1.
Einleitung ^
Unter E-Demokratie versteht man die Vereinfachung und Durchführung von Prozessen zur Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen Institutionen der Legislative, Bürgern, Unternehmen und weiteren staatlichen Institutionen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien.1 In der Schweiz wird der Begriff weiter eingegrenzt und als «die Gestaltung und Bearbeitung von öffentlichen, politischen Angelegenheiten»2 verstanden. Es handelt sich also um die Willens- und Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger im politischen Kontext. Ein breites Spektrum von Instrumenten des Internets stehen dabei zur Verfügung: Auf der einen Seite befinden sich die informellen Instrumente wie Facebook-Gruppen, Foren, Blogs oder Twitter-Kanäle, welche sich am besten für den Prozess der Meinungsbildung eignen. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich die formalen Instrumente wie das E-Collecting und E-Voting.
2.
E-Partizipation ^
3.
E-Voting ^
Kommen wir jetzt zum E-Voting, genauer: Internet-Voting, also um die Abstimmung oder Wahl aus Distanz und übers Internet. (Der Begriff E-Voting subsumiert jegliche Art von elektronischen Hilfsmitteln bei Abstimmungen oder Wahlen, also auch die Wahlmaschinen in den Wahllokalen; im Folgenden beschränke ich mich aber auf das Wählen oder Stimmen übers Internet.) Beim E-Voting geht es um die Entscheidung im politischen Prozess. Die Abgabe der Stimme oder der Wahl ist ausser in kleineren Gemeinden geheim. E-Voting bzw. «vote électronique» wird in der Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe (VEleS) geregelt, und die technischen Anforderungen sind in einem umfangreichen Anhang aufgelistet.7 E-Voting wird in der Schweiz als zusätzlicher Kanal angeboten, nebst der brieflichen Stimmabgabe oder der Stimmabgabe an der Urne. Alle Stimm- oder Wahlberechtigten erhalten per Post ihre Stimm- oder Wahlunterlagen mit dem persönlichen Stimmrechtsausweis, und sie können bei jeder Abstimmung oder Wahl den Kanal frei wählen. E-Voting passt zum Zeitgeist, möglichst viel übers Internet erledigen zu können. E-Voting soll nicht zuletzt die Y-Generation ansprechen, sich vermehrt an demokratischen Prozessen zu beteiligen.8 E-Voting wird sehr stark von den Auslandschweizerinnen und -schweizer gefordert, weil die Zustellung des Briefs mit Stimm- oder Wahlzettel per Post zur Stimm- oder Wahlbehörde oft zu spät erfolgt und sie somit bei der Ausübung ihrer politischen Rechte benachteiligt werden.
Für das E-Voting-System heisst dies, dass es höchsten Sicherheitsstandards genügen muss. Für die Stimm- und Wahlberechtigten heisst das, dass sie prüfen können müssen, dass ihre Stimme oder Wahl gemäss ihrer Intention verschickt, aufgezeichnet und am Schluss gezählt wurde. Ein E-Voting-System mit dieser Eigenschaft ermöglicht die individuelle Verifizierbarkeit. Das genügt aber noch nicht. Es muss für die Stimm- und Wahlberechtigten oder für beliebige Dritte prüfbar sein, dass nur Stimmen von Stimm- oder Wahlberechtigten ins Endergebnis eingeflossen und dass keine Stimmen entfernt, verändert oder hinzugefügt worden sind. Ein E-Voting-System, welches diese Eigenschaft besitzt, lässt auch die universelle (oder allgemeine) Verifizierbarkeit zu.
5.
Fazit ^
Prof. Dr. Eric Dubuis ist seit 1993 Professor für Informatik an der Berner Fachhochschule. Seitens Lehre ist er verantwortlich für die Abteilung Informatik mit den beiden Studiengängen Informatik und Medizininformatik. Daneben leitet er das Research Institute for Security in the Information Society. In seiner Forschung beschäftigte er sich in den letzten Jahren mit der Konzeption und Implementation von verifizierbaren E-Voting-Systemen. Er ist Mitglied der Programmkomitees der VoteID- und der EVOTE Konferenzreihen und Gründungsmitglied des Fachvereins Swiss E- Voting Competence Center. Sein aktuelles Forschungsinteresse liegt im Schutz der Privatsphäre bei Mobility Pricing-Systemen.
- 1 Wikipedia, E-Demokratie (https://de.wikipedia.org/wiki/E-Demokratie; alle Internetquellen zuletzt abgerufen am 30. April 2016).
- 2 Bundeskanzlei, E-Demokratie und E-Partizipation – Bericht an den Bundesrat, 9. Juni 2011 (https://www.bk.admin.ch/themen/06367/).
- 3 Siehe Fussnote 2.
- 4 In Wikipedia sieht man E-Voting und E-Partizipation nebeneinander (https://de.wikipedia.org/wiki/E-Demokratie).
- 5 Siehe Fussnote 2.
- 6 Eine nicht-naive Umsetzung des E-Collecting mit elektronischer Unterschrift könnte mit ähnlichen Lösungsansätzen wie beim E-Voting gemacht werden.
- 7 Technischer Anhang zu VEleS (https://www.bk.admin.ch/themen/pore/evoting/07979/index.html).
- 8 Eine Zunahme der Beteiligung beim E-Voting konnte bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden, siehe Antonio Fumagalli, Auch E-Voting holt die Jungen nicht hinter dem Ofen hervor, Aargauer Zeitung 8. Oktober 2015 (http://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/auch-e-voting-holt-die-jungen-nicht-hinter-dem-ofen-hervor-129626664) oder Giampiero Beroggi/Peter Moser/Daniel Bierer, Evaluation der E-Voting Testphase im Kanton Zürich 2008–2001, November 2011 (http://www.ub.unibas.ch/digi/a125/sachdok/2011/BAU_1_5703504.pdf).
- 9 In Art. 5 VEleS wird der Terminus «vollständige Verifizierbarkeit» anstelle der hier verwendeten «universelle Verifizierbarkeit» verwendet.
- 10 Ziff. 4.3 und 4.4 des technischen Anhangs zur VEleS.
- 11 Ziff. 4.2.2 (zu Art. 5 Abs. 3 VEleS) des technischen Anhangs zur VEleS besagt: «[...] Verschiedene Risikoerwägungen, die nicht zuletzt mit der praxisorientierten Annahme zusammenhängen, dass Benutzerplattformen als nicht vertrauenswürdig betrachtet werden dürfen, können dafür sprechen, die für die Verifizierbarkeit relevanten Daten des vertrauenswürdigen Systemteils nicht uneingeschränkt zu veröffentlichen. Es ist daher zulässig die Daten einem eingeschränkten Kreis von Prüferinnen und Prüfern zur Verfügung zu stellen. [...]»