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Die Strukturierung von Rechtsnormen in der Schweiz

  • Author: Marius Roth
  • Region: Switzerland
  • Field of law: Applications
  • Collection: Festschrift Erich Schweighofer
  • Citation: Marius Roth, Die Strukturierung von Rechtsnormen in der Schweiz, in: Jusletter IT 22 February 2011
In der Schweiz wird das Thema der Strukturierung der Rechtsdaten erst seit wenigen Jahren diskutiert. Vorliegend wird ein kurzer Überblick über die wichtigsten Entwicklungen in diesem Bereich vermittelt, wobei das Hauptaugenmerk auf das XML-Schema CHLexML und das Projekt LexWork gelegt wird.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Entwicklung der Strukturierung von Rechtsnormen
  • 1.1. Erste Ansätze
  • 1.2. Schaffung eines XML-Schemas
  • 2. Die Umsetzung des CHLexML Schemas
  • 3. Aktuelle Entwicklungen
  • 4. Schlussbemerkungen

1.

Entwicklung der Strukturierung von Rechtsnormen ^

1.1.

Erste Ansätze ^

[1]
Die Schweiz erfreut sich einer langen Tradition der Konsolidierung der Rechtsvorschriften: Der Bund konsolidiert seine Rechtssammlung seit 1974 laufend und die ersten Kantone verfügen bereits seit 1954 über periodisch nachgeführte konsolidierte Sammlungen in Loseblattform. Mittlerweile ist dies in allen Kantonen der Fall. Der Bund und eine Mehrheit der Kantone führen die Konsolidierung täglich nach, d.h. die neue Fassung erscheint am Tag des Inkrafttretens einer Novelle oder einer Rechtsvorschrift.
[2]
Obwohl eine Strukturierung der Rechtsnormen gerade für die Konsolidierung hilfreich sein kann, spielte dieser Aspekt bzw. der Einsatz von XML lange Zeit keine Rolle.
[3]
Das erste Projekt, welches eine Strukturierung der Rechtsnormen (auf SGML-Basis) vorsah, war das Projekt «LexDat» des Instituts für Föderalismus der Universität Freiburg i.Üe. Dieses wurde zu Beginn der 90er Jahre ins Leben gerufen und verfolgte für jene Zeit sehr ambitiöse Ziele: Im Vordergrund stand zunächst die Digitalisierung des Rechts, wobei bereits damals eine Ansicht historischer Fassungen einzelner Artikel, eine Erfassung der Daten auf Artikelebene, die parallele Anzeige der Sprachen und eine Trennung zwischen Darstellung und Inhalt vorgesehen waren. Ebenfalls geplant war die Einspeisung der Daten in ein zentrales Rechtsinformationsportal. Der Erfolg dieses Projektes blieb allerdings aus: Die damaligen Hilfsmittel waren zu wenig benutzerfreundlich, als dass sie in der Praxis von «normalen» Legisten bzw. deren Schreibkräften hätten bedient werden können. Zudem war der Ansatz zu jener Zeit derart neu, dass die Juristen mit der Technologie wohl überfordert waren. Lediglich in zwei Kantonen wurden mit dem System Versuche durchgeführt. Das Projekt kam über die Prototypphase nicht hinaus.
[4]
Einen grossen Einfluss hatte seinerzeit auch das Aufkommen der modernen WYSIWYG-Textverarbeitung, die eine «einfache», benutzerfreundliche Bearbeitung der Rechtstexte erlaubte: Viele Kantone nutzten bald diese Programme, um die Rechtstexte selber zu konsolidieren.
[5]
Die allermeisten Kantone sowie der Bund bedienen sich bis heute für die Redaktion der Rechtsvorschriften und deren Konsolidierung der klassischen Textverarbeitung; dabei verfügen sie über keine grössere Unterstützung bzw. andere Automationen, mit Ausnahme von mehr oder weniger aufwändig ausgestalteten klassischen Textverarbeitungshilfsmitteln.

1.2.

