Jusletter IT

Die neue E-Government-Strategie des Bundes, der Länder und Kommunen in Deutschland und ihre Auswirkungen auf Prozessmanagement im Verwaltungsumfeld

  • Authors: Dagmar Lück-Schneider / Wolfgang Schneider
  • Category: Short Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: Wissensbasiertes Prozessmanagement in Verwaltungsnetzwerken
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2011
  • Citation: Dagmar Lück-Schneider / Wolfgang Schneider, Die neue E-Government-Strategie des Bundes, der Länder und Kommunen in Deutschland und ihre Auswirkungen auf Prozessmanagement im Verwaltungsumfeld, in: Jusletter IT 24 February 2011
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Herausforderung von Institutionen sowie Länder übergreifenden Verwaltungsprozessen.
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Institutionen sowie Länder überschreitende Verwaltungsprozesse stellen in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung für die öffentlichen Verwaltungen dar. Unterschiedliche staatliche Strukturen, fehlende Standards, verschiedene Rechtsgrundlagen, heterogene Umsetzungsansätze und diverse politische Interessen prägen die E-Government-Landschaft Europas. Umso wichtiger sind Überlegungen dazu, wie man trotz dieser möglichen Hemmnisse effiziente E-Government-Lösungen erreichen kann. Eine Unterstützungsmöglichkeit besteht darin, das Thema möglichst hoch anzusiedeln (vgl. von Lucke, 2003, 216).
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In Deutschland wurden hierzu per Kabinettsbeschluss vom 5. Dezember 2007 das Amt der Bundesbeauftragten für IT (CIO des Bundes) sowie zwei Gremien, der Rat der IT-Beauftragten der Ressorts und die IT-Steuerungsgruppe des Bundes neu geschaffen. Ihre Arbeit wird ergänzt durch den IT-Planungsrat. Zu seiner Errichtung gab es einen eigenen Errichtungsvertrag, der am 1. April 2010 in Kraft trat und Ausführungen von Artikel 91c GG regelt. Der IT-Planungsrat löst die bisherigen Gremien der Bund-Länder-übergreifenden IT-Steuerung ab.
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Im August 2010 wurde aufsetzend auf früheren E-Government-Strategien eine neue Nationale E-Government-Strategie (NEGS) vom Rat der IT-Beauftragten der Ressorts sowie im September 2010 durch den IT-Planungsrat beschlossen. An deren Entwicklung wurden Vertreter aus Verwaltung, Bund, Ländern sowie Wirtschaft und Wissenschaft beteiligt. Unterstützend wirkte hierbei die Grundgesetzänderung des Artikel 91c vom 29. Juli 2009, wonach nun Bund und Länder gemeinsam notwendige IT-Standards und Sicherheitsanforderungen vereinbaren sowie auch bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb von IT-Systemen zusammenarbeiten dürfen. Die länderübergreifende IT-Steuerung erfolgt dabei über den im April 2010 konstituierten IT-Planungsrat. Die NEGS setzt gemeinsame Ziele für ein föderales E-Government für die Jahre bis 2020. Sie dient darüber hinaus als Orientierung für alle anderen IT-Strategien des Bundes, der Länder und der Kommunen.
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Da E-Government-Lösungen im Allgemeinen im Vorfeld Geschäftsprozessanalysen erfordern, werden Aktivitäten zu diesem Themenfeld in der Strategie ebenfalls ausdrücklich benannt. So sollen laut Ziel 7 der NEGS die Unternehmen ihre Verwaltungsangelegenheiten elektronisch erledigen (vgl. IT-Planungsrat, 2010, 11). Neben der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch Bund und Länder sollen Wirtschaft und Verwaltung geeignete Abläufe ermitteln und eine gemeinsame Priorisierung für die elektronische Optimierung erarbeiten. Ferner ist nach Ziel 6 der NEGS (ebd., 10) ein ebenenübergreifendes Prozessmanagement zu schaffen, mit dessen Hilfe Optimierungspotentiale aus Kundensicht erkennbar werden, um diese dann verwaltungsadäquat umzusetzen. Grundsätzlich möchte man mehr Transparenz für Verwaltungsprozesse erreichen, umso «durch die Betroffenen selbst eine Qualitätssteigerung und -sicherung» zu forcieren (ebd., 12). Neben einer Kostenminimierung und einer Effizienzsteigerung in den Prozessen zwischen Bürgern und Wirtschaft auf der einen und der Verwaltung auf der anderen Seite sowie innerhalb der Verwaltung selbst wird aber auch ein «mehr» an Partizipationsmöglichkeiten für Bürger und Unternehmen angestrebt und zwar «an der politischen Mitgestaltung und bei der Gestaltung von Planungs- und Entscheidungsprozessen und, soweit dies rechtlich möglich und sinnvoll ist, an politischen Entscheidungen sowie der Ausgestaltung und Durchführung öffentlicher Aufgaben» (ebd., 13, Ziele 12, 13). Damit werden hier auch inhaltliche Gestaltungsaspekte für E-Government-Prozesse gesetzt.
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Eine schnelle und kostengünstige Umsetzung der genanten Ziele mit den Methoden des Geschäftsprozessmanagements (GPM) liegt aufgrund der gemeinsamen Anliegen Transparenz, Vereinheitlichung, Standardisierung nahe. Die im GPM verbreitete Visualisierung unterstützt zusätzlich die gesetzten Ziele. Vorteilhaft wäre eine möglichst frühe Verständigung über einheitliche Standards in der Methodik (z.B. zu Prozessanalysen und Datenaustauschstandards für Prozessbeschreibungen). Dies würde den Aufbau und die Akzeptanz einer gemeinsamen Wissensdatenbank unterstützen, in die alle Beteiligte ihr Prozesswissen einbringen und die sie zugleich als Auskunftsplattform nutzen könnten. Insbesondere vor dem Hintergrund der gewünschten Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen ließen sich unnötige Reibungspunkte vermeiden. Eine Festlegung auf gemeinsame Werkzeuge wäre nicht erforderlich, sofern diese die zu vereinbarenden Standards unterstützen würden. Eine solche gemeinsame Wissensdatenbank könnte IT-Dienstleistern der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden. Diese wären dann in der Lage, bundesweit abrufbare, einheitliche IT-Lösungen anzubieten. IT-Doppelentwicklungen wären vermeidbar.
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GPM wird demnach durch die NEGS an weiterer Bedeutung gewinnen, da GPM bewährte methodische Hilfen für die Umsetzung der in der NEGS beschriebenen Ziele bereitstellt.


