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Die automatisierte Bearbeitung der Steuererklärungen in Deutschland im Vergleich zu Österreich

  • Author: Christoph Schmidt
  • Category of articles: E-Government
  • Category: Articles
  • Region: Germany, Austria
  • Field of law: E-Government
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2020
  • DOI: 10.38023/eae6f07a-92ae-48bf-b85a-6046c151d992
  • Citation: Christoph Schmidt, Die automatisierte Bearbeitung der Steuererklärungen in Deutschland im Vergleich zu Österreich , in: Jusletter IT 27 Mai 2020
Mit dem Beitrag wird aufgezeigt, wie die Steuererklärungen der zu veranlagenden Ertragsteuern (Einkommen- und Körperschaftsteuer) sowohl in Österreich als auch in Deutschland unter Berücksichtigung der risikoorientierten Auswahl der Steuerfälle bearbeitet und überprüft werden. Im Fokus stehen neben der Analyse bestehender Gemeinsamkeiten und Unterschiede der automatisierten Fallbearbeitung insbesondere die verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben für das voll automatisierte Verfahren Deutschlands.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einführung
  • 2. Automationsunterstützung in Österreich
  • 3. Vollautomatisierung in Deutschland
  • 3.1. Implementierung eines neuen Leitbilds
  • 3.2. Verfassungs- und unionsrechtliche Vorgaben für voll automatisierte Verfahren
  • 3.2.1. Grundsätzlicher Schutz
  • 3.2.2. Transparenzanforderungen
  • 3.3. Ausblick

1.

Einführung ^

[1]

Digitalisierung ist das Schlagwort unserer Zeit und kaum ein Lebensbereich bleibt davon unberührt. Für den Einzelnen, die Gesellschaft, die Unternehmen und den Staat bietet sie immense Chancen. Letzterer kann den digitalen Wandel nutzen, um sein Verhältnis zu Bürgern und Unternehmen transparenter, partizipativer sowie interaktiver zu gestalten. Es gilt aber auch gewaltige Umbrüche zu bewältigen und damit verbundene Risiken zu beherrschen. Die Entwicklung hin zu einer moderneren Verwaltung durch Abwicklung geschäftlicher Prozesse über elektronische Medien charakterisiert das E-Government und wird mit zunehmender Digitalisierung weiter in den Fokus rücken. Dies ist eine stetige Herausforderung für den deutschen Gesetzgeber, der diesem Wandel mit geeigneten Gesetzen begegnen muss. Technische und rechtliche Rahmenbedingungen stehen in engem Zusammenhang und erfordern daher eine wechselseitige Abstimmung.

[2]

Der Digitalisierungsprozess ist keineswegs ein ausschließlich nationales Phänomen. Betrachtet man den Nachbarstaat Österreich, dessen politisches System, Organisationsstrukturen der Finanzbehörden und einzelne Phasen des Besteuerungsverfahrens ähnlich sind,1 ist eine weiter vorangeschrittene Digitalisierung der Finanzverwaltung zu konstatieren. Mit dem eingesetzten Behördenportal FinanzOnline wird bereits der gesamte Besteuerungsprozess vom Eingang der Steuererklärung bis hin zur Bescheidversendung elektronisch abgewickelt.

[3]

Ziel des Beitrags ist es daher, über die automatisierte Fallbearbeitung in Österreich zu informieren und die Unterschiede zum deutschen Pendant pointiert herauszuarbeiten sowie die Frage zu beantworten, welche verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben für das voll automatisierte Verfahren Deutschlands zu beachten sind.

2.

Automationsunterstützung in Österreich ^

[4]

Die automatisierte Fallbearbeitung ist von herausragender Bedeutung für den Steuervollzug in Österreich. Dies wird anhand der Kontrollquoten besonders deutlich. Diese geben das Verhältnis der tatsächlich zu überprüfenden Kontrollfälle zu den Steuererklärungen an und betrugen im Jahr 2012 in der Allgemein- bzw. Betriebsveranlagung lediglich 18 % bzw. 29 %.2 Die automatisierte Fallbearbeitung kommt für die Fälle in Betracht, deren Risikoparameter im determinierten Toleranzbereich des Risikomanagementsystems liegen und nicht zufällig ausgewählt oder personell ausgesteuert wurden.

[5]

Der autonome Agent von FinanzOnline bearbeitet hierbei den Fall abschließend und stellt ihn zur Approbation frei.3 Die risikoarmen Einzelfälle werden in einem Paket gesammelt und dann im Ganzen durch einen Organwalter,4 d. h. personell, freigegeben.5 In Österreich muss ein automationsunterstützt erzeugter Bescheid tatsächlich von der Behörde veranlasst worden sein. Eine Bescheiderstellung ohne menschliche Mitwirkung ist rechtsstaatlich nicht zulässig (Art. 20 Abs. 1 B-VG6).7 Der Verwaltungsgerichtshof fasst in einem Erkenntnis die dazu ergangene Rechtsprechung verschiedener Gerichte prägnant zusammen: Im Ergebnis muss die nach außen in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch das Gesetz zur Entscheidung berufenen Organes zurückführbar sein. Dies umfasst insbesondere die Eingabe der entscheidungsrelevanten Daten in Gestalt sämtlicher Sachverhalts- und Tatbestandselemente sowie die Programmsteuerung, verstanden als Subsumtionsvorgang, durch den zuständigen Organwalter.8 Die Bescheide dieser Soforteingabefälle9 werden daher unter Berücksichtigung der von dritter Seite an die Finanzverwaltung übermittelten Datensätze und ohne ein vorheriges Ermittlungsverfahren weitestgehend voll automatisiert erstellt. Damit ist die Bearbeitung – vorbehaltlich einer etwaigen Nachbescheidkontrolle – prinzipiell abgeschlossen.

3.

Vollautomatisierung in Deutschland ^

3.1.

