1.
Einleitung ^
Im September 2020 hat das Parlament ein Bündel von Gesetzesanpassungen verabschiedet, um verschiedenen Anwendungen der Blockchain-Technologie ein besseres rechtliches Fundament zu verleihen.1 Zusammen mit der zugehörigen Mantelverordnung bringen diese Anpassungen verschiedene Verbesserungen des Schweizer Rechtsrahmens im Zusammenhang mit der Nutzung dezentraler Technologien und kryptobasierten Vermögenswerten bzw. Kryptowerten2 mit sich. Insgesamt wurden zehn Bundesgesetze angepasst, darunter auch das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) und das Bankengesetz (BankG).
Das SchKG regelt neu ausdrücklich die Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte und Daten aus der Konkursmasse. Damit werden die sachähnlichen Eigenschaften von Kryptowerten konkursrechtlich anerkannt. Einzelne Stimmen hätten eine noch grundlegendere Einordnung als Fahrnis nach Art. 713 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) begrüsst; dies hat man jedoch aufgrund der schwer absehbaren rechtlichen Auswirkungen verworfen.3 Parallel dazu wurden die bankinsolvenzrechtlichen Bestimmungen des BankG auf die Anpassungen im SchKG abgestimmt und die bis dahin wenig genutzte «Fintech-Lizenz» nach Art. 1b BankG aufgewertet. Den Inhabern von sammelverwahrten Kryptowerten hat der Gesetzgeber im SchKG ausdrückliche Aussonderungsrechte zugestanden. Die Verwahrer sammelverwahrter Kryptowährungen4 benötigen aber eine Lizenz nach BankG für ihre Tätigkeit. Dies passt konzeptionell zur Fintech-Lizenz, welche schon vorher auf die Aufbewahrung von Kundenvermögen ohne zugehöriges Zinsdifferenzgeschäft ausgerichtet war. Gleichzeitig wurde damit der Sorge begegnet, dass aufgrund der Änderungen im SchKG auf Sammelverwahrung beruhende «bankähnliche» Geschäftsmodelle selbst bei grossem Umfang keinerlei Aufsicht der FINMA unterstanden hätten.5
Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die sehr spezifische Frage des Aussonderungsrechts von gestakten Kryptowerten und die damit verbundenen finanzmarktrechtlichen Konsequenzen. Staking fand zur Zeit der Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf noch kaum Beachtung und kann als erster grösserer Test der Zukunftsfähigkeit des Gesetzespakets gesehen werden.6 Dabei besteht die Kernfrage darin, wie der Vorgang des Stakings mit Hilfe eines Dritten wirtschaftlich und rechtlich einzuordnen ist.
2.1.
Was ist Staking? ^
Eine Blockchain ist eine dezentral organisierte Datenstruktur, welche eine global konsistente Ausführung von Transaktionen erlaubt. Ihr wichtigster Anwendungszweck ist die Schaffung von Kryptowährungen und anderen Kryptowerten. Ihre Dezentralität macht einen Mechanismus zur Konsensfindung innerhalb des Systems notwendig.7 Dabei sind bei öffentlichen Blockchains vornehmlich zwei Methoden von Bedeutung: «Proof-of-Work» und «Proof-of-Stake». Bei der Proof-of-Stake-Methode basiert die Validierung im Gegensatz zur Proof-of-Work-Methode nicht auf Rechenleistung («Mining»), sondern auf dem Einsatz («Staking») von Kryptowerten durch die Netzwerk-Teilnehmer.8 Proof-of-Stake ist deutlich energie-effizienter als Proof-of-Work und gilt im Allgemeinen als die zukunftsfähigere Variante.9
An Systemen, die auf Proof-of-Stake beruhen, darf nur aktiv teilnehmen, wer bereit ist, eine Mindestmenge an Kryptowerten als Sicherheit zur Verfügung zu stellen und für die Dauer der Teilnahme am System zu immobilisieren. Diese «Blockierung» dient dazu, den Teilnehmer mittels Vernichtung eines Teils seiner Kryptowerte bestrafen zu können, falls er die Regeln des Systems verletzt («Slashing»). Gleichzeitig erhält der Teilnehmer eine Belohnung («Staking-Reward») für systemkonformes Verhalten im Einklang mit der Mehrheit der Teilnehmer.10 Während die Rewards kontinuierlich gutgeschrieben werden, kommt ein Slashing, etwa aufgrund einer absichtlichen Regelverletzung oder eines operativen Fehlers, in der Praxis nur sehr selten vor.
Wer möchte, kann auch mehrfach teilnehmen und so die Belohnung proportional zum eingesetzten Kapital erhöhen. Dies legt den Trugschluss nahe, beim Staking-Reward handle es sich um einen Zins für das Ausleihen von Kapital an einen Dritten. Diese Analogie muss aber bei näherer Betrachtung verworfen werden, denn das eingesetzte Kapital wird nicht an einen Dritten übertragen und bleibt im System dem Inhaber zugeordnet, wenn auch in blockiertem Zustand. Wirtschaftlich gesehen ist dieser Vorgang somit keine Ausleihe, sondern die Verwendung eines Vermögenswertes als Sicherheit.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass im Gegensatz zur traditionellen Sicherheit, beispielsweise zur Sicherung eines Kredits, der Stake beim Slashing nicht verwertet, sondern vernichtet wird. Selbst im Fall eines Slashings erhält also kein Dritter die Verfügungsmacht über die blockierten Kryptowerte. Ob die Kryptowerte im Fall des Slashings verwertet oder vernichtet werden, sollte unseres Erachtens aber in der weiteren Analyse keinen Unterschied machen. Entscheidend ist, dass sie von keinem Dritten verwendet werden, solange sie als Sicherheit dienen.
2.2.
Staking-Varianten ^
Staking kommt in verschiedenen Varianten vor. Im einfachsten Fall sind Inhaber der Kryptowerte und Betreiber der technischen Infrastruktur ein und dieselbe Person. Rechtlich interessanter sind dagegen Fälle, in denen Inhaber der Kryptowerte und technischer Betreiber des Netzwerkknotens nicht identisch sind.
Vertraglich lässt sich das Staking durch einen Dienstleister stets so ausgestalten, dass eine bankenrechtliche Einlage vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Inhaber die Kryptowährungen vollständig an den Betreiber überträgt und damit lediglich eine Forderung in der Höhe der übertragenen Kryptowährungen entsteht, jedoch kein Aussonderungsrecht. Im Allgemeinen empfehlenswerter ist aber die aussonderbare Hinterlegung der Kryptowerte beim Betreiber.
Manche Systeme verfügen über explizite Funktionen zur Ernennung eines Dritten als Betreiber durch den Inhaber («nominated» oder «delegated» Staking). In diesem Fall muss der Inhaber dem Betreiber keine Verfügungsmacht über die Kryptowerte geben, bleibt aber weiterhin dem Risiko des Slashings ausgesetzt, falls der Betreiber einen Fehler macht. Beim delegated Staking ist bereits aufgrund der auf der Blockchain vorhandenen Daten ersichtlich, dass der beauftragte Dienstleister im Namen seines Kunden tätig ist. Im Gegensatz dazu erschliesst sich die Frage, ob der Betreiber in eigenem Namen oder im Namen des Kunden staked, erst anhand des vorliegenden Vertragsverhältnisses.
Der Mindesteinsatz beim Staking ist oft signifikant. Im Ethereum-System sind es 32 Ether und damit derzeit gegen CHF 100’000. Deshalb wird in der Praxis auch das gemeinsame bzw. nicht segregierte Staking angeboten («pooled» Staking). Diese Variante ist rechtlich am anspruchsvollsten, ökonomisch jedoch oft die sinnvollste.
3.1.
