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Rechtlicher Erklärungsgehalt beim Upload von Daten

  • Author: Sebastian Meyer
  • Category: Short Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: Data Protection
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2011
  • Citation: Sebastian Meyer, Rechtlicher Erklärungsgehalt beim Upload von Daten, in: Jusletter IT 24 February 2011
Eine Vielzahl von Daten und Dokumenten ist im Internet frei verfügbar. Aufgrund der freien Verfügbarkeit kann aber nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass die (technisch) verfügbaren Informationen auch ohne rechtliche Beschränkungen frei verwendet werden dürfen. In bestimmten Konstellationen ist es jedoch sehr wohl denkbar, dass zumindest der Rechteinhaber durch den Upload eigener Informationen konkludent sein Einverständnis mit deren weiterer Nutzung erklärt oder sie zumindest dulden muss.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Urheberrechtliche Grundsätze
  • 2.1. Nutzung fremder Werke und Verlinkung
  • 2.2. Vorschau als vorübergehende Vervielfältigung
  • 2.3. Einwilligung als Rechtfertigung
  • 2.4. Upload durch unberechtigte Dritte
  • 3. Personensuche und Persönlichkeitsrechte
  • 4. Datenschutz
  • 5. Zusammenfassung
  • 6. Literatur

1.

Einleitung ^

[1]
Zu fast allen Themen findet sich im Internet eine Vielzahl von Informationen, die vor allem mit Hilfe von Suchmaschinen aufgespürt werden können. Für Videos, Musik und andere Arten von Daten gibt es darüber hinaus spezielle Plattformen und Anlaufpunkte mit einem riesigen Informationsangebot. Die Informationen sind weitgehend frei verfügbar, also insbesondere nicht durch einen Kopierschutz oder andere Sicherheitsmechanismen technisch geschützt. Die freie Verfügbarkeit ist teilweise von den jeweiligen Rechteinhabern gewünscht, teilweise aber auch nicht beabsichtigt.
[2]
Mitunter werden Informationen und Daten von dem jeweiligen Urheber aus ideologischen Gründen der Öffentlichkeit zur beliebigen Verwendung überlassen, indem sie im Internet bereitgestellt werden. Motivation hierfür kann die Forderung sein, geistiges Eigentum abzuschaffen und auf diese Weise eine Monopolisierung von Wissen zu verhindern. Das geistige Eigentum soll – zumindest im privaten Umfeld – im Interesse und zum Wohle der Allgemeinheit frei nutzbar sein.1 Vor diesem Hintergrund wird der umfassende Schutz geistigen Eigentums im deutschen wie österreichischen Recht als zu restriktiv kritisiert. Für die Anhänger dieser Meinung ist es nur konsequent, eigene Werke sowie eigene Beiträge zu einem gemeinsamen Werk der Allgemeinheit frei zur Verfügung zu stellen. Dieser «Verzicht» auf das Urheberrecht ist ein wesentlicher Aspekt der Open-Source-Bewegung, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.2 Tatsächlich sind aber auch Werke, die als Open Source veröffentlicht werden, nicht zwangsläufig ohne jegliche (rechtliche) Einschränkung frei verfügbar. Zur Verbreitung des Open-Source-Gedankens steht die Nutzung teilweise unter der Bedingung, Bearbeitungen und Weiterentwicklungen ebenfalls wieder frei zur Verfügung zu stellen.
[3]
