sind grundsätzlich in den Formaten HTML, PDF und RTF editierbar.15

[39]
Zuvor unterlagen die Texte, die in die Datenbank aufgenommen werden konnten, verschiedenen technischen Einschränkungen:
[40]
Sehr beschränkt war z.B. das Zeicheninventar, und zwar im Wesentlichen auf das der Schreibmaschine: Lateinische Buchstaben, arabische Ziffern, Satzzeichen, einige wenige Sonderzeichen.
  • Nicht darstellbar waren daher – in Rechtsvorschriften durchaus vorkommende –
  • Abbildungen (Verkehrszeichen, Prüfzeichen u.ä.)
  • die meisten mathematischen Symbole (≤, ≥, ≠, ≈, √, ∫ … )
  • mathematische Formeln
  • griechische Buchstaben
[41]

Man behalf sich mit

  • der Repräsentation der nicht wiedergebbaren Zeichen durch vorhandene Zeichenkombinationen, z.B. ≤ durch =<, α durch Alpha, H2 durch H tief 2 u.dgl.
  • Weglassung entbehrlich erscheinender Formatierungen (Kursiv- und Fettschreibung, Unterstreichung, bei geläufigen Ausdrücken [CO2 u.dgl.] auch der Hoch- bzw. Tiefstellung
  • Vermerken wie «Graphik nicht darstellbar» in Verbindung mit Verweisungen auf die zugrundeliegende BGBl-Nr. (bei Graphiken, mathematischen Formeln, manchen Tabellen)
  • Es war nur reines Textformat möglich. Nicht darstellbar waren daher auch
  • Unterschiedliche Schriftgrößen (z.B. bei Überschriften)
  • Kursiv- und Fettschreibung, Unterstreichung
  • hochgestellte Zeichen (z.B. Ziffern in Flächen- und Volumensangaben: m2, m3, … )
  • tiefgestellte Zeichen (insb. in mathematischen und chemischen Formeln: CO2, …)
[42]
Man behalf sich mit
  • Weglassung entbehrlich erscheinender Formatierungen (Kursiv- und Fettschreibung, Unterstreichung, größere oder kleinere Schrift, bei geläufigen Ausdrücken [CO2 u.dgl.] auch der Hoch- bzw. Tiefstellung)
[43]
Wie in der Welt der Schreibmaschine musste am Ende jeder Zeile (genauer: nach 67 Zeichen) eine Zeilenschaltung stehen, Fließtext war also nicht möglich.
[44]
Eine differenzierte Gestaltung des Schriftbildes konnte nur durch Setzung von Leerzeichen und Leerzeilen erzielt werden. Leerzeichen waren z.B. zur Bildung von Einrückungen und Fluchtlinien erforderlich, was besonders die Gestaltung von Tabellen aufwendig machte.
[45]
Der dargestellte «technologische Sprung» überwand diese Probleme: Das «RIS neu» kann seit 2008 alle Inhalte unverändert aufnehmen, die im Bundesgesetzblatt – das ja bereits seit 2004 in elektronischer Form authentisch ist – vorkommen. Es hat damit zum Bundesgesetzblatt hinsichtlich der potenziellen Datenqualität aufgeschlossen.

3.1.1.

Probleme der Wiedergabetreue ^

[46]
Die früheren technischen Einschränkungen haften den aus dem «RIS alt» in das «RIS neu» übernommenen Daten allerdings grundsätzlich immer noch an: Sie enthalten nach wie vor die alten Umschreibungen und Verweisungen, wo eine direkte Darstellung nicht möglich war.
[47]
Sehr wohl hingegen erfolgte bei der Übernahme in «RIS neu» eine Anpassung an das BGBl-Format, insbesondere was Absatzformate (z.B. Einrückungen) und die Fettschreibung von Überschriften betrifft, vor allem aber in Form der Eliminierung von Zeilenschaltungen, die als überflüssig erkannt worden sind; erkannt worden von einem Konvertierungsprogramm, das naturgemäß nicht immer treffsicher ist. Die Gestaltung als Fließtext und die Zuweisung von Absatzformaten sind daher insofern mit Verlusten an Wiedergabetreue erkauft.
[48]
Da die getreue Wiedergabe des geltenden Rechts eine zentrale Anforderung an die Rechtsdokumentation darstellt – auch was scheinbar nebensächliche Einzelheiten wie das Schriftbild (Überschriften, Absatzbildung, Einrückungen, Hervorhebungen u.dgl.) betrifft –, ist es insbesondere ein großes Anliegen der RIS-Redaktion, die Defizite zu beseitigen, die durch die früheren technischen Einschränkungen und die globale Konvertierung entstanden sind; dies nicht nur im Interesse der Rechtsuchenden und Rechtsanwender, sondern auch in dem der Normerzeuger, die auf dem geltenden Recht, wie es vom RIS dargeboten wird, aufbauen. Zur Beseitigung von Mängeln trägt zwar allein schon hier die laufende Normenproduktion bei, durch die die mit Unzulänglichkeiten behafteten Texte nach und nach teilweise entfernt werden, doch ist letztlich eine Sichtung des gesamten Bestandes des Bundes- und analog des Landesrechts notwendig, um diese Qualitätsanforderungen zu erfüllen; diese Arbeit wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Und diese Bereinigung (verbreiteter, mäßig bedeutsamer) EDV-bedingter Mängel ist nur ein Beispiel für Qualitätssicherungsmaßnahmen, die der Sicherung der getreuen Wiedergabe des Rechtsbestandes dienen; ein anderes Beispiel für solche Maßnahmen ist der automationsunterstützte Textvergleich mit einer unabhängig vom RIS erstellten konsolidierten Fassung einer bestimmten Rechtsvorschrift (ein solcher Textvergleich wurde z.B. im Jahr 2011 für das ABGB durchgeführt).