Rechtsentwicklung ^
Kryptowerte werden häufig nicht durch die wirtschaftlich berechtigte Person selbst, sondern durch einen entsprechenden Dienstleister verwahrt. Je nach Ausgestaltung kann die Verwahrung durch eine Verwahrstelle dem Inhaber von Kryptowerten unterschiedliche Vorteile bringen, etwa die sichere Aufbewahrung und Verwaltung der Private Keys oder der einfache Wechsel von Kryptowerten in staatliche Währungen.11
Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Aussonderung der betreffenden Kryptowerte bei Konkurs des Verwahrers dabei bereits gestützt auf Art. 242 SchKG hätte erfolgen können und inwieweit eine zu füllende Lücke vorgelegen hat, ist in der Literatur umstritten und auch durch die Rechtsprechung nicht geklärt.12
Diese Rechtsunsicherheit hat der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 242a und 242b SchKG beseitigt, indem er die materiellen Voraussetzungen der Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte (nachfolgend vereinfachend oft auch nur «Kryptowerte» genannt) im Konkurs des Verwahrers gesetzlich verankert hat. In dieser Hinsicht ist davon auszugehen, dass Art. 242a und 242b SchKG eine abschliessende Regelung zur Aussonderung von Kryptowerten schaffen, weshalb Art. 242 SchKG nicht mehr für die Aussonderung von Kryptowerten angerufen werden kann.
Somit geniessen die Kunden solcher Dienstleister unter gewissen Voraussetzungen neu ein ausdrückliches Aussonderungsrecht und damit konkursrechtlich eine ähnliche rechtliche Stellung wie die Eigentümer verwahrter Sachen.13
3.2.
Aussonderbarkeit nach Art. 242a SchKG ^
Sofern der Kunde keinen eigenen Zugriff auf die kryptobasierten Vermögenswerte besitzt und der Verwahrer über sämtliche erforderlichen Schlüssel verfügt, um auf die Kryptowerte zugreifen zu können, würden mangels anderslautender Vorgaben die Kryptowerte bei Konkurs des Verwahrers in die Konkursmasse fallen.14 Für Kunden, die mangels (ausschliesslicher) tatsächlicher Verfügungsgewalt15 nicht unmittelbar auf ihre kryptobasierten Vermögensrechte zugreifen können, ist deshalb das mit Art. 242a SchKG gesetzlich verankerter Aussonderungsrecht von zentraler Bedeutung.
Art. 242a
1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe kryptobasierter Vermögenswerte, über die der Gemeinschuldner zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung die Verfügungsmacht innehat und die von einem Dritten beansprucht werden.
2 Der Anspruch ist begründet, wenn der Gemeinschuldner sich verpflichtet hat, die kryptobasierten Vermögenswerte für den Dritten jederzeit bereitzuhalten und diese:a. dem Dritten individuell zugeordnet sind; oderb. einer Gemeinschaft zugeordnet sind und ersichtlich ist, welcher Anteil am Gemeinschaftsvermögen dem Dritten zusteht.
3 Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Gericht am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
4 Die Kosten für die Herausgabe sind von demjenigen zu übernehmen, der diese verlangt. Die Konkursverwaltung kann einen entsprechenden Vorschuss verlangen.
Gegenstand des Aussonderungsverfahrens bilden dabei gemäss Art. 242a Abs. 1 SchKG kryptobasierte Vermögenswerte bzw. Kryptowerte. Als Kryptowerte im Sinne der Bestimmung gelten sämtliche Vermögenswerte, bei denen die Verfügungsmacht ausschliesslich über ein kryptographisches Verfahren vermittelt wird.16 Von der Aussonderungsregelung sind somit – unabhängig von ihrer Ausgestaltung als Registerwertrecht – sämtliche Blockchain-basierten Token erfasst.17
Der Anspruch gegenüber der Konkursmasse auf Aussonderung bzw. Übertragung der betroffenen Kryptowerte ist gemäss Art. 242a SchKG an zwei (kumulative) Voraussetzungen geknüpft. Erstens muss sich der konkursite Aufbewahrer gegenüber dem Kunden verpflichtet haben, die Kryptowerte jederzeit für diesen bereitzuhalten (Abs. 2). Zweitens müssen die bereitgehaltenen Werteinheiten entweder dem Kunden individuell (Abs. 2 lit. a) oder einer Gemeinschaft (Abs. 2 lit. b) zugeordnet werden können.
3.2.1.
Verpflichtung zur Bereithaltung (Art. 242a Abs. 2 SchKG) ^
Mit der ersten Voraussetzung für die Aussonderbarkeit nach Art. 242a SchKG, der Verpflichtung des Verwahrers, die Kryptowerte jederzeit für den Kunden bereitzuhalten, wird klar, dass die Aussonderbarkeit vom vertraglichen Verhältnis zwischen den Parteien abhängt. Diese können über die Ausgestaltung ihrer Vertragsbeziehung wählen, ob die Übertragung von Kryptowerten an den Dienstleister eine nicht aussonderbare bankenrechtliche Einlage darstellt, oder ob eine aussonderbare Verwahrung vorliegt. Entscheidend ist dabei die Verpflichtung des Aufbewahrers, die Kryptowerte jederzeit bereitzuhalten. Ob diese Pflicht auch tatsächlich eingehalten wird, scheint für die Beurteilung der Aussonderbarkeit nach SchKG zunächst unerheblich zu sein.
Mittels entsprechender Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses ist es jederzeit möglich, verwahrte Kryptowerte mit dem Einverständnis des Kunden in Einlagen umzuwandeln und umgekehrt, sofern die jeweiligen Voraussetzungen eingehalten werden. Ebenso wird die Aussonderbarkeit der jeweils vorliegenden Kryptowerte nicht beeinträchtigt, wenn Kryptowerte mit dem Einverständnis des Kunden gegen andere Kryptowerte ausgetauscht, neu verschiedenen Kunden zugeordnet oder sonst wie ersetzt werden, sofern die jeweiligen Voraussetzungen für die aus diesen Vorgängen resultierenden Kryptowerte eingehalten werden.18
Es stellt sich jedoch die Frage, wann die Pflicht zum Bereithalten der Kryptowerte durch eine Immobilisierung oder sonstige Einschränkung der Verfügungsmacht verletzt wird. Eine solche Pflichtverletzung dürfte spätestens dann vorliegen, wenn die Verfügungsmacht über die Kryptowerte einem Dritten übertragen wird. Das bedeutet, dass Kryptowerte in diesem Zusammenhang anders behandelt werden als physische Gegenstände, doch analog zu Wertschriften. Wenn beispielsweise ein Garagist ein ihm anvertrautes Auto an einen Dritten ausleiht, bleiben die Eigentumsrechte des Kunden am Auto davon unberührt. Hingegen würde ein Kunde eines Verwahrers von Kryptowerten seine Aussonderungsrechte gegenüber dem Verwahrer verlieren, wenn der Verwahrer die Kryptowerte an einen Dritten überträgt. Dasselbe gilt bei der Effektenleihe.19
Im Gegensatz dazu behält der Kunde seine Eigentumsrechte bei der Verwendung von Wertschriften als Sicherheit, beispielsweise für einen Lombardkredit.20 Ebenso ist es zulässig, Kryptowerte als Sicherheit zugunsten des Kunden zu verwenden. Mit dem Eintreten des Verwertungsfalls werden die Kryptowerte zwar auch an einen Dritten übertragen, doch zu diesem Zeitpunkt ist der Kunde gar nicht mehr der Inhaber. Damit hat der Verwahrer die Anforderung des jederzeitigen Bereithaltens während der ganzen Dauer der Berechtigung des Kunden an den Kryptowerten eingehalten und somit seine Pflicht erfüllt. Eine allfällige Immobilisierung während dieser Zeit dürfte keine Pflichtverletzung darstellen, sofern dies mit dem Einverständnis des Inhabers geschieht.
3.2.2.
