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Kein Mensch ist unwesentliches Beiwerk – Urheber- und persönlichkeitsrechtliche Überlegungen zu Fotos mit zufällig abgebildeten Personen

  • Author: Clemens Thiele
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: IP Law
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2016
  • Citation: Clemens Thiele, Kein Mensch ist unwesentliches Beiwerk – Urheber- und persönlichkeitsrechtliche Überlegungen zu Fotos mit zufällig abgebildeten Personen, in: Jusletter IT 25 February 2016
Im Bikini am Strand von El Arenal – eine Fotoveröffentlichung in der BILD Zeitung, die zu einem veritablen Rechtsstreit einer am dortigen Promi-Geschehen völlig unbeteiligten Dame mit der auflagenstärksten Zeitung geführt hat, bietet den äußeren Anlass, sich u.a. kritisch mit der am 1. Oktober 2015 ins österreichische Urheberrechtsgesetz aufgenommenen Bestimmung des § 42e UrhG über «Unwesentliches Beiwerk» und möglichen Auswirkungen auf den Bildnisschutz rechtsvergleichend auseinander zu setzen. Der Beitrag spart persönlichkeitsrechtliche Aspekte unter Berücksichtigung von Art 1 GRC keinesfalls aus.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Anlassfall
  • 2. Die Entscheidung des Gerichts
  • 3. Zufällig abgebildete Menschen im Hintergrund und urbane Legenden
  • 4. Unwesentliches Beiwerk aus urheberrechtlicher Sicht
  • 5. Gefährliche Analogien im Bildnisschutzrecht
  • 5.1. Kein gesetzliche Beiwerksausnahme im österreichischen Bildnisschutz
  • 5.2. Judikatur zur schlüssigen Zustimmung an öffentlichen Orten
  • 5.3. Persönlichkeitsrechtliche Grenzen
  • 6. Resümee
  • 7. Literatur

1.

Anlassfall ^

[1]

Die spätere Klägerin verbrachte im Mai 2012 einen Badeurlaub auf Mallorca. Sowohl die Online- als auch die Print-Ausgabe der Zeitung «BILD», deren Herausgeberin die später Beklagten waren, berichtete am 10. Mai 2012 über einen Raubüberfall auf den Profifußballer Dennis Aogo in El Arenal («Am Ballermann»). Unter der Überschrift «Aogo am Ballermann ausgeraubt» las man:

 

«Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir HSV-Star Dennis Aogo (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat. Aogo wurde bei der Saisonabschluss-Reise des HSV auf Mallorca überfallen, Uhr und Brieftasche gestohlen. Es passierte in den frühen Morgenstunden auf der Party-Meile in El Arenal. Als der von Jogi Löw für die EM ausgebootete Nationalspieler eine Bar verliess, überfielen ihn Diebe. Es handelte sich um eine rumänische Bande, die für ihr brutales Auftreten berüchtigt ist. Die Polizei hatte sie schon länger im Visier. Glück für Aogo. Verdeckte Ermittler griffen ein, nahmen die Täter fest. Ein Polizist gab Aogo die teure Armbanduhr (IWC Top Gun, Preis: ca. 8000 Euro) zurück. Die Brieftasche ist verschwunden
[2]
Diesem Artikel war das beanstandete Foto beigefügt, das im Vordergrund Aogo am Strand von El Arenal vor einer Mülltonne zeigte, in die er einen Eimer leert. In dem Bildabschnitt, der die Mülltonne zeigt, findet sich der Text: «Strohhut, dunkle Sonnenbrille: Aogo am Strand von El Arenal. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall». Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter Aogo, ist die Klägerin in einem lilafarbenen Bikini zu erkennen.
[3]
Ein Artikel mit demselben Berichtsgegenstand und einem größeren Ausschnitt desselben Fotos wurde bis zum 9. Mai 2013 im Internet-Portal www.bild.de veröffentlicht.
[4]
Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung einer Entschädigung in Anspruch. Das LG Karlsruhe wies die Klage zur Gänze ab. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG Karlsruhe1 dem Unterlassungsbegehren stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung einer Entschädigung weiter. Die Beklagten zielten demgegenüber mit ihrer Revision auf eine Wiederherstellung des klagsabweisenden Urteils der I. Instanz.
[5]
Der BGH hatte sich insbes. mit der Frage nach der Zulässigkeit einer Veröffentlichung von Bildern zu befassen, die eine zufällig in der Nähe eines Prominenten befindliche nicht prominente Person identifizierbar zeigen.

