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Die E-Auktion nach dem Bundesvergabe-Gesetz – Erfahrungen zu E-Procurement

  • Author: Günther Gast
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Procurement
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2011
  • Citation: Günther Gast, Die E-Auktion nach dem Bundesvergabe-Gesetz – Erfahrungen zu E-Procurement, in: Jusletter IT 24 February 2011
Das BVergG 2006 führte die elektronische Auktion zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung in einem Vergabeverfahren ein. Die Beschaffungsplattform www.e-AUKTION.at ist seit zwei Jahren online und ein Beispiel für e-Procurment. Mit diesem Beitrag soll der Ablauf einer elektronischen Auktion erörtert und über Erfahrungen der Plattform www.e-AUKTION.at berichtet werden.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Die Vergabe öffentlicher Aufträge
  • 1.1. Das Bundesvergabegesetz
  • 1.2. Der Ablauf der elektronischen Auktion gemäß Bundesvergabegesetz
  • 2. Die e-AUKTION.at als Beispiel für e-Procurement
  • 2.1. Ablauf eines Vergabeverfahrens mit e-AUKTION
  • 2.2. Die Beendigung der E-AUKTION
  • 2.3. Widerruf des Vergabeverfahrens und Abbruch der e-AUKTION
  • 2.3.1. Der Widerruf des Vergabeverfahrens vor Ablauf der Angebotsfrist
  • 2.3.2. Der Widerruf des Vergabeverfahrens nach Ablauf der Angebotsfrist
  • 2.3.3. Der Abbruch einer bereits gestarteten e-AUKTION
  • 2.3.4. Der Widerruf und Abbruch durch Sektorenauftraggeber
  • 2.3.5. Bekanntmachung des Widerrufs und des Abbruchs
  • 2.4. Die formfreie e-AUKTION 
  • 2.4.1. Vergabeverfahren mit Ausschreibung und Start der e-AUKTION nach Prüfung der Angebote
  • 2.4.2. Vergabeverfahren mit Ausschreibung (nicht auf www.e-AUKTION.at) und Start der e-AUKTION nach Prüfung der Angebote
  • 2.4.3. Vergabeverfahren mit elektronischer Übermittlung der Ausschreibung an ausgewählte Unternehmen und Start der e-AUKTION nach Angebotsabgabe
  • 2.4.4. Sofortiger Start der e-AUKTION nach Prüfung der Angebote
  • 2.5. Kosten der e-AUKTION 
  • 3. Erfahrungen mit der e-AUKTION
  • 4. Fazit

1.

Die Vergabe öffentlicher Aufträge ^

1.1.

Das Bundesvergabegesetz ^

[1]
Öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber in Österreich wie z.B. der Bund, die Länder, Gemeinden und sog. Einrichtungen öffentlichen Rechts haben bei der Vergabe von Aufträgen die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes (BVergG) einzuhalten.1 Vereinfacht gesagt sind bei einem geschätzten Auftragswert über EUR 100.000,- förmliche Vergabeverfahren einzuhalten, darunter ist auch eine formfreie Direktvergabe zulässig.2
[2]
Mit dem BVergG 20063 wurde die Möglichkeit zur Ermittlung des Angebotes für den Zuschlag mittels elektronischer Auktion eingeführt. Die elektronische Auktion ist dabei kein eigenes Vergabeverfahren, sondern sie wird nach Angebotsöffnung in einem Vergabeverfahren «eingeschoben» um das beste Angebot, dem der Zuschlag erteilt werden soll, elektronisch zu ermitteln. Die elektronische Auktion ist eine umgekehrte Auktion (reverse auction), bei der nach unten geboten wird.

1.2.

