[1]
[2]
Der Gesetzgeber erlaubt Wettbewerbern den Zugang auf Teile der Netzinfrastruktur der ehemaligen Monopolistin Swisscom, sofern diese für deren Markteintritt essenziell sind und aus ökonomischen Gründen (Dichteeffekte, die zu «netzspezifischer Marktmacht» führen) durch die Wettbewerber nicht selber reproduziert werden können.2
[3]
Bislang wurden die Preise für den entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) auf der Basis der (Modell-) Kosten für den Neubau eines Kupfernetzes berechnet,3 obwohl seit längerem nur noch Glasfasern verlegt werden.4 Die Preisberechnung erfolgt neu technologieneutral und bezieht sich nicht mehr nur auf Kupferleitungen, was zu sinkenden Preisen führt.
[4]
Die Preise für den Zugang zur Kabelkanalisation basierten bisher ebenfalls auf Modellkosten für den Neubau. Dies obwohl die Anlagen vielfach noch aus Zeiten des Swisscom-Monopols stammen, daher eigentlich durch den Staat finanziert wurden und ohnehin längst abgeschrieben sind. Die Verordnung legt nun fest, dass die Preise gestützt auf die Kosten der Swisscom zur Erhaltung und Anpassung der Kabelkanalisationen zu bestimmen sind. An die Stelle der unrealistischen Modellkosten treten auch hier die realen Kosten der Swisscom.
[5]
Wettbewerber der Swisscom durften beim Zugang schon bisher nicht schlechter gestellt werden als Geschäftseinheiten, Tochterfirmen oder andere Partner der Swisscom. Neu ist eine Bestimmung, die auf die kartellrechtliche Praxis zur so genannten «Preis-Kosten-Schere»5 zurückgeht: Die Differenz zwischen den von Swisscom angebotenen Zugangspreisen und ihren Endkundenpreisen muss einer vergleichbaren, effizienten Anbieterin erlauben, kostendeckende Erträge zu erwirtschaften.6
[6]
Für die Preisanpassungen gewährt der Bundesrat der Swisscom – entgegen einer Empfehlung der Weko7 – drei Jahre Zeit.
[7]
Sehr umstritten war im Vorfeld der Revision die Frage, wie sich die neuen Zugangspreise auf die Anreize zum Ausbau des Glasfasernetzes auswirken würden. Swisscom argumentierte gestützt auf theoretische Berechnungen mit einem dämpfenden Effekt. Empirische Untersuchungen zeigten aber keine signifikanten Auswirkungen auf die Geschwindigkeit des Glasfaserausbaus.8
[8]
Der Schweizer Telekommarkt leidet bis heute an einer halbherzigen Liberalisierung, die der ehemaligen Monopolistin Swisscom zu viel Raum lässt. Gerade die Zugangstarife waren in der Schweiz seit jeher deutlich höher als im übrigen Europa. Die Verordnung ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Simon Schlauri
- 1 BAKOM, Medienmitteilung vom 14. März 2014, tinyurl.com/qcmssnh.
- 2 Art. 11 Fernmeldegesetz (FMG); vgl. etwa Schlauri, Network Neutrality, Zürich 2010, tinyurl.com/q8edb4m, 75 ff.
- 3 Zum Ganzen Amgwerd, Netzzugang in der Telekommunikation, Zürich 2008, N 310 ff.
- 4 Vgl. das Gutachten der Weko zur vorgeschlagenen Anpassung der FDV, 27. Januar 2014, tinyurl.com/paudn7m, Ziff. 11.
- 5 Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29. März 2012, T-336/07, Telefónica; Weko, RPW 2010, 116, Swisscom-ADSL III.
- 6 Die Regelung wurde im Gutachten Weko (FN 4), Ziff. 41 ff., befürwortet.
- 7 Die Weko (FN 4, Ziff. 47 ff.) lehnte dies ab, weil die Anpassungen vorhersehbar gewesen seien.
- 8 Vgl. Gutachten Weko (FN 4), Ziff. 37.