1.
Allgemeines ^
[1]
Am 25. November 2009 beschlossen der Rat und das Europäische Parlament mit den Änderungsrichtlinien «Better Regulation»1 und «Citizens´ Rights»2 ein Paket zur Änderung des «Neuen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation». Mit diesem Review wird das bisherige, aus der RahmenRL3 sowie den vier Einzelrichtlinien (ZugangsRL,4 UniversaldienstRL,5 GenehmigungsRL,6 Telekom-DatenschutzRL7 ) bestehende Regelwerk für die elektronische Kommunikation modifiziert.8
[2]
Die Better RegulationRL enthält dabei – zum Teil durchaus detailreiche und erhebliche – regulatorische Neuerungen, wie insbesondere zur Stärkung von Investitionsanreizen beim Infrastrukturausbau und einer besser vorhersehbaren Regulierung.9
[3]
Mit der Citizens´ RightsRL soll hingegen vor allem der Schutz der Endnutzer gewährleistet und weiter gestärkt werden. Damit Verbraucher auch in den vollen Genuss der Vorteile des Wettbewerbs am Markt kommen, ist es nach Ansicht des europäischen Gesetzgebers erforderlich, dass sie in der Lage sind, den Betreiber ohne die Überwindung von rechtlichen, technischen oder praktischen Hindernissen (wie z.B. Deaktivierungsgebühren oder den «Verlust» der Rufnummer) zu wechseln.10
[4]
Vor diesem Hintergrund sieht die Citizens´ RightsRL auch Modifikationen und Neuerungen hinsichtlich der Rufnummernübertragung (auch Rufnummernportabilität genannt) und der Mindestdauer von Verträgen sowie deren Kündigung vor.
[5]
Die europäischen Vorgaben hat der österreichische Gesetzgeber bis zum 25. Mai 2011 im nationalen Recht umzusetzen. Aus diesem Anlass beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit den durch das aktuelle TKG 200311 vorgegebenen Rahmenbedingungen betreffend die für einen Betreiberwechsel relevante Rufnummernübertragung sowie die Mindestvertragsdauer und analysiert die durch die Citizens´ RightsRL vorgesehenen Bestimmungen sowie den sich daraus ergebenden Umsetzungsbedarf.
2.
Nummernübertragbarkeit ^
[6]
Der europäische Gesetzgeber erkannte bereits zu Beginn der Liberalisierung der (Tele)Kommunikationsmärkte, dass die Übertragbarkeit von Rufnummern ein wichtiges Leistungsmerkmal für die Endnutzer darstellt und eingeführt werden sollte, sobald dies realisierbar war. Bereits Art 12 Abs 5 der ONP-RL12 aus dem Jahr 1997 sah vor, dass die «nationalen Regulierungsbehörden die frühestmögliche Einführung der Übertragbarkeit von Nummern fördern, bei der der Endbenutzer auf Antrag seine Nummer(n) im festen öffentlichen Telefonnetz an einem bestimmten Standort beibehalten kann, und zwar unabhängig von der Organisation, die den Dienst erbringt. » Mit 1. Jänner 2000 wurde auf europäischer Ebene die Verpflichtung zur Übertragung von Rufnummern für Betreiber von festen Kommunikationsnetzen zwingend vorgesehen.13
[7]
In Österreich verpflichtete bereits zu Beginn der vollen Liberalisierung der (Tele)Kommunikationsmärkte im Jahr 1997 § 9 der auf der Grundlage der §§ 18 Abs 8 und 53 Abs 2 TKG 199714 a.F. erlassenen Numerierungsverordnung aF (NVO)15 die Betreiber «innerhalb der für private Netze, für personenbezogene Dienste, speziell tarifierte Dienste und Mehrwertdienste vorgesehenen Bereiche sowie hinsichtlich der besonderen Rufnummern im öffentlichen Interesse Nummernportabilität zu gewährleisten ». Darüber hinaus hatten Festnetzbetreiber in den für Regionen vorgesehenen Bereichen Betreiberportabilität hinsichtlich aller anderen Festnetzbetreiber und in den für Regionen vorgesehenen Bereichen geographische Portabilität innerhalb der Regionen hinsichtlich aller anderen