Zuordenbarkeit (Art. 242a Abs. 2 SchKG) ^
Zweite Voraussetzung ist die Zuordenbarkeit der Kryptowerte zum Kunden. Eine solche Zuordenbarkeit setzt voraus, dass die aufbewahrten Kryptowerte tatsächlich vorliegen. Das Kriterium ist somit auch massgebend für die Erfüllung der Pflicht des jederzeitigen Bereithaltens. Die Zuordenbarkeit stellt sicher, dass im Konkursfall ersichtlich ist, wem welche Kryptowerte gehören und stellt damit eine natürliche Voraussetzung für eine Aussonderung dar. Sie kann auf zwei Arten erfüllt werden:
In Analogie zum sachenrechtlichen Eigentum sieht Art. 242a Abs. 2 lit. a SchKG vor, dass die Kryptowerte dem Kunden im Zeitpunkt der Konkurseröffnung individuell zugeordnet werden können müssen. Eine solche individualisierte Zuordnung kann erreicht werden, indem die Kryptowerte auf einer dem Kunden zugeordneten Systemadresse, d.h. technisch direkt in einer auf der Blockchain segregierten Wallet, gehalten werden.21 Nach fast einhelliger Kritik22 in der Vernehmlassung an einer jederzeitigen individuellen Zuordenbarkeit im Register als Voraussetzung für die Zuordnung reicht es nun aber bereits aus, wenn sich die Zuordnung eines spezifischen Kryptowerts aus einem internen Register (z.B. eines Buchhaltungssystems) des Verwahrers ergibt.23 Daher kann auf die Verwahrung des Kryptowerts auf einer segregierten Wallet gar gänzlich verzichtet werden, wenn es dem Verwahrer technisch möglich ist, die betreffenden Kryptowerte auf eine andere Art und Weise zu individualisieren, etwa durch eine eigene Seriennummer. In solchen Fällen genügt es bereits, dass die mit Nummern spezifizierten Kryptowerte mittels einer beim Konkursiten vorhandenen Zuordnungstabelle dem betroffenen Kunden zugeordnet werden können.24 Eine solche individuelle Zuordnung dürfte vor allem bei sammelverwahrten NFTs möglich sein.
Art. 242a Abs. 2 lit. b SchKG sieht die Möglichkeit einer Aussonderung auch bei sammelverwahrten Kryptowerten vor. Die Regelung kommt dann zur Anwendung, wenn die Kryptowerte dem berechtigten Kunden nicht individuell zugeordnet werden können, sondern einer Gemeinschaft gehören. Dabei muss ersichtlich sein, welcher Anteil am Gemeinschaftsvermögen den einzelnen Kunden jeweils zusteht. Wie bei der individuellen Zuordenbarkeit reicht es dabei auch bei der Sammelverwahrung aus, dass sich die Zuordnung aus einem internen Register des Verwahrers ergibt. Analog zu Hinterlegungsverhältnissen ist dabei jeweils der Anteil an den noch vorhandenen, auf einem Sammelkonto aufbewahrten Kryptowerten aussonderbar.25 Diese Regelung kommt bspw. bei sammelverwahrten Bitcoins zur Anwendung.
Entscheidend ist somit, dass die geschuldeten Werteinheiten für den Kunden zur ständigen Verfügung gehalten werden. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die klare Aussonderung von Kryptowerten bei Insolvenz des Verwahrers in erster Linie dem Schutz des Kunden dienen soll. Es kommt nicht darauf an, ob die Kryptowerte auf einem individuellen Konto oder einem Sammelkonto verwahrt werden,26 solange sie dem spezifischen Kunden zuordenbar sind und tatsächlich vorliegen.
3.2.3.
Auswirkung des Staking auf die Aussonderbarkeit ^
Das Gesetz ist darauf ausgelegt, die Kunden bestmöglich zu schützen. Dies geschieht, indem ihnen weitreichende Aussonderungsrechte zugestanden und Eigengeschäfte des Verwahrers mit den aufbewahrten Kryptowerten verhindert werden.27 Dabei ist davon auszugehen, dass Aktiv- bzw. Eigengeschäft in Analogie zu Art. 1b Abs. 1 lit. b BankG eine Wertausleihe, Übertragung zu Eigentum oder zu einem beschränkten dinglichen Recht im Sinne des bankmässigen Aktivgeschäfts meint.28 Sollten die Geschäftsbedingungen dem Verwahrer Eigengeschäfte erlauben, kann nicht mehr von einer Pflicht zum jederzeitigen Bereithalten gesprochen werden, womit die Voraussetzungen für die Aussonderbarkeit nicht mehr gegeben sind und nun mehr eine Forderung bzw. Einlage vorliegt. Beim Staking auf Rechnung und Risiko des Kunden kann aber nicht von einem Eigengeschäft des Verwahrers gesprochen werden und es darf deshalb davon ausgegangen werden, dass ein Staking auf Rechnung des Kunden unter diesem Gesichtspunkt der Aussonderbarkeit nicht im Weg steht. Das gleiche dürfte allgemein für die Bestellung von Sicherheiten auf Rechnung des Kunden gelten.
Weiter dürfte auch die Immobilisierung beim Staking der Aussonderbarkeit nicht im Weg stehen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 242a SchKG, der statuiert, dass die Kryptowerte zuordenbar sein müssen. Entscheidend ist demnach einzig, dass die Vermögenswerte jederzeit vorliegen und nicht etwa, dass sie jederzeit bewegt werden können. Dieser bewusst gewählten Formulierung lag die eben beschriebene Absicht des Gesetzgebers zugrunde, Aktiv- bzw. Eigengeschäfte zu verhindern und gleichzeitig auf Ebene des Schuld- und Konkursrechtes zur Stärkung der Rechte der Kunden so viel wie möglich aussonderbar zu machen. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man auf ähnliche Konstellationen blickt; Konstellationen, in denen Kryptowerte einer gesetzlich vorgeschriebenen, vertraglich vereinbarten oder sonstigen Sperre unterliegen.29 Gerade diese Fälle machen deutlich, dass es nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein konnte, eine Aussonderung im Konkursfall zu unterbinden.
Eine Aussonderung von auf Rechnung eines Kunden gestakten Kryptowerten im Konkursfall ist demnach möglich, und zwar unabhängig davon, ob die Vermögenswerte individuell aufbewahrt (auf separaten Adressen pro Kunde) oder sammelverwahrt (auf einer gemeinsamen Adresse für mehrere Kunden) werden, sofern diese dem Kunden zugeordnet werden können. Daran ändert auch eine allfällige Lockup-Periode nichts. Solange der konkursite Verwahrer die (faktische) Verfügungsmacht hat, bspw. durch die beim Verwahrer befindlichen Private Keys, und damit die Kryptowerte, durch die Konkursverwaltung herausgegeben werden können, bspw. durch Übergabe der Private Keys, muss eine Aussonderung möglich sein.
3.3.
Aussonderbarkeit nach Art. 242b SchKG ^
Die Verfügungsmacht über die einer Adresse zugeordneten Kryptowerte wird mittels eines oder mehrerer kryptographischer Schlüssel (Private Key) ausgeübt. Wie erwähnt fallen dabei nur jene Kryptowerte in die Konkursmasse, auf die der Berechtigte keinen eigenen Zugriff hat und bei denen der Verwahrer über sämtliche notwendigen Schlüssel verfügt, um selbst unmittelbar darüber verfügen zu können. Liegen jedoch auch dem Konkursiten die notwendigen Schlüssel nicht vor, um selbst unmittelbar über die Vermögenswerte verfügen zu können, so fällt eine Herausgabe gestützt auf Art. 242a SchKG ausser Betracht.
Neben dem Aussonderungsrecht für Kryptowerte nach Art. 242a SchKG hat der Gesetzgeber deshalb Art. 242b SchKG geschaffen, welcher dem Depotkunden einen gesetzlichen Anspruch auf Zugang zu Daten und damit zu Private Keys und Adressen, über welche die Konkursmasse Verfügungsmacht besitzt, eingräumt. Die Verfügungsmacht über die Kryptowerte kann damit alternativ auch mittels Herausgabe des Private Keys sichergestellt werden.
Art. 242b
1 Befinden sich Daten in der Verfügungsmacht der Konkursmasse, so kann jeder Dritte, der eine gesetzliche oder vertragliche Berechtigung an den Daten nachweist, je nach Art der Berechtigung den Zugang zu diesen Daten oder deren Herausgabe aus der Verfügungsmacht der Konkursmasse verlangen.
2 Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Gericht am Konkursort Klage einreichen kann. Bis zum rechtskräftigen Entscheid des Gerichts dürfen die Daten nicht vernichtet oder verwertet werden.
3 Die Kosten für den Zugang zu den Daten oder für deren Herausgabe sind von demjenigen zu übernehmen, der den Zugang verlangt. Die Konkursverwaltung kann einen entsprechenden Vorschuss verlangen.
