1.
Einleitung ^
2.
«Unveränderbare» Blockchain ^
Daten auf der Blockchain gelten als unveränderbar. Diese Unveränderbarkeit basiert auf dem Design der Blockchain1:
- Blöcke werden immer nur hinzugefügt aber nie gelöscht. Dadurch lassen sich alte Informationen immer wieder rekonstruieren.
- Die Blöcke werden über eine Hashkette miteinander verbunden. Jeder Block enthält dazu einen Hashcode – quasi ein digitaler Fingerabdruck – des vorherigen Blocks. Dadurch müssten bei einer Manipulation eines Blockes nicht nur der zu manipulierende Block sondern alle Folgeblöcke neu berechnet werden.
- Die meisten Blockchains sind so programmiert, dass für die Berechnung eines Blockes ein großer Rechenaufwand erforderlich ist. Durch diesen «proof of work» wird sichergestellt, dass eine Blockchain nicht einfach unter Weglassen einzelner Transaktionen neu berechnet werden kann. Der «proof of work» besteht dabei darin, für jeden Block eine Lösung zu einem mathematischen Problem zu finden, welches nur durch aufwendiges Ausprobieren einer sehr grossen Anzahl von Zahlenkombinationen lösbar ist. Wer zuerst einen Lösung für einen Block findet, erhält dafür eine vorher festgesetzte Belohnung in der Währung der jeweiligen Blockchain. Diese Belohnung ist neues Geld der Blockchain, welches vorher noch nicht existiert hat. Daher wird dieser Prozess in Anlehnung an das Schürfen von Gold auch «mining» genannt. Wenn man selbst nicht mehr Rechenleistung als alle anderen Mineure einer Blockchain zusammen hat, kann man diese nicht mit seiner modifizierten Version «einholen». Da der Blockchain-Algorithmus immer die längere Version der Blockchain vorzieht, wird eine mit weniger Rechenleistung erstellte kürzere Blockchain verworfen. Dieser «proof of work» wirkt wie eine Abstimmung über den Fortgang einer Blockchain. Die Stimmen sind dabei nach Rechenleistung gewichtet, so dass niemand durch die Aufteilung seiner Rechner in viele virtuelle Knoten ein Vielfaches an Stimmkraft erlangen kann.
- Der Inhalt der Transaktionen unterliegt bestimmten Regeln. Diese sind bei Bitcoin hart codiert und regeln z.B., dass nur der Kontoinhaber seine Bitcoins transferieren kann und dass nicht mehr Bitcoins auf ein Konto transferiert werden können, als vom eigenen Konto abgebucht werden. Bei allgemeinen Blockchains können diese Regeln – dann «Smart Contracts» genannt – anwendungsspezifisch flexibel festgelegt werden. In wie weit ein «Smart Contract» änderbar ist, ist im «Smart Contract» selbst festgelegt.2
Die Schutzmechanismen, die dafür sorgen, dass unbefugte Änderungen unterbleiben, sorgen jedoch auch dafür, dass problematische Einträge nicht einfach korrigiert werden können. Ursachen für problematische Einträge gibt es viele. Bugs im Regelwerk der «Smart Contracts» können z.B. gewollte Änderungen verhindern oder unerwünschte Änderungen ermöglichen. Der wohl bekannteste Bug eines «Smart Contracts» ist dabei der Bug des Venture Capital Funds «The DAO», der – nicht korrigiert – einen Abfluss im Wert von 50 Millionen Dollar bedeutet hätte.3 «Smart Contracts» können auch zur Koordination krimineller Tätigkeiten verwendet werden. Transaktionen können durch Täuschung oder Diebstahl der Schlüssel unbefugt zustande gekommen sein. «Smart Contracts» können kriminelle Aktivitäten ausschreiben und z.B. eine Summe unter der Bedingung auszahlen, dass der Nachweis der Ermordung einer Person geführt wird.4
3.