Festnetzbetreiber zu gewährleisten.16 Die Inanspruchnahme der Portabilität für den Teilnehmer hatte gemäß § 9 Abs 4 NVO a.F. kostenfrei zu sein. In weiterer Folge erließ die TKK am 03.04.2000 und 09.05.2000 Bescheide, die die Betreiber dazu verpflichtete, Rufnummern von ihrem Netz zum Partnernetz zu portieren. Zwar hob der VwGH diese Bescheide aufgrund von Fehlern bei der Berechnung der Portierungsentgelte auf, bestätigte aber gleichzeitig, dass die Rufnummernportierung eine Zusammenschaltungsleistung ist. Damit wurden die Rahmenbedingungen für die Übertragung von geographischen und nicht geographischen Rufnummern in festen Sprachtelefonnetzen geschaffen.17
[8]
Die europarechtliche Vorgabe zur Gewährleistung der Nummernübertragung im Festnetz wurde im Jahr 2002 durch den «Neuen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikation» detailliert und erweitert. Art 30 der UniversaldienstRL a.F. verpflichtete die Mitgliedstaaten nunmehr, sicherzustellen, dass alle Teilnehmer öffentlich zugänglicher Telefondienste, einschließlich mobiler Dienste, ihre Nummer(n) unabhängig von dem Unternehmen, das den Dienst anbietet, beibehalten können müssen und zwar im Fall geografisch gebundener Nummern an einem bestimmten Standort und im Fall geografisch nicht gebundener Nummern an jedem Standort. Ausgenommen war (und ist auch weiterhin) die Übertragung von Nummern zwischen Fest- und Mobilfunknetzen.18 Die UniversaldienstRL hält idZ fest, dass die Nummernübertragbarkeit einer der Hauptfaktoren für die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher darstellt und daher wesentlich für einen wirksamen Wettbewerb in einem wettbewerbsorientierten Telekommunikationsumfeld ist.19 Daher sollten Endnutzer, die dies beantragen, ihre Nummer unabhängig von jenen Unternehmen, die die Dienste erbringen, behalten können.
[9]
Zur Nutzungssteigerung der Nummernübertragbarkeit stellen transparente Tarifinformationen einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar, und zwar sowohl für Endnutzer, die ihre Nummern mitnehmen, als auch für Endnutzer, die Teilnehmer anrufen, die die Möglichkeit zur Nummernübertragung genutzt haben. Nach Ansicht des europäischen Gesetzgebers sollten die nationalen Regulierungsbehörden daher, soweit dies machbar ist, eine angemessene Tariftransparenz erleichtern.20
[10]
Die Verpflichtung zur Übertragung von Rufnummern wurde in § 23 TKG 200321 entsprechend den europäischen Vorgaben umgesetzt. § 23 Abs 1 TKG 2003 verpflichtet sämtliche Betreiber öffentlicher Telefondienste – unabhängig vom Bestehen beträchtlicher Marktmacht – sicherzustellen, dass ihren Teilnehmern die Möglichkeit des Wechsels des Telefondiensteanbieters unter Beibehaltung der Rufnummern ohne Änderung der für den betreffenden Rufnummernbereich spezifischen Nutzungsart und bei geografisch gebundenen Rufnummern die Möglichkeit des Wechsels des Standortes innerhalb des für den Nummernbereich festgelegten geografischen Gebietes eingeräumt wird. Dabei haben die Betreiber die Höhe der entstehenden Entgeltansprüche kostenorientiert zu vereinbaren. Jedenfalls darf vom portierenden Teilnehmer für die Übertragung der Nummer kein abschreckendes Entgelt verlangt werden.
[11]
Zur näheren Bestimmung betreffend die Übertragung von Nummern zwischen Mobilfunknetzen ist gemäß § 23 Abs 3 TKG 2003 der BMVIT verpflichtet.22 Die auf dieser Grundlage erlassene Nummernübertragungsverordnung (NÜV)23 wurde am 04.11.2003 kundgemacht und konkretisiert die Durchführung des Nummernübertragungsprozesses zwischen Mobilfunknetzen.