2.

Die Entscheidung des Gerichts2 ^

[6]
Der BGH bestätigte das Berufungsurteil vollinhaltlich. Durch die Veröffentlichung des Fotos wurde das Recht am eigenen Bild nach § 22 KUG und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nach § 823 Abs. 1 BGB verletzt. Ohne ihre Einwilligung hatte die Klägerin nicht zur Schau gestellt werden dürfen. Auch eine Ausnahme vom grundsätzlichen Einwilligungserfordernis bestand im konkreten Fall nicht. Der Schutz der Privatsphäre genießt Vorrang vor öffentlichem Informationsinteresse, urteilten die Karlsruher HöchstrichterInnen.
[7]
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sich der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Z 1 KUG für Personen der Zeitgeschichte auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit Prominenten abgebildet würden, wäre bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Interesse der Klägerin am Recht am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht.3 Denn es besteht außer dem zufälligen Zugegensein keine Verknüpfung zwischen der als «Urlauberin» gezeigten Klägerin und dem – unterstellt – als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Raubüberfall auf den Nationalspieler Aogo.4
[8]
Eine Unkenntlichmachung der Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken wäre ohne weiteres möglich und für die Beklagten zumutbar gewesen.5
[9]

Die Aufnahme zeigt die Klägerin am Strand, also in ihrem Alltagsleben bei einer Tätigkeit, die dem privaten Bereich zuzurechnen ist. Selbst bei Prominenten gehören solche Aufnahmen zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre. Den Einwand der BILD-Zeitung, die Verpixelung berge die «Gefahr der Verhinderung einer atmosphärischen Illustration», lässt der BGH nicht gelten: Eine Verpixelung hätte an der Aussagekraft des Berichts im Hinblick auf das Anliegen der Beklagten, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, nichts geändert.6

[10]
Das Gericht verneinte jedoch einen Anspruch auf Geldentschädigung. Regelmäßig würde ein solcher Anspruch nur bei schweren Eingriffen in die Intim- und Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung in der Öffentlichkeit gewährt. Ein solch schwerwiegender Eingriff lag hier nach Ansicht des BGH nicht vor. Das Foto wurde am öffentlichen Strand aufgenommen. Die Klägerin war «situationsadäquat» mit einem Bikini bekleidet. Die (hintergründige) Abbildung war weder als anstößig noch als obszön zu beurteilen.

3.

Zufällig abgebildete Menschen im Hintergrund und urbane Legenden ^

[11]
Das vorliegende Urteil verneint letztlich auch den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Z 2 KUG,7 da die Klägerin nicht nur als «Beiwerk» neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit abgebildet wurde. Von einer Abbildung als «Beiwerk» kann nach dt. Rsp.8 nur dann ausgegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit das Bild prägt und nicht selbst «Beiwerk» ist. Entscheidend ist eine Unterordnung der Personenabbildung unter die Gesamtdarstellung in der Weise, dass die Personenabbildung auch entfallen könnte, ohne den Gegenstand und Charakter des Bildes zu verändern.9 Im Streitfall bezog sich die Abbildung indes vorwiegend auf den prominenten Fußballer, wobei das Strandleben am «Ballermann» lediglich den Hintergrund des Fotos bildete. Bei der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung war insbesondere nicht nur das beanstandete Foto, sondern zugleich der mit dem Foto korrespondierende Text zu berücksichtigen. Der BGH hat die Ansicht des Berufungsgerichts für vertretbar gehalten, dass die Erwähnung einer «pikanten Frauenbegleitung» zumindest bei einem Teil der Leserschaft Anlass für Spekulationen über die Klägerin und ihr Verhältnis zum Prominenten geben könnte.
[12]

Die dt Gerichtspraxis wendet die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Z 2 KUG äußerst restriktiv an10 und hat bereits früh den Beiwerkscharakter bei der Abbildung einer Sonnenbadenden am Strand,11 einer Wandergruppe vor einem Gebirgspanorama12 oder eine Passantin in der Schalterhalle13 verneint.

