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Emotional Leadership und situatives Führen bei standardisierten Vergabeabläufen

  • Author: Gerlinde Birnbacher
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Procurement
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2018
  • Citation: Gerlinde Birnbacher, Emotional Leadership und situatives Führen bei standardisierten Vergabeabläufen, in: Jusletter IT 22 February 2018
Der künftig verpflichtende Einsatz elektronischer Beschaffungsformen setzt standardisierte Vergabeplattformen voraus, was deren Automatisierung impliziert. Bisher war es im Kontakt zwischen AG und Bieter möglich, durch Emotional Leadership (EL) den Erfolg des Projektes zu erleichtern. Diese Möglichkeiten scheinen nun durch mögliche Standardisierungen im Legal Tech erschwert. Der Beitrag versucht hier zu analysieren, wie dennoch ein situatives Führen auch bei standardisierten Prozessen Relevanz haben kann. Dazu werden Schnittstellenfragen angesprochen, die auch Bereiche des EL ansprechen können.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ausgangslage
  • 2. Anwendbarkeit von Legal Tech im Vergabeverfahren
  • 3. Kommunikation im Vergabeverfahren
  • 4. Führungsaufgabe «Umsetzung automatisierter Vergaben» in öffentlichen Organisationen
  • 4.1. Transformationales und transaktionales Führen
  • 4.2. Situatives Führen
  • 4.3. Emotional Leadership
  • 5. Zusammenführung der Ansätze
  • 6. Fazit

1.

Ausgangslage ^

[1]
Das Inkrafttreten der neuen Datenschutzgrundverordnung und der in der notwendigen Neukodifikation des Bundesvergabegesetzes (BVergG)1 voraussichtlich 2018 verpflichtend vorgesehene Einsatz elektronischer Beschaffungsplattformen stellt öffentliche Auftraggeber vor neue Herausforderungen. Die elektronische Durchführung von Vergabeverfahren wird verbindlich mit Inkrafttreten der Vergaberichtlinie 2014/24/EU2, mit einer Umsetzung bis 18. Oktober 2018, vorgeschrieben. Ausgeführt wird in Abs. 85 der RL 2014/24/EU3, dass die Umsetzung dieser Vorgabe eine Erleichterung der elektronischen Datenverwaltung für den öffentlichen Auftraggeber darstellen kann.
[2]
Dieser Beitrag versucht die Interaktionsmöglichkeit zwischen Bieter und AG im standardisierten Vergabeverfahren darzustellen. Mit Inkrafttreten des neuen Bundesvergabegesetzes 2017 (voraussichtlich erst im 1 HJ 2018), spätestens aber mit 18. Oktober 2018 (RL 2014/24/EU, Umsetzungsfrist für die e-Vergabe) ist eine ausschließlich elektronische Kommunikation verbindlich vorgeschrieben4. In standardisierten Vergabeverfahren, welche vom AG über bereitgestellte Vergabeplattformen abgewickelt werden, erfolgt die Kommunikation bereits elektronisch. Dabei wird jede Aktion des Bieters oder AG automatisch dokumentiert. Inwieweit eine Anonymität der Interessenten in einzelnen Vergabeverfahren, wie z.B. im wettbewerblichen Dialog oder Innovationspartnerschaft, im Zuge der Verwendung von Beschaffungsplattformen möglich ist, versucht dieser Aufsatz zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang versucht dieser Beitrag die Anwendbarkeit von Legal Tech außerhalb der juristischen Bereiche im Bereich der Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber zu analysieren. Ob und wie der Führungsstil der Verantwortlichen auf die Anwendbarkeit Relevanz haben kann wird in den nachfolgenden Kapiteln eingehend erläutert.

2.