[12]
§ 6 NÜV sieht i.d.Z. vor, dass ein «vom Teilnehmer gewünschtes Datum oder ein gewünschter Zeitpunkt für die Nummernübertragung […] möglichst zu berücksichtigen [ist]. Der Übertragungsprozess ist tunlichst innerhalb von drei Arbeitstagen ab Vorliegen sämtlicher in § 4 [NÜV] genannter Voraussetzungen abzuschließen.» Die Diensteunterbrechung selbst soll nach § 7 NÜV «möglichst kurz sein». Die Frist von drei Arbeitstagen beginnt somit nach Antrag des Teilnehmers beim aufnehmenden Betreiber auf Übertragung und nach Vorliegen der sogenannten NÜV-Informationen24 und nach der Bestätigung des Teilnehmers, dass ihm die Gesamtkosten der Portierung verbindlich dargestellt wurden.
[13]
Festzuhalten ist, dass der Teilnehmer ohne die NÜV-Informationen nicht über sämtliche Informationen verfügt, die für eine Einwilligung in die Portierung nötig sind. Daher stellt u.E. erst die Bestätigung des Teilnehmers die Willenserklärung dar, mit welcher der Portierung zugestimmt wird und es kommt erst damit zur vertraglichen Vereinbarung über die Portierung.
[14]
Die Citizens´ RightsRL hebt nunmehr hervor, dass Verbraucher den Betreiber ohne die Überwindung von rechtlichen, technischen oder praktischen Hindernissen (wie z.B. Gebühren oder Vertragsbedingungen) wechseln sollen können, um in den vollen Genuss der Vorteile des Wettbewerbs am Markt zu kommen.25 Hierzu werden die schon in der alten Fassung der UniversaldienstRL bestehenden Regelungen insofern ergänzt, als dass die Übertragung der Rufnummern und deren anschließende Aktivierung «so schnell wie möglich » erfolgen müssen und, dass für «Teilnehmer, die eine Vereinbarung über eine Rufnummernübertragung auf ein anderes Unternehmen geschlossen haben, […] die Rufnummer in jedem Fall innerhalb eines Arbeitstags aktiviert » wird.26 Es ist daher davon auszugehen, dass innerhalb eines Werktages ab dem Zeitpunkt, an dem der Teilnehmer mit dem aufnehmenden Netzbetreiber einen Vertrag über die Übertragung abgeschlossen hat, die bestehende(n) Rufnummer(n) im Netz des aufnehmenden Betreibers erreichbar sein muss. Nach dem ErwGr 47 der Citizens´ RightsRL ist dabei das Ziel, dass während des Übertragungsverfahrens der Dienst keinesfalls länger als einen Arbeitstag unterbrochen wird.
[15]
Vor dem Hintergrund dieses Ziels und des Grundsatzes der Vertragsfreiheit ist allerdings u.E. auf Wunsch des Teilnehmers auch ein späterer Termin zur Übertragung nach Abschluss des Vertrages möglich – diesfalls gilt die Frist von einem Arbeitstag ab dem vereinbarten Termin, d.h. die Unterbrechung darf zum gewünschten Zeitpunkt nicht länger als einen Arbeitstag dauern.
[16]
Unabhängig von der Tatsache, dass auch nach den Regelungen der NÜV die Diensteunterbrechung möglichst kurz sein soll, entspricht die in der NÜV vorgesehene Frist von drei Arbeitstagen zur Übertragung (nicht: Unterbrechung) nicht den Vorgaben der Citizens´ RightsRL und bedarf daher jedenfalls einer Anpassung an die europarechtlichen Vorgaben.
[17]
Festzuhalten ist weiters, dass die NÜV nur die Übertragung von Nummern zwischen Mobilfunknetzen regelt. Es besteht daher auch ein Umsetzungsbedarf dahingehend, dass auch eine entsprechende Regelung für die Portierung in Festnetzen geschaffen wird.
