Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene «Behauptung» der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht «verbreitet». Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 des Telemediengesetzes (TMG), der – wie die Beklagte – eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.
Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.
Urteil des BGH I ZR 94/13 vom 19. März 2015
Verfahrensgang:
- LG Berlin, 21. Oktober 2010 – 52 O 229/10
- KG, 27. Mai 2011 – 5 U 193/10
- KG, 15. Juli 2011 – 5 U 193/10
- LG Berlin, 16. Februar 2012 – 52 O 159/11
- KG, 16. April 2013 – 5 U 63/12
- BGH, 19. März 2015 – I ZR 94/13
Quelle: Medienmitteilung Nr. 41/2015 des Bundesgerichtshofs vom 19. März 2015