Anwendbarkeit von Legal Tech im Vergabeverfahren ^

[3]
Durch die verpflichtende Einführung der elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren bedarf es auch bei öffentlichen Auftraggebern (AG) ein Umdenken. Viele öffentliche AG verwenden bereits Vergabeplattformen zur Abwicklung von Vergabeverfahren. Es zeichnet sich ab, dass es dabei zwei Herausforderungen zu bewältigen gibt: Einerseits die Akzeptanz der Anwendung neuer Programme und Arbeitsprozesse bei den eigenen Mitarbeitern zu wecken und andererseits bei den an Vergabeverfahren teilnehmenden Bietern Verständnis für die elektronische Abwicklung des Vergabefahrens zu entwickeln sowie die Angst vor dem vermeintlich höheren Aufwand bei der Angebotsabgabe zu nehmen.
[4]
Als Sammelbegriff beschreibt Legal Tech Software Online-Dienste, die juristische Arbeitsprozesse unterstützen, vereinfachen oder optimieren, wie z.B. Kanzleimanagement, Dokumentenverwaltung oder Rechnungslegung. Eine weitere Unterstützung kann Legal Tech bieten, um die Erstellung von Rechtstexten zu automatisieren. Die Verwendung von modernen Technologien im Rechtsbereich soll auch den Zugang zu Recht vereinfachen, indem auf entsprechenden Plattformen der Kontakt zu Rechtsberatern vereinfacht wird.
[5]
Hierzu darf darauf hingewiesen werden, dass es in der Projektkommunikation bereits Usus ist Kommunikationsplattformen einzusetzen und mit auf Projekten abgestimmte Workflows für Rechnungslegung, Dokumentenablage und Freigabeprozesse zu arbeiten. Auch sind in der öffentlichen Verwaltung Systeme für eine systematische Dokumentenverwaltung im Einsatz.

3.