Änderung der Inhalte einer Blockchain ^
Soll der Inhalt einer Blockchain verändert werden, so ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob diese Veränderung nach den Regeln der Blockchain durchführbar ist. Gibt es jemanden, der mit seinem Schlüssel den Inhalt nach den Regeln der Blockchain wie gewünscht verändern kann? Im konkreten Fall könnte das z.B. die Übertragung von Bitcoins sein. Falls diese Person bekannt und greifbar ist, kann gegen diese Person vorgegangen werden, damit diese die gewünschte Transaktion durchführt. Falls der «Smart Contract» jedoch keine entsprechende Änderung vorsieht oder die entsprechend berechtigte Person nicht bekannt ist oder ihren Schlüssel verloren hat, so ist die Transaktion nach den Regeln der Blockchain nicht möglich und es bleibt nur die mit großen Hürden versehene Alternative, auf allen Knoten eine neue Softwareversion einzuspielen, die die gewünschten Änderungen zulässt.
3.1.
Durchsetzung des Anspruchs zur Vornahme einer Blockchain-Transaktion ^
Bei der Frage der Durchsetzung des Anspruchs der Vornahme einer nach den Regeln der Blockchain möglichen Blockchain-Transaktion ist zu unterscheiden, welcher Natur der Eintrag auf der Blockchain ist. Exemplarisch möchte ich hier den Fall der Übertragung von Bitcoins und den Fall der Übertragung von Anteilen an einer DAO betrachten:
3.2.
Anspruch auf Änderung der Blockchain außerhalb der Regeln eines «Smart Contracts» gegen einen einzelnen Schuldner ^
Es gibt daher keine einzelne Person, die die Blockchain entsprechend ändern könnte oder die einen für eine solche Änderung benötigten Schlüssel herausgeben könnte. Selbst wenn ein Schuldner zu einer solchen Änderung verpflichtet wäre, ist für ihn diese Änderung nicht möglich.
3.3.
Haftung der Teilhaber einer DAO für die DAO ^
3.4.
Anspruch auf Änderung der Blockchain gegen die Betreiber (Mineure) der Blockchain (Fork) ^
Der Gläubiger könnte eine entsprechende modifizierte Softwareversion bereitstellen und bei den Mineuren der Blockchain die Übernahme dieser Version durchsetzen.
4.
Fork einer Blockchain als schwer kontrollierbarer Prozess ^
5.
Regelung der Änderung im Ausnahmefall ^
Ein solcher Änderungsmechanismus muss daher transparent und auf echte Ausnahmefälle beschränkt sein. Die Feststellung des Ausnahmefalls darf nicht anonymen Blockchainbetreibern mit ggf. kollidierenden Eigeninteressen überlassen werden. Sie muss vielmehr in einer rechtstaatlichen und demokratischen Form erfolgen.
Die Gerichte eines demokratischen Rechtstaats wären prinzipiell geeignete Foren zur Entscheidung darüber, ob eine Ausnahmesituation vorliegt, die eine an sich nicht zulässige Änderung der Blockchain erfordert. Doch in einer globalisierten Welt wäre das Vertrauen in die Blockchain dahin, wenn jedes Gericht jedes Staates über jede Blockchain urteilen könnte, nur, weil z.B. ein einzelner Knoten dieser Blockchain in diesem Land betrieben wird. Zudem tun sich Gerichte häufig mit neuer Technologie schwer, so dass das Vertrauen darin, dass Gerichte hier sachgerechte Entscheidungen treffen, begrenzt ist.
6.
Vorschlag ^
6.1.
Kontrolle von Smart Contracts ^
Beim Anlegen eines Smart Contracts sollte es daher möglich sein, unter verschiedenen Kontrollinstanzen wählen zu können. Verschiedene ggf. auch auf der Blockchain abbildbare alternative Verfahren zur Konfliktlösung sollten vorgeschaltet werden können. Analog zu privatrechtlichen Vertragsautonomie sollte auch das anwendbare Recht und der Gerichtsstand gewählt werden können. Dabei sollten neben den nationalen Rechtsystemen auch private Regelwerke und Schiedsgerichte ausgewählt werden können, sofern diese ein Minimum an rechtstaatlichen Kriterien erfüllen. Um die Hürden für eine Änderung der Inhalte der Blockchain höher zu setzen, könnten für die Änderungen auch übereinstimmende Urteile mehrerer Gerichte oder Kontrollgremien gefordert werden. In der Praxis könnte dies dadurch realisiert werden, dass für diese Gerichte spezielle Autorisierungscodes generiert und hinterlegt werden.