3.1.2.

Verlinkungen ^

[49]

Ein großer Pluspunkt des «RIS neu» von 2008 ist die Verlinkung bestimmter Kategorien von Zitaten und Verweisungen: So sind im konsolidierten Bundesrecht die BGBl-Zitate mit dem entsprechenden BGBl-Dokument (oder wahlweise: mit der konsolidierten Fassung der Rechtsvorschrift, deren Stammfassung in dem entsprechenden BGBl-Dokument enthalten ist) verlinkt (für LGBl-Zitate im konsolidierten Landesrecht gilt Entsprechendes), die dokumentalistischen Hinweise auf Gesetzesmaterialien mit der Datenbank des Parlaments, CELEX-Nummern mit EUR-Lex. Auch die Bedeutung von Verlinkungen für die Benutzerbedürfnisse und damit für die Rechtsdokumentation hat Friedrich Lachmayer früh erkannt.16

3.2.

Gegenwart ^

[50]
Innerhalb des Bundesrechts können geltende Fassungen in verschiedenen Formaten und unterschiedlichen Zeitlagen abgefragt werden.
[51]
Wenn das RIS auch in der Vergangenheit ohne Links ausgekommen ist, wäre aus heutiger Sicht ein modernes Rechtsinformationssystem des Bundes ohne Verlinkungen nicht mehr wegzudenken.
[52]
Seitens der Länder wurde immer wieder das Anliegen einer authentischen Kundmachung landesrechtlicher Vorschriften an das Bundeskanzleramt herangetragen. Nun wurde auch die gesetzliche Grundlage für eine authentische Publikation des Landesrechts im Rechtsinformationssystem geschaffen. Wie viele Länder davon Gebrauch machen werden, ist noch nicht ganz entschieden.
[53]
Eine mobile Version des RIS (Suche in der konsolidierten Fassung des Bundes- und Landesrechts) steht auch als RIS:APP als download verfügbar.
[54]

Derzeit gibt es im Rechtsinformationssystem des Bundes folgendes Datenangebot:

4.

Ausblick ^

[55]
Zur Grundlage hat das Rechtsinformationssystem des Bundes Originaltexte, die von öffentlichen Dienststellen nicht für Zwecke der Rechtsinformation, sondern im Rahmen der Rechtsetzung und der Rechtsprechung, der Gesetzgebung und der Vollziehung erzeugt werden. Es ist eine – elementare – Mehrwertleistung, wenn aus den Akten der Rechtsetzung konsolidierte Fassungen geltender (auch: ehemals geltender) Rechtsvorschriften erstellt und zur Verfügung gestellt werden. Eine weitere Aufbereitung dieser Erzeugnisse für die Zwecke der juristischen Fachwelt steht außerhalb der «Mission» des RIS als eines unentgeltlichen, verhältnismäßig kostengünstig erstellten Produktes. Dasselbe gilt für einen nicht weniger wichtigen Bereich der Rechtsinformation, nämlich der verständlichen Aufbereitung des Rechts zur Information der Allgemeinheit; dies ist ja die Mission von help.gv.at. Damit erscheinen gewisse Entwicklungslinien des RIS vorgezeichnet.
[56]
Eine wichtige Bereicherung des RIS wird es darstellen, wenn auch die Landesgesetzblätter – wie es sich abzeichnet, der Mehrzahl der Länder – in rechtsverbindlicher, authentischer Form im RIS veröffentlicht werden und wenn auch die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte erster Instanz – wie zu hoffen ist, insbesondere die aller Landesverwaltungsgerichte, und zwar möglichst lückenlos – im RIS verfügbar sein werden.
[57]
Über diese, die Breite des Informationsangebotes betreffenden Perspektiven hinaus ist besonders an Verbesserungen der Benützerkomforts etwa durch Verlinkungen (und zwar primär durch, wie bisher, von einer Programmroutine gesetzte) zu denken.
[58]

Und eine nicht aus den Augen zu verlierende Vision ist die, dass eines Tages die Kluft zwischen dem aus dem Bundesgesetzblatt ersichtlichen Recht und der auf diesem aufbauenden Rechtsdokumentation aufgehoben werden kann, die Vision einer Einheit von gesetztem und konsolidiertem Recht.17 Auch diese Vision ist ein Beitrag des Jubilars.