[18]
Zur Absicherung der durch die Citizens´ RightsRL auferlegten Verpflichtungen i.Z.m. der Rufnummernübertragung haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass geeignete Sanktionen gegen Unternehmen vorgesehen werden, einschließlich der Pflicht, Teilnehmer zu entschädigen, wenn sich die Übertragung der Rufnummer verzögert oder die Übertragung durch sie oder in ihrem Auftrag missbraucht wird.27
[19]
Nach nationalem Recht droht bereits jetzt Betreibern, die die Nummernübertragbarkeit nicht gemäß § 23 TKG 2003 sicherstellen, eine Verwaltungsstrafe bis EUR 37.000,00. Bei einem Verstoß gegen die NÜV droht eine Verwaltungsstrafe bis zu EUR 8.000,00.28 Da diese Verwaltungsstrafe für jeden einzelnen Fall des Zuwiderhandelns gilt und für den Fall, dass die Nichteinhaltung der Vorgaben «System hätte», auch ein Aufsichtsverfahren nach § 91 TKG 2003 eingeleitet werden könnte, bestehen u.E. bereits geeignete Sanktionen i.S.d. europarechtlichen Vorgaben.
[20]
Hinsichtlich der konkreten Entschädigungspflicht besteht ein Umsetzungsspielraum für die nationalen Gesetzgeber. Da nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen Schäden zu ersetzen sind, die aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens entstehen und eine länger als einen Arbeitstag dauernde Unterbrechung (nach Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie) rechtswidrig wäre, besteht u.E. keine Verpflichtung für den österreichischen Gesetzgeber, eigene Entschädigungsregeln zu normieren.
3.
Mindestdauer von Verträgen ^
[21]
Ein weiterer wesentlicher Faktor, der die Wahlmöglichkeit von Nutzern von Kommunikationsdiensten einschränken kann, ist die Vereinbarung eines langfristigen Kündigungsverzichts (= Mindestvertragsdauer) seitens der Teilnehmer. Der «Neue Rechtsrahmen für elektronische Kommunikation» in der Fassung vor Erlassung der Citizens´ RightsRL sah keine spezielle Regelung über die maximale Mindestlaufzeit von Verträgen über Kommunikationsdienste vor. Auch die österreichische Rechtsordnung kennt keine explizite, diesbezügliche Regelung.
[22]
Um zu verhindern, dass Verbraucher übergebührlich in ihrer Dispositionsfreiheit eingeschränkt und Unternehmern ausgeliefert werden, während sich diese eventuell gleichzeitig besondere Dispositionsfreiheiten sichern,29 sind nach der allgemeinen konsumentenschutzrechtlichen Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG30 für Verbraucher jedenfalls solche Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB nicht verbindlich, nach denen sich Unternehmer eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist ausbedingt, während Verbraucher an die Verträge gebunden sind. Damit werden zwar unangemessen lange Bindungsfristen für Verbraucher generell untersagt, doch wird diese Bestimmung erst durch die Judikatur näher konkretisiert. In den letzten Jahren war der OGH wiederholt mit der Frage befasst, ob und inwiefern die Bindung von Verbrauchern durch bestimmte Mindestvertragslaufzeiten zulässig ist.
[23]
In einem vom OGH behandelten Fall enthielten die mit den Kunden abgeschlossenen Mobilfunkverträge Vertragsklauseln über einen Kündigungsverzicht für einen Zeitraum von 18 Monaten.31 Wiewohl sich der OGH mangels Sachvorbringens hinsichtlich der Unangemessenheit i.S.d. KSchG inhaltlich nicht weiter mit dieser Frage befasste, qualifizierte er die Mindestvertragsbindung von 18 Monaten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines preisgestützten Endgerätes als «relativ kurze» und damit zulässige Bindungsfrist.