[13]

Dennoch hält sich in Fotografen- und Journalistenkreisen hartnäckig die «urbane Legende», ca. 10 Personen zählen als Gruppe, wo der Einzelne seinen individuellen Anspruch am eigenen Bild verliert. Handelt es sich aber um eine lose Anordnung von Menschen, die nicht der eigentliche Zweck der Aufnahme sind, sondern zufällig oder als Staffage auf dem Foto erscheinen, besteht auch unter zehn Personen völlige Abbildungsfreiheit. Dabei wird – bewusst oder unbewusst – die weitere Ausnahme des § 23 Abs. 1 Z 3 KUG14 mit der Beiwerksausnahme nach Z 2 leg.cit. vermischt. Die Rechtspraxis15 ist hier kompromisslos, wiederum sehr restriktiv und führt dazu, dass die Abbildung einer nicht am Verkehrsunfall beteiligten Person in Presseveröffentlichungen unzulässig ist und den Anspruch auf Schmerzengeld eröffnet.

[14]

Das Urteil des BGH im Anlassfall ist allerdings auf zarte Kritik gestoßen. Ein Teil der Lehre16 bedauert eine (analoge) Auslegung des § 23 Abs. 1 Z 2 KUG dahin gehend, das Tatbestandsmerkmal der «sonstigen Örtlichkeit» unter Einbeziehung von Abbildungen von Örtlichkeiten, bei denen einzelne Personen im Vordergrund stehen (hier: Fußballspieler neben einer Mülltonne am Strand) vorzunehmen. Da sich der BGH mit dieser Frage aber nicht befasst hat, steht nach Ansicht Frickes17 das vorliegende Urteil immerhin einer solchen Norminterpretation in zukünftigen Fällen nicht entgegen.

4.

Unwesentliches Beiwerk aus urheberrechtlicher Sicht ^

[15]

Seit 1. Oktober 201518 verfügt die österreichische Rechtsordnung mit § 42e UrhG über eine freie Werknutzung bei unwesentlichem Beiwerk.19 Ausweislich der Gesetzesmaterialien20 ist § 57 dUrhG Vorbild dieser Bestimmung gewesen. Die Schrankenbestimmung des § 42e UrhG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 lit. i InfoSoc-RL, gilt nach § 74 Abs. 7 UrhG auch für Werke sowie Licht- und Laufbilder und soll die bisher eher zaghaften Ansätze der Rsp.21 auf eine positiv-rechtliche Basis stellen.22

[16]

Wendet man diese restriktiven Rechtsgrundsätze auf die Darstellung eines Werkes z.B. eines Gemäldes oder eines Bildes im Bild der «Ballermann-Fotografie» des Ausgangsfalles an, so wäre i.d.R. keine freie Werknutzung gegeben.

5.

Gefährliche Analogien im Bildnisschutzrecht ^

5.1.

Kein gesetzliche Beiwerksausnahme im österreichischen Bildnisschutz ^

[17]

Für den österreichischen Bildnisschutz nach § 78 UrhG besteht keine gesetzliche Beiwerksausnahme. Das vom Gesetzgeber des Jahres 1936 festgeschriebene Interesseprinzip23 bedarf gar keiner Regel-Ausnahmen, wie sie für das Verbotsprinzip des § 22 KUG systemnotwendig erscheinen.

[18]

Eine Beurteilung des Ausgangsfalls nach österreichischem Recht kann gleichwohl zum selben Ergebnis führen. Es ist durchaus vertretbar, die erkennbare Abbildung der Klägerin i.Z.m. dem prominenten Fußballer und seiner «pikanten Frauenbegleitung» als zu Missdeutungen Anlass gebend aufzufassen und daraus eine Interesseverletzung abzuleiten.24 Gleichens kann sich auch aus der schlichten Tatsache ergeben, nun zu wissen, wie die Klägerin ihren Urlaub im Mai 2012 verbracht hat – nämlich im lilafarbenen Bikini am Strand.

5.2.