Kommunikation im Vergabeverfahren ^

[6]
Welche Vergabeverfahrensart bei der Beschaffung von Liefer-, Dienst-, und Bauleistungen Anwendung finden können und wie diese abgewickelt werden sollen, ist im Vergaberecht (Bundesvergabegesetz und VergabeRL5) explizit geregelt. Um auch für den öffentlichen AG Innovationen zu ermöglichen, bietet das BVergG die Möglichkeit im Wege des wettbewerblichen Dialogs oder der Innovationspartnerschaft diese zu generieren. Beim wettbewerblichen Dialog führt der AG mit ausgewählten geeigneten Bietern einen Dialog über alle Aspekte des Auftrages, wobei der Leistungsinhalt bereits in den Ausschreibungsunterlagen definiert ist. Ziel des Dialoges ist es, eine oder mehrere der Ausschreibung entsprechenden Lösung oder Lösungen zu ermitteln, auf deren Grundlage die jeweiligen Teilnehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.6. Anders werden bei der Innovationspartnerschaft7 ausgewählte geeignete Bieter zur Entwicklung einer innovativen Ware, Bau- oder Dienstleistung aufgefordert. Zur Aufforderung der Angebotsabgabe werden hierbei Mindestanforderungen sowie sämtliche Voraussetzungen für die Rechte des geistigen Eigentums (wie z.B. Patente, Urheberrechte) festgelegt. Danach wird über den Auftragsinhalt (Entwicklung und anschließender Erwerb der daraus hervorgehenden Leistung) verhandelt. Das BVergG gibt auch hier die Wege der Informationsübermittlung8 vor. Während der Durchführung des Vergabeverfahrens findet die Kommunikation zwischen Bieter und AG auf, den in den Ausschreibungsunterlagen, festgelegten Kommunikationswegen statt. Zielführend kann es sein, auch in diesen Vergabeverfahren elektronisch zu kommunizieren um eine entsprechende Dokumentation zu erhalten. Sind Modelle oder sonstige Ausarbeitungen, Muster oder dgl. zur Angebotsabgabe gefordert oder vorgesehen, werden diese auf dem Postweg abgegeben, ist eine genaue Dokumentation unumgänglich notwendig.
[7]
Wird vom AG ein Verhandlungsverfahren als Vergabeverfahren gewählt, ist insbesondere hier die Vertraulichkeit aller Informationen und die Anonymität der Bieter/Bewerber zu wahren. Eine Unterstützung durch Legal Tech wird in Verhandlungsgesprächen nicht stattfinden können. Hier kann klar eine Abgrenzung im Bereich der Gesprächsführung im Verhandlungsverfahren bei elektronischen Vergabe zu Legal Tech, gezogen werden. Speziell bei der Gesprächsführung in Verhandlungsverfahren ist das Geschick der Verhandlungsleiter gefragt, welche durch die Anwendung unterschiedlicher, der Situation angepassten, Führungsstile unterstützt werden können. Die Protokollierung der Verhandlungen ist dabei eine Kombination von Verschriftlichung der besprochenen Verhandlungsinhalte sowie der Dokumentation auf der Vergabeplattform. Empfohlen wird in diesem Zusammenhang jede weitere Kommunikation im Vergabeverfahren jedenfalls über die Vergabeplattform abzuwickeln um die notwendige Dokumentation zu gewährleisten.
[8]
Im Hinblick auf die sicherzustellende Gleichbehandlung aller Bieter hat der AG sorgfältig mit Informationen aus den Vergabeverfahren umzugehen und in der Kommunikation die Interessen der am Vergabeverfahren Beteiligten zu wahren. Die Vertraulichkeit im gesamten Vergabeverfahren 9 ist seitens des AG aber auch des Bieters zu wahren. Damit soll auch die Anonymität der einzelnen Bieter / Bewerber Berücksichtigung finden. Jedoch kann gesagt werden, dass es aufgrund von Regionalität oder eingeschränkter Anzahl möglicher Bieter/Bewerber für einen Leistungsgegenstand oder Arbeitsbereich nicht im Verantwortungsbereich des AG liegen kann, wenn Informationen einer Teilnahme an einem Vergabeverfahren in der Wirtschaftswelt kursieren. Kommunikationsführung kann dabei basierend auf Elementen z.B. des Emotional Leadership, Situativer Führung sowie transformationaler / transaktualer Führung stattfinden und möglicherweise dem entgegenwirken.
[9]
Der Einsatz von Legal Tech im Bereich der Vergabefahren wird durch die Vergaberichtlinie 2014/24/EU vorausgesetzt und erfolgt von öffentlichen Auftraggebern praktisch durch den Einsatz und die Anwendung von elektronischen Vergabeplattformen. Der Einsatz der Vergabeplattformen setzt ein technisches Verständnis für die Abläufe eines Vergabeverfahrens voraus, welches durch deren Anwendung praktisch gefördert wird. Zu beachten dabei ist, dass die Abwicklung nicht ein bloßes Aneinanderreihen von Programmabfolgen ist, sondern je nach Verfahrensart unterschiedliche Prozesse und Abläufe beinhaltet.

4.

Führungsaufgabe «Umsetzung automatisierter Vergaben» in öffentlichen Organisationen ^

[10]
Die Kombination unterschiedlicher Führungsstile und deren Einsatz kann die Gesprächsführung in den Verhandlungsgesprächen optimieren. Ein weiterer Aspekt der Führungsaufgabe wird bei den mit Vergabeverfahren betrauten Mitarbeitern aufgezeigt, welche nicht immer vom Einsatz elektronischer Vergabeplattformen überzeugt sind. Mit dem Einsatz dieser Beschaffungsplattformen wird von den Führungskräften erwartet, dass diese möglichst schnell und flächendeckend im Unternehmen eingesetzt und verwendet werden. Auch die angesprochene Akzeptanz der Bieter/Bewerber der vom AG eingesetzten elektronischen Vergabeplattformen ist nicht immer vorhanden. In jedem Fall ist dabei Führungsarbeit zu leisten. Unterstützung in der Akzeptanz neuer Programme könnte ein entsprechendes Führungsverhalten bewirken. In den folgenden Unterkapiteln werden drei Führungsstile, transformationale / transaktionale Führung, Situatives Führen und Emotionales Leadership, untersucht, um die Akzeptanz der Anwendung neuer Arbeitsprozesse zu fordern und zu fördern.