Literatur
BMJ & juris GmbH (Hersg.), Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GGhttp://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/ggart91cvtr/gesamt.pdf aufgerufen 8. Januar 2011
CIO des Bundes, Die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik.http://www.cio.bund.de/cln_155/
DE/Ueber_uns/BfIT/bfit_node.html
(28. September 2010) aufgerufen 8. Januar 2011.
CIO des Bundes, Rat der IT-Beauftragten.http://www.cio.bund.de/cln_155/DE/Ueber_uns/IT-Rat/it-rat_node.html
(o.A.) aufgerufen 8. Januar 2011.
CIO des Bundes, Die IT-Steuerungsgruppe des Bundes.http://www.cio.bund.de/cln_155/DE/Ueber_uns/IT-Steuerungsgruppe/it-steuerungsgruppe_node.html (o.A.) aufgerufen 8. Januar 2011.
CIO des Bundes , IT Planungsrat beschließt Nationale E-Government Strategie.http://www.cio.bund.de/cln_155/ SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2010/20100927-nationale-e-government-strategie.html
(28.  September 2010) aufgerufen 8. Januar 2011.
IT-Planungsrat , Nationale E-Government-Strategie, Berlin (24. September 2010).
Opendata Network e.V. (Hersg.), E-Government 2015 – Ideen für eine nationale E-Government Strategie.http://opendata-network.org/2009/09/bmi-e-government-strategie/ (25.  September 2009) aufgerufen 8. Januar 2011.
von Lucke, J., Regieren und Verwalten im Informationszeitalter (Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 156), Duncker & Humblot, Berlin (2003).



Dagmar Lück-Schneider, Professorin für Verwaltungsinformatik, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Fachbereich Allgemeine Verwaltung, Alt Friedrichsfelde 60, 10315 Berlin, DE,dagmar.lueck-schneider@hwr-berlin.de , www.hwr-berlin.de

Wolfgang Schneider, Leitender Angestellter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Ellerstraße 56, 53119 Bonn, DE,Wolfgang.Schneider@Bundesimmobilien.de, www.bundesimmobilien.de