Judikatur zur schlüssigen Zustimmung an öffentlichen Orten ^

[19]
Die österreichischen Gerichte pflegen seit zumindest Ende der 80er Jahre des letzen Jahrhunderts eine Auslegungspraxis, die den Bildnisschutz erheblich einschränkt und den Menschen in die Nähe des Beiwerks an allgemein zugänglichen Orten oder bei aktuellem Geschehen rückt.
[20]
In der Grundsatzentscheidung «Lachen ist gesund» hat der 4. Senat25 allerdings unter Berufung auf ein Vorjudikat26 festgehalten, dass für die Annahme einer Verletzung berechtigter Interessen schon die Möglichkeit von Missdeutungen ausreicht. Solche sind etwa dann ausgeschlossen, wenn es sich um die Veröffentlichung der Bildnisse von Personen handelt, die an allgemein zugänglichen Orten oder an Orten aktuellen Geschehens aufgenommen wurden, sofern ihre Abbildung vom Geschehen nicht zu trennen oder für dessen Darstellung erforderlich ist; dies aber nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die Veröffentlichung der Lichtbilder der Darstellung dieser Orte oder des aktuellen Geschehens diente.27 Ein derartiger Zusammenhang besteht zwischen einer Teilnahme des Klägers am öffentlichen Kaffeehausbetrieb und einer folgenden Veröffentlichung der von ihm dort gemachten Aufnahme zur Illustration eines medizinischen Artikels in einem Gesundheitsmagazin nicht.28 Demgegenüber haben Personen, die bei der Stimmabgabe zur Bundespräsidentenwahl kurz vor dem Erscheinen einer Wahlwerberin im Wahllokal fotografiert wurden, durch das protestlose Hinnehmen der Anfertigung von Aufnahmen schlüssig ihre Zustimmung zur Veröffentlichung ihrer Lichtbilder im Zusammenhang mit diesem aktuellen Ereignis erteilt.29

5.3.

Persönlichkeitsrechtliche Grenzen ^

[21]

In Zeiten, in denen sich die Zivilgerichte kaum am dogmatischen Theorienstreit beteiligen, weil ihre Flexibilität, sich die Erkenntnisse der Lehre nach den jeweiligen praktischen Bedürfnissen zunutze zu machen, allen selbst gestellten Anforderungen gerecht wird,30 muss daher der aufmerksame Rechtsanwender gar nicht erst advocatus diaboli spielen, um einer «analogen Anwendung» der Beiwerksschranke des § 42e UrhG auf den Bildnisschutz nach § 78 UrhG das Wort zu reden. Allein ein derartiges Unterfangen bringt nicht nur die Abgebildeten in Teufels Küche. Jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit – gefragt oder ungefragt – fotografiert wird, muss sich letztlich im Gerichtssaal mit der von durchaus wirtschaftlich potenten Medien erhobenen Einwendung, doch nur «unwesentliches Beiwerk» gewesen zu sein, konfrontieren lassen. Im Übrigen würde gerade seine unverpixelte Erscheinung im Hintergrund lediglich eine – völlig harmlose – «atmosphärische Illustration» darstellen, die eben hinzunehmen sei. Zum Schluss kommt noch eine Verwirkung der kommerzialisierbaren Bildnisrechte heraus. Wer am Ende mehr erwartet, als peinliche Selbstoffenbarung in sogenannten sozialen Medien, sollte die Verantwortung fürs eigene Denken übernehmen und Eigenständigkeit als Wert schätzen lernen.

[22]

Erfreulicherweise ist die Europäische Grundrechtsordnung längst bei Lösungen angelangt, die weiter gehen. Die Achtung des Privatlebens31 erstreckt sich bei der Verarbeitung personenbezogener Daten auf jede Information, die eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person betrifft und ist nicht deckungsgleich mit dem Schutz personenbezogener Daten. Art. 1 GRC bestimmt unmissverständlich: «Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.» Es ist schlicht und einfach unwürdig, Menschen oder deren zufällige Abbildungen identifizierbar zu unwesentlichem Beiwerk zu erklären. Der 6. Senat hat demnach bereits Anfang des Jahres 2013 deutlich gemacht, dass § 16 ABGB insoweit eine grundrechtskonforme Korrektur des § 78 UrhG erfordert, als bereits die Herstellung eines Bildnisses einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann.32 Eine analoge Anwendung der Beiwerksschranke des § 42e UrhG würde den Persönlichkeitsschutz unterlaufen und ist mE konventions- und unionsrechtswidrig.

6.

Resümee ^

[23]
Zufällig abgebildete Personen, die lediglich im Hintergrund des eigentlich ins Auge gefassten Fotomotivs zu sehen sind, müssen es sich in Österreich nicht gefallen lassen als «unwesentliches Beiwerk» juristisch abgehandelt zu werden. Der Verbreiter bzw. Medieninhaber ist in dem Fall, in dem im Hintergrund identifizierbar Personen abgelichtet sind, jedenfalls gehalten, diese Identifizierung durch Verpixelung des Gesichts oder mit Augenbalken aufzuheben. Wird das Foto eines Prominenten mit im Hintergrund befindlichen Personen ohne deren Einverständnis hingegen so veröffentlicht, wie es aufgenommen wurde, sieht sich der Veröffentlicher erfolgreichen Unterlassungsklagen und – je nach Intensität des Eingriffs – auch Entschädigungsansprüchen ausgesetzt. Das ist ein effektiver Bildnisschutz der Menschwürde (i.S. des Art. 1 GRC) schuldig.