[24]
Einer zeitlich späteren Entscheidung des OGH lag ein Mobiltelefonievertrag mit einer Mindestvertragsdauer von 24 Monaten zu Grunde, der ebenfalls mit dem Erwerb eines preisgestützten Endgeräts verbunden war.32 Der OGH betonte in seiner Entscheidung zunächst, dass Vertragsbestimmungen generell dann nicht verbindlich sind, wenn Verbraucher während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist, wobei allerdings eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen ist. Maßgebend ist dabei eine Gesamtbeurteilung der wesentlichen Elemente des Schuldverhältnisses. «Allgemein gilt, dass Unternehmer, die bei der Finanzierung vertraglicher Leistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses ein hohes wirtschaftliches Risiko eingehen, ihre Vertragspartner längere Zeit binden müssen, um ihr kaufmännisches Risiko durch eine sachgerechte Kalkulation beschränken zu können. » Eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB liegt nach dem OGH somit im Allgemeinen dann nicht vor, wenn der Unternehmer seinen Kunden eine vertragliche Alternative anbietet, bei deren Wahl die Übernahme eines höheren wirtschaftlichen Risikos durch den Betreiber mit einem höheren Preis abgegolten wird. In diesem Sinne beurteilte der OGH die Mindestvertragsdauer des Mobiltelefonievertrags von 24 Monaten beim Erwerb eines preisgestützten Endgeräts als nicht gröblich benachteiligend.
[25]
Nunmehr wird mit der Citizens´ RightsRL eine ausdrückliche Regelung über Mindestvertragslaufzeiten eingeführt, die die Mitgliedstaaten verpflichtend umzusetzen haben. Gemäß dem neuen Art 30 Abs 5 UniversaldienstRL dürfen nunmehr «Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen » über die Erbringung von Kommunikationsdiensten keine anfängliche Mindestvertragslaufzeit vorsehen, die 24 Monate überschreitet. Von dieser Regelung sind aber nur Verbraucherverträge (B2C) umfasst. Verträge zwischen Betreibern und Unternehmern (B2B) fallen nicht unter diese Vorgabe.
[26]
Darüber hinaus müssen die Betreiber den «Nutzern die Möglichkeit anbieten, einen Vertrag mit einer Höchstlaufzeit von 12 Monaten abzuschließen ». Da die Bestimmungen über die Erleichterung des Betreiberwechsels auf den Schutz der Verbraucher abzielen,33 ist davon auszugehen, dass sich trotz der Verwendung des Begriffs «Nutzer » auch die Verpflichtung zur Einräumung einer Möglichkeit zum Abschluss eines Vertrages mit einer Höchstlaufzeit von 12 Monaten nur gegenüber Verbrauchern besteht. Dass die Verwendung des Begriffs «Nutzer » in der Richtlinie ein Redaktionsversehen sein dürfte, geht auch daraus hervor, dass für die Vertragspartner der Betreiber der Begriff «Teilnehmer » definiert ist, während «Nutzer » i.S.d. Legaldefinition auch Personen ohne Vertragsverhältnis zum Diensteanbieter sein können.34 Nur für «Teilnehmer » sind allerdings die Mindestlaufzeiten von Verträgen von Relevanz.
[27]
Da die Regelung der maximalen Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten auf «Verträge », jene mit maximal 12 Monaten auf «einen Vertrag » abzielt, ist weiters festzuhalten, dass es genügt, wenn für jeden von einem Betreiber angebotenen Kommunikationsdienst (d.h.z.B. für den Telefondienst oder für den Breitbanddienst) ein Vertrag besteht, der eine anfängliche Laufzeit von maximal 12 Monaten hat. Daneben können für jeden angebotenen Kommunikationsdienst jeweils weitere Verträge bestehen, wobei gegenüber Verbrauchern die anfängliche Mindestlaufzeit nicht mehr als 24 Monate betragen darf. Nicht zuletzt da die in der Richtlinie getroffene Unterscheidung sonst sinnentleert wäre, können sich die Konditionen der Verträge (wie z.B. betreffend Tarife, etwaige gestützte Endgeräte) natürlich unterscheiden.
4.