Schaffung eines XML-Schemas ^

[6]
Um die Jahrtausendwende wurde der Gedanke der Strukturierung der Rechtsvorschriften speziell unter dem Gesichtspunkt des XML erneut aufgegriffen: Zum einen führten die Kantone St. Gallen und Bern erste Systeme mit einer SGML-Datenbank ein, die heute immer noch im Einsatz stehen, sich allerdings auf die Strukturierung der konsolidierten Fassungen beschränken. Die Novellierungen werden bei dieser Methode ausserhalb des Systems erstellt. Im Vordergrund dieser Projekte stand zunächst die erstmalige Digitalisierung der Rechtsdaten im Hinblick auf die Veröffentlichung im Internet1 .
[7]
Zum anderen wurde das Thema XML seit 2001 regelmässig anlässlich der Magglinger Rechtsinformatikseminare, die jährlich vom Schweizerischen Verein für Rechtsinformatik (SVRI) durchgeführt werden2 , aufgegriffen. Gegenstand der Diskussionen bildeten insbesondere die Vorteile von XML in Bezug auf den Datenaustausch (2001) oder die Schaffung eines Rechtsinformationsportals. Insgesamt wurde XML bzw. die Strukturierung von Rechtsdaten an den neun bis 2010 durchgeführten Tagungen in ca. 20 Vorträgen thematisiert. Diese Problematik bildete ausserdem Gegenstand eines im Jahre 2004 vom Bundesamt für Justiz ebenfalls in Magglingen durchgeführten «Legal XML Workshops».
[8]
Im selben Jahr beschloss der SVRI anlässlich seiner Generalversammlung, zusammen mit dem Bundesamt für Justiz auf die Schaffung eines schweizweit einheitlichen XML-Schemas für Rechtsnormen hinzuwirken3 . Dies wurde seinerzeit als Grundvoraussetzung für die Anwendung von XML in der Gesetzgebung angesehen. Weshalb man seinerzeit den Einsatz von XML fördern wollte, ist rückblickend unklar; am wahrscheinlichsten erscheint der Wunsch, sich an den Aktivitäten anderer Staaten in diesem Bereich zu orientieren. Jedenfalls existierten seinerzeit weder konkrete Vorhaben, die strukturierte XML-Daten in der Gesetzgebung vorausgesetzt, noch gab es Projekte oder Anwendungen, die strukturierte Daten genutzt hätten: Es entstand lediglich eine Idee eines umfassenden Rechtsinformationssystems, welches auf strukturierte Daten angewiesen sei4 , wobei diese Notwendigkeit nicht näher begründet wurde. Auch war das Fehlen eines zentralen Portals zu jener Zeit in erster Linie auf fehlende Schnittstellen und weniger auf die fehlende Strukturierung der Daten zurückzuführen. Ins Feld geführt wurde ausserdem, XML sei Voraussetzung für eine Versionenverwaltung der konsolidierten Vorschriften oder diene der besseren Nutzung von Verweisen5 .
[9]
Aus dem Kreis des SVRI wurde schliesslich eine Arbeitsgruppe gebildet, die das Schema entwerfen sollte. Sie setzte sich aus Vertretern des Bundes, einigen Kantonen, Verlagen und weiteren Interessierten zusammen. An mehreren Sitzungen wurden zwischen 2004 und 2005 verschiedene Ansätze für ein solches Schema diskutiert6 .
[10]
Die Diskussionen rund um das zu schaffende XML-Schema erwiesen sich für die Beteiligten auch deshalb als schwierig, weil zu jenem Zeitpunkt die Frage nach dem «warum» oder «weshalb XML» nicht geklärt war. Wie bereits erwähnt, lag kein konkreter Handlungsbedarf vor und kein Projekt war auf das Vorhandensein des Schemas angewiesen. Einzig die Bundeskanzlei stellte seinerzeit in Aussicht, dieses Schema bei der Erneuerung ihres eigenen Rechtsinformationsportals einzusetzen. XML wurde deshalb nicht als Mittel für einen bestimmten Zweck, sondern als Voraussetzung für einen unbekannten Zweck betrachtet. Das blosse Werkzeug XML wurde zum Ziel instrumentalisiert.
[11]
Diese Betrachtungsweise widerspiegelte sich auch in einer Umfrage des Bundesamtes für Justiz zum CHLexML-Schema, die bei den Kantonen Ende 2005 bzw. Anfangs 2006 durchgeführt wurde: Die Kantone bekundeten damals kein konkretes Interesse, das Schema einzusetzen. Einige von ihnen hätten sich einen Einsatz vorstellen können, wenn der Bund die entsprechenden Anwendungen finanziert hätte, doch im Grossen und Ganzen waren sie mit den bisherigen Lösungen zufrieden7 .
[12]
Im Jahr 2007 startete der Bund ein umfassendes Projekt für die Erneuerung seines Rechtsinformationsportals. Ursprünglich beabsichtigt war insbesondere auch die Verwendung des CHLexML-Schemas. Das Projekt wurde jedoch im Frühjahr 2010 eingestellt und es ist derzeit noch offen, wie das weitere Vorgehen auf Bundesebene aussieht. Die Gründe für die Einstellungen lagen in unterschiedlichen Auffassungen über die Projektschwerpunkte und die Modalitäten der Auftragsabwicklung zwischen der Bundeskanzlei und dem Auftragnehmer8 .
[13]
Eine mit CHLexML kompatible Word-Redaktion wurde in den Jahren 2008 und 2009 von den Kantonen Uri und Luzern eingeführt. Dabei erfolgt die Redaktion mit Word und die Darstellung der Rechtsnormen als PDF und HTML. In beiden Kantone wird jedoch für die Datenhaltung kein XML eingesetzt, sondern es werden Word-Dateien verwendet, die mit dem CHLexML-Schema kompatibel sind und eine Konvertierbarkeit nach CHLexML gewährleisten. Zu erwähnen ist ausserdem, dass Ende 2009 mit LexWork eine grössere Bewegung in Gang kam, die gesondert behandelt wird9 .
[14]
Die Arbeiten an der ersten Fassung des Schemas wurden 2006 beendet. Im Anschluss daran erfolgte das Standardisierungsverfahren bei eCH, dem Verein für E-Government Standards der Schweiz. Dieses Verfahren ist zurzeit noch nicht abgeschlossen. Der Entwurf wurde aber Ende 2008 auf der Webseite von eCH publiziert10 .
[15]
Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der SVRI derzeit an weiteren XML-Schemen arbeitet, die namentlich für Gerichtsentscheide und für juristische Literatur im Allgemeinen verwendet werden könnten11 .