7.

Literatur ^

Buchner, Das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, FS 50 Jahre Urheberrechtsgesetz (1986), 21

Ernst, Google Street View: Urheber- und persönlichkeitsrechtliche Fragen zum Straßenpanorama, CR 2010, 178

Fischer, Soziale Medien und private Homepages – Über das Einstellen von Bildern fremder Personen, AnwBl 2013, 476

Fricke, Entscheidungsanmerkung, GRUR Prax 2015, 328

Handig, Urheberrechts-Novelle 2015. ... bringt ua die Festplattenabgabe – «Was lange währt, wird endlich gut»? ÖBl 2015, 200

Jahnel (Hrsg.), Datenschutzrecht. Jahrbuch 2015 (2015), NWV Verlag, Wien (2015)

Noll, Aufnehmen verboten? Das «allgemeine Persönlichkeitsrecht» als Erziehungsmittel, ÖBl 2013/47, 196

Thiele, Neues zu Ortsnamendomains: The Good, the Bad and the Ugly. Zugleich eine Anmerkung zu OGH 11.8.2015, 4 Ob 75/15f (unken.at III), jusIT 2015/90, 222

derselbe, Die Trias von § 16 ABGB, § 78 UrhG und Datenschutz – Zum Verhältnis von Persönlichkeits-, Bildnis- und Datenschutz in der österreichischen Rechtsordnung, in: Jahnel (Hrsg.), Datenschutzrecht. Jahrbuch 2015 (2015), 49

Wandtke/Bullinger, Urheberrecht Kommentar4, C.H. Beck, München (2014)