Kündigung ohne negative Anreize ^
[28]
Weiters sieht die UniversaldienstRL in der Fassung der Citizen`s RightsRL nunmehr vor, dass die Mitgliedstaaten unbeschadet der Mindestvertragslaufzeiten sicherstellen müssen, dass die «Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung für die Verbraucher nicht als negativer Anreiz für einen Anbieterwechsel wirken .»35
[29]
Inwiefern diese Vorgabe sichergestellt werden soll, ist nicht näher konkretisiert und obliegt daher der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass vor allem (Deaktivierungs)Gebühren, die im Fall der Vertragskündigung verrechnet werden, und besondere, die Kündigung erschwerende Modalitäten hintanzuhalten sind. Dabei ist jedoch u.E. Folgendes zu beachten:
[30]
Insbesondere im Mobilfunkbereich ist es üblich, bei Abschlüssen mit neuen Teilnehmern preisgestützte Endgeräte zur Verfügung zu stellen bzw. zu verkaufen. Falls preisgestützte Endgeräte unter einem Eigentumsvorbehalt der Betreiber stehen, muss u.E. auch bei einer Kündigung des Teilnehmers eine Rückgabeverpflichtung oder die Überlassung nur gegen Zahlung eines angemessenen Restkaufpreises möglich sein. Die Rückgabe eines preisgestützten Endgeräts oder eine Kostenanlastung könnte zwar als negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel aufgefasst werden. Im Hinblick auf die Vorteile, die der Teilnehmer durch die Preisstützung erfährt und die Tatsache, dass diese einen positiven Anreiz bei Abschluss des Teilnehmervertrages und damit beim vorhergehenden Betreiberwechsel darstellen, ist dies jedoch nicht als unzulässiger negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel i.S.d. Richtlinie anzusehen – zumal in der Regel die Möglichkeit besteht, beim Betreiberwechsel wiederum in den Genuss eines preisgestützten Endgeräts zu kommen.
[31]
Weiters ist u.E. davon auszugehen, dass auch die Fälligstellung etwaig offener Entgelte nicht als negativer Anreiz i.d.S. zu betrachten ist, weil der Teilnehmer diese ja in jedem Fall, d.h. unabhängig vom Betreiberwechsel, schuldet.
[32]
Diese Ansicht wird unterstützt durch die Vorgaben der UniversaldienstRL über die Mindestinhalte von Verträgen selbst. Danach sind nämlich Informationen über die «bei Beendigung des Vertragsverhältnisses fälligen Entgelte einschließlich einer Kostenanlastung für Endeinrichtungen » aufzuführen.36 Somit geht auch der europäische Gesetzgeber davon aus, dass bei Vertragsbeendigung zusätzliche Entgelte anfallen können.
[33]
Weiters ist u.E. auch eine etwaige Beibehaltung von Sperrungen von preisgestützten mobilen Endgeräten kein nach den europarechtlichen Vorgaben verpönter negativer Anreiz37 Allerdings könnte es nach allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen als unzulässig angesehen werden, falls die Geräte trotz einer Kostenanlastung gesperrt bleiben. Dies ist aber nach den jeweiligen nationalen Regelungen zu beurteilen.
[34]
Die konkrete Ausgestaltung der Verhinderung negativer Anreize bei Kündigungen obliegt, wie erwähnt, den Mitgliedstaaten. Grundsätzlich bestehen im österreichischen Recht bereits Regelungen, wonach gegenüber Verbrauchern keine unangemessenen oder gröblich benachteiligenden Bedingungen für die Kündigung von Verträgen bestehen dürfen.
[35]
So sieht beispielsweise § 6 Abs 1 Z 4 KSchG vor, dass eine vom Verbraucher abzugebende Erklärung keiner strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen bedürfen darf. Hinsichtlich der Verfahren für die Kündigung selbst besteht daher uE kein Umsetzungsbedarf.