Der Ablauf der elektronischen Auktion gemäß Bundesvergabegesetz ^

[3]
Mittels einer elektronischen Vorrichtung werden nach einer ersten vollständigen Bewertung der Angebote jeweils neue, nach unten korrigierte Preise und/oder neue, auf bestimmte Komponenten der Angebote abstellende Werte vorgelegt, und eine automatische Klassifikation dieser Angebote ermöglicht.4 Diese Methode zur Bestbotermittlung eignet sich bei der Vergabe von Leistungen, sofern die Spezifikationen des Leistungsgegenstandes eindeutig und vollständig beschrieben werden können. Bau- oder Dienstleistungsaufträge, die geistige Leistungen zum Gegenstand haben, können nicht Gegenstand einer elektronischen Auktion sein.5
[4]
Es gibt 2 Arten der elektronischen Auktion:6 Bei der einfachen elektronischen Auktion erfolgt der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis. Bei der sonstigen elektronischen Auktion erfolgt der Zuschlag auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot.

2.

Die e-AUKTION.at als Beispiel für e-Procurement ^

[5]

Auf der Vergabeplattform www.e-AUKTION.at wird die Durchführung einer einfachen elektronischen Auktion nach dem Billigstbieterprinzip angeboten.7 Mit diesem Beitrag soll der Ablauf einer elektronischen Auktion gemäß Bundesvergabegesetz im Allgemeinen und jener auf www.e-AUKTION.at im Speziellen dargestellt und von Erfahrungen darüber berichtet werden.

[6]
Öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber können sich kostenlos im Internet registrieren. Sie werden Schritt für Schritt durch ein Vergabeverfahren geleitet und wird auch die Durchführung einer elektronischen Auktion (im Folgenden: e-AUKTION) erklärt. Die e-AUKTION wird dabei nach Vorliegen der Angebote in ein förmliches Vergabeverfahren eingeschoben.
[7]
Die Wahl des Billigstgebotes mittels e-AUKTION kann durch öffentliche Auftraggeber bei vorheriger Durchführung folgender Verfahren gewählt werden, sofern die Spezifikationen des Auftragsgegenstandes eindeutig und vollständig beschrieben werden können:8
  • offenes Verfahren;
  • nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung;
  • Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung nach erfolgloser Durchführung eines offenen oder nicht offenen Verfahrens mit Bekanntmachung;
  • Auftragsvergabe aufgrund einer Rahmenvereinbarung nach einem erneuten Aufruf zum Wettbewerb;
  • Auftragsvergabe aufgrund eines dynamischen Beschaffungssystems nach gesonderter Aufforderung zur Angebotsabgabe.

2.1.

Ablauf eines Vergabeverfahrens mit e-AUKTION ^

[8]

Der Auftraggeber hat noch vor der Bekanntmachung (bzw. Aufruf zum Wettbewerb) und Ausschreibung des zu vergebenden Auftrags auf www.e-AUKTION.at eine neue Auktion anzulegen und den einzelnen Schritten der Anleitung zur Bekanntmachung des Vergabeverfahrens (bzw. zum Aufruf zum Wettbewerb) und zur Erstellung der Ausschreibungsunterlagen zu folgen. In der Bekanntmachung (bzw. im Aufruf zum Wettbewerb) ist ein Hinweis auf Durchführung einer elektronischen Auktion zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung auf www.e-AUKTION.at aufzunehmen, in die Ausschreibung ist zusätzlich die auf der Plattform bei Anlage einer neuen Auktion generierte Auktionsordnung aufzunehmen.9 Das Vergabeverfahren läuft anschließend bis zur Angebotsöffnung ganz gewöhnlich ab. Die Bieter sind aufgefordert, aufgrund der Ausschreibungsunterlagen schriftliche Angebote während der Angebotsfrist in einem verschlossenen Kuvert abzugeben.