Zöchbauer, Verbot von Bildaufnahmen? MR 2013, 59

  1. 1 OLG Karlsruhe 14. Mai 2014, 6 U 55/13 = AfP 2014, 458 = JurPC Web-Dok 139/2015.
  2. 2 BGH 21. April 2015, VI ZR 245/14 (Am Ballermann/Strandliege am Ballermann) = AfP 2015, 337–340 = CR 2015, 528 = GRUR 2015, 816 = GRUR Prax 2015, 328 (Fricke) = JZ 2015, 431 = K&R 2015, 487 = MDR 2015, 829 = NJW 2015, 2500 = RDV 2015, 190 = VersR 2015, 898 = ZUM-RD 2015, 504.
  3. 3 Rz 16 ff. des Urteils.
  4. 4 Rz 20 des Urteils.
  5. 5 Deutlich Rz 28 des Urteils.
  6. 6 Wörtlich Rz 28 des Urteils.
  7. 7 «(1) Ohne die nach § 22 [KUG] erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: [...] 2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen».
  8. 8 BGH 26. Juni 1979, VI ZR 108/78 (Fußballtor) = AfP 1979, 345 = DB 1980, 89 = GRUR 1979, 732 = MDR 1979, 924 = NJW 1979, 2205.
  9. 9 Statt vieler Fricke in Wandtke/Bullinger, UrhR Kommentar4 (2014) § 23 KUG Rz 23 mwN.
  10. 10 Zu diesem Befund gelangt auch Ernst, Google Street View: Urheber- und persönlichkeitsrechtliche Fragen zum Straßenpanorama, CR 2010, 178 (180).
  11. 11 OLG Oldenburg 14. November 1988, 13 U 72/88 (Oben-ohne-Fotos) = AfP 1989, 556 = GRUR 1989, 344 = NJW 1989, 400.
  12. 12 OLG Frankfurt 28. Februar 1986, 6 U 30/85 (Ferienprospekt) = AfP 1986, 140 = GRUR 1986, 614 = ZUM 1987, 529.
  13. 13 LG Köln 27. April 1965, 11 S 6/65 (Flugscheindiebstahl I) = MDR 1965, 658.
  14. 14 «(1) Ohne die nach § 22 [KUG] erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: [...] 3 Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben».
  15. 15 OLG Karlsruhe 18. August 1989, 14 U 105/88 (Unfallfoto) = GRUR 1989, 823 = ZUM 1990, 91.
  16. 16 Fricke, Entscheidungsanmerkung, GRUR Prax 2015, 328.
  17. 17 Fricke, Entscheidungsanmerkung, GRUR Prax 2015, 328 aE.
  18. 18 Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2015), BGBl I 99/2015.
  19. 19 Die Vorschrift lautet: «Werke dürfen vervielfältigt, verbreitet, durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen benutzt werden, wenn sie dabei nur zufällig oder beiläufig und ohne Bezug zum eigentlichen Gegenstand der Verwertungshandlung genutzt werden
  20. 20 EB RV 687 BlgNR 25. GP.
  21. 21 Vgl. OGH 23. Februar 2010, 4 Ob 208/09f (Mozart Symphonie No 41 I) = jusIT 2010/41, 96 (Handig) = ecolex 2010/215, 584 (Horak) = ÖBl-LS 2010/122/123/124 (Büchele) = MR 2010, 206 (Walter); dazu Reis, Zur Rechtfertigung «geringfügiger» Eingriffe in das Urheberrecht, MR 2011, 22; im Ergebnis anders OGH 9. August 2011, 4 Ob 101/11y (Mozart Symphonie No 41 II) = ecolex 2011/405, 1030 (Heil) = MR 2011, 311 (Walter) = jusIT 2011/100, 216 (Handig) = ÖBl 2012/11, 42 (Büchele).
  22. 22 Vgl. auch Handig, Urheberrechts-Novelle 2015. ... bringt u.a. die Festplattenabgabe – «Was lange währt, wird endlich gut»? ÖBl 2015/43, 200 (204).
  23. 23 Vgl. jüngst Thiele, Die Trias von § 16 ABGB, § 78 UrhG und Datenschutz – Zum Verhältnis von Persönlichkeits-, Bildnis- und Datenschutz in der österreichischen Rechtsordnung, in: Jahnel (Hrsg.), Datenschutzrecht. Jahrbuch 2015 (2015), 49 (52) mwN.
  24. 24 Statt vieler OGH 14. März 1989, 4 Ob 5/89 (Frau des Skandalrichters) = MR 1989, 54.
  25. 25 OGH 15. März 1988, 4 Ob 20/88 (Lachen ist gesund) = MR 1988/2, 52 = ÖBl 1988, 162 = SZ 61/58.
  26. 26 OGH 29. September 1987, 4 Ob 363/87 (Wahlnachlese) = JBl 1988, 52 = MR 1988/1, 17 = ÖBl 1988, 139 = SZ 60/188.
  27. 27 Hervorhebung vom Verfasser.
  28. 28 OGH 15. März 1988, 4 Ob 20/88 (Lachen ist gesund) = MR 1988/2, 52 = ÖBl 1988, 162 = SZ 61/58.
  29. 29 OGH 29. September 1987, 4 Ob 363/87 (Wahlnachlese) = JBl 1988, 52 = MR 1988/1, 17 = ÖBl 1988, 139 = SZ 60/188; vgl. auch Buchner, Das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, FS 50 Jahre Urheberrechtsgesetz (1986), 21 (28 f).
  30. 30 Thiele, Neues zu Ortsnamendomains: The Good, the Bad and the Ugly. Zugleich eine Anmerkung zu OGH 11.8.2015, 4 Ob 75/15f (unken.at III), jusIT 2015/90, 222.
  31. 31 EGMR 24. Juni 2004, 59320/00 (Hannover gegen Deutschland) = MR 2004, 246 (Ennöckl/Windhager) = ecolex 2004, 671 (Wilhelm) = EuGRZ 2004, 628 (Scheyli); EGMR 19. September 2013, 8772/10 (Hannover gegen Deutschland) = EuGRZ 2014, 43.
  32. 32 OGH 27. Februar 2013, 6 Ob 256/12h (Zur Belustigung) = jusIT 2013/40, 85 (zust. Thiele) = JBl 2013, 309 = ecolex 2013/222, 548 (Hofmarcher) = EvBl 2013/104 (zust. Karner) = ÖBl 2013/56, 228 (Büchele) = Sachverständige 2013, 96 (Krammer); dazu abl. Zöchbauer, Verbot von Bildaufnahmen? MR 2013, 59; krit. Noll, Aufnehmen verboten? Das «allgemeine Persönlichkeitsrecht» als Erziehungsmittel, ÖBl 2013/47, 196 und Fischer, Soziale Medien und private Homepages – Über das Einstellen von Bildern fremder Personen, AnwBl 2013, 476.