6.2.
Kontrolle von Blockchains ^
6.3.
Schaffung speziellen Rechts für die Blockchain ^
7.
Conclusio ^
8.
Literatur ^
Einsele, Dorothee, Wertpapiere im elektronischen Bankgeschäft, WM 2001, S. 7–16, S. 9.
Gord, Michael Smart Contracts Described by Nick Szabo 20 Years Ago Now Becoming Reality, Bitcoin Magazine, 26. April 2016, https://bitcoinmagazine.com/articles/smart-contracts-described-by-nick-szabo-years-ago-now-becoming-reality-1461693751.
Greenspan, Gideon, Smart contracts and the DAO implosion, MultiChain, 22. Juni 2016, http://www.multichain.com/blog/2016/06/smart-contracts-the-dao-implosion/.
Kütük, Merih Erdem/Sorge, Christoph, Bitcoin im deutschen Vollstreckungsrecht – Von der «Tulpenmanie» zur «Bitcoinmanie», MMR 2014, S. 643–646, S. 644.
Nakamoto, Satoshi, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, https://bitcoin.org/bitcoin.pdf.
Noak, Ulrich/Kremer, Sascha, in: Heidel, Thomas/Hüßtege, Rainer/Mansel, Heinz-Peter/Noack, Ulrich (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch: Allgemeiner Teil – EGBGB, 3. Auflage 2016, § 126a BGB Rn 19.
Schöne, Torsten, in: Bamberger, Georg/Roth, Herbert (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar BGB, 41. Edition, Stand 1. November 2016, § 705 BGB Rn. 4.
Simonite, Tom, Bitcoin’s Dark Side Could Get Darker, MIT Techonology Review, 13. August 2015, https://www.technologyreview.com/s/540151/bitcoins-dark-side-could-get-darker/.
Vogel, Hans-Gert, in: Gsell, Beate/Krüger, Wolfgang/Lorenz, Stephan/Mayer, Jörg (Hrsg.), beck-online.Grosskommentar (im Aufbau), § 793 BGB Rn 87.
Wright, Aaron/Filippi, Primavera de, Decentralized Blockchain Technology and the Rise of Lex Cryptographia, 10. März 2015, http://ssrn.com/abstract=2580664.
- 1 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, wobei Satoshi Nakamoto ein Pseudonym ist.
- 2 Gord, Smart Contracts Described by Nick Szabo 20 Years Ago Now Becoming Reality.
- 3 Greenspan, Smart contracts and the DAO implosion.
- 4 Simonite, Bitcoin’s Dark Side Could Get Darker.
- 5 Vogel, beck-online.Grosskommentar, § 793 BGB Rn 87.
- 6 Einsele, Wertpapiere im elektronischen Bankgeschäft, S. 9.
- 7 BGH, Urteil vom 14. Mai 2013, XI ZR 160/12, ZIP 2013, S. 1270–1274, S. 1272 Rn. 18.
- 8 BGH, Beschluss vom 7. April 2016, VII ZB 14/15, ZIP 2016, S. 891 f., S. 892 Rn. 13.
- 9 Noak/Kremer, Bürgerliches Gesetzbuch: Allgemeiner Teil – EGBGB, § 126a BGB Rn 19.
- 10 Kütük/Sorge, Bitcoin im deutschen Vollstreckungsrecht – Von der «Tulpenmanie» zur «Bitcoinmanie», S. 644.
- 11 Schöne, Beck’scher Online Kommentar BGB, § 705 BGB Rn. 4.
- 12 BGH, Urteil vom 24. Februar 2003, II ZR 385/99, NJW 2003, S. 1445–1447.
- 13 Wright/Filippi, Decentralized Blockchain Technology and the Rise of Lex Cryptographia.