Abbildung 1: Ablauf der e-AUKTION auf www.e-auktion.at

[9]
Die Angebotsöffnung ist nicht öffentlich, was einen nicht unwesentlichen Vorteil für öffentliche Auftraggeber gegenüber der Durchführung offener und nicht offener Verfahren darstellt, da das für die Anfechtung von Auftraggeberentscheidungen wie z.B. der Zuschlagsentscheidung erforderliche Substrat oft in der öffentlichen Angebotsöffnung gesammelt wird. Bei anschließender Durchführung einer e-AUKTION sind jedoch alle Bieter von der Angebotsöffnung ex lege ausgeschlossen, um insbesondere Bieterabsprachen in der Auktion selbst zu verhindern.
[10]
Die rechtzeitig eingereichten Angebote sind auf ihre Übereinstimmung mit den Ausschreibungsbedingungen zu prüfen und anhand der bekannt gegebenen Zuschlagskriterien einer ersten Angebotsbewertung zu unterziehen.10
[11]

Alle Bieter, die ausschreibungskonforme Angebote gelegt haben, sind vom Auftraggeber über www.e-AUKTION.at gleichzeitig mittels E-Mail aufzufordern, gemäß den Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen neue Preise auf der Internetplattform abzugeben. Alle eingeladenen Bieter haben ab diesem Zeitpunkt mittels automatisch übermitteltem Benutzernamen und Passwort uneingeschränkten und unentgeltlichen Zugang zur jeweiligen e-AUKTION. Nicht eingeladene Unternehmer können die e-AUKTION nicht einsehen. Die e-AUKTION startet frühestens zwei Arbeitstage nach Versenden der Teilnahmeaufforderung.11

[12]

Während der e-AUKTION ist das aktuelle Billigstgebot in anonymisierter Form für den Auftraggeber und die teilnehmenden Bieter auf www.e-AUKTION.at ersichtlich. Die Identität der Teilnehmer wird bis zum Ende der e-AUKTION nicht bekannt gegeben,12 um die e-AUKTION – etwa durch Absprachen – nicht zu gefährden. Aus diesem Grund ist den Bietern auch die Teilnahme an der Öffnung der Angebote im vorangegangenen Vergabeverfahren nicht gestattet und das Ergebnis der Öffnung geheim zu halten, wenn eine e-AUKTION nach Durchführung eines offenen oder nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung durchgeführt wird.13

2.2.

Die Beendigung der E-AUKTION ^

[13]
Die e-AUKTION wird zu folgenden Zeitpunkten beendet:14
  • zu dem in der Teilnahmeaufforderung angegebenen Zeitpunkt oder
  • zu diesem angegebenen Zeitpunkt zuzüglich einer Auktionsverlängerung von zehn Minuten, sofern innerhalb der letzten zehn Minuten vor dem angesetzten Ende der e-AUKTION zumindest ein gültiges Angebot abgegeben wird oder
  • wenn der Auftraggeber die e-AUKTION aus sachlichen Gründen abbricht.
[14]

Durch die automatische Verlängerung der e-AUKTION um zehn Minuten, wenn innerhalb der letzten zehn Minuten vor dem vorgegebenen Ende ein gültiges Gebot abgegeben wird, soll verhindert werden, dass nur innerhalb der letzten Minuten Gebote nach unten abgegeben werden, der lucky last bidder den Zuschlag erhält und so der Auftraggeber um ein günstiges Angebot gebracht wird.

[15]
Nach Beendigung der e-AUKTION bekommen der Auftraggeber und alle eingeladenen Bieter eine Verständigung per E-Mail mit dem Ergebnis der elektronischen Auktion. Die Namen aller Bieter und deren Gebote werden offengelegt, um die Publizitätserfordernisse zu erfüllen und Missbrauch, etwa durch einen vom Auftraggeber für sich selbst angelegten Bieter, welcher den Preis nach unten treibt, zu verhindern.
[16]
Zum Abschluss des Vergabeverfahrens hat der öffentliche Auftraggeber die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung zugunsten des Billigstbieters wie bei normalen Vergabeverfahren bekannt zu geben und er kann den Auftrag nach Ablauf der Stillhaltefrist rechtswirksam erteilen.15

2.3.

