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E-Voting im Rahmen der Wahlen zur Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft 2009

  • Authors: Bernhard Varga / Gregor Wenda / Christoph Lehner / Siegfried Stangl / Robert Krimmer / Robert Stein
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Democracy
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2009
  • Citation: Bernhard Varga / Gregor Wenda / Christoph Lehner / Siegfried Stangl / Robert Krimmer / Robert Stein, E-Voting im Rahmen der Wahlen zur Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft 2009, in: Jusletter IT 1 September 2009
Die Problemstellungen des Einsatzes von E-Voting bei den Hochschülerschaftswahlen 2009 waren vielfältig. Dieser Kurzbeitrag gibt einen Überblick über die Lösungsansätze.
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Mit der Ermöglichung der elektronischen Stimmabgabe im Rahmen der §§ 34, 39 und 48 des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998 (HSG) wurde vom Gesetzgeber im Jahr 2001 erstmals in Österreich die gesetzliche Grundlage für E-Voting geschaffen. 2003 führte die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Wirtschaftsuniversität eine Schattenwahl parallel zur Papierwahl durch, welche den ersten erfolgreichen Feldversuch rund um elektronische Wahlen in Österreich darstellte.

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Im Jahr 2004 empfahl eine im Bundesministerium für Inneres eingerichtete Arbeitsgruppe zum Thema «E-Voting» die Sammlung von Erfahrung im Rahmen von Wahlen in Interessensvertretungen. Drei Jahre später fand E-Voting erstmals Berücksichtigung im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode. Dabei wurde festgehalten, dass E-Voting näher geprüft werden solle. Im April 2007 erklärte dann Bundesminister Dr. Johannes Hahn, die Umsetzung von E-Voting bei den Wahlen zur Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft zu beabsichtigen, um bisher exkludierte Wählerinnen und Wähler (Austausch-, berufstätige und fernlernende Studierende) in den Wahlprozess zu integrieren.

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Während die oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen im Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz seit 2001 grundsätzlich die Ermächtigung zu elektronischen Wahlen darstellen, war für eine tatsächliche Durchführung jedenfalls eine Novelle der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlordnung (HSWO) notwendig, nicht zuletzt, um die Anforderungen an ein E-Voting-Wahlsystem zu spezifizieren.

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Mit BGBl Nr. II 351/2008 hat der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung die entsprechend novellierte Verordnung erlassen, um die elektronische Stimmabgabe bei den nächsten Wahlen zur Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft im zweiten Quartal 2009 umsetzen zu können.

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Zur Umsetzung stellt der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung den Wahlkommissionen bei den Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den jeweiligen Universitäten ein elektronisches Wahlsystem und ein Wahladministrationssystem zur Verfügung. Es ist dabei die besondere Herausforderung zu lösen gewesen, dass die Wahlen von den 21 Wahlkommissionen selbständig durchgeführt werden und die Wahlkommission bei der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft dabei vor allem koordinierenden und beratenden Charakter hat.

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Weiters ist die elektronische Stimmabgabe so in den Wahlprozess zu integrieren gewesen, dass die Stimmabgabe im elektronischen Weg lediglich eine zusätzliche Beteiligungsmöglichkeit darstellen und die Wahl im Papierweg in der bisherigen Form weiter bestehen sollte. Daher wurde für das E-Voting die Sonderform der vorgezogenen Stimmabgabe eingeführt, die in der Woche vor dem ersten Wahltag von Montag, 08.00 Uhr, bis Freitag, 18.00 Uhr, durchgehend ermöglicht wird. Damit können alle Studierenden an den österreichischen Universitäten (ca. 240.000) die Stimme über das Internet abgeben, ohne sich zuvor registrieren zu müssen.

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Die HSWO sieht vor, dass die Wahlberechtigung mittels der Bürgerkarte gemäß § 2 Z 10 des E-Governmentgesetzes überprüft und die geheime Stimmabgabe mittels geeigneter technischer Verfahren sichergestellt werden muss. Nach Ende der elektronischen Stimmabgabe werden die elektronischen Stimmen verschlüsselt bis zum Ende der herkömmlichen Wahl aufbewahrt. Die Auszählung der Stimmen wird erst nach Beschluss der jeweiligen Wahlkommission und Beigabe des Entschlüsselungscodes ermöglicht.

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Zusätzlich unterstützt eine elektronische Wahladministration die Durchführung der Wahlen zu den Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften bei der Erstellung der Wählerinnen- und Wählerverzeichnisse inklusive der Erstellung der bereichsspezifischen Personenkennzeichen (bPK) und beim Papierwahlprozess mit Wahlberechtigungsprüfung, Wahlbeteiligungsermittlung im Wahlprozess sowie der Kommunikation der Ergebnisse mit Ermittlung der Mandate in der Nachwahlphase.

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Insgesamt stellt die erstmalige Durchführung von E-Voting in Österreich eine besondere Herausforderung dar, bei der viele rechtliche Aspekte zu berücksichtigen waren und sind. Es ist gut möglich, dass Regelungen der HSWO später einmal in andere Rechtsmaterien einfließen, wenn sie sich bei der ÖH-Wahl bewährt haben. Die hier näher vorgestellten Regelungen der novellierten HSWO 2005 können somit als Meilenstein am Weg in Richtung einer elektronischen Demokratie gewertet werden.

 



Robert Krimmer, E-Voting.CC Kompetenzzentrum für elektronische Wahlen und Partizipation, Pyrkergasse 33/1/2, 1190 Wien, AT, r.krimmer@e-voting.cc
Christoph Lehner, Siegfried Stangl, Bernhard Varga, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Minoritenplatz 5, 1014 Wien, AT, {christoph.lehner | siegfried.stangl | bernhard.varga}@bmwf.gv.at
Robert Stein, Gregor Wenda, Bundesministerium für Inneres, Herrengasse 7, 1014 Wien, AT, {robert.stein | gregor.wenda}@bmi.gv.at