Implementierung eines neuen Leitbilds ^

[6]

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens10 wurde in Deutschland explizit ein zweites Verfahren zur Bearbeitung von Steuererklärungen geschaffen: Neben der traditionellen Bearbeitung durch einen Amtsträger, welche schon zuvor automationstechnisch unterstützt wurde, ist nunmehr eine vollautomatische und ausschließlich automationsgestützte Fallbearbeitung auf der Basis des Risikomanagementsystems möglich.11 Im Zuge dieser Implementierung verabschiedete sich der deutsche Gesetzgeber vom traditionellen Leitbild12 und strebt zugleich einen hohen Stellenwert der automatisierten Fallbearbeitung an,13 den diese Bearbeitungsart seit geraumer Zeit für den österreichischen Steuervollzug besitzt. Eine eigene Anfrage aus dem Jahr 2019 an das BMF hatte zum Ergebnis, dass in Deutschland die Autofallquote bezogen auf den ein Jahr zurückliegenden Veranlagungszeitraum für die Einkommensteuer zum 31.12.2017 8,7 % (ohne Nordrhein-Westfalen) und zum 31.12.2018 10,2 % (ohne Nordrhein-Westfalen) betrug.14

[7]

Im Gegensatz zu Österreich ist eine personelle Bescheidfreigabe nicht erforderlich, da die neu geschaffene Regelung des § 155 Abs. 4 Satz 1 AO15 eine ausschließlich automationsgestützte Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid ermöglicht. Verwaltungsakte, deren Erlass überwiegend nicht von personellen Elementen geprägt ist, werden im Kontext der Abgrenzung zur traditionellen Erstellung auch als automatisierte16 oder virtuelle Verwaltungsakte17 bezeichnet.

[8]

Zunächst ist herauszustellen, dass auch im Rahmen voll automatisierter Fallbearbeitungen eine Einzelfallprüfung nicht obsolet geworden ist.18 Obgleich menschliche und automatische Entscheidungen dem Wenndann-Schema folgen, besteht ein wesentlicher Unterschied dahingehend, dass bei Ersteren eine Einordnung der Tatbestandsmerkmale und eine Subsumtion erfolgen.19 Diese Entscheidungen basieren daher auf einer gesetzlichen Grundentscheidung; Algorithmen hingegen auf entsprechender Programmierung.20

[9]

Aufgrund dieser teils divergierenden Mechanismen zur Entscheidungsfindung besteht jedoch die grundsätzliche Gefahr einer mangelnden Einzelfallgerechtigkeit.21 Ein gewichtiger und ausschließlich in Deutschland gesetzlich kodifizierter Aussteuerungsgrund, der eine voll automatisierte Fallbearbeitung verhindert, findet sich in § 155 Abs. 4 Satz 3 AO: Demnach ist eine Steuererklärung insbesondere dann personell zu bearbeiten, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder dem qualifizierten Freitextfeld der Steuererklärung entsprechende Angaben gemacht hat. Für diesen resultiert daraus de facto die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen eine personelle Fallbearbeitung herbeizuführen,22 die in Österreich nicht gegeben ist. Da der Steuerpflichtige aufgrund eines vollautomatisch erlassenen Steuerbescheids grundsätzlich keine Rechtsnachteile erleidet,23 ist nicht zu befürchten, dass dieses Instrument das elektronische Risikomanagement vollständig zum Erliegen bringt.24 Ebenso kann die Finanzverwaltung auf eigene Veranlassung eine personelle Bearbeitung durchführen. Mögliche Beweggründe sind u. a. Fälle der allgemeinen Weisungen zur Ermittlung gemäß § 88 Abs. 3 AO, Aussteuerungen aufgrund des Risikomanagementsystems (§ 88 Abs. 5 AO) oder das Vorhandensein von Kontrollmitteilungen.25

[10]

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass materielle Rechtssätze digitalisierbar sind,26 da Rechtsvorschriften in menschlicher Sprache abgefasste Handlungsanweisungen, d. h. Algorithmen, sind27 und sich die Computerprogramme gerade solcher bedienen.28 Zu beachten ist allerdings das Spannungsverhältnis, in dem das algorithmisch gesteuerte Vorgehen und die Entscheidungskomplexität zueinander stehen: Eine automatisierte Entscheidungsfindung wird umso diffiziler, ggf. sogar unmöglich, je komplexer die zu treffende Entscheidung ist.29 Die automatisierte Vorgehensweise kann daher mechanische, nicht aber wägende Subsumtionen leisten,30 sodass nach gegenwärtigem Stand der Technik nicht alle juristischen Fragen befriedigend beantwortet werden können.31 So stoßen die Algorithmen bei der Prüfung des Steuertatbestandes, d. h. der eigentlichen Subsumtion,32 an ihre Grenzen.33 Diese werden umso deutlicher, je weiter die Steuererklärung vom Standard, beispielsweise aufgrund des Vorliegens mehrerer Einkunftsarten oder von der Rechtsprechung entwickelter Rechtsfiguren, abweicht.34

[11]

Gleichwohl ist diese Problematik für die Risikobewertung im Vergleich zu anderen Rechtsfragen etwas zu relativieren. Zum einen beeinflussen auch unproblematisch bestimmbare Parameter, beispielsweise (Kennzahlen-)Veränderungen gegenüber vergangenen Veranlagungszeiträumen oder das bisherige (Fehl-)Verhalten des Steuerpflichtigen, das steuerliche Fallrisiko. Zum anderen können insbesondere die zahlreichen Typisierungen, Vereinfachungsbefreiungen oder widerlegbaren Vermutungen in digitalisierten Maßstäben verallgemeinernd gefasst werden.35 Mithin sind die zu konstatierenden Probleme bei der feineren technischen Umsetzung der juristischen Methodik, vor allem in Bezug auf die Auslegung,36 weniger gravierend. Unter Berücksichtigung des komplexen materiellen Steuerrechts ist daher in der Gesamtbetrachtung eine zirkumstanzielle adäquate Schlüssigkeitsprüfung und Risikobewertung durch die Risikomanagementsysteme gegeben.37 Im Kontext der aufgezeigten Herausforderungen bei der eigentlichen Subsumtion ist an dieser Stelle relativierend zu erwähnen, dass der deutsche Bundesrechnungshof in der Vergangenheit auch bei der büromäßigen Fallbearbeitung eine beachtliche Fehlerquote monierte.38 Ähnliche Feststellungen zu unterschiedlichen Bearbeitungsintensitäten und -qualitäten ermittelte der österreichische Rechnungshof.39 Zudem fehlt es an einem empirischen Beweis dafür, dass die traditionelle Fallbearbeitung zu einem gleichheitsgerechteren Besteuerungsverfahren führt als eine Prüfung mittels elektronischer Risikomanagementsysteme.40 Inwieweit die neu implementierte Vollautomatisierung mit den Vorgaben übergeordneten Rechts vereinbar ist, soll im Folgenden untersucht werden.

3.2.

Verfassungs- und unionsrechtliche Vorgaben für voll automatisierte Verfahren ^

3.2.1.