4 Vorbehalten bleibt das Auskunftsrecht nach den Datenschutzbestimmungen des Bundes oder der Kantone.
Gestützt auf Art. 242b SchKG sind Daten dann an den Gesuchsteller herauszugeben, wenn ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch besteht. Im Falle der Verwahrung kryptobasierter Vermögenswerte durch eine Verwahrstelle liegt jeweils ein vertraglicher Anspruch gegenüber dem Wallet-Provider vor, womit der Private Key ausgesondert werden kann. Vorausgesetzt ist einzig, dass dieser vertragliche Anspruch schon vor der Konkurseröffnung begründet worden ist – der Kunde also bereits vor Konkurseröffnung einen Anspruch auf Zugang zu den Daten bzw. zum Private Key hatte –, der Datenzugang nicht zu einer ungerechtfertigten Entwertung der Konkursmasse führt und der Anspruch fällig ist.30 Ob die hinterlegten Kryptowerte gestakt sind oder nicht, ist dabei nicht relevant.
4.
Finanzmarktrechtliche Würdigung ^
Nachfolgend wird dargestellt, inwiefern Staking ohne Bewilligung betrieben werden kann (4.1) bzw. in welchen Situationen eine Fintech- oder sogar Bankenbewilligung erforderlich ist (4.2).
4.1.
Staking ohne Bewilligung ^
Für die Beurteilung, ob Staking ohne Bewilligung zulässig ist, muss zunächst kurz auf einige Grundsätze der Regulierung von Banken und Fintech-Unternehmen eingegangen werden. In der Bankenregulierung geht es unter anderem darum, das Ausfallrisiko des Verwahrers für Einleger zu minimieren, weshalb insbesondere relevant ist, ob (i) dem Einleger im Konkurs des Verwahrers ein Ausfallrisiko entsteht, ob (ii) er ein Aussonderungsrecht in Bezug auf seine Vermögenswerte hat, oder ob (iii) sein Schutzbedürfnis aus anderen Gründen31 reduziert ist.32 Im Falle der Aussonderbarkeit wird das Einlagenschutzbedürfnis des Anlegers üblicherweise verneint und es findet weder die Bankenbewilligung noch die Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen Anwendung. Die Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowährungen beinhaltet schon per se die Aussonderbarkeit der sammelverwahrten Kryptowährungen im Konkurs.
In Analogie zur oben beschriebenen Praxis für die Nichtanwendbarkeit der Einlagenregulierung im Falle der Aussonderbarkeit im Konkurs war vor Inkrafttreten der DLT-Gesetzgebung per 1. August 2021 in Bezug auf virtuelle Währungen gemäss Praxis der FINMA eine Bankenbewilligung unter den engen Voraussetzungen, dass die Guthaben in virtueller Währung (bspw. Bitcoin) ausschliesslich zur sicheren Verwahrung übertragen werden und diese virtuellen Währungseinheiten gesondert pro Kunde auf der Blockchain verwahrt und zu jedem Zeitpunkt dem einzelnen Kunden zugeordnet werden können, nicht erforderlich.33
Diese FINMA-Praxis wurde damals in einem Akt amtlicher Lückenfüllung entwickelt. Einerseits besagt Art. 197 SchKG nämlich, dass nur in die Konkursmasse fällt, was auch dem Schuldner «gehört». Damit wird nahegelegt, dass für Kunden aufbewahrte Kryptowerte nicht in die Konkursmasse fallen. Andererseits fehlte dem Inhaber aber das Instrument der Aussonderungsklage nach Art. 242 SchKG, da diese Körperlichkeit voraussetzt.34 Diese Gesetzeslücke hat der Gesetzgeber mit den beiden neuen Art. 242a und 242b SchKG als lex specialis in Bezug auf Kryptowerte und Daten gefüllt.
Insbesondere in folgenden Fällen kann somit Staking grundsätzlich ohne Bewilligung als Bank oder Fintech-Unternehmen betrieben werden:
- Die Voraussetzungen von Art. 242a Abs. 2 lit. a SchKG bzw. Art. 16 Abs. 1bis lit. a BankG betreffend Individualisierbarkeit sowie jederzeitigem Bereithalten sind erfüllt; oder
- die Voraussetzungen der Aussonderung der Private Keys gemäss Art. 242b SchKG sind erfüllt; oder
- die kryptobasierten Vermögenswerte erfüllen die Anforderungen von Art. 16 Abs. 1bis lit. b BankG nicht, aber qualifizieren als Publikumseinlage und es findet eine Ausnahme von der Publikumseinlage oder von der Einlage nach Art. 5 Abs. 2 oder 3 BankV Anwendung; oder
- der Begriff der Gewerbsmässigkeit (inkl. Sandbox-Regime bis CHF 1 Million) wird nicht erfüllt.
Ohne vorliegend näher darauf einzugehen, ist darauf hinzuweisen, dass in den meisten dieser Fälle zumindest eine Unterstellungspflicht unter das Geldwäschereigesetz (GwG) gegeben ist.
4.2.
Staking mit Bewilligung ^
Eine Bank betreibt das Zinsdifferenzgeschäft mit Fristentransformation, d.h. sie geht durch die Entgegennahme von Publikumseinlagen auf der Passivseite der Bilanz kurzfristige Verpflichtungen gegen Bezahlung eines Zinses ein, mit welchen sie auf der Aktivseite der Bilanz geführte mittel- bis langfristige Kredite gegen die Bezahlung eines Zinses vergibt. Fintech-Unternehmen betreiben häufig nur das Passivgeschäft, weshalb es ihnen an der banktypischen Fristentransformation und insbesondere den damit einhergehenden Liquiditäts- und Zinsrisiken fehlt und weshalb auch die Bewilligungsanforderungen des BankG stark überhöht sind.35 Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für die Entgegennahme von Publikumseinlagen bis zu CHF 100 Millionen die Fintech-Bewilligung in Art. 1b BankG geschaffen, welche per 1. Januar 2019 in Kraft trat und im Gegensatz zur Bankenbewilligung geringere Anforderungen an Organisation, Mindestkapital, Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen, Rechnungslegung, Prüfung und Einlagensicherung stellt (Fintech-Bewilligung).
Wie vorstehend ausgeführt, ist eine Aussonderung gestützt auf Art. 242a SchKG auch bei sammelverwahrten Kryptowerten möglich, unter der Voraussetzung, dass ersichtlich ist, welcher Anteil am Gemeinschaftsvermögen dem jeweiligen Depotkunden zusteht. Die Aussonderbarkeit hat zur Folge, dass die Kryptowerte ausserhalb der Bilanz liegen und damit nicht als Publikumseinlage qualifizieren, weshalb auch keine Bankenbewilligung notwendig ist. Da der Gesetzgeber diesen Umstand aus Anlegerschutzsicht sowie aus Sicht eines Level Playing Fields für Institute, die Kundeneinlagen entgegennehmen und damit eine Bewilligung benötigen, als bedenklich einstufte,36 entschied er sich für eine Erweiterung der Fintech-Bewilligung auf sammelverwahrte Kryptowährungen bzw. Kryptowerte, die tatsächlich oder nach der Absicht des Organisators oder Herausgebers in einem erheblichen Umfang als Zahlungsmittel für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen oder der Geld- oder Wertübertragung dienen (Art. 5a Abs. 1 BankV i.V.m. Art. 1b Abs. 1 BankG).
Die Fintech-Bewilligung zur Entgegennahme von Publikumseinlagen unterscheidet sich qualitativ von jener zur Entgegennahme von sammelverwahrten Kryptowerten, weshalb von zwei Unterkategorien bzw. zwei Typen von Fintech-Bewilligungen gesprochen werden kann. Dieser Artikel konzentriert sich dabei vor allem auf die neue Unterkategorie der Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte kryptobasierte Vermögenswerte.
Nachfolgend werden zuerst die Gemeinsamkeiten beider Typen von Fintech-Bewilligungen dargestellt, welche im Anlageverbot des Verwahrers (4.2.1), in der Allokation der Risikotragung (4.2.2) sowie im Verzinsungsverbot (4.2.3) liegen. In einem nächsten Schritt werden die Eigenheiten der beiden Fintech-Bewilligungstypen beleuchtet (4.2.4), bevor abschliessend noch kurz zur Anwendbarkeit von Höchstbeträgen gemäss Art. 4sexies BankG Stellung genommen wird (4.2.5).