4.1.

Transformationales und transaktionales Führen ^

[11]
Die werteorientierte Führung (auch als transformationale Führung bekannt) legt ihren Schwerpunkt auf die grundlegenden Sinnorientierungen und will das «Warum» des Handelns beantworten. Anders umfasst die transaktionale Führung die Ziel- und Wegklärung10. Die transformationale Führung basiert auf der Kommunikation von attraktiven Zukunftsvisionen, motiviert und regt die Mitarbeitenden dazu an, alte Herangehensweisen, Annahmen und Probleme zu hinterfragen und neue, kreative und innovative Ansätze zu versuchen. Transaktionale Führung ist hingegen durch einen Austausch (Transaktion) von Ressourcen zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden zum Erreichen der individuellen Ziele gekennzeichnet11. Für eine Projektbearbeitung wird dabei in besonderem Maß die vielfach belegte Relevanz für die Leistung und für leistungsförderliche Arbeitseinstellungen von Mitarbeitern das Konzept der transformationalen und der transaktionalen Führung den Anforderungen an die Projektleitung gerecht12. Die transaktionale Führung entspricht demnach der Zielorientierung in Projekten, während der transformationale Führungsstil motivierende Verhaltensweisen beschreibt. Der Forschung zufolge sollte der Projektleiter sowohl das transaktionale als auch das transformationale Führungsverhalten in seinem Repertoire haben, denn die transformationale Führung verstärkt die positive Wirkung der transaktionalen Führung13.
[12]
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Beantwortung des «Warum» sowie die Vermittlung von Visionen ebenso wie eine erklärende Weg- und Zielerläuterung leichter zu einer positiven Aufgabenerfüllung führen können. Der transformationale / transaktionale Führungsansatz kann somit einerseits auf die Akzeptanz der Mitarbeiter von neuen Technologien bei Vergabeplattformen, anderseits mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf die angesprochenen Verhandlungsgespräche übertragen werden.

4.2.

Situatives Führen ^

[13]
Situative Führung kann als Führungsansatz der Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung betrachtet werden. Ergänzt wird dieser um die Reife der Mitarbeiter. «Reifegrad» oder «Bereitschaft» der Mitarbeiter wird als Fähigkeit definiert, Verantwortung zu übernehmen, um ihr eigenes Verhalten zu lenken und zu bestimmen.14 Aus dem Jahr 1977 stammt wohl das bekannteste Modell von situativer Führung von Paul Hersey und Ken Blanchard. Je nach «Reifegrad» der geführten Mitarbeiter ist ein jeweils anderes Verhalten des Vorgesetzten Erfolg versprechend. Für die praktische Anwendung werden dabei vier unterschiedliche Führungsstile definiert, die bildhaft mit «unterweisen», «überzeugen», «beteiligen» und «delegieren» beschrieben werden können. Führungserfolg stellt sich dann ein, wenn der Führende je nach Situation den passenden Führungsstil anwendet.15
[14]
Situative Führungstheorien berücksichtigen die Situation, in der Führung stattfindet, als Bedingung für den Erfolg des Führungsverhaltens – ein und dasselbe Führungsverhalten kann in einer Situation erfolgversprechend, in der anderen Situation gänzlich ungeeignet sein.16 Die Gestaltung von Rahmenbedingungen unterstützt ebenso die Entwicklung von Teams wie die Förderung einzelner Teammitglieder. Eine Form der effektiven Führung besteht in der sinnvollen Anwendung des situativen Führens: dabei kann einerseits gesagt werden, je weniger Eigenmotivation ein Team bei einer Aufgabe zeigt, desto mehr müssen Sie es anleiten und überzeugen und andererseits je mehr Eigenmotivation Teams zeigen, desto mehr können Sie sich als Leiter zurückziehen und einen partizipativen Führungsstil zeigen oder Aufgabengebiete komplett delegieren.17
[15]
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es im situativen Führen Abhängigkeiten zwischen dem «Reifegrad» der Mitarbeiter und dem «Führungsverhalten» des Vorgesetzten gibt. Bezogen auf das im Aufsatz behandelte Thema sollte bei Übergabe der Kompetenz / Verantwortung zur Abwicklung elektronischer Vergabeverfahren auf Beschaffungsplattformen an Mitarbeiter auf die Motivation Neues zu erlernen und anzuwenden Bedacht genommen werden um einen optimalen Einsatz zu erreichen. Das Einlassen des Verhandlungsleiters auf jeweils neue Situationen eines Verhandlungsgespräches kann durch das Anwenden des Situativen Führungsstils wahrscheinlich optimiert werden.