 

Helga Stöger, Leiterin des Referats bzw. der Abt. «Rechtsinformation» im Bundeskanzleramt i.R.

Karl Irresberger, Leiter der Abt. V/2 des Bundeskanzleramts.

  1. 1 Böhm-Leitzbach, Monika: Rechtsinformation im Zeichen von E-Government (Masterarbeit: Fachhochschule Hannover, Fakultät III – Medien, Information und Design, Studiengang Informations- und Wissensmanagement), S. 53 f (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:960-opus-3501).
  2. 2 Lischka, Konrad: Jura-Datenbanken: So verdienen Finanzinvestoren am Verkauf deutscher Urteile. Spiegel online, 12. April 2011.
  3. 3 Vgl.Bundeskanzleramt (Hrsg.): Rechtsbereinigung durch automationsunterstützte Rechtsdokumentation [Inhalte der gleichnamigen, am 23. März 1983 im Bundeskanzleramt stattgefundenen Enquete]. (Schriftenreihe zur Verwaltungsreform 7, Wien oJ 1983); Vgl. bereits auch Stadler, Neue Wege der juristischen Information auch in Österreich. Das EDV-Versuchsprojekt Verfassungsrecht des Bundeskanzleramtes, AnwBl 1972, 72.
  4. 4 BKA-GZ 120.878/1-1/2/86 betreffend einen Antrag auf Zustimmung zum Aufbau eines umfassenden Rechtsinformationssystems.
  5. 5 Somitwar in technischer Hinsicht erforderlich, dass die jeweiligen Ressorts für den Anschluss von Bildschirmen, die über eine solche IBM-Schnittstelle «3270» verfügten, an das ZAS vorsorgten. 3270 war eine Abfrageschnittstelle der Firma IBM, die von den meisten EDV- und Textverarbeitungsanlagen und anderen Firmen ohne größeren technischen Aufwand realisiert werden konnte.
  6. 6 Zumdamaligen Stand des RIS Vgl. Wilfert, Der Aufbau des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS), in: EDV & Recht 1989, 104.
  7. 7 Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, BGBl 660, in der Fassung der am 12. Mai 1998 vom Nationalrat beschlossenen Novelle (BGBl I 1998/158).
  8. 8 Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt (Bundesgesetzblattgesetz – BGBlG), BGBl I 2003/100 Art. 4.
  9. 9 Lachmayer/Stöger, Österreichs Weg zur authentischen elektronischen Publikation – Zur Projektgeschichte des RIS; in: Traunmüller/Taudes/König/Schachel/Tiwald (Hrsg.), Von der Verwaltungsinformatik zum E-Government. Festschrift für Arthur Winter zum 60. Geburtstag ( 2004), 133–142.
  10. 10 Lachmayer/Weichsel, Veröffentlichung des Gemeinderechts im RIS, in: Rechts- und Finanzierungspraxis der Gemeinden (RFG) 5/2003, 38–40 (40).
  11. 11 [Bildungsprotokolle Band .. (.. Klagenfurter Legistik-Gespräche), herausgegeben von der Kärntner Verwaltungsakademie, Klagenfurt 20. http://www.verwaltungsakademie.ktn.gv.at/24803_DE-Service-Publikationen].
  12. 12 Kleiser, Die elektronische Kundmachung des Bundesgesetzblattes, in: Bildungsprotokolle Band 10: 2. Klagenfurter Legistik-Gespräche 2004, 19–36 (22).
  13. 13 Communitatis Europeae Lex, Vorgängerin der Datenbank EUR-Lex.
  14. 14 Vgl.den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die elektronische Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union, KOM(2011) 162, mit deren Erlassung noch in der ersten Hälfte des Jahres 2013 zu rechnen ist.
  15. 15 Vgl. Winter, Update zum RIS neu, JAP 2007/2008, 196; Stöger/Weichsel, Neuerungen im RIS, jusIT 2009, 15, 30.
  16. 16 Vgl. Lachmayer/Stöger/Lebl, Links und Grenzen juristischer Datenbanken im Internet, in: Beiträge des Salzburger Rechtsinformatik-Symposiums, Juridicum-Homepage der Universität Wien (oJ ca 1999, nicht mehr verfügbar).
  17. 17 Vgl. Lachmayer/Stöger, Die Rechtsdokumentation als moderne Form der Rechtsbereinigung, in: Bussjäger/Lachmayer (Hrsg.), Rechtsbereinigung und Landesrechtsdokumentation, Band 82 der Schriftenreihe des Instituts für Föderalismus (2001), 67–80 (69).