Grundsätzlicher Schutz ^

[12]

Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der ausschließlich automationsgestützten Fallbearbeitung ist im Schrifttum nahezu unumstritten. Grundsätzlich wird die voll automatisierte Staatlichkeit im Besteuerungsverfahren als zulässig anerkannt.41

[13]

Nach einer Ansicht wird im Kontext der Besteuerungsgleichheit die konkrete Gefahr von strukturellen Vollzugsdefiziten gesehen, wobei die insgesamt in der Abgabenordnung kodifizierten Digitalisierungsnormen zu überprüfen seien.42 Entsprechende Defizite sollen insbesondere dann entstehen können, wenn die konkrete Ausgestaltung der Risikomanagementsysteme normativ zu einer gleichheitswidrigen Prüfdichte und zu geringen Prüfwahrscheinlichkeiten führt,43 die wiederum aus der normativen Einfachheit der Systeme44 oder der Absolutheit der Vollautomatisierung resultieren können.45

[14]

Die vorzugswürdigere Auffassung geht unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings davon aus, dass mangels konkreter Vergleichsrelation die Rechtsfigur des strukturellen Vollzugsdefizits bereits dem Grunde nach nicht einschlägig ist.46 Ansonsten würden in einer pauschalen Weise der Einkommensteuertatbestand und die Vollautomation, d. h. entgegen den bisherigen Entscheidungen nicht zwei konkrete Rechtsnormen, gegenübergestellt.47

[15]

Zudem hat der deutsche Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Zunächst wurde im Schrifttum die Frage aufgeworfen, ob Art. 22 DSGVO48 im Rahmen der ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid grundsätzlich einschlägig ist. Die betroffene Person hat nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO das Recht, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt. So wurde teils die Ansicht vertreten, die Entscheidung, einen Steuerfall ganz oder punktuell zu prüfen und diesen nicht ohne personelle Prüfung zu verarbeiten, habe keine rechtliche Entscheidungsqualität.49 Dem ist insoweit zuzustimmen, als dass die Fallauswahl eine der Entscheidung vorgeschaltete Handlung darstellt. Gleichwohl ist der kausale Zusammenhang zu berücksichtigen, da die Handlung auf die eigentliche Entscheidung zurückwirkt,50 sodass Art. 22 Abs. 1 DSGVO dem Grunde nach einschlägig ist.51 Diese Frage hat das BMF insoweit ebenfalls positiv beantwortet, als dass sich im BMF-Schreiben zur Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung entsprechende Erläuterungen zu Art. 22 DSGVO unter Bezugnahme auf § 155 Abs. 4 AO finden.52

[16]

In Art. 22 Abs. 2 DSGVO sind weitreichende Ausnahmen des in Rede stehenden Betroffenenrechts kodifiziert. Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren ist Art. 22 Abs. 2 Buchst. b DSGVO relevant.53 Die Reichweite der dort kodifizierten Mindestgarantien zum Schutz der Persönlichkeitsrechte ist weniger eindeutig geregelt als bei den anderen Tatbeständen.54 Gleichwohl ist der Ausnahmetatbestand erfüllt, da die automatisierte Entscheidung gemäß § 155 Abs. 4 Satz 1 AO grundsätzlich zulässig ist, und darüber hinaus stellt § 155 Abs. 4 AO i. V. m. § 150 Abs. 7 AO, insbesondere mit dem qualifizierten Freitextfeld, eine angemessene Maßnahme zur Wahrung der Rechte und Freiheiten sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Person zur Verfügung.55 Dieser Befund wird durch den Erwägungsgrund 71 der Datenschutz-Grundverordnung bekräftigt, der automationsgestützte Systeme zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des bereitgestellten Dienstes explizit erwähnt.

3.2.2.

Transparenzanforderungen ^

[17]

Neben dem grundsätzlichen Schutz vor ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidungen gemäß Art. 22 Abs. 1 DSGVO, gilt es diese transparent zu machen. Denn das Nachvollziehen und Erklären von Prozessen zur Entscheidungsfindung ist insbesondere in der öffentlichen Verwaltung von elementarer Bedeutung.56

[18]

Die Datenschutz-Grundverordnung unterscheidet dem Grunde nach zwischen Informationen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind (Erwägungsgrund 58) und zwischen Informationen, die für die betroffene Person bestimmt sind (Erwägungsgrund 60). An anderer Stelle wird in der deutschen Fassung zwischen Informationen, die tatsächlich der betroffenen Person mitgeteilt werden müssen (Art. 13 Abs. 1 DSGVO und Art. 14 Abs. 1 DSGVO) und solchen, die lediglich zur Verfügung zu stellen sind (Art. 13 Abs. 2 DSGVO und Art. 14 Abs. 2 DSGVO), sodass deren Bereitstellung zur potenziellen Kenntnisnahme genügt,57 differenziert. Letzteren ist die hier im Fokus stehende Hinweispflicht bezüglich des Bestehens einer ausschließlich automatisierten Entscheidungsfindung zuzuordnen (Art. 13 Abs. 2 Buchst. f sowie Art. 14 Abs. 2 Buchst. g DSGVO).58

[19]

Andere Sprachfassungen der Datenschutz-Grundverordnung unterscheiden nicht zwischen den Absätzen und regeln somit ein einheitliches Pflichtenprogramm für den Verantwortlichen.59 Mithin soll der unterschiedlichen Begriffsverwendung keine entscheidende Bedeutung zukommen, sondern vielmehr ein Übersetzungsfehler vorliegen60 und daher die Informationspflicht gegenüber der betroffenen Person, bei der die Daten erhoben werden, bestehen.61

[20]

Die nationale Regelung des § 32d Abs. 2 AO schränkt die in Art. 13 DSGVO und Art. 14 DSGVO kodifizierten Informationspflichten ein, indem eine unmittelbare Information an die betroffene Person durch die Bereitstellung in der Öffentlichkeit ersetzt werden kann.62 Mithin tritt die Publikation insoweit an die Stelle einer Individualinformation.63 Infolgedessen sind lediglich allgemeine und abstrakte Informationen veröffentlichungsfähig,64 wohingegen personenbezogene Daten nicht offengelegt werden dürfen.65 Eine Unionsrechtskonformität der in § 32d Abs. 2 AO kodifizierten generellen Einschränkung ist nur bei enger Auslegung der Vorschrift gegeben.66 Dessen ungeachtet geht der deutsche Gesetzgeber davon aus, dass die Finanzbehörde durch die Vorschrift in die Lage versetzt wird, den in Rede stehenden Pflichten nachzukommen.67

[21]

Dementsprechend stellt das als Anlage des entsprechenden BMF-Schreibens68 bekannt gemachte Informationsschreiben69 generelle Informationen zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren dar. Mithin kann die Finanzverwaltung insoweit auf eine erneute allgemeine Information der betroffenen Person bei späteren Datenerhebungen grundsätzlich verzichten (Art. 13 Abs. 4 DSGVO und Art. 14 Abs. 5 Buchst. a DSGVO).70 Die die vollautomatisierten Entscheidungen betreffende Passage im fünften Kapitel ist auffällig kurz und beinhaltet unter Bezugnahme auf § 155 Abs. 4 AO lediglich die generelle Information, dass rechtsverbindliche Entscheidungen nur dann getroffen werden, wenn dies gesetzlich zugelassen ist.