4.3.

Emotional Leadership ^

[16]
Als ein wichtiger Bestandteil von Führung kann Emotional Leadership (kurz: EL) betrachtet werden. Dabei wird Emotionale Intelligenz, Ingredienz des EL, als die Fähigkeit definiert, eigene Gefühle und die Gefühle anderer Menschen wahrzunehmen und angemessen auf beides zu reagieren. Hinzu kommt die Fähigkeit, über die eigenen Gefühle zu sprechen, also mit anderen Menschen darüber zu kommunizieren. Die drei Aspekte der emotionalen Intelligenz – die Wahrnehmung der eigenen Emotionen, die Wahrnehmung der Emotionen anderer und der Umgang mit beidem – sind für den Erfolg eines Menschen annähernd gleichbedeutend sind. Insofern hat emotionale Intelligenz immer auch damit zu tun, sich auf Situationen im Umgang mit anderen Menschen einzustellen und einzulassen und ist wohl eines der wichtigsten Themen überhaupt. Dabei bedeutet emotional intelligent zu agieren also auch, sich diesen mindestens unangenehmen Gefühlen zu stellen und zu lernen, mit ihnen umzugehen.18 Zur Emotionalen Intelligenz (auch als Intelligenz der Gefühle bezeichnet) gehört z.B. die Fähigkeit sich zu motivieren, auch bei Enttäuschungen weiterzumachen, Impulse zu unterdrücken, die eigenen Stimmungen zu regulieren.19 Emotionale Intelligenz ist besonders wichtig in Führungspositionen, deren Wesen darin besteht, andere dazu zu bringen, ihre Aufgaben effizienter zu erfüllen. Wenn Vorgesetzte unfähig sind, mit anderen umzugehen, sinkt die Leistung aller: Zeit wird vergeudet, es kommt zu Verbitterung, Motivation und Engagement leiden, Feindseligkeit und Apathie breiten sich aus.20 Für die Handlungskompetenz einer Person wird die Entwicklung der Einheit aus Kopf, Herz und Hand definiert. Für kompetentes Handeln braucht man theoretisches Wissen (Verstand), eine emotionale Einstellung (Geist) und die Fähigkeit, dies in die Praxis umzusetzen (Umsetzung).21 Diese emotionale Dimension von Führung, obwohl sie oft nicht sichtbar ist oder völlig ignoriert wird, entscheidet darüber, ob alles andere, was eine Führungskraft tut, so gut funktioniert, wie es könnte. Und deshalb ist Emotionale Intelligenz – der richtige Umgang mit Emotionen – so wichtig für erfolgreiche Führung.22
[17]
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Emotionale Intelligenz als ein wesentlicher Bestandteil von Führungsqualität verstanden werden kann. Emotionalen Reaktionen von Mitarbeitern, z.B. Ablehnung, Angst, Scheu bei der Einführung standardisierter Prozesse durch Verwendung von Vergabeplattformen, begegnen zu können, ist es für eine Führungskraft wichtig, richtig darauf reagieren zu können. Emotionale Intelligenz kann dabei die Führungskraft unterstützen, überzeugend auf die Mitarbeiter zu zugehen um die Notwendigkeit des Einsatzes neuer Technologien zu vermitteln und die Akzeptanz zu erhöhen. Diese Führungsqualität kann auch bei Verhandlungsgesprächen gewinnbringend eingesetzt werden.