Wirtschaftliche Aspekte können ebenfalls im Einzelfall dafür entscheidend sein, schutzfähige Werke im Internet frei verfügbar anzubieten. Frei verfügbare Daten werden viel häufiger abgerufen, so dass die Reichweite derartiger Angebote deutlich größer ist als bei anderen Modellen. Für ein Unternehmen, das eigene Werke grundsätzlich kommerziell vermarktet, kann es daher durchaus Sinn machen, ausgewählte Werke gleichwohl unentgeltlich und ohne weitere Einschränkungen zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise die Bekanntheit und Popularität der eigenen Werke oder des Unternehmens selbst zu erhöhen. Auch die Zugriffszahlen für die entsprechenden Internetseiten lassen sich erheblich steigern, wenn nicht nur kostenpflichtige Werke angeboten werden. Hierdurch lassen sich aufgrund höherer Zugriffszahlen zum Beispiel wieder die Einnahmen für die Veröffentlichung von Werbung auf der eigenen Internetseite steigern. In diesen Fällen liegt zumeist eine bewusste Entscheidung des jeweiligen Rechteinhabers vor, die notwendigen Nutzungsrechte frei zu gewähren bzw. im Einzelfall auf die Geltendmachung der eigenen Rechte zu verzichten.3
[4]
Es sind jedoch auch Werke über das Internet abrufbar, bei denen die Rechtslage weniger eindeutig ist. Selbst wenn ein Werk bewusst ins Internet hochgeladen wurde, besagt dies nicht automatisch, dass der jeweilige Rechteinhaber immer mit einer beliebigen Nutzung einverstanden ist. Dies gilt vor allem dann, wenn das Werk nicht durch den Rechteinhaber selbst, sondern durch einen Dritten hochgeladen wurde. Der Dritte war möglicherweise hierzu gar nicht berechtigt, weil er das Werk entweder überhaupt nicht weiterverbreiten oder jedenfalls nicht einer breiten Öffentlichkeit über das Internet zugänglich machen darf.
[5]
Die Problematik der Verletzung fremder Urheberrechte durch die Übernahme fremder Werke mittels «Copy & Paste» wird von vielen Internetnutzern nicht gesehen, vielmehr wird ein derartiges Verhalten als üblich angesehen. Wie selbstverständlich werden Bilder und Texte von fremden Internetseiten für die eigene Homepage übernommen. Das Verhalten der Suchmaschinen trägt nicht gerade dazu bei, ein Unrechtsbewusstsein bei den Internetnutzern hervorzurufen. Vielmehr dienen die Anbieter von Suchmaschinen selbst oftmals als schlechte Vorbilder, indem unabhängig von einer Einwilligung, sämtliche Internetseiten nicht nur durchsucht werden, sondern standardmäßig vollständig kopiert werden. Google bietet beispielsweise die Funktion «Im Cache», bei der ein Abruf einzelner Internetseiten direkt von den eigenen Servern möglich ist.4 Es fehlt also oftmals an einer ausreichenden Sensibilisierung der Internetnutzer.5
[6]
Mit großem Aufwand kämpft momentan vor allem die Musik- und Filmindustrie dagegen an, dass die von ihr vertriebenen Werke, also Musikstücke und Filme, über das Internet unkontrolliert weiterverbreitet und heruntergeladen werden.6 In Deutschland versuchten den Filmverleiher und Kinoanbieter vor allem Jugendliche mit der Kampagne «Raubkopierer sind Verbrecher» zu erreichen. In plakativen Videoclips wurde der Eindruck erweckt, bereits der Download geschützter Werke würde nicht nur die Zukunft der Kinos und des Films insgesamt gefährden. Das Verhalten sei außerdem strafbar, während tatsächlich zumeist nur der Upload geschützter Werke von strafrechtlicher Relevanz ist. Rechtlich ist nach deutschem Recht der Upload als öffentliche Wiedergabe anzusehen, die nur durch den Rechteinhaber selbst oder mit dessen Zustimmung vorgenommen werden darf. Wenn aber eine öffentliche Wiedergabe im Internet durch einen Dritten bereits erfolgt ist, stellt sich die Frage, welche Hürden für die Weiterverbreitung von Werken gelten, die ohnehin schon über das Internet verfügbar sind, also von einem Dritten bereits hochgeladen wurden.

2.