2.

Die Umsetzung des CHLexML Schemas ^

[16]
Bei der Betrachtung des Schemas fällt sofort auf, dass die Hauptziele vor allem darin bestanden, die vorhandenen Normen möglichst unverändert wiedergeben zu können: Es wurde ein Schema angestrebt, das auf sämtliche Rechtsvorschriften des Bundes im Bereich des Landesrechts, auf die Staatsverträge, auf das gesamte kantonale und interkantonale Recht12 sowie auf das Gemeinderecht anwendbar ist; dies obwohl bereits auf den ersten Blick erhebliche formale Unterschiede zwischen den verschiedenen Rechtsnormen ersichtlich sind. Dies erklärt, weshalb das Schema eher weit gefasst und nicht besonders streng ist bzw. keine strengen Strukturelemente erzwingt. Dies kann am folgenden Beispiel erläutert werden: In der Schweiz sind gewisse Staatsverträgen und interkantonale Vereinbarungen – trotz ihrer Veröffentlichung in der Rechtssammlung – inhaltlich kaum strukturiert. Dies ist unter anderem der Fall bei Regelungen, die in der Form von Briefwechseln veröffentlicht werden: Eine Partei schlägt in einem Brief eine bestimmte Regelung vor und die andere Partei akzeptiert den Vorschlag und bringt allenfalls noch Ergänzungen an. Als illustratives Beispiel kann der «Briefwechsel vom 2./10. Januar 1959 zur Ergänzung des Abkommens vom 1. Juni 1957 zwischen der Schweiz und Österreich betreffend die gegenseitige Aufhebung des Passzwanges beim Personenverkehr an der Grenze» genannt werden13 . Diese Norm hat auszugsweise folgenden Inhalt:
[17]
Vorliegend soll nicht auf die Frage eingegangen werden, ob und inwiefern derartige Vorschriften überhaupt in einer konsolidierten Rechtssammlung veröffentlicht werden sollten. Es ist jedoch offensichtlich, dass diese (und ähnliche Rechtsvorschriften auch) bereits in ihrem Urzustand praktisch unstrukturiert vorliegen und die darin enthaltenen Information – ohne einen erheblichen Eingriff in den Inhalt – kaum in die übliche Struktur mit Paragraphen und Absätzen überführt werden kann. Im obenstehenden Beispiel müsste bei einer «harten» Strukturierung die Anschrift in einen Ingress und der eigentliche Briefinhalt in einen oder mehrere Paragrafen und Absätze überführt werden.
[18]
Dennoch beabsichtigt CHLexML auch solche Rechtsnormen abbilden zu können. Deshalb lässt das Schema beispielsweise zu, dass auf eine Artikel- bzw. Paragraphennummer optional verzichtet werden kann, was zur Folge hat, dass eine Rechtsnorm nicht zwingend aus Artikeln oder Paragraphen bestehen muss14 . Damit ist CHLexML in der Lage, sämtliche Rechtsnormen irgendwelcher Art ohne Eingriff in den Inhalt abzubilden. Diese Toleranz hat allerdings auch eine Kehrseite: Mit der optionalen Bezeichnung der Strukturelemente sind z.B. sämtliche automatisierten Vergleiche zwischen verschiedenen Fassungen einer Norm oder eine automatisierte Referenzierbarkeit von Strukturelementen kaum mehr möglich.
[19]
Mit anderen Worten kann das Schema durchaus für eine gewisse Strukturierung verwendet werden. Aufgrund der Optionalität bestimmter Eigenschaften eignet es sich jedoch nicht, um eine Automatisierung oder eine maschinelle Weiterverarbeitung zu erlauben, die auf die einzelnen Gliederungselemente zugreifen möchte; dazu sind die zulässigen Unterschiede in der Struktur viel zu gross. Die Vorteile einer Strukturierung mittels CHLexML sind deshalb auch nicht klar ersichtlich.