[22]

Ob mit dem Informationsschreiben und den gewählten Publikationsformen die unionsrechtliche Vorgabe, über das grundsätzliche Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung zu informieren, hinreichend erfüllt wird, ist im Schrifttum nicht unumstritten.71 So wird teils die Ansicht vertreten, dass das in Rede stehende Schreiben nur genüge, wenn den betroffenen Personen weitere leicht zugängliche Verweise zu dessen Veröffentlichung mitgeteilt werden.72 Ansonsten könne die Finanzverwaltung nicht davon ausgehen, dass die Informationen tatsächlich bekannt sind (Art. 13 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 5 Buchst. a DSGVO).73

[23]

Das Informationsinteresse der Steuerpflichtigen erstreckt sich nicht nur auf den grundsätzlichen Einsatz, sondern vor allem auch auf die Funktionsweise vollständig automatisierter Verarbeitung. Sie möchten wissen, wie algorithmenbasierte Systeme Inhalte verarbeiten und ihre Ergebnisse zustande kommen.74 Dementsprechend ist in Art. 13 Abs. 2 Buchst. f DSGVO und Art. 14 Abs. 2 Buchst. g DSGVO kodifiziert, dass, neben dem Bestehen einer solchen Entscheidungsfindung, aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person zur Verfügung gestellt werden müssen.

[24]

Zu einer Offenbarung des Programmiercodes verpflichtet dies jedoch nicht, die zudem für die meisten Steuerpflichtigen wenig hilfreich wäre.75 Denn aus einer Zugänglichkeit des Codes resultiert nicht unweigerlich dessen Verständlichkeit.76 Weiterhin beinhaltet eine aussagekräftige Information zur involvierten Logik ebenfalls nicht, dass der Algorithmus des Verfahrens mitgeteilt werden muss, sondern vielmehr Informationen zu den Grundannahmen der Algorithmus-Logik ausreichend sind.77 Die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer ausschließlich automatisierten Verarbeitung werden in der datenschutzrechtlichen Literatur – soweit ersichtlich – kaum thematisiert.78

[25]

An Erläuterungen zu sämtlichen vorgenannten Aspekten mangelt es in dem Informationsschreiben der deutschen Finanzverwaltung. Da die Informationspflicht zur Logik, Tragweite und angestrebten Auswirkung sehr wohl die ausschließlich automationsgestützte Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 4 AO) erfasst,79 besteht insoweit dringender Handlungsbedarf. Daher sollte zumindest die Art des Algorithmus der Risikomanagementsysteme, d. h. ob dieser regelbasiert oder selbstlernend ist, offengelegt werden.80 Darüber hinaus ist eine Publikation der an die Risikobewertungsergebnisse geknüpften Verwaltungshandlungen im Allgemeinen und der unmittelbaren Folgen für den Steuerpflichtigen, beispielsweise die Einordnung in eine bestimmte Risikoklasse,81 in allgemeiner und abstrakter Form zu eruieren, da entsprechende Hinweise als grundsätzlich geeignete Öffentlichkeitsinformationen zu qualifizieren sind.82

3.3.

Ausblick ^

[26]

Mitunter wird die büromäßige Prüfung als weitgehend ineffizient83 und überholt84 bezeichnet. Die Forcierung des neuen Leitbilds in Deutschland ist daher ein konsequenter Schritt zur adäquaten Berücksichtigung der fortschreitenden Digitalisierung im Rahmen der steuerrechtlichen Fallbearbeitung.85 Die Risikomanagementsysteme können dazu beitragen, die rechtlichen Steuerungsvorgaben für voll automatisierte Fallbearbeitungen einzuhalten, und zugleich Rechtssicherheit herstellen.86 Gleichwohl führt die ausschließlich automationsgestützte Steuerfestsetzung zu neuartigen verfahrensrechtlichen Fragen, die sich u. a. auf die Anwendungsvoraussetzungen der Korrekturvorschriften oder auf die automatisierte Ermessensausübung beziehen. Deren zukünftige Bewältigung durch die Finanzverwaltung in praxi und ggf. dazu ergehende Rechtsprechung sind daher aufmerksam und kritisch zu verfolgen. Zudem bleibt abzuwarten, ob sich der legistisch bereits vollzogene Paradigmenwechsel des deutschen Besteuerungsverfahrens auf die Steuervollzugspraxis überträgt87 und welche Auswirkungen88 sich daraus ergeben.

[27]

Ein zentraler Aspekt des Wandels ist die Akzeptanz der vollständig automatisierten algorithmischen Entscheidungen durch die Steuerpflichtigen. Das Forschungsfeld der erklärbaren künstlichen Intelligenz89 könnte hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Deren Ziel ist es, die Entscheidungen selbstlernender Systeme nachvollziehbar zu machen.90 So könnte Undurchsichtigkeit vermindert, notwendiges Vertrauen aufgebaut und Akzeptanz gefördert werden.91 Ist dies, wie bei den geheim gehaltenen Risikomanagementsystemen und dem defizitären Erklären vollautomatisierter Entscheidungsfindung, nicht der Fall, könnte die Legitimität der Entscheidungen ggf. angezweifelt werden.92

  1. 1 Nach C. Jabloner, Rechtsschutz im österreichischen Abgabenrecht. In: R. Mellinghoff/W. Schön/H.-U. Viskorf (Hrsg.), Steuerrecht im Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Spindler, Dr. Otto Schmidt, Köln 2011, S. 245 (S. 245) ist die Nähe zwischen österreichischem und deutschem Steuerrecht ausgeprägter als in anderen Rechtsgebieten.
  2. 2 Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes. Risikomanagement in der Finanzverwaltung, S. 271 f., https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Risikomanagement_in_der_Finanzverwaltung.pdf (aufgerufen am 30. Oktober 2019).
  3. 3 J. Makolm, Der Weg zu Best Practice in e-Government. Ein evolutionärer Ansatz. In: E. Schweighofer/T. Menzel/G. Kreuzbauer/D. Liebwald (Hrsg.), Zwischen Rechtstheorie und e-Government. Aktuelle Fragen der Rechtsinformatik 2003, Verlag Österreich, Wien 2003, S. 157 (S. 163).
  4. 4 Ein Organwalter ist eine natürliche Person, die eine juristische Person als deren Organ vertritt.
  5. 5 Ebenda; L. Hübl, Die «papierlose» Finanzverwaltung. Vorzeigeprojekt der österreichischen Verwaltung, SWK 2006, S. 88 (S. 90).
  6. 6 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) v. 02.01.1930, BGBl. Nr. 1/1930.
  7. 7 B. Binder, Der Finanzamt-Automat. Grenzen des E-Governments in der Finanzverwaltung. In: H. Kofler/W. Nadvornik/R. Schwarz/B. Renner (Hrsg.), Steuergestaltung und Betriebswirtschaft: Gründung – Expansion – Sanierung – Unternehmensnachfolge. Festschrift für Josef Schlager zum 65. Geburtstag, Linde, Wien 2012, S. 163 (S. 166).
  8. 8 VwGH 24. November 2011, 2008/15/0205, VwSlg 8680 F/2011; zu der ergangenen Rechtsprechung eingehend C. Ritz. In: Bundesabgabenordnung. Kommentar, 6. Auflage (2017) § 96, Rz. 10.
  9. 9 Diesen Terminus beispielsweise verwendend VwGH 17. September 1997, 93/13/0059, VwSlg 7210 F/1997; UFS 24. April 2009, RV/0764-L/03, Findok 40538.1; M. Rombold, § 299 BAO als kleine Schwester der «Abgabenfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung». § 161 BAO keine taugliche Grundlage zur Kontrolle bereits erlassener Bescheide, SWK 2005, S. 910 (S. 911); J. Schlager, Die Bedeutung der Grundsätze des Abgabenverfahrens bei der elektronischen Steuerveranlagung. Beispiel aus der Praxis: die unwiderrufliche Option des § 10 Abs. 3 KStG, SWK 2010, S. T 33 (T 35).
  10. 10 Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.07.2016, BGBl. I, 1679.
  11. 11 BT-Drs. 18/7457, S. 48.
  12. 12 Ebenda, S. 49. Ähnlich C. Thiemann, Rechtsschutz im modernisierten Besteuerungsverfahren, StuW 2018, S. 304 (S. 305), der hervorhebt, dass das Gesetz ein neues Regel-Ausnahme-Verhältnis der Fallbearbeitung begründet.
  13. 13 Entsprechend BT-Drs. 18/7457, S. 69 soll insbesondere die Quote der vollständig maschinell bearbeiteten Steuererklärungen deutlich gesteigert werden.
  14. 14 Eigene Anfrage vom 07.05.2019, Thema: Ausschließlich automationsgestützte Fallbearbeitung auf der Basis des Risikomanagementsystems.
  15. 15 Abgabenordnung (AO) v. 01.10.2002, BGBl. I 3866.
  16. 16 R.-M. Polomski, Der automatisierte Verwaltungsakt. Die Verwaltung an der Schwelle von der Automation zur Informations- und Kommunikationstechnik, Duncker & Humblot, Berlin 1993, S. 72 f. Zur (kritischen) begrifflichen Abgrenzung automatisierter Verwaltungsakte H. P. Bull, Der «vollständig automatisiert erlassene» Verwaltungsakt. Zur Begriffsbildung und rechtlichen Einhegung von «E-Government», DVBl 2017, S. 409 (S. 410 f.).
  17. 17 T. Siegel, Der virtuelle Verwaltungsakt, VerwArch 2014, S. 241 (S. 242).
  18. 18 R. Seer. In: K. Tipke/H. W. Kruse, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung: AO, FGO. Kommentar zur AO (ohne Steuerstrafrecht) und FGO § 155 AO, Rz. 46. Nach G. Kirchhof, Einzelfallgerechtigkeit und Maßstabbildung im digitalisierten Massenfallrecht. In: K.-D. Drüen/J. Hey/R. Mellinghoff (Hrsg.), 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018. Festschrift für den Bundesfinanzhof, Dr. Otto Schmidt, Köln 2018, S. 361 (S. 382) steht die digitalisierte Steuerrechtsanwendung unter Individualisierungsvorbehalt.
  19. 19 H. Hill, Scientific Regulation. Automatische Verhaltenssteuerung durch Daten und Algorithmen. In: H. Hill/U. Schliesky (Hrsg.), Auf dem Weg zum Digitalen Staat – auch ein besserer Staat? Nomos, Baden-Baden 2015, S. 267 (S. 273 f.); zum Subsumtionsvorgang in diesem Kontext ausführlich G. Buchholtz, Legal Tech, JuS 2017, S. 955 (S. 956 f.) und K. N. Kotsoglou, Subsumtionsautomat 2.0. Über die (Un-)Möglichkeit einer Algorithmisierung der Rechtserzeugung, JZ 2014, S. 451 (S. 452 ff.).
  20. 20 H. Hill, Scientific Regulation. Automatische Verhaltenssteuerung durch Daten und Algorithmen. In: H. Hill/U. Schliesky (Hrsg.), Auf dem Weg zum Digitalen Staat – auch ein besserer Staat? Nomos, Baden-Baden 2015, S. 267 (S. 274).
  21. 21 C. Ernst, Algorithmische Entscheidungsfindung und personenbezogene Daten, JZ 2017, S. 1026 (S. 1028).
  22. 22 B. Kaminski, Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, AktStR 2016, S. 361 (S. 367) und N. Trossen, Das qualifizierte Freitextfeld (§ 150 Abs. 7 Sätze 1 und 2 AO). Zukünftige Praxisprobleme und offene Fragen, AO-StB 2017, S. 309 (S. 310) bezeichnen dies explizit als Antragsrecht auf personelle Bearbeitung.