[36]
Allerdings existiert nach der geltenden Rechtslage keine spezielle Regelung, die generell negative Anreize für den Fall der Kündigung, wie z.B. (Deaktivierungs)Gebühren im Fall der Vertragskündigung durch den Teilnehmer, untersagt. Ob solche Bedingungen als gröblich benachteiligend und damit als nichtig angesehen werden, wäre im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass z.B. geringe Deaktivierungsgebühren, die nur den tatsächlichen Administrationsaufwand decken sollen, nach allgemeinen Regeln als nicht gröblich benachteiligend angesehen werden, aber uE auch solche Bestimmungen als negativer Anreiz i.S.d. europarechtlichen Vorgaben zu betrachten sind, besteht ein diesbezüglicher Umsetzungsbedarf.
[37]
Dabei ist allerdings auch der Grundsatz der doppelten Bindung des nationalen Gesetzgebers38 zu beachten. D.h. dass durch die Umsetzung nicht in unzulässiger Weise in die Eigentumsfreiheit und Erwerbsfreiheit der Betreiber eingegriffen werden darf. Wie oben erwähnt, muss es den Betreibern daher insbesondere möglich sein, unter Eigentumsvorbehalt stehende Endgeräte zurückzufordern oder eine angemessene Abschlagszahlung für die Überlassung dieser zu fordern und ausständige Entgelte fällig zu stellen.
5.
Literatur ^
Forgó/Otto , Zu den Änderungen des europäischen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation, MR Heft 5/2010, Beilage S 1ff.
Forgó/Götz/Otto , Die neuen Rahmenbedingungen für Investitionen in die Kommunikationsinfrastruktur, MR Heft 5/2010, Beilage S 16ff.
Krejci, MANZ ABGB online– Rummel , KSchG3 § 6,http://rdb.at aufgerufen: 7. Dezember 2010 (2002).
Parschalk/Otto/Weber/Zuser , Telekommunikationsrecht, Linde, 2006.
Ranacher/Frischhut , Handbuch Anwendung des EU-Rechts, Facultas, 2009.
Gerald Otto / Christoph Steindl, CABJOLSKY & OTTO RECHTSANWÄLTE OG,
Biberstraße 3, 1010 Wien, AT,go@legalconsulting.at ;www.legalconsulting.at
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Gerald Otto / Christoph Steindl, CABJOLSKY & OTTO RECHTSANWÄLTE OG,
Biberstraße 3, 1010 Wien, AT,go@legalconsulting.at ;www.legalconsulting.at
- 1 Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl L 337/37 vom 18. Dezember 2009.
- 2 Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (Rechte der Bürger), ABl L 337/11 vom 18. Dezember 2009.
- 3 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl L 108/33 vom 24. April 2002.
- 4 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), ABl L 108/7 vom 24. April 2002.
- 5 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl L 108/51 vom 24. April 2002.
- 6 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl L 108/21 vom 24. April 2002.
- 7 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), ABl L 201/37 vom 31. Juli 2002.
- 8 Vgl hierzu überblicksartigForgó/Otto , Zu den Änderungen des europäischen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation, MR Heft 5/2010, Beilage S. 1 ff.
- 9 VglForgó/Götz/Otto , Die neuen Rahmenbedingungen für Investitionen in die Kommunikationsinfrastruktur, MR Heft 5/2010, Beilage S. 16 ff.
- 10 Vgl ErwGr 47 der Citizens´ RightsRL.
- 11 Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird (Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003), BGBL I 2003/70 idF BGBl I 2010/50.
- 12 Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP), ABl L 199/32 vom 26. Juli 1997.
- 13 Richtlinie 98/61/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 zur Änderung der Richtlinie 97/33/EG hinsichtlich der Übertragbarkeit von Nummern und der Betreibervorauswahl, ABl L 268/37 vom 3. Oktober 1998.
- 14 Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird, das Telegraphenwegegesetz, das Fernmeldegebührengesetz und das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz geändert werden sowie ergänzende Bestimmungen zum Rundfunkgesetz und zur Rundfunkverordnung getroffen werden – Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl I 1997/100, aufgehoben mit Erlassung des TKG 2003, BGBl I 2003/70.