4.2.1.
Keine Anlage durch Aufbewahrer (Art. 1b Abs. 1 lit. b BankG) ^
Für die Anwendbarkeit der Fintech-Bewilligung darf der Lizenzträger die Publikumseinlagen oder Vermögenswerte nicht «anlegen» (Art. 1b Abs. 1 lit. b BankG). Mit dieser Vorgabe soll der Verzicht auf das Aktivgeschäft der Banken durchgesetzt werden. Publikumseinlagen oder Vermögenswerte der Kunden müssen somit dauernd vorliegen37 und dürfen nicht für Eigengeschäfte im Namen und auf Rechnung des Fintech-Instituts investiert werden.38 Risiken für den Kunden müssen weitgehend ausgeschlossen werden und Publikumseinlagen in liquider Form sowie Kryptowerte in der Form, in der sie entgegengenommen worden sind, zur Verfügung stehen, so dass diese innert angemessener Frist bestimmungsgemäss weitergeleitet oder rückerstattet werden können.39 Zudem müssen die Publikumseinlagen oder sammelverwahrten Kryptowerte der Kunden getrennt von den Mitteln des Fintech-Instituts aufbewahrt werden. Alternativ sind diese zumindest in den Büchern des Fintech-Instituts so zu erfassen, dass sie jederzeit gesondert von den eigenen Mitteln ausgewiesen werden können, doch muss in diesem Fall aufgrund der bloss buchhalterischen Trennung40 eine ordentliche Revision nach Art. 727 OR durchgeführt werden (Art. 14f Abs. 1 BankV).
Nicht als unzulässige Anlage gilt die Deponierung der Kundengelder als Sichteinlage bei einer Bank oder anderen Person41 nach Art. 1b BankG, sofern diese als qualitativ hochwertige, liquide Aktiva (HQLA) der Kategorie 1 gemäss Art. 15a der Liquiditätsverordnung (LiqV) gehalten wird (Art. 14f Abs. 2 BankV e contrario). Zudem muss eine solche Anlage in jener Währung gehalten werden, in welcher auch der Rückforderungsanspruch des Kunden besteht (Art. 14f Abs. 3 BankV).
Sammelverwahrte Kryptowährung müssen (i) in der Schweiz und (ii) in der Form gehalten werden, in der sie entgegengenommen wurden (Art. 14f Abs. 4 BankV). Davon unberührt bleibt die Wandlung der Form in Absprache mit dem Kunden.
Unterläuft einem Dienstleister beim Staking für seine Kunden ein Fehler, kann ein Teil der hinterlegten Kryptowerte verlorengehen. Soweit der Dienstleister für solche Fehler gegenüber dem Kunden haftet, stellt sich die Frage, ob ersterer aufgrund des eingegangenen Risikos als «Anleger» betrachtet werden muss. Dies ist zu verneinen, da es sich beim Slashing um ein operatives Risiko im Zusammenhang mit der Aufbewahrung und nicht um ein Anlagerisiko handelt. Soweit das Staking auf Rechnung des Kunden erfolgt, stellt dieses somit keine Verletzung des Anlageverbots dar.
4.2.2.
Wer trägt das Risiko des Stakings? ^
Die Erläuterungen des EFD zur BankV führen ausdrücklich an, dass das Anlageverbot (4.2.1) nicht zur Anwendung kommt, wenn Staking zwar im Namen des Fintech-Instituts, aber auf Rechnung des Einlegers veranlasst wird.42 Obwohl dies weder direkt im Gesetz noch in der Verordnung steht, wird diese Position insofern gestützt, als dass das bei der Fintech-Bewilligung verbotene Aktivgeschäft der Banken auch ein klassisches Eigengeschäft der Bank, d.h. ein Geschäft der Bank im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, darstellt.43 Umgekehrt muss bei Treuhandgeschäften, d.h. bei Geschäften im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Kunden, die langjährige Praxis der EBK (Vorgängerbehörde der FINMA) berücksichtigt werden, um nicht unter die Bankenbewilligungspflicht zu fallen – wohl auch im Rahmen des Anlageverbots der Fintech-Bewilligung:44 Gegenüber dem Kunden muss deshalb in rechtlich verbindlicher Form festgehalten werden, dass die Anlage auf dessen Rechnung geschieht, d.h. dass alle Risiken und damit auch das Delkredere- und Transferrisiko zu dessen Lasten gehen.45 Das bankenmässig relevante Aktivgeschäft wird jedoch dann bejaht, wenn Kundengelder zusammengefasst, d.h. sammelverwahrt werden, um damit Anlagen zu tätigen, die in Währung und Fälligkeit nicht den gegenüber den Kunden eingegangenen Verpflichtungen entsprechen, den Anlegern eine Mindestrendite versprochen wird oder Währungsverluste übernommen werden und aus den Kundenabrechnungen weder Details noch die Art der getätigten Anlagen ersichtlich ist, womit dann eben gerade keine Treuhandanlagen mehr vorliegen können.46
Unter Berücksichtigung der Materialien zur DLT-Gesetzgebung und der alten EBK-Praxis zur Treuhandanlage müssten Anlagen bzw. müsste Staking im eigenen Namen aber auf fremde Rechnung unter der Fintech-Bewilligung somit wohl zulässig sein und nicht gegen das Anlageverbot verstossen, sofern insbesondere die Art des Kryptowerts nicht verändert wird und der Kunde alle Risiken trägt. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob Slashing ebenfalls ein zwingend durch den Kunden zu tragendes Risiko darstellt. Unserer Ansicht nach handelt es sich beim Slashing um einen Fehler im Rahmen der Validierung, der entweder Hardware-technisch, Software-technisch oder durch menschliches Versagen begründet ist, mithin um ein operationelles Risiko. Sofern die entsprechenden Nodes sowie die Validierungs-Services durch das Fintech-Institut selbst betrieben werden, wäre Slashing ein Fehler im Einflussbereich des Fintech-Instituts, welcher zudem einen Verstoss gegen die Pflicht zum sorgfältigen Tätigwerden des Fintech-Instituts darstellen dürfte. Damit handelt es sich nicht um ein klassisches Risiko durch Drittinvolvierung, welches durch die EBK-Praxis zwingend auf den Kunden zu übertragen ist, sondern um ein im Einflussbereich des Fintech-Unternehmens stehendes (operationelles) Risiko, welches bei sorgfältigem Tätigwerden des Fintech-Unternehmens gar nicht erst eintreten dürfte. Aus diesen Gründen muss es unseres Erachtens zulässig sein, dass das Fintech-Unternehmen das Risiko des Slashings selbst übernehmen darf.
Zudem ist bei einem systematischen Rückvergütungsversprechen an alle Staking-Kunden im Falle von Slashing das allfällige Vorliegen eines nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bewilligungspflichtigen Versicherungsgeschäftes zu prüfen. Von den fünf Kriterien betreffend das Vorliegen einer Versicherung, d.h. (i) das Vorliegen eines Risikos oder einer Gefahr, (ii) die Leistung des Versicherten (Prämie), (iii) die Leistung des Versicherers im Versicherungs-/Schadenfall, (iv) die Selbständigkeit der Operation sowie (v) die Kompensation der Risiken nach den Gesetzen der Statistik (planmässiger Geschäftsbetrieb),47 dürfte zumindest Kriterium (iv) eher nicht gegeben sein: Das Erfordernis der Selbständigkeit der Organisation dient gerade der Abgrenzung der Versicherung gegenüber anderen Rechtsgeschäften, bei denen die Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung im Schadenfall bloss eine Nebenabrede oder Modalität des anderen Vertragsteils darstellt, wobei diesbezüglich nicht die formale Ausgestaltung, sondern der innere Zusammenhang zwischen den versprochenen Leistungen massgebend ist.48 Zudem könnte, wie bereits erwähnt, argumentiert werden, dass in jenen Fällen, in denen der Wallet-Provider den Node fürs Staking selbst betreibt, aufgrund der Pflicht zum sorgfältigen Tätigwerden kein Slashing entstehen dürfte bzw. dieses durch den Betreiber des Nodes übernommen werden müsste, sollte es dennoch entstehen, womit letztlich gar nie ein für das Versicherungsgeschäft typischer Risikotransfer auf den Kunden vorliegen dürfte.
4.2.3.
Keine Verzinsung durch Aufbewahrer (Art. 1b Abs. 1 lit. b BankG) ^
Für die Anwendbarkeit der Fintech-Bewilligung darf der Aufbewahrer die Publikumseinlagen oder Vermögenswerte nicht verzinsen (Art. 1b Abs. 1 lit. b BankG), ansonsten findet die Bankenbewilligung Anwendung. Wie beim Verbot des Anlegens soll auch mit dem Verzinsungsverbot hauptsächlich das Aktivgeschäft der Bank und damit das Zinsdifferenzgeschäft unterbunden werden.49 Somit können nur vom Fintech-Institut selbst ausgerichtete Zinszahlungen verboten sein.
Die beim Staking anfallenden Staking-Rewards werden vom System auf die Adresse des Stakers gezahlt. Da die Staking-Rewards nicht vom Fintech-Unternehmen selbst, sondern vom jeweiligen Distributed Ledger System stammen, liegt keine verbotene Verzinsung im Sinne der Fintech-Bewilligungsvoraussetzungen vor.
Falls das Fintech-Institut einen Teil des Staking-Rewards als eigene Entschädigung sichern möchte, sollte es dies nicht durch eine direkte Eigentumsbegründung an einem bestimmten Teil des Staking-Rewards selbst, sondern durch einen separaten, bloss vertraglichen Anspruch gegenüber dem Kunden tun und separat abrechnen, so dass nicht gegen die Pflicht zur Trennung von Kunden- und Eigenvermögen verstossen wird.
4.2.4.
Arten der Fintech-Bewilligung? ^
Wie vorstehend ausgeführt, wurde die bereits existierende Fintech-Bewilligung erweitert, so dass es nun zwei Unterkategorien von Fintech-Bewilligungen gibt: diejenige für Publikumseinlagen (4.2.4.2) sowie jene für sammelverwahrte Kryptowerte (4.2.4.1).
Beide Bewilligungen wurden aus unterschiedlichen Gründen und Stossrichtungen geschaffen: Die Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen, um solchen Fintech-Unternehmen Erleichterungen gegenüber der sonst anwendbaren Bankenbewilligung zu gewähren, und die Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowerte, um solche Fintech-Unternehmen aufgrund des Prinzips des Level Playing Fields für alle sammelverwahrenden Institute und dem entsprechenden Anlegerschutzbedürfnis nicht bewilligungsfrei tätig sein zu lassen.
Im Verhältnis zur Bankenbewilligung ist festzuhalten, dass gemäss ständiger FINMA-Praxis keine Bewilligungen auf freiwilliger Basis erteilt werden, falls diese weder notwendig sind noch benutzt werden, weshalb ein betroffenes Institut wohl nicht freiwillig auf eine Bankenbewilligung upgraden kann, wenn auch eine der beiden Fintech-Bewilligungen ausreichend bzw. anwendbar ist. Umgekehrt kann gesagt werden, dass bspw. bei Vorliegen einer gemäss der Fintech-Gesetzgebung verbotenen Anlage- und/oder Verzinsungstätigkeit wohl eine Bankenbewilligungspflicht vorliegt, sofern keine Ausnahme50 davon gegeben ist.
4.2.4.1.
Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowährungen ^
Die Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowährungen findet Anwendung auf Personen, die hauptsächlich im Finanzbereich tätig sind und gewerbsmässig sammelverwahrte Kryptowährungen entgegennehmen oder sich öffentlich dafür empfehlen (Art. 1b Abs. 1 lit. a BankG i.V.m. Art. 5a Abs. 1 BankV). Als Kryptowährungen gelten Kryptowerte, die tatsächlich oder nach der Absicht des Organisators oder Herausgebers in einem erheblichen Umfang als Zahlungsmittel für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen oder der Geld- oder Wertübertragung dienen und damit gemäss FINMA-ICO-Guidelines51 üblicherweise als Zahlungstoken zu qualifizieren sind.
Bei sammelverwahrten Kryptowerten handelt es sich um kryptobasierte Vermögenswerte, die einer Gemeinschaft zugeordnet sind, wobei ersichtlich ist, welcher Anteil am Gemeinschaftsvermögen dem Depotkunden zusteht, sofern sich die Bank oder das Fintech-Institut dazu verpflichtet hat, diese für den Depotkunden jederzeit bereitzuhalten (Art. 16 Abs. 1bis lit. b BankG). Genau diese sammelverwahrten Kryptowerte sind gemäss Art. 242a Abs. 2 lit. b SchKG im Konkurs des Verwahrers durch die Konkursverwaltung herauszugeben und werden deshalb als Depotwerte ausserhalb der Bilanz des Fintech-Unternehmens geführt. Die Aussonderbarkeit von Kryptowährungen bzw. Zahlungstoken im Konkurs hätte gemäss der gängigen FINMA-Praxis zur Bankengesetzgebung vor Inkrafttreten der DLT-Gesetzgebung zur Nichtanwendung der Bankengesetzgebung geführt, jedoch wollte der Gesetzgeber sammelverwahrte Zahlungstoken im Rahmen der DLT-Gesetzgebung aus Anlegerschutzgründen und Gründen eines Level Playing Fields im Rahmen der Sammelverwahrung verschiedener Zahlungsmittel ausdrücklich der Fintech-Bewilligungspflicht unterstellen.
Hingegen untersteht nach Art. 5a Abs. 1 BankV e contrario die Aufbewahrung von Kryptowerten, welche gemäss Art. 242a Abs. 2 lit. a SchKG bzw. Art. 16 Abs. 1bis lit. a BankG aussonderbar sind, nicht der Fintech-Bewilligung. Dies betrifft Kryptowerte, welche in einem für den Kunden individuellen Wallet direkt auf der Blockchain gehalten werden, sofern sich der Wallet-Provider dazu verpflichtet hat, diese jederzeit bereitzuhalten.
Im Rahmen der Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowährungen gibt es im Gegensatz zur Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen keine Obergrenze der zulässigen verwahrten Vermögenswerte von CHF 100 Millionen.
Folgende Vermögenswerte gelten jedoch nicht als kryptobasierte Vermögenswerte und sind sowohl von der Pflicht für eine Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte kryptobasierte Vermögenswerte als auch von der Pflicht für eine Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen und der Pflicht für eine Bankenbewilligung ausgenommen:
- Vermögenswerte, die als nicht verzinste52 und einzig der Abwicklung von Kundengeschäften dienende Habensaldi auf Kundenkonti gehalten werden, (i) von Edelmetallhändlern, Vermögensverwaltern oder ähnlichen Unternehmen, sofern die Abwicklung innert 60 Tagen erfolgt, oder (ii) von Wertpapierhäusern oder von DLT-Handelssystemen (sog. Abwicklungskontoausnahme);
- von in- und ausländischen Banken oder anderen staatlich beaufsichtigten Unternehmen;
- von institutionellen Anlegern mit professioneller Tresorerie.
Mit Art. 5a Abs. 2 BankV hat der Bundesrat ausdrücklich festgelegt, welche Ausnahmen von den Kryptowerten existieren. Daraus resultiert wiederum, dass die Ausnahmen von den Publikumseinlagen und Einlagen gemäss Art. 5 Abs. 2 und 3 BankV keine Anwendung auf kryptobasierte Vermögenswerte finden. Deshalb können insbesondere die folgenden, in der Praxis häufig angetroffenen Ausnahmen nicht in Anspruch genommen werden:
- Art. 5 Abs. 3 lit. b BankV betreffend Anleihensobligationen mit bankenrechtlichen Aufklärungsinformationen;
- Art. 5 Abs. 3 lit. e BankV betreffend Gelder, die in geringem Umfang einem Zahlungsmittel oder Zahlungssystem zugeführt werden und einzig dem künftigen Bezug von Waren oder Dienstleistungen dienen; und
- Art. 5 Abs. 3 lit. f BankV betreffend Ausfallgarantie.
4.2.4.2.
Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen ^
Die Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen findet Anwendung auf Personen, die hauptsächlich im Finanzbereich tätig sind und gewerbsmässig Publikumseinlagen bis zu CHF 100 Millionen entgegennehmen oder sich öffentlich dafür empfehlen (Art. 1b Abs. 1 lit. a BankG).
Das Bundesgericht definiert als zentrales Element der Einlage das Eingehen von Verpflichtungen gegenüber Dritten. Der Verpflichtete wird somit zum Rückzahlungsschuldner der entsprechenden Leistung.53 Gemäss Art. 5 Abs. 1 BankV gelten als Publikumseinlagen die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden vorbehältlich der Ausnahmen vom Publikumseinlagenbegriff nach Abs. 2 und vom Einlagenbegriff nach Abs. 3. Publikumseinlagen werden somit stets in der Bilanz des Fintech-Instituts geführt.
Publikumseinlagen stellen auf einen Geld- bzw. Zahlungsmittelbegriff ab,54 wobei die FINMA-ICO-Guidelines Verbindlichkeiten in Form von Token mit Fremdkapitalcharakter, z.B. Rückkaufversprechen mit Ertragsgarantie, ebenfalls als Einlage gemäss BankG qualifizieren;55 diese Praxis betrifft insbesondere die Verwahrung von Zahlungstoken.
Im Gegensatz zur Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowährungen finden auf die Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen die allgemeinen Ausnahmen von Publikumseinlagen und Einlagen gemäss Art. 5 Abs. 2 und 3 BankV vollumfänglich Anwendung. Dafür ist die Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen auf die Entgegennahme von Publikumseinlagen im Wert von bis zu maximal CHF 100 Millionen beschränkt.
Die Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen kann bei der Verwahrung von bzw. beim Staking mit Kryptowerten im eigenen Namen des Instituts nur zur Anwendung kommen, sofern:
- zwar eine Sammelverwahrung vorliegt, diese jedoch die Voraussetzungen von Art. 16 Abs. 1bis lit. b BankG betreffend Aussonderbarkeit nicht erfüllt (sonst wäre die Fintech-Bewilligung für sammelverwahrte Kryptowährungen anwendbar); oder
- eine Individualverwahrung vorliegt, die jedoch die Voraussetzungen von Art. 16 Abs. 1bis lit. a BankG betreffend Aussonderbarkeit nicht erfüllt.
4.2.5.
Anwendbarkeit von Art. 4sexies BankG ^
Für Kryptowährungen, die die Bank als Depotwerte für Depotkunden hält, kann die FINMA gemäss Art. 4sexies BankG im Einzelfall einen Höchstbetrag festlegen, wenn dies aufgrund der mit dem Geschäft verbundenen Risiken als geboten erscheint. Sie berücksichtigt insbesondere die Funktion der Kryptowerte, die ihnen zugrundeliegenden Technologien sowie risikomindernde Faktoren.
Wichtig ist hierbei anzumerken, dass diese Bestimmung aufgrund ihres klaren Wortlautes nur auf Banken, nicht jedoch auf Fintech-Unternehmen Anwendung findet.
5.
Ergebnis ^
Der Einsatz beim Staking entspricht dem Leisten einer Sicherheit, wobei dieser nicht an einen Dritten übertragen, sondern lediglich für die Dauer des Stakings blockiert wird. Entsprechend ist das Anbieten von Staking-Dienstleistungen möglich, ohne damit die Aussonderungsrechte der Inhaber der gestakten Kryptowerte zu beeinträchtigen.
Im Fall einer Einzelverwahrung der Kundenvermögen benötigt der Staking-Dienstleister ähnlich wie bei der Aufbewahrung von Effekten und anderen Wertgegenständen neben einem Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation nach Geldwäschereigesetz keine weitere Bewilligung für diese Tätigkeit. Ebenso möglich ist das Staking sammelverwahrter Kryptowerte, die nicht als Kryptowährungen nach Art. 5a BankV qualifizierten, beispielsweise Anlagetoken.56
Das Anbieten von Staking-Dienstleistungen für sammelverwahrte Kryptowährungen hingegen bedarf einer Fintech- oder Bankenbewilligung. Anstelle der Zuordnung direkt auf der Blockchain erfolgt die Zuordnung über eine Datenbank oder sonstige Methode der Buchführung beim Dienstleister. Damit können nicht nur operative Kosten gespart werden, vielmehr eröffnet sich die Möglichkeit des Stakings auch für jene Kunden, die weniger als den jeweiligen Minimalbetrag des Systems zur Verfügung stellen möchten.
Nimmt der Dienstleister Kryptowerte auf nicht aussonderbare Weise entgegen, liegt eine Einlage vor und ein Staking derselben stellt bei der Fintech-Bewilligung für Publikumseinlagen eine unzulässige Anlage dar. Demzufolge ist für das Staking von aus Kundeneinlagen stammenden Kryptowerten auf Rechnung des Dienstleisters oder im Namen des Dienstleisters und auf Rechnung des Kunden ohne Einhaltung der Vorgaben zur Treuhandanlage eine Bankenlizenz notwendig, sofern der Dienstleister nicht über eine Bankgarantie (Art. 5 Abs. 3 lit. f BankV) verfügt oder die Einlage unter eine sonstige Ausnahme fällt.
Kilian Schärli, Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt/Notar und Partner, MLL Meyerlustenberger Lachenal Froriep AG.
Luzius Meisser, MSc Computer Science, MA Economics, Inhaber, Meisser Economics AG.
Reto Luthiger, Dr. iur., Rechtsanwalt und Counsel, MLL Meyerlustenberger Lachenal Froriep AG.
- 1 Die Autoren danken MLaw Julia Pugliese für ihre wertvolle Unterstützung zu diesem Beitrag.
- 2 In diesem Artikel werden die Begriffe «kryptobasierte Vermögenswerte» und «Kryptowerte» synonym verwendet.
- 3 Vgl. bspw. Ronald Kogens/Catrina Luchsinger Gähwiler, Blockchain: neue Rechtsgrundlagen müssen wasserfest sein, in: NZZ vom 20. Juni 2019, https://www.nzz.ch/meinung/herausforderungen-von-blockchain-ld.1488163?reduced=true.
- 4 «Kryptowährungen» bezeichnen kryptobasierte Vermögenswerte bzw. Kryptowerte mit Zahlungscharakter.
- 5 Eidgenössisches Finanzdepartement EFD, Vernehmlassungsverfahren zur Verordnung zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, Ergebnisbericht vom 18. Juni 2021, S. 3 (zit. EFD-Ergebnisbericht 2021).
- 6 Im Rahmen der Vernehmlassung nahm allein die Swiss Blockchain Federation SBF Bezug auf die Frage des Stakings. Die SBF ging dabei bereits davon aus, dass das Staking die Aussonderbarkeit von Kryptowerten nicht beeinträchtigen sollte. Dieser Annahme wurde im Vernehmlassungsbericht des Bundesrats nicht widersprochen – sie wurde aber auch nicht bestätigt, https://fedlex.data.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/6019/15/cons_1/doc_5/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-dl-proj-6019-15-cons_1-doc_5-de-pdf-a.pdf.
- 7 Daniel Rutishauser/Ralf Kubli/Rolf H. Weber, Grundlagen, in: Rolf H. Weber/Hans Kuhn (Hrsg.), Entwicklungen im Schweizer Blockchain-Recht, Basel 2021, S. 9 ff., N 22.
- 8 Ruthishauser/Kubli/Weber (Fn. 7), N 27.
- 9 Vgl. in diesem Zusammenhang bereits Postulat 21.3199 Molina «Klimaschutz und Kryptowährungen. Energieeffiziente Blockchain-Technologien fördern», in welchem auf den enormen Energieverbrauch von Proof-of-Work-Blockchains und die damit zusammenhängende Klimaproblematik hingewiesen wird.
- 10 Bitcoin Suisse, Was ist Staking?, 27. Oktober 2020, https://www.bitcoinsuisse.com/de/fundamentals/was-ist-staking.
- 11 Stefan Kramer/Dominic Wyss, Verwahrung von digitalen Aktiven, in: Rolf H. Weber/Hans Kuhn (Hrsg.), Entwicklungen im Schweizer Blockchain-Recht, Basel 2021, S. 145 ff., N 5.