  23. 23 Dazu ausführlich M. Szymczak. In: M. Baum/J. W. Buse/H. Brandl/M. Szymczak, AO eKommentar § 155, Rz. 12.2. N. Trossen, Das qualifizierte Freitextfeld (§ 150 Abs. 7 Sätze 1 und 2 AO). Zukünftige Praxisprobleme und offene Fragen, AO-StB 2017, S. 309 (S. 310) weist zudem auf die längere Bearbeitungsdauer bei personellen Veranlagungen hin.
  24. 24 So aber bereits vor der gesetzlichen Kodifizierung E. Schmidt/M. Schmitt, Risikomanagement. Zaubermittel oder Bankrotterklärung der Verwaltung? In: R. Mellinghoff/W. Schön/H.-U. Viskorf (Hrsg.), Steuerrecht im Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Spindler, Dr. Otto Schmidt, Köln 2011, S. 529 (S. 546).
  25. 25 G. Frotscher. In: B. Schwarz/A. Pahlke, AO/FGO Kommentar. Erstkommentierung zum Modernisierungsgesetz des Besteuerungsverfahrens (2017) Erstkommentierung, BestVerfModG 2016, § 155 AO, Rz. 13.
  26. 26 Nach G. Kirchhof, Einzelfallgerechtigkeit und Maßstabbildung im digitalisierten Massenfallrecht. In: K.-D. Drüen/J. Hey/R. Mellinghoff (Hrsg.), 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018. Festschrift für den Bundesfinanzhof, Dr. Otto Schmidt, Köln 2018, S. 361 (S. 362) ist das Einkommensteuerrecht u. a. aufgrund der zahlreichen gleichartigen Fälle zur Digitalisierung geradezu prädestiniert. In diese Richtung auch H. Kube, E-Government: Ein Paradigmenwechsel in Verwaltung und Verwaltungsrecht? 3. Aussprache und Schlusswort. In: U. Sacksofsky (Hrsg.), Gleichheit, Vielfalt, technischer Wandel, De Gruyter, Berlin 2019, S. 333 (S. 357), der das Steuerrecht für eine weitgehende Digitalisierung des Vollzugs als geeignet erachtet.
  27. 27 W. Hoffmann-Riem, Verhaltenssteuerung durch Algorithmen. Eine Herausforderung für das Recht, AöR 2017, S. 1 (S. 29) weist jedoch zutreffend darauf hin, dass die auf die Entwicklung der Algorithmen einwirkenden Faktoren nicht rechtsgeprägt sein müssen.
  28. 28 C. Ahrendt, Alte Zöpfe neu geflochten. Das materielle Recht in der Hand von Programmierern, NJW 2017, S. 537 (S. 539 f.) A. A. sind P. Enders, Einsatz künstlicher Intelligenz bei juristischer Entscheidungsfindung, JA 2018, S. 721 (S. 725); G. Buchholtz, Legal Tech, JuS 2017, S. 955 (S. 958) und K. N. Kotsoglou, Subsumtionsautomat 2.0. Über die (Un-)Möglichkeit einer Algorithmisierung der Rechtserzeugung, JZ 2014, S. 451 (S. 456), für die der Subsumtionsvorgang nicht automatisierbar ist.
  29. 29 T. Siegel, Der virtuelle Verwaltungsakt, VerwArch 2014, S. 241 (S. 258).
  30. 30 So differenzierte R.-M. Polomski, Der automatisierte Verwaltungsakt. Die Verwaltung an der Schwelle von der Automation zur Informations- und Kommunikationstechnik, Duncker & Humblot, Berlin 1993, S. 55 ff. dahingehend bereits vor geraumer Zeit zwischen bestimmten und unbestimmten Rechtsbegriffen, wobei vor allem Erstere automationsgeeignet seien.
  31. 31 Dazu anschaulich mit diversen Beispielen M. Engel, Erwiderung Algorithmisierte Rechtsfindung als juristische Arbeitshilfe, JZ 2014, S. 1096 (S. 1097 f.); ähnlich V. Herold, Algorithmisierung von Ermessensentscheidungen durch Machine Learning. In: J. Taeger (Hrsg.), Rechtsfragen digitaler Transformationen – Gestaltung digitaler Veränderungsprozesse durch Recht. Tagungsband Herbstakademie 2018, OlWIR, Edewecht 2018, S. 453 (S. 460). J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots. Der Wandel im Rechtsmarkt durch neue Technologien und künstliche Intelligenz, Springer Gabler, Wiesbaden 2018, S. 32 und T. Wischmeyer, Regulierung intelligenter Systeme, AöR 2018, S. 1 (S. 40 f.) gehen davon aus, dass nach dem aktuellen Stand der Technik lediglich einfache Subsumtionen möglich sind.
  32. 32 Eine digitale Subsumtion des deutschen Einkommensteuergesetzes findet nach G. Kirchhof, Einzelfallgerechtigkeit und Maßstabbildung im digitalisierten Massenfallrecht. In: K.-D. Drüen/J. Hey/R. Mellinghoff (Hrsg.), 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018. Festschrift für den Bundesfinanzhof, Dr. Otto Schmidt, Köln 2018, S. 361 (S. 378) bisher nicht statt.
  33. 33 G. Kirchhof, Rechtsetzung und Rechtsanwendung im steuerlichen Massenfallrecht. In: K.-D. Drüen (Hrsg.), Besteuerung von Arbeitnehmern. 41. Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e. V., Hannover, 19. und 20. September 2016, Dr. Otto Schmidt, Köln 2017, S. 47 (S. 65); C. Ahrendt, Alte Zöpfe neu geflochten. Das materielle Recht in der Hand von Programmierern, NJW 2017, S. 537 (S. 539 f.); K.-D. Drüen, Risikomanagement im Besteuerungsverfahren. Kostendruck und Vollzugspflicht der Steuerverwaltung. In: J. Brandt (Hrsg.), 8. bis 9. Deutscher Finanzgerichtstag 2011/2012. Europäische Perspektiven im Steuerrecht – Steuergerechtigkeit und Steuervereinfachung, Boorberg, Stuttgart 2013, S. 253 (S. 271).
  34. 34 Nach A. Richter/B. Welling, Tagungs- und Diskussionsbericht zum 56. Berliner Steuergespräch «Die Reform der Abgabenordnung» am 21.9.2015, FR 2015, S. 1014 (S. 1015) können lediglich simple Routineveranlagungen vollständig automatisiert durchgeführt werden.
  35. 35 P. Kirchhof, Die steuerrechtliche Bedeutung der Digitalisierung für Unternehmen und Unternehmensberater, DStR 2018, S. 497 (S. 501).
  36. 36 Dazu näher C. Funk/O. Raabe/R. Wacker, Juristische Methodik. In: O. Raabe/R. Wacker/D. Oberle/C. Baumann/C. Funk (Hrsg.), Recht ex machina. Formalisierung des Rechts im Internet der Dienste, Springer, Berlin 2012, S. 53 (S. 65 f.).
  37. 37 A. A. ist C. Thiemann, Rechtsschutz im modernisierten Besteuerungsverfahren, StuW 2018, S. 304 (S. 308), der hervorhebt, dass die fehlende personelle Prüfung nicht durch eine computerisierte Vorprüfung ersetzt werde könne. Zudem sollen maschinelle Risikofiltersysteme rechtliche Schlüssigkeitsprüfungen nicht leisten können.
  38. 38 Exemplarisch für den Arbeitnehmerbereich D. Engels, Bericht nach § 99 BHO. Über den Vollzug der Steuergesetze, insbesondere im Arbeitnehmerbereich, S. 6, https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/sonderberichte/langfassungen/2012-sonderbericht-vollzug-der-steuergesetze-insbesondere-im-arbeitnehmerbereich/at_download/file (aufgerufen am 30. Oktober 2019).
  39. 39 Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes. Risikomanagement in der Finanzverwaltung, S. 227 und 274, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Risikomanagement_in_der_Finanzverwaltung.pdf (aufgerufen am 30. Oktober 2019).
  40. 40 C. Ahrendt, Alte Zöpfe neu geflochten. Das materielle Recht in der Hand von Programmierern, NJW 2017, S. 537 (S. 539).
  41. 41 M. Heintzen, Das gemeinsame Konzept von Bund und Ländern zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, DÖV 2015, S. 780 (S. 784). Hingegen sollen nach A. Adrian, Der Richterautomat ist möglich – Semantik ist nur eine Illusion, RT 2017, S. 77 (S. 104 f.) menschliche Entscheidungsträger, insbesondere in hoheitlichen Berufen, nicht substituierbar und weiter zwingend erforderlich sein.
  42. 42 M. Maier, Verfassungsrechtliche Aspekte der Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens, JZ 2017, S. 614 (S. 616).
  43. 43 Ebenda.
  44. 44 Ebenda, S. 617.
  45. 45 Ebenda, S. 618. R. Mellinghoff, Auswirkungen der Digitalisierung im Steuerrecht. In: K.-D. Drüen/J. Hey/R. Mellinghoff (Hrsg.), 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018. Festschrift für den Bundesfinanzhof, Dr. Otto Schmidt, Köln 2018, S. 421 (S. 428) hebt deutlich hervor, dass diese Absolutheit gerade nicht gegeben ist.
  46. 46 M. Heintzen, Das gemeinsame Konzept von Bund und Ländern zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, DÖV 2015, S. 780 (S. 785); a. A. C. Thiemann, Rechtsschutz im modernisierten Besteuerungsverfahren, StuW 2018, S. 304 (S. 312 f.).
  47. 47 M. Heintzen, Das gemeinsame Konzept von Bund und Ländern zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, DÖV 2015, S. 780 (S. 785); a. A. S. Müller-Franken, Grundfragen des Besteuerungsverfahrens. Anforderungen des Rechts an die Digitalisierung der Gewinnung und Verarbeitung von Informationen im Steuerrecht, StuW 2018, S. 113 (S. 117), der ein strukturelles Vollzugsdefizit hinsichtlich einer gesamten Steuerart zumindest nicht ausschließt.
  48. 48 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)) v. 27.04.2016, Abl. L 119, 1; Berichtigung der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG v. 27.04.2016, Abl. L 314, S. 72.
  49. 49 M. Krumm, Grundfragen des steuerlichen Datenverarbeitungsrechts, DB 2017, S. 2182 (S. 2191).
  50. 50 M. Martini/D. Nink, Wenn Maschinen entscheiden... vollautomatisierte Verwaltungsverfahren und der Persönlichkeitsschutz, Extra 10 zu NVwZ 2017, S. 1 (S. 10).
  51. 51 So auch S. Müller-Franken, Grundfragen des Besteuerungsverfahrens. Anforderungen des Rechts an die Digitalisierung der Gewinnung und Verarbeitung von Informationen im Steuerrecht, StuW 2018, S. 113 (S. 116); M. Martini, Transformation der Verwaltung durch Digitalisierung, DÖV 2017, S. 443 (S. 452).
  52. 52 Bundesministerium der Finanzen, Datenschutz im Steuerverwaltungsverfahren ab dem 25. Mai 2018. IV A 3-S 0030/16/10004-07, Rz. 90.
  53. 53 M. Baum. In: M. Baum/J. W. Buse/H. Brandl/M. Szymczak, AO eKommentar § 32f, Rz. 26; lediglich auf Abs. 2 ohne weitere Angabe des Buchts. b verweist Bundesministerium der Finanzen, Datenschutz im Steuerverwaltungsverfahren ab dem 25. Mai 2018. IV A 3-S 0030/16/10004-07, Rz. 90.
  54. 54 M. Martini, Transformation der Verwaltung durch Digitalisierung, DÖV 2017, S. 443 (S. 452).
  55. 55 Bundesministerium der Finanzen, Datenschutz im Steuerverwaltungsverfahren ab dem 25. Mai 2018. IV A 3-S 0030/16/10004-07, Rz. 90; deutlicher M. Martini/D. Nink, Wenn Maschinen entscheiden... vollautomatisierte Verwaltungsverfahren und der Persönlichkeitsschutz, Extra 10 zu NVwZ 2017, S. 1 (S. 9).
  56. 56 BT-Drs. 19/5667, S. 6.
  57. 57 T. Schober. In: D. Gosch/A. Beermann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung. Kommentar § 32d AO, Rz. 28.
  58. 58 Darüber hinaus ist in Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DSGVO ein entsprechendes Auskunftsrecht der Betroffenen kodifiziert.
  59. 59 Dies gilt nach ebenda insbesondere für die englische und französische Sprachfassung.