- 15 Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Numerierung (Numerierungsverordnung – NVO), BGBl II 1997/416. Diese wurde mit Erlassung des TKG 2003, BGBl I 2003/70 aufgehoben.
- 16 Vgl § 9 Abs 2 und Abs 3 NVO.
- 17 VglParschalk/Otto/Weber/Zuser , Telekommunikationsrecht, 196.
- 18 «Die Mitgliedstaaten können jedoch Bestimmungen über die Übertragung von Nummern zwischen Netzen, die Dienste an festen Standorten erbringen, und Mobilfunknetzen anwenden. » ErwGr 40 der UniversaldienstRL.
- 19 Vgl ErwGr 40 der UniversaldienstRL.
- 20 ErwGr 41 der UniversaldienstRL:
- 21 § 23 TKG 2003 ist die Nachfolgeregelung von § 54 TKG 1997.
- 22 Dabei ist insbesondere auf internationale Vereinbarungen, die technischen Möglichkeiten, die hiefür erforderlichen Investitionen, die effiziente Information über die Identität des Zielnetzes sowie darauf Bedacht zu nehmen, dass die Funktionsfähigkeit portierter Nummern auch bei Wegfall des betreffenden Teilnehmernetzes gewährleistet ist.
- 23 Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Übertragung von Nummern zwischen Mobilfunknetzen, (Nummernübertragungsverordnung – NÜV), BGBl II 2003/ 513.
- 24 Dies ist die Verständigung gemäß § 3 Abs 2 NÜV, mit der sämtliche im Hinblick auf eine Nummernübertragung relevanten Informationen schriftlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Abs 3 leg.cit. enthält eine Aufzählung jener Informationen, die von dieser Verständigung zumindest umfasst sein müssen.
- 25 Vgl ErwGr 47 der Citizens´ RightsRL.
- 26 Art 30 Abs 4 Unterabsatz 1 UniversaldienstRL.
- 27 Art 30 Abs 4 Unterabsatz 3 UniversaldienstRL
- 28 Aufgrund der generellen Verwaltungsstrafbestimmung des § 109 Abs 2 Z 9 TKG 2003 bei Zuwiderhandeln gegen eine aufgrund des TKG 2003 erlassenen Verordnung oder eines Bescheids.
- 29 Krejci inRummel , KSchG3 § 6, Rz 2, Stand: 2002.
- 30 Bundesgesetz vom 8. März 1979, mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz – KSchG), BGBl 1979/140 idF BGBl I 2010/28.
- 31 OGH vom 21. April 2005 , 6 Ob 69/05y.
- 32 OGH vom 10. Juni 2008, 4 Ob 91/08y.
- 33 Vgl ErwGr 47 der Citizens´ RightsRL.
- 34 Vgl die entsprechenden Legaldefinitionen in Art 2 RahmenRL, welche nach Art 2 UniversaldienstRL auch für die Zwecke der UniversaldienstRL gelten.
- 35 Art 30 Abs 6 UniversaldienstRL.
- 36 Art 20 Abs 1 lit UniversaldienstRL.
- 37 Vgl. i.d.Z. auch ErwGr 24 der Citizens´ RightsRL, wonach «im Kundenvertrag die vom Anbieter auferlegten Beschränkungen bei der Nutzung von Endeinrichtungen, wie beispielsweise die Sperrung von Mobiltelefonen für SIM-Karten anderer Anbieter – sofern solche Beschränkungen nicht nach den nationalen Rechtsvorschriften untersagt sind – und die bei Vertragskündigung anfallenden Gebühren – unabhängig davon, ob die Kündigung vor oder zu dem vereinbarten Vertragende erfolgt – einschließlich der anfallenden Kosten, wenn der Kunde das Gerät behalt », anzugeben.
- 38 Danach kommt eine Verfassungsbindung des nationalen Gesetzgebers jedenfalls im Rahmen gemeinschaftlicher Umsetzungs- und Anwendungsspielräume zum Tragen, vglRanacher/Frischhut Handbuch Anwendung des EU-Rechts, 284 f. unter Hinweis auf VfGH G 237/03.