Widerruf des Vergabeverfahrens und Abbruch der e-AUKTION ^

[17]
Während des Vergabeverfahrens oder der Durchführung der e-AUKTION können natürlich auch Gründe auftreten, welche den Widerruf des Vergabeverfahrens oder den Abbruch der e-AUKTION erforderlich machen oder zumindest rechtfertigen. Es gelten die auch für die konventionellen Vergabeverfahren gültigen Widerrufsgründe, hinzu kommen spezielle Widerrufsgründe für die elektronische Auktion:

2.3.1.

Der Widerruf des Vergabeverfahrens vor Ablauf der Angebotsfrist ^

[18]
Das Vergabeverfahren muss vor Ablauf der Angebotsfrist widerrufen werden, wenn Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten.16 Das Vergabeverfahren kann vor Ablauf der Angebotsfrist widerrufen werden, wenn dafür sachliche Gründe bestehen.17

2.3.2.

Der Widerruf des Vergabeverfahrens nach Ablauf der Angebotsfrist ^

[19]
Das Vergabeverfahren muss nach Ablauf der Angebotsfrist widerrufen werden, wenn Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen hätten, oder Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten, oder kein Angebot eingelangt ist, oder nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.18

2.3.3.

Der Abbruch einer bereits gestarteten e-AUKTION ^

[20]
Die e-AUKTION selbst kann vom Auftraggeber jederzeit abgebrochen werden, wenn dafür sachliche Gründe bestehen.19 Was sachliche Gründe sind, wird vom Gesetzgeber nicht ausgeführt. Dies ermöglicht einem öffentlichen Auftraggeber jedenfalls, die e-AUKTION abzubrechen, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, was einen fairen Ausgang des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte. Der Auftraggeber kann somit relativ einfach eine Notbremse bei der Auktion ziehen.

2.3.4.

Der Widerruf und Abbruch durch Sektorenauftraggeber ^

[21]
Für Sektorenauftraggeber gelten auch bei der Durchführung von elektronischen Auktionen Erleichterung. Im Gegensatz zu einem öffentlichen Auftraggeber kann ein Sektorenauftraggeber das Vergabeverfahren jederzeit widerrufen und eine e-AUKTION jederzeit abbrechen, wenn dafür sachliche Gründe bestehen.20

2.3.5.

Bekanntmachung des Widerrufs und des Abbruchs ^

[22]
Auftraggeber haben unverzüglich und nachweislich bekannt zu geben, wenn sie beabsichtigen, ein Vergabeverfahren zu widerrufen oder eine e-AUKTION abzubrechen. Diese Widerrufsentscheidung hat die sachlichen Gründe für Widerruf und Abbruch sowie das Ende der Stillhaltefrist zu beinhalten.21 Die Widerrufsentscheidung ist während der Stillhaltefrist vor den Vergabekontrollbehörden anfechtbar. Nach Ablauf der Stillhaltefrist ist in der Regel vom Auftraggeber der Widerruf in der selben Form wie die Widerrufsentscheidung zu erklären, damit wird das Vergabeverfahren beendet und auch die e-AUKTION rechtswirksam abgebrochen. Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Widerrufsentscheidung besteht nicht, falls kein Angebot eingelangt ist oder kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist.22

2.4.

Die formfreie e-AUKTION  ^

[23]
Für Auftragsvergaben mit einem geschätzten Auftragswert unter EUR 100.000,-, also bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Direktvergabe, wird zusätzlich eine formfreie e-AUKTION angeboten. Dem Auftraggeber stehen dabei vier Varianten zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung nach dem Billigstbieterprinzip zur Verfügung:

2.4.1.

Vergabeverfahren mit Ausschreibung und Start der e-AUKTION nach Prüfung der Angebote ^

[24]
Der Auftraggeber schreibt den zu vergebenden Auftrag aufwww.e-AUKTION.at aus, holt schriftliche (oder mündliche) Angebote ein, prüft die eingelangten Angebote und lädt alle oder ausgewählte Bieter (je nach den Bestimmungen der Ausschreibung) zur anschließenden Teilnahme an der eAUKTION zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung nach dem Billigstbieterprinzip ein. Das billigste schriftliche (oder mündliche) Angebot ist das Startangebot der e-AUKTION. Nach Durchführung der e-AUKTION hat der Auftraggeber dem Bieter mit dem billigsten Gebot den Auftrag zu erteilen.

