Jusletter IT

Zulässigkeit eines digitalen Vertragsdokumentengenerators

  • Author: Jurius
  • Category of articles: News
  • Field of law: LegalTech
  • Citation: Jurius, Zulässigkeit eines digitalen Vertragsdokumentengenerators, in: Jusletter IT 30. September 2021
Bundesgerichtshof (D) – The First Civil Panel of the Federal Court of Justice, which is responsible, inter alia, for competition law, has ruled that a specialised legal publisher may operate a digital generator for legal documents with which contractual documents are generated on the basis of a system of questions and answers and a collection of stored text modules.

Sachverhalt:

[1]

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltskammer. Die Beklagte ist ein juristischer Fachverlag. Sie stellt im Internet einen digitalen Generator zur Erstellung von Verträgen und anderen Rechtsdokumenten bereit, die Kunden im Rahmen eines Abonnements oder im Wege des Einzelkaufs erwerben können. Hierzu werden dem Kunden verschiedene Fragen gestellt, die er – überwiegend im Multiple-Choice-Verfahren – beantworten muss. Anhand der Antworten werden mithilfe einer Software aus einer Sammlung von Textbausteinen Vertragsklauseln generiert, die zu einem Vertragsentwurf zusammengestellt werden.

[2]

Die Klägerin sieht in der digitalen Erstellung eines individuellen Vertragsdokuments eine wettbewerbswidrige Rechtsdienstleistung und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

[3]

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

[4]

Die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe des digitalen Rechtsdokumentengenerators ist keine nach § 3a UWG unlautere Handlung, weil sie keine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1, § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) darstellt. Die Tätigkeit der Beklagten besteht darin, mithilfe der programmierten und im Internet bereitgestellten Software Vertragsdokumente anhand der Vorgaben der Nutzer zu erstellen. Dabei wird sie nicht in einer konkreten Angelegenheit des Nutzers tätig. Sie hat die Software auf der Grundlage von denkbaren typischen Sachverhaltskonstellationen programmiert, zu denen sie im Vorgriff auf die vorgegebenen Antworten standardisierte Vertragsklauseln entwickelt hat. Die über den üblichen Fall hinausgehenden individuellen Verhältnisse des Anwenders finden – ähnlich wie bei einem Formularhandbuch – bei der Erstellung des Vertragsdokuments keine Berücksichtigung. Der Nutzer erwartet daher auch keine rechtliche Prüfung seines konkreten Falls.

Urteil des Bundesgerichtshofs I ZR 113/20 vom 9. September 2021

Quelle: Medienmitteilung des Bundesgerichtshofs (D)