Urheberrechtliche Grundsätze ^

[7]
Das Urheberrecht sieht vor, dass der Rechteinhaber grundsätzlich frei darüber entscheiden kann, in welchem Maße seine Werke genutzt oder verwertet werden dürfen.7 Er kann daher prinzipiell bestimmen, ob das Werk über das Internet verfügbar gemacht werden darf oder nicht. Weiter darf der Rechteinhaber auch vorgeben, auf welchen einzelnen Internetseiten oder zu welchem Zweck bzw. in welchem Umfang er eine Nutzung akzeptieren möchte.
[8]
Die Rechte des Rechteinhabers gelten jedoch nach deutschem Verständnis des Urheberrechts nicht uneingeschränkt. Es existieren Schranken des Urheberrechts, die eine Ausprägung der Sozialbindung des geistigen Eigentums darstellen und von dem jeweiligen Rechteinhaber beachtet werden müssen.8 Soweit eine Nutzung durch eine Schrankenbestimmung gedeckt ist, kommt es auf eine Zustimmung oder Einwilligung des Rechteinhabers nicht mehr an. So ist es beispielsweise in engen Grenzen zulässig, Auszüge aus geschützten Werken als Zitate auch ohne besondere Erlaubnis zu verwenden.
[9]
In einem ersten Schritt stellt sich daher die Frage, ob die Übernahme von im Internet ohnehin verfügbaren Daten überhaupt der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf. Erst danach wäre sonst darauf einzugehen, ob möglicherweise von einem bestimmten Verhalten des Rechteinhabers auf eine konkludente Einwilligung geschlossen werden kann.

2.1.

Nutzung fremder Werke und Verlinkung ^

[10]
Eines der wesentlichen Elemente des Internets ist die Möglichkeit der Verlinkung von eigenen und fremden Inhalten. Durch die Verwendung eines Hyperlinks kann der Internetnutzer auf eine fremde Seite geführt werden, die weitere Informationen enthalten kann. Der Anbieter, der auf die Internetseite eines Dritten verlinkt, mag sich dessen Inhalte zu eigen machen und unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten für die fremden Inhalte auch einstehen müssen, eine eigenständige Verwertung fremder Werke im urheberrechtlichen Sinne liegt dagegen nicht vor. Es erfolgt letztlich nur ein Verweis auf die Inhalte eines Dritten, ohne dass die Inhalte selbst ein weiteres Mal vorgehalten werden. Deswegen kann bei fehlender Aktualität auch ein Link ins Leere gehen, wenn die Internetseite, auf die verwiesen wird, nicht mehr existiert.
[11]
Weil die Verlinkung fremder Inhalte keine eigenständige Nutzungshandlung ist, kann sie vom Rechteinhaber unter Verweis auf seine Urheberrechte auch nicht untersagt werden. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass die Verlinkung fremder Inhalte zum Wesen des Internets gehört und von den Rechteinhabern akzeptiert werden muss.9
[12]
Auf diese Zulässigkeit der Verlinkung fremder Inhalte ohne Zustimmungserfordernis der Rechteinhaber stützt sich auch das Geschäftsmodell der Anbieter von Suchmaschinen. Diese könnten ohne Rücksicht auf die Interessenlage des Seitenbetreibers alle frei zugänglichen Inhalte durchsuchen und bei der Erstellung ihrer Trefferlisten berücksichtigen. Gleichwohl werden nur solche Internetseiten erfasst, deren Auswertung der jeweilige Seitenbetreiber durch bestimmte Vermerke bei der Seitenbeschreibung oder allgemein auf seiner Internetseite nicht untersagt.10 Derartige Ausschlüsse werden von allen großen Suchmaschinenanbietern akzeptiert und respektiert.
[13]
Außerhalb des Bereichs der Suchmaschinen entfalten solche Ausschlüsse keinerlei Wirkung, so dass regelmäßig keine Handhabe für den Seitenbetreiber besteht, gegen die Verlinkung vorzugehen. Dies gilt auch für das sogenannte Deep-Linking, also die gezielte Verlinkung auf einzelne Informationen des Gesamtangebotes.11 Ein Schritt weiter geht das Einbetten fremder Internetseiten in das eigene Internetangebot, etwa durch Framing. Beim Framing wird eine komplette Internetseite in einem Rahmen angezeigt. Einzelne Elemente einer Internetseite, beispielsweise bestimmte Bilder, können durch sogenannte Inline-Links in das eigene Angebot eingebettet werden.12 Alle diese technischen Möglichkeiten haben den Effekt, dass die fremden Inhalte nicht auf dem eigenen Server vorgehalten werden müssen, sondern von dem fremden Server geladen werden. Damