Als Marktgegenseite der beiden Abredepartner betrachtet das Sekretariat sowohl Internetprovider (access providers) als auch Anbieter von Inhalten (content providers).12 Gemäss einer Marktbefragung durch das Sekretariat sind Peering und Transit aus Sicht dieser Marktgegenseite ausreichend gute Alternativen («substituierbar»), wenn es darum geht, mit Swisscom Daten auszutauschen; dies obwohl Peering prinzipbedingt bessere Verbindungen mit sich bringt.13 Insbesondere fallen jedoch Content Delivery Networks (CDN)14 nicht in den relevanten Markt, weil sie die Bedürfnisse der Marktgegenseite nur in Bezug auf bestimmte Arten von Inhalten (insbesondere nicht für Echtzeitübertragung) erfüllen können.15
Räumlich wurde der Markt auf Europa abgegrenzt (geographische Ausdehnung der Internetbackbones von Swisscom und Deutscher Telekom mit Paketumlaufzeiten von unter 100 Millisekunden).16
Um zu beurteilen, ob eine Absprache zu einer Beseitigung oder erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt, sind sodann wie erwähnt die Marktkräfte auf dem relevanten Markt zu beurteilen. Dabei kam das Sekretariat zum Schluss, dass nach Abschluss der Abrede mit ihren drei Elementen (Preis, Menge, Kunden/Märkte) nur wenig Wettbewerb von kartellfremden Anbietern (Aussenwettbewerb) übrig blieb, und dass auch der Innenwettbewerb zwischen den beiden Abredepartnern stark eingeschränkt sei.17 Erst nach Wegfall der Abrede bestünden seitens Swisscom keine Pflicht und kein Interesse mehr, so viel Transitverkehr wie möglich über die Deutsche Telekom zu leiten. Entsprechend sei anzunehmen, dass nach dem Wegfall der Abrede wieder vermehrt Transitverkehr über andere Internetprovider ins Netz der Swisscom geleitet werde.18
Simon Schlauri
- 1 Alle Ausgaben von TechLawNews sind abrufbar unter www.ronzani-schlauri.com/techlawnews-de.
- 2 Vgl. Art. 11a Abs. 1 Fernmeldegesetz (FMG).
- 3 Als Peering bezeichnet man den direkten Austausch von Daten zwischen zwei Netzen ohne Einbezug eines Transitnetzes (FN 7).
- 4 Art. 11a Abs. 2 FMG.
- 5 Jürg Borer, in: Jürg Borer (Hrsg.), Kommentar zum Wettbewerbsrecht, Band I: Schweizerisches Kartellgesetz (KG), Orell Füssli, Zürich 2011, N 1 zu Art. 26 KG.
- 6 Art. 26 Abs. 1 KG.
- 7 Als Transitverkehr bezeichnet man Internet-Datenverkehr, der – im Gegensatz zu Peering (FN 3) – von einem Netz indirekt über ein anderes Netz in das Zielnetz geleitet wird.
- 8 Schlussbericht des Sekretariats der WEKO vom 12. Dezember 2016, 22-0451: Interconnect Peering, RPW 2017/1, Rz. 73 ff.
- 9 A.a.O., Rz. 72.
- 10 A.a.O., Rz. 73.
- 11 A.a.O., Rz. 74.
- 12 A.a.O., Rz. 81.
- 13 A.a.O., Rz. 100, 153.
- 14 Ein CDN ist ein Netz regional verteilter Server, über das Inhalte – insbesondere grosse Dateien, die häufig nachgefragt werden – einfacher in die Zielnetze ausgeliefert werden können. Er stellt im Zielnetz lokal skalierende Speicher- und Auslieferungskapazitäten zur Verfügung und gewährleistet auch bei großen Lastspitzen einen optimalen Datendurchsatz; vgl. Wikipedia, Content Delivery Network, https://de.wikipedia.org/wiki/Content_Delivery_Network.
- 15 Vgl. Schlussbericht (FN 8), Rz. 154, 165.
- 16 A.a.O., Rz. 155 ff. Als Round Trip Time oder Paketumlaufzeit bezeichnet man die Zeit, die ein Datenpaket vom Ursprungsserver zum Zielserver und wieder zurück benötigt. Sie ist ein Qualitätsmerkmal von Datenverbindungen.
- 17 A.a.O., Rz. 167, 172.
- 18 A.a.O., Rz. 168 f.
- 19 A.a.O., Rz. 73.
- 20 A.a.O., Rz. 174 ff.