3.

Aktuelle Entwicklungen ^

[20]
Neben den bereits geschilderten Entwicklungen rund um CHLexML ist mit LexWork seit Ende 2009 eine grössere Bewegung zu beobachten: LexWork ist eine Lösung der Sitrox AG, die als technischer Partner des Instituts für Föderalismus der Universität Freiburg auch das schweizweite Gesetzgebungsportal LexFind betreibt15 . LexWork wurde gestützt auf die Erkenntnisse des LexFind-Portals entwickelt und hat zum Ziel, den Kantonen ein praktisches, hochautomatisiertes und professionelles Instrument für die Verwaltung und Redaktion von Rechtsnormen zu ermöglichen. Bei der Redaktion wird eine umfassende XML-Strukturierung mittels eines neuartigen online Web-Editors sichergestellt. Dabei wird von Beginn weg auf eine grösstmögliche Automatisierung Wert gelegt: Das System verfolgt den «tasmanischen» Ansatz, d.h. die Legisten arbeiten direkt in den konsolidierten Rechtsvorschriften, während das System vollautomatisch den notwendigen Novellierungsbeschluss erstellt, der anschliessend von der zuständigen Behörde verabschiedet wird16 . Ebenfalls möglich ist die automatische Aufbereitung der für die kantonalen Parlamente oft verlangten synoptischen Tabellen, in welchen in einer Spalte das bisherige und in einer anderen Spalte das zu beschliessende Recht abgedruckt ist, womit die Änderungen sofort ersichtlich werden. Das System zeichnet sich auch durch seine Modularität aus, die ihm erlaubt, sich an spezifische Bedürfnisse der Kantone anzupassen. Ebenfalls möglich ist ein Einsatz nur für die Verwaltung der Rechtsvorschriften, unter Beibehaltung der bisherigen Redaktion, in der Regel mittels herkömmlicher Textverarbeitung.
[21]
Für die Strukturierung wird im Web-Editor ein besonders adaptiertes proprietäres XML-Schema eingesetzt, welches jedoch für allfällige weitere Anwendungen vollständig nach CHLexML überführt werden kann. Ein solcher Ansatz wurde deshalb notwendig, weil die unscharfe Strukturierung von CHLexML, die maschinell nicht zwingend referenziebar ist, eine vollautomatische Novellierungsgenerierung nicht erlauben würde. Das LexWork-Schema erweist sich daher als wesentlich strenger und ist teilweise auch individuell an die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Kantone angepasst. Daher lassen sich damit auch nicht zwingend alle Rechtsnormen der Kantone strukturieren: Teilweise werden bei der Datenkonvertierung formelle Bereinigungen vorgenommen oder bei manchen Rechtsnormen wird auf eine Strukturierung gänzlich verzichtet, weil dort die Strukturierung inhärent nicht gegeben ist und die Wahrscheinlichkeit einer Novellierung äusserst gering ist. Sollte in einem solchen Fall trotzdem eine neue Regelung erarbeitet werden, wird die bisherige Norm vollständig aufgehoben und eine neue strukturkonform geschaffen.
[22]
LexWork wird derzeit in 5 von 26 Kantonen eingesetzt und ist damit das am meisten verwendete Hilfsmittel.

4.

Schlussbemerkungen ^

[23]
Auch in der Schweiz werden heute Rechtsnormen mit XML strukturiert. Die schweizerische Entwicklung zeigt aber auch verschiedene Problemfelder, die bei der Einführung von neuen Technologien wie XML typisch sind:
[24]
Jede neue Technologie sollte durch Bedürfnisse hervorgerufen sein, die sich besonders gut mit diesem Werkzeug lösen lassen. Mit anderen Worten sollte der Einsatz neuer Technologien als begründbar und objektiv gerechtfertigt erscheinen. Es muss zwischen Werkzeug und Ziel bzw. Nutzen unterschieden werden. Ein bestimmtes Ziel, z.B. eine grössere Automatisierung bei der Veröffentlichung von Rechtsnormen kann beispielsweise mit dem Werkzeug XML oder aber vielleicht auch mit einer anderen Technologie erreicht werden. Die Technologie muss deshalb immer Werkzeug im Hinblick auf das Erreichen eines bestimmten Ziels und nicht bloss Selbstzweck sein bzw. selber zum Ziel erklärt werden. So gesehen, erscheint der in der Schweiz gewählte Ansatz, in Unkenntnis möglicher konkreter Anwendungen und deren Anforderungen ein universelles XML-Schema für Rechtsnormen zu schaffen, als unzweckmässig.
[25]
Obwohl CHLexML (jedenfalls in der aktuellen Fassung) auch künftig in der Praxis wohl nie eine wichtige Rolle spielen wird, hatte das Schema aufgrund seiner Impulswirkung eine wichtige, ja bahnbrechende Bedeutung, da es die gesamte Bewegung um den Einsatz von XML erst richtig in Gang brachte. Die Diskussionen im Zusammenhang mit der Definition und der Verwendung eines Schemas, um XML im Allgemeinen, führten zu einer breiten Sensibilisierung für den Einsatz neuer Technologien im Bereich der Legistik. Neuartige Lösungen wie LexWork wären ohne CHLexML wohl auch nicht angeregt worden.
[26]
Ganz allgemein kann im Bereich der Legistik der Sinn eines standardisierten XML-Schemas aber auch hinterfragt werden: Um sämtliche erdenklichen Spezialfälle und heterogenen Eigenschaften der unterschiedlichen Entitäten abdecken zu können, müssen solche Schemen entweder relativ offen gehalten oder aber besonders detailliert sein. Dies hat zur Folge, dass entweder nur wenige Strukturelemente effizient erzwingbar sind, was eine erhebliche Erschwerung der Automatisierung zur Folge hat oder, dass die einzusetzenden Schemen überladen, unübersichtlich und potentiell laufend angepasst werden müssen.
[27]
M.E. würde es sich gerade im XML-Umfeld anbieten, eher mit Muster-XML-Schemen zu arbeiten, die nicht standardisiert, sondern von jeder Behörde bzw. Entität für die jeweilige Anwendung angepasst würden. Dies belässt den unterschiedlichen Bedürfnissen den notwendigen Spielraum; dank dem Muster ist aber auch eine Grundkompatibilität der Schemen untereinander für den Fall einer übergeordneten, übergreifenden Anwendung oder eines Datenaustausches gewährleistet.