5.

Zusammenführung der Ansätze ^

[18]
Die immer größer werdenden Möglichkeiten an modernen Technologien bedeutet für Organisationen ein ständiges Lernen und Erweitern der eigenen Fähigkeiten. Damit Mitarbeiter in Organisationen und Projekten den ständig wachsenden Aufgaben gerecht werden können, können Programme und Prozesse unterstützen und Arbeitsabläufe optimieren. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist es von Bedeutung, dass Führungskräfte als Vorbild fungieren und neue moderne Technologien vorausschauend in Organisationen implementieren. Eine der Herausforderung zur Implementierung und Anwendung von neuen modernen Technologien ist die Akzeptanz der Mitarbeiter, die im Weiteren damit arbeiten werden. Eine Implementierung einer Beschaffungsplattform zur Abwicklung von Vergabeverfahren wird von der EU gem. der aktuellen VergRL23 bis 18. Oktober 2018 verpflichtend verlangt, da bis dahin der gesamte Beschaffungsvorgang elektronisch erfolgen muss. Die dadurch stattfindende Standardisierung der Durchführung des Vergabeverfahrens kann für die betreffenden Mitarbeiter eine Effizienzsteigerung ihrer Arbeitsabläufe darstellen. Die daraus resultierende Strukturierung kann jedoch die im Vergabeverfahren erforderliche Kommunikation zwischen AG und Bietern erschweren.
[19]
In den voran gestellten Kapiteln wurden drei Führungsstile im kurzen beschrieben um zu zeigen, dass es wohl eine Kombination aus unterschiedlichen Führungsstilen bedarf um der Herausforderung in einem Vergabeverfahren. sowohl auf Bieter-, als auch auf Auftraggeberseite, gerecht zu werden. Eine einzige Lösung kann und wird es nicht geben können, da die Unterschiedlichkeit der Führungskräfte und Mitarbeiter immer einer situationsangepassten und von emotionaler Intelligenz geleiteten Führung bedarf um Mitarbeiter als auch Vorgesetzte zu einem motivierten Arbeiten zu bewegen. Die Relevanz des angepassten Einsatzes von situativem Führen und Emotionalem Leadership in Kombination mit anderen Führungselementen zur Akzeptanzsteigerung bei Mitarbeitern kann zwar nicht eindeutig nachgewiesen jedoch angenommen werden.
[20]
Die vorgestellten Führungsqualitäten können auch in der Kommunikation der Durchführung eines Vergabeverfahrens Auswirkung zeigen. Kommunikation wird im Allgemeinen als Informationsaustausch zwischen Sender und Empfänger verstanden. Voraussetzung dafür sind, im bildlichen Sinne gesprochen, zwei Briefkästen. Im Vergabeverfahren hat der AG jedenfalls die Anonymität der Bieter / Bewerber zu bewerkstelligen um keine Wettbewerbsverzerrung zu ermöglichen. In kreativen Bereichen wie z. B. künstlerische Ausarbeitungen kann es durchaus vorkommen, dass die Teilnehmer je nach Art des ausgeschriebenen Leistungsgegenstandes untereinander und auch der Jury bekannt sind. Hierbei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass die Zuordnung der Wettbewerbsabgaben zu anonymisieren ist, um die Jurymitglieder in ihrer Beurteilung der Arbeiten nicht zu beeinflussen.
[21]
Eingesetzte Führungskompetenzen wie z.B. Emotional Leadership können im situativen Führen nach vorliegender Analyse (Heuristik) den vorgegebenen Informationsfluss optimieren und dazu beitragen eventuelle Missverständnisse frühzeitig zu eliminieren. Speziell bei Verhandlungsgesprächen mit Bietern erscheint es sinnvoll auf Führungskompetenz wie Emotionale Intelligenz aufzubauen und auf Besonderheiten des Situativen Führens zurückzugreifen. Hier sind aber weitergehende empirische Untersuchungen erforderlich.