  60. 60 B. P. Paal/M. Hennemann. In: B. P. Paal/D. A. Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz, 2. Auflage (2018) Art. 13 DSGVO, Rz. 21 m. w. N.
  61. 61 Ebenda.
  62. 62 T. Schober. In: D. Gosch/A. Beermann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung. Kommentar § 32d AO, Rz. 1 f.
  63. 63 K.-D. Drüen. In: K. Tipke/H. W. Kruse, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung: AO, FGO. Kommentar zur AO (ohne Steuerstrafrecht) und FGO § 32d AO, Rz. 12.
  64. 64 M. Baum. In: M. Baum/J. W. Buse/H. Brandl/M. Szymczak, AO eKommentar § 32d, Rz. 12.
  65. 65 T. Schober. In: D. Gosch/A. Beermann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung. Kommentar § 32d AO, Rz. 24; M. Baum. In: M. Baum/J. W. Buse/H. Brandl/M. Szymczak, AO eKommentar § 32d, Rz. 12.
  66. 66 Dazu eingehend T. Schober. In: D. Gosch/A. Beermann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung. Kommentar § 32d AO, Rz. 7.
  67. 67 BT-Drs. 18/12611, S. 89.
  68. 68 Bundesministerium der Finanzen, Allgemeine Informationen zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben der Artikel 12 bis 14 der Datenschutz-Grundverordnung in der Steuerverwaltung. IV A 3-S 0030/16/10004-21.
  69. 69 Das aktuelle Schreiben ist abrufbar unter https://www.bzst.de/SharedDocs/Downloads/DE/Informationen_zum_Datenschutz/allg_ informationen_zum_Datenschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (aufgerufen am 30. Oktober 2019).
  70. 70 M. Baum. In: M. Baum/J. W. Buse/H. Brandl/M. Szymczak, AO eKommentar § 32d, Rz. 14.
  71. 71 Unkritisch beispielsweise ebenda, Rz. 13 ff.
  72. 72 Als Beispiele nennt T. Schober. In: D. Gosch/A. Beermann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung. Kommentar § 32d AO, Rz. 28 u. a. Kurz-URLs und QR-Codes.
  73. 73 Ebenda.
  74. 74 M. Martini, Blackbox Algorithmus – Grundfragen einer Regulierung Künstlicher Intelligenz. Unter Mitarbeit von Michael Kolain und Jan Mysegades, Springer, Berlin 2019, S. 181.
  75. 75 M. Martini, Transformation der Verwaltung durch Digitalisierung, DÖV 2017, S. 443 (S. 453).
  76. 76 M. Martini, Blackbox Algorithmus – Grundfragen einer Regulierung Künstlicher Intelligenz. Unter Mitarbeit von Michael Kolain und Jan Mysegades, Springer, Berlin 2019, S. 181.
  77. 77 B. P. Paal/M. Hennemann. In: B. P. Paal/D. A. Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz, 2. Auflage (2018) Art. 13 DSGVO, Rz. 31; T. Gausling, Künstliche Intelligenz und DSGVO. In: J. Taeger (Hrsg.), Rechtsfragen digitaler Transformationen – Gestaltung digitaler Veränderungsprozesse durch Recht. Tagungsband Herbstakademie 2018, OlWIR, Edewecht 2018, S. 519 (S. 536 f.).
  78. 78 Dazu überblicksartig W. Kamlah. In: K.-U. Plath, DSGVO/BDSG. Kommentar zu DSGVO, BDSG und den Datenschutzbestimmungen von TMG und TKG, 3. Auflage (2018) Art. 13 DSGVO, Rz. 29.
  79. 79 So auch M. Martini, Blackbox Algorithmus – Grundfragen einer Regulierung Künstlicher Intelligenz. Unter Mitarbeit von Michael Kolain und Jan Mysegades, Springer, Berlin 2019, S. 185.
  80. 80 T. Ehrke-Rabel, Profiling im Steuervollzug, FR 2019, S. 45 (S. 57).
  81. 81 Zur Offenlegung dieser Aspekte kritisch ebenda.
  82. 82 T. Schober. In: D. Gosch/A. Beermann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung. Kommentar § 32d AO, Rz. 24.
  83. 83 G. Frotscher. In: B. Schwarz/A. Pahlke, AO/FGO Kommentar. Erstkommentierung zum Modernisierungsgesetz des Besteuerungsverfahrens (2017) Erstkommentierung, BestVerfModG 2016, Einleitung, Rz. 1.
  84. 84 M. Eilfort/J. Lang, Strukturreform der deutschen Ertragsteuern. Bericht über die Arbeit und Entwürfe der Kommission «Steuergesetzbuch» der Stiftung Marktwirtschaft, Olzog, München 2013, S. 173.
  85. 85 Hingegen wurde bis vor einiger Zeit die Automatisierung unter Bezugnahme auf das vormalige legistische Konzept im Schrifttum noch als ein Fremdkörper im Verfahrensrecht angesehen, M. Eifert, Electronic government. Das Recht der elektronischen Verwaltung, Nomos, Baden-Baden 2006, S. 127.
  86. 86 M. Martini/D. Nink, Wenn Maschinen entscheiden... vollautomatisierte Verwaltungsverfahren und der Persönlichkeitsschutz, Extra 10 zu NVwZ 2017, S. 1 (S. 13).
  87. 87 T. Siegel, Der virtuelle Verwaltungsakt, VerwArch 2014, S. 241 (S. 260) steht dem zeitnahen Wandel eher skeptisch gegenüber und geht nicht davon aus, dass die automatisierte Fallbearbeitung auf absehbare Zeit zum Regelfall werde.
  88. 88 Nach M. Teller. In: F. Gräber, Finanzgerichtsordnung. mit Nebengesetzen, 9. Auflage (2019) Vor § 40, Rz. 56 soll das neue Leitbild zu einer Zweiteilung des Festsetzungsverfahrens in vollmaschinell ungeprüfte und personell geprüfte Veranlagungen führen.
  89. 89 Diese wird auch als explainable AI bezeichnet, BT-Drs. 19/5667, S. 6; A. Holzinger, Explainable AI (ex-AI), Informatik-Spektrum 2018, S. 138 (S. 139).
  90. 90 BT-Drs. 19/5667, S. 6.
  91. 91 A. Holzinger, Explainable AI (ex-AI), Informatik-Spektrum 2018, S. 138 (S. 139).
  92. 92 J. Etscheid, Automatisierungspotenziale in der Verwaltung. In: R. M. Kar/B. Thapa/P. Parycek (Hrsg.), (Un)Berechenbar? Algorithmen und Automatisierung in Staat und Gesellschaft, Kompetenzzentrum Öffentliche IT, Berlin 2018, S. 126 (S. 148 f.).