Marius Roth, Institut für Föderalismus, Universität Freiburg i.Üe.
Englisberg 7, 1763 Granges-Paccot, CH,marius.roth@unifr.ch ,www.lexfind.ch


  1. 1 Vgl. Gérard Caussignac, «Belex – Publication électronique du Recueil systématique des lois bernois», Vortrag anlässlich des Magglinger Rechtsinformatikseminars 2001, abrufbar unterwww.seminiur.ch (15. November 2010).
  2. 2 Vgl. die verschiedenen Tagungsunterlagen und Beiträge, abrufbar unter:www.seminiur.ch (15. November 2010).
  3. 3 Vgl. Protokoll der Generalversammlung 2004 des Schweizerischen Vereins für Rechtsinformatik, abrufbar unterwww.svri.ch .
  4. 4 Vgl. Vortrag von Omar Abou Khaled und Mario Ramalho «CH-Gesetzesdatenbank» anlässlich des Magglinger Rechtsinformatikseminars 2005, abrufbar unterwww.seminiur.ch (30. November 2010).
  5. 5 Vgl. Vortrag von Hubert Münst «CHLexML – Datenstrukturmodell für rechtsetzende Daten von Bund, Kantonen und Gemeinden» anlässlich des Magglinger Rechtsinformatikseminars 2006, abrufbar unterwww.seminiur.ch (30. November 2010)>.
  6. 6 Vgl. Protokoll der Generalversammlung 2005 des Schweizerischen Vereins für Rechtsinformatik, abrufbar unterwww.svri.ch (15. November 2010).
  7. 7 Vgl. die Präsentation der Resultate der Umfrage des Bundesamtes für Justiz «Résumé des résultats de la procédure de consultation relative au projet d’un schéma XML pour la structuration des actes législatifs suisses (CHLexML)», anlässlich des Magglinger Rechtsinformatikseminars 2006 unter ‹www.seminiur.ch › (1. Dezember 2010).
  8. 8 Vgl. den Vortrag von Michel Moret «Erneuerung KAV-System,» anlässlich des Magglinger Rechtsinformatikseminars 2010, abrufbar unterwww.seminiur.ch (1. Dezember 2010).
  9. 9 Vgl. dazu Ziffer 3.
  10. 10 Vgl. die Webseite von eCHwww.ech.ch (1. Dezember 2010).
  11. 11 Vgl. (1. Dezember 2010).
  12. 12 Das interkantonale Recht umfasst die von den Kantonen untereinander abgeschlossenen Verträge.
  13. 13 Diese Norm dürfte aufgrund der Schengen/Dublin Vereinbarungen gegenstandslos sein; sie wird aber in der Schweiz immer noch unter der Nr. 0.142.111.638.31, unterwww.admin.ch/ch/d/sr/i1/0.142.111.638.31.de.pdf (1. Dezember 2010) veröffentlicht.
  14. 14 Vgl. CHLexML, «Technical XML Reference», S. 45, abrufbar unter den eCH Standards, Nr. eCH-0095 unterwww.ech.ch/vechweb/page?p=categoryList&site=/standards/nachNummer (1. Dezember 2010).
  15. 15 Vgl. dazu ausführlich Marius Roth, LexFind – das neue Schweizer Rechtsinformationssystem, in: Komplexitätsgrenzen der Rechtsinformatik, Tagungsband des 11. internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2008, Stuttgart 2008, S. 251 ff.
  16. 16 Vgl. dazu ausführlich Sebastian Reimer, Rechtsetzung zwischen Österreich und Tasmanien, in: Komplexitätsgrenzen der Rechtsinformatik, Tagungsband des 11. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2008, Stuttgart 2008, S. 277 ff.