- 12 Botschaft zum Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register vom 27. November 2019, BBl 2020 233, S. 265 m.H. auf einschlägige Lehrmeinungen.
- 13 BBl 2020 (Fn. 12), S. 291 f.
- 14 BBl 2020 (Fn. 12), 291 f.; Kramer/Wyss (Fn. 11), N 38; Dominik Vock/David Meirich, Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte und Zugang zu Daten im Konkurs, DLT-Mantelverordnung schafft Rechtssicherheit im SchKG, September 2021, https://www.mme.ch/de/magazin/aussonderung_kryptobasierter_vermoegenswerte_und_zugang_zu_daten_im_konkurs/.
- 15 Von einer tatsächlichen Verfügungsgewalt ist etwa auszugehen, wenn (1) der Zugangsschlüssel allein dem Kunden bekannt ist und nur dieser selbst unmittelbar darüber verfügen kann, wenn (2) Kunde und Verwahrer über den identischen Zugangsschlüssel verfügen und damit beide unmittelbar Zugang haben oder (3) bei Vorliegen einer sog. Multi-Signature-Adresse. In diesen Fällen fallen die kryptobasierten Vermögenswerte nicht in die Konkursmasse.
- 16 BBl 2020 (Fn. 12), S. 292.
- 17 Dominic Wyss, Gegenstand und Übertragung von DLT Wertrechten, Gemäss den vorgesehenen Gesetzesanpassungen im Zusammenhang mit verteilten elektronischen Registern, in: Jusletter 1. Juli 2019; Kramer/Wyss (Fn. 11), N 37; Stefan Kramer/Urs Meier, Tokenisierung von Finanzinstrumenten, in: GesKR 1/2020, S. 60 ff., S. 72.
- 18 BBl 202 (Fn. 12), S. 292; Kramer/Meier (Fn. 17), S. 73; Kramer/Wyss (Fn. 11) N 40.
- 19 Alexander Vogel/Christoph Heiz/Reto Luthiger (Hrsg.), in: FIDLEG/FINIG Kommentar, Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen und Bundesgesetz über die Finanzinstitute und weiteren Erlassen, Zürich 2020, Art. 19 N 1 ff.
- 20 Elisabeth Moskric, Der Lombardkredit, in: SSBR, Bd. 74, Zürich 2003, S. 84.
- 21 BBl 2020 (Fn. 12), S. 293.
- 22 BBl 2020 (Fn. 12), S. 245 f. und 251; a.M. FINMA, vgl. dazu BBl 2020 (Fn. 12), S. 246 f.
- 23 In der Botschaft wird wiederholt betont, dass ausdrücklich davon abgesehen wurde, für die Herausgabe der Vermögenswerte die jederzeitige individuelle Zuordnung im Register zu verlangen. Die Ziele der Revision könnten auch erreicht werden, wenn die Zuordnung ausserhalb des eigentlichen Registers stattfindet, vgl. BBl 2020 (Fn. 12), S. 245 f., 265 und 293.
- 24 BBl 2020 (Fn. 12), S. 293; Kramer/Meier (Fn. 17), S. 73.
- 25 BBl 2020 (Fn. 12), S. 293; Kramer/Wyss (Fn. 11), N 41; Vock/Meirich (Fn. 14).
- 26 BBl 2020 (Fn. 12), S. 247.
- 27 BBl 2020 (Fn. 12), S. 265 f. und 292 f.
- 28 Vgl. Kramer/Meier (Fn. 17), S. 73 Fn. 123; EFD Ergebnisbericht 2021 (Fn. 5), S. 34.
- 29 Beispiele: (i) vom Verwahrer aus Compliance-Gründen eingefrorene Token zur Erfüllung der GwG-Pflichten, da der Verwahrer jederzeit weiter darüber verfügen kann und ihm das GwG als Rechtfertigungsgrund dient, (ii) vom Kunden erworbene Krypto-Vermögenswerte, die einer vom Protokoll festgelegten Lockup-Periode unterliegen (z.B. LQTY Token), (iii) vom Kunden erworbene Krypto-Vermögenswerte, die einer mit einem Dritten vertraglich festgelegten Lockup-Periode unterliegen (z.B. BZZ Token).
- 30 BBl 2020 (Fn. 12), S. 295 f.
- 31 Typische andere Gründe finden sich in den Ausnahmekatalogen von Art. 5 Abs. 2 und 3 BankV.
- 32 Vgl. Nina Reiser, Ist der Bankbegriff im Lichte aktueller technologischer Entwicklungen noch zeitgemäss?, in: AJP 7/2018, S. 811 ff., S. 815 m.w.H.
- 33 Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Faktenblatt Virtuelle Währungen, Stand 1. Januar 2020, S. 2.
- 34 Christian Meisser/Luzius Meisser/Ronald Kogens, Verfügungsmacht und Verfügungsrecht an Bitcoins im Konkurs, in: Jusletter IT 24. Mai 2018.
- 35 Eidgenössisches Finanzdepartement EFD, Vernehmlassungsvorlage betreffend die Änderung des Bankengesetzes und der Bankenverordnung (FinTech), Erläuternder Bericht vom 1. Februar 2017, S. 17 (zit. EFD-Fintech-Erläuterungsbericht 2017).
- 36 BBl 2020 (Fn. 12), S. 301.
- 37 EFD-Fintech-Erläuterungsbericht 2017 (Fn. 35), S. 34.
- 38 Eidgenössisches Finanzdepartement EFD, Revision der Bankenverordnung (BankV) «Fintech-Bewilligung», Erläuterungen vom 30. November 2018, S. 6 (zit. EFD-BankV-Erläuterungen 2018).
- 39 EFD-BankV-Erläuterungen 2018 (Fn. 38), S. 17.
- 40 EFD-BankV-Erläuterungen 2018 (Fn. 38), S. 17.
- 41 EFD-BankV-Erläuterungen 2018 (Fn. 38), S. 17, erwähnt explizit, dass die Einzahlung bei einer «anderen» Person nach Art. 1b BankG erfolgen muss.
- 42 EFD-BankV-Erläuterungen 2018 (Fn. 38), S. 6.
- 43 Beat Kleiner/Renate Schwob/Stefan Kramer, in: Dieter Zobl et al. (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934, Zürich 2011, Art. 1 N 49.
- 44 Kleiner/Schwob/Kramer (Fn. 43), Art. 1 N 63.
- 45 EBK-Bulletin 17, S. 12 f.
- 46 EBK-Bulletin 20, S. 16 ff.; Urteil des BGer 2A.399/2004 und 2A.466/2004 vom 24. März 2005 E. 3.2.2.
- 47 Vgl. statt vieler BGE 114 Ib 224 E. 4.a.
- 48 BGE 114 Ib 224 E. 4.c; 76 I 372.
- 49 EFD-Fintech-Erläuterungsbericht 2017 (Fn. 35), S. 34.
- 50 Insbesondere Ausnahmen von der Publikumseinlage gemäss Art. 5 Abs. 2 BankV, Ausnahmen von der Einlage gemäss Art. 5 Abs. 3 BankV, Nichtvorliegen der Gewerbsmässigkeit (inkl. Sandbox-Ausnahme) gemäss Art. 6 BankV.
- 51 Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Wegleitung für die Unterstellungsanfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICOs) vom 16. Februar 2018 (zit. FINMA-ICO-Guidelines).
- 52 Die Vorgabe der Nicht-Verzinsung bei der Abwicklungskontoausnahme ist im Rahmen der Fintech-Bewilligung eigentlich unnötig, da die Fintech-Bewilligung bereits ein generelles Verzinsungsverbot enthält.
- 53 BGE 132 II 382 E. 6.3.1; 136 II 43 E. 4.2; vgl. zum Einlagenbegriff auch Reiser (Fn. 32), S. 814; Florian Schönknecht, Der Einlagebegriff nach Bankengesetz, in: GesKR 3/2016, S. 300 ff.
- 54 Vgl. Reiser (Fn. 32), S. 811 ff.
- 55 FINMA-ICO-Guidelines (Fn. 51), S. 5 f.
- 56 Wobei insbesondere die finanzmarktregulatorischen Anforderungen in Bezug auf Effekten zu prüfen sind, was nicht Gegenstand dieses Artikels ist.