6.

Fazit ^

[22]
Die vorliegende quantitative Analyse der vorgestellten Führungsqualitäten lässt auch nach der Notwendigkeit der e-Vergabe eine Auswirkung der Kommunikation der Durchführung eines Vergabeverfahrens auf dessen Ergebnis vermuten. Eingesetzte Führungskompetenzen wie z.B. Emotional Leadership können im situativen Führen nach vorliegender Analyse den vorgegebenen Informationsfluss optimieren und dazu beitragen eventuelle Missverständnisse frühzeitig zu eliminieren. Speziell bei Verhandlungsgesprächen mit Bietern erscheint es sinnvoll auf Führungskompetenz wie Emotionale Intelligenz (Wahrnehmung der eigenen Emotionen, die Wahrnehmung der Emotionen anderer und der Umgang mit beidem) aufzubauen und auf Besonderheiten des Situativen Führen (Berücksichtigung der Situation, in der Führung stattfindet) zurückzugreifen.
  1. 1 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG), BGBl I Nr. 17/2006, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 7/2016 und BGBl II Nr. 250/2016 (Stand 9. Januar 2018).
  2. 2 RL 2014/24/EU Art 90 Abs. 2.
  3. 3 RL 2014/24/EU Abs. 85.
  4. 4 RL 2014/24/EU Abs. 63.
  5. 5 Vergaberichtlinienpaket 2014, welches bis 18. April 2016 in nationales Recht umzusetzen war, beinhaltet. RL 2014/24/EU vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe, die RL 2014/25/EU vom 26. Februar 2014 über den Sektorenbereich und die RL 2014/23/EU vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe.
  6. 6 §31 Abs. 9 BVergG.
  7. 7 §31 Abs. 10 BVergG.
  8. 8 §48 BVergG.
  9. 9 § 27 Abs. 1–6 BVergG.
  10. 10 Vgl. Franken, Verhaltensorientierte Führung, Gabler Verlag – Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden, 2010, S. 272–275.
  11. 11 Vgl. von Au (Hrsg.), Struktur und Kultur einer Leadership Organisation, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden, 2017, S. 96.
  12. 12 Vgl. Wastian/Braumandl/Weisweiler, Führung und Mikropolitik in Projekten, Springer Gabler, Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2015, S. 16.
  13. 13 Vgl. Judge/Poccolo, Transformational and transactional leadership, Journal of Applied Psychology, 89 (5), 2004, S. 755–768.
  14. 14 Vgl. Franken (Fn. 10), S. 270.
  15. 15 Vgl. Schneiderheinze/Zotta, Ganz einfach kommunizieren, Springer Gabler, Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2013, S. 8; Hersey/Blanchard, Management of organizational behavior, Englewood Cliffs N.J. Pretice Hall (7. Aufl.), 1996.
  16. 16 Vgl. Becker, Psychologie der Mitarbeiterführung, Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2015, S. 29.
  17. 17 Vgl. Lindinger/Zeisel, Spitzenleistung durch Leadership, Springer Gabler, Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2013, S. 14.
  18. 18 Vgl. Pletzer, Emotionale Intelligenz – Das Trainingsbuch, Haufe Verlag, Planegg b. München, 2007, S. 10–13.
  19. 19 Vgl. Goleman, Emotionale Intelligenz, Bantam Books, Carl Hanser Verlag, München Wien, 1996, S. 54 ff.
  20. 20 Vgl. Goleman, EQ² der Erfolgsquotient, Deutscher Taschenbuchverlag, München, 2000, S. 45.
  21. 21 Vgl. Franken (Fn. 10), S. 11.
  22. 22 Vgl. Goleman/Boyatzis/McKee, Emotionale Führung, Ullstein Buchverlag GmbH, Berlin, 2005, S. 9.
  23. 23 Vergaberichtlinienpaket 2014 (Fn. 5).