2.4.2.

Vergabeverfahren mit Ausschreibung (nicht auf www.e-AUKTION.at) und Start der e-AUKTION nach Prüfung der Angebote ^

[25]
Der Auftraggeber schreibt den zu vergebenden Auftrag auf andere Weise (auf der eigene Website, mit schriftlichen Einladungen, etc.) aus, holt schriftliche (oder mündliche) Angebote ein, prüft die eingelangten Angebote und lädt alle oder ausgewählte Bieter (je nach den Bestimmungen der Ausschreibung) zur anschließenden Teilnahme an der e-AUKTION zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung nach dem Billigstbieterprinzip ein. Das billigste schriftliche (oder mündliche) Angebot ist das Startangebot der e-AUKTION. Nach Durchführung der e-AUKTION hat der Auftraggeber dem Bieter mit dem billigsten Gebot den Auftrag zu erteilen.

2.4.3.

Vergabeverfahren mit elektronischer Übermittlung der Ausschreibung an ausgewählte Unternehmen und Start der e-AUKTION nach Angebotsabgabe ^

[26]
Der Auftraggeber lädt eine Ausschreibung für einen zu vergebenden Auftrag hoch und erfasst ausgewählte Unternehmer samt E-Mail-Adressen. Anschließend werden per E-Mail die Ausschreibung und die generierte Auktionsordnung an die ausgewählten Unternehmer übermittelt. Nach Start der e-AUKTION können die eingeladenen Unternehmer mit den übermittelten Zugangsdaten verbindliche Angebote abgeben, womit sie die Ausschreibungsbedingungen akzeptieren. Nach Durchführung der e-AUKTION hat der Auftraggeber dem Bieter mit dem billigsten Gebot den Auftrag zu erteilen.
[27]
Bei dieser Variante kann sich der Auftraggeber einen Maximalpreis (= Vorbehaltspreis) vorbehalten, der den Bietern offengelegt wird. Wenn dieser Vorbehaltspreis nicht unterboten wird, kommt kein Auftrag zustande.

2.4.4.

Sofortiger Start der e-AUKTION nach Prüfung der Angebote ^

[28]
Der Auftraggeber hat bereits Preisauskünfte eingeholt und will nun eine e-AUKTION zur Nachverhandlung der Angebotspreise durchführen. Dazu lädt der Auftraggeber ausgewählte Bieter zur Teilnahme an der e-AUKTION ein. Die eingeladenen Bieter können in der Folge neue Gebote abgeben. Nach Ablauf der e-AUKTION hat der Auftraggeber dem Bieter mit dem billigsten Gebot den Auftrag zu erteilen.

2.5.

Kosten der e-AUKTION  ^

[29]

Die Anmeldung als Auftraggeber auf www.e-AUKTION.at ist kostenlos. Die Anmeldung als Bieter auf www.e-AUKTION.at und die Teilnahme als Bieter bei einer e-AUKTION sind ebenfalls kostenlos.

[30]
Für die erfolgreiche Durchführung einer e-AUKTION werden hingegen Kosten verrechnet. Als Kosten werden entweder degressive, prozentuelle Kosten aus der Differenz zwischen Startangebot und Billigstangebot oder prozentuelle Kosten von der Angebotssumme des Billigstangebotes (kalkulierbare Kosten) verrechnet, wobei jedenfalls die für den Auftraggeber günstigere Variante in Rechnung gestellt wird.23

[31]
Wenn ein Vergabeverfahren mit e-AUKTION durch den Auftraggeber vor dem Auktionsende abgebrochen wird, aus welchen Gründen auch immer, fallen für den Auftraggeber keine Gebühren an.

3.

Erfahrungen mit der e-AUKTION ^

[32]

Über die Vergabeplattform www.e-AUKTION.at wurden seit ihrem Onlinegang mehrere Dutzend elektronische Auktionen nach dem Billigstbieterprinzip abgewickelt. Die Bandbreite der beschafften Leistungen reicht von der Lieferung von Kopierpapier über die Beseitigung von Bauschutt bis hin zur Vergabe aller Bauleistungen bei einem Schulbau.

[33]
Bei den Auktionen wurden im Vergleich zum schriftlichen Billigstgebot, das zugleich das Startangebot bei der e-AUKTION darstellt, Kostenreduktionen von 0 bis 13 % erzielt. Im Durchschnitt aller e-AUKTIONen wurden Einsparungen von 7 % gerechnet zum Startpreis erzielt.24 Die vom Portalbetreiber berechneten Kosten sind dabei meines Erachtens angemessen, sodass sie die mögliche Ersparnis auch nicht auffressen.
[34]
Skeptiker einer elektronischen Auktion befürchten, dass Bieter im Wissen der nachträglichen Durchführung einer Auktion nicht mit den besten Preisen in die Angebotslegung gehen und der beste Preis auch bei der Auktion nicht erzielt wird. Dem ist entgegen zu halten, dass Bieterabsprachen aufgrund der nicht öffentlichen Angebotsöffnung unwahrscheinlich sind und Bieter, die einen Auftrag wirklich an Land ziehen wollen, in einem elektronischen Verfahren wohl auch unter den Preis gehen, den sie in einem schriftlichen Angebot angeben. Bei manchen e-AUKTIONen konnte laut Portalbetreiber jedenfalls eine oftmalige Verlängerung der Auktion und ein spannendes Auktionsfinale beobachtet werden. Dies hängt meines Erachtens – so wie auch bei herkömmlichen Vergabeverfahren – vor allem vom Bietermarkt ab.
[35]
Als Argument gegen die Durchführung einer e-AUKTION wurde von Auftraggebern auch angeführt, dass der Auftraggeber nicht mehr in den Ausgang des Vergabeverfahrens eingreifen kann. Dieses Argument zieht meines Erachtens nicht. Zum einen hat ein Auftraggeber auch beim offenen und nicht offenen Verfahren keine Möglichkeit, den Ausgang des Vergabeverfahrens zu beeinflussen, da die Angebote schriftlich zu legen sind und ein Nachverhandeln ausgeschlossen ist. Zum anderen bleibt einem Auftraggeber nur die Möglichkeit, unliebsame Bieter bei Vorliegen von Ausscheidungsgründen aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden. Dies kann ein Auftraggeber jedoch auch bei Durchführung einer elektronischen Auktion machen. Ich würde darüber hinaus den Vorteil des Auftraggebers erkennen, dass ihm der Vorwurf, in den Ausgang eines Vergabeverfahrens einzugreifen oder eben nicht einzugreifen, erst gar nicht gemacht werden kann. Jeder Bieter hat die Möglichkeit, während der Auktion sein eigenes Angebot nachzubessern. Nach Beendigung der Auktion werden alle Bieter und deren Angebote offen gelegt. Somit geht jeder Vorwurf gegen einen Auftraggeber ins Leere und kann ein Auftraggeber den Ausgang eines herkömmlichen Vergabeverfahrens nicht beeinflussen.
[36]
Die Tatsache, dass nicht in den Großteil aller Vergabeverfahren eine elektronische Auktion eingeführt wird, lässt sich wohl damit begründen, dass von vielen Auftraggebern von der einmal gewohnten Praxis der Auftragsvergabe nicht ohne Notwendigkeit abgewichen wird. Hinzu kommt, dass durch die Schwellenwertverordnungen 2009 und 2010 die freihändige Direktvergabe bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000,- angehoben wurde. Bis zu diesem Auftragswert ließe sich zwar auch eine e-AUKTION ohne vorherige Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens durchführen,25 am einfachsten für Auftraggeber ist dennoch die Einholung von unverbindlichen Preisauskünften und die anschließende freihändige Vergabe.26
[37]
Ein wesentlicher Vorteil bei Durchführung einer e-AUKTION wurde meines Erachtens bislang kaum erkannt. Bei herkömmlichen Vergabeverfahren, vor allem bei jenen mit europaweiter Bekanntmachung, wird oft befürchtet, dass ausländische oder ferne Bieter durch Preis- und Qualitätsdumping den Zuschlag erhalten. Es ist auch kein Einzelfall, dass ein lokaler Bieter nur um einen marginalen Betrag unterboten wird und mangels Nachverhandlungsmöglichkeit den Auftrag nicht bekommt. Bei Durchführung einer elektronischen Auktion zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung bekommen diese lokalen Bieter eine «zweite» Chance. Sie können ihr Angebot im Zuge einer Auktion nachbessern und so den Auftrag sichern.

4.

Fazit ^

[38]
In Summe bringt die Durchführung einer elektronischen Auktion zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung keinen nennenswerten Mehraufwand, sondern mögliche Vorteile für den Auftraggeber. Nur durch die Zurückhaltung, die geübte Vergabepraxis abzuändern, und die Anhebung des Schwellenwertes für die Durchführung von Direktvergaben hat sich meines Erachtens die elektronische Auktion noch nicht als Standardverfahren etabliert. Es bleibt abzuwarten, ob die Kommission als Motor des europäischen Vergaberechts in Zukunft nicht verbindliche Vorgaben zur Durchführung elektronischer Auktionen zur Ermittlung des Angebotes für die Zuschlagserteilung einführt.



Günther Gast, RA und Partner bei CHG Rechtsanwälte, Innsbruck – Wien, Bozner Platz 4, 6020 Innsbruck, AT,gast@chg.at ;www.chg.at ;www.e-auktion.at


  1. 1 §§ 1 ff BVergG.
  2. 2 Vgl. § 41 BVergG iVm. SchwellenwerteVO 2009 BGBl. II Nr. 125/2009 und SchwellenwerteVO 2010 BGBl. II Nr. 455/2010.
  3. 3 BGBl I Nr 17/2006.
  4. 4 § 31 Abs. 1 und § 196 Abs. 1 BVergG.
  5. 5 § 31 Abs. 2 und § 196 Abs. 2 BVergG.
  6. 6 § 31 Abs. 3 und 4, § 196 Abs. 3 und 4 BVergG.
  7. 7 Die e-AUKTION wird betrieben von Kufgem EDV-GmbH, Fischergries 2, 6330 Kufstein.
  8. 8 § 146 Abs. 1 BVergG; Sektorenauftraggeber s § 196 Abs. 2 BVergG.
  9. 9 § 46 Abs. 4, § 146 Abs. 3, § 207 Abs. 4 und § 281 Abs. 3 BVergG.
  10. 10 § 146 Abs. 4 und § 281 Abs. 4 BVergG.
  11. 11 § 147 Abs. 1 und § 282 Abs. 1 BVergG.
  12. 12 § 147 Abs. 9 und § 282 Abs. 9 BVergG.
  13. 13 § 147 Abs. 2 und § 282 Abs. 2 BVergG.
  14. 14 § 147 Abs. 4 und § 282 Abs. 4 BVergG.
  15. 15 §§ 131 und 272 BVergG.
  16. 16 § 138 Abs. 1 BVergG.
  17. 17 § 138 Abs. 2 BVergG.
  18. 18 § 139 Abs. 1 BVergG.
  19. 19 § 147 Abs. 8 BVergG.
  20. 20 §§ 278 und 282 Abs. 8 BVergG.
  21. 21 § 140 Abs. 1 und § 279 Abs. 1 BVergG.
  22. 22 § 140 Abs. 3 und § 279 Abs. 3 BVergG.
  23. 23 http://e-auktion.at/pub/kosten.aspx .
  24. 24 Angaben der Betreiber der e-AUKTION.
  25. 25 S. dazuhttp://e-auktion.at/pub/anl3.aspx .
  26. 26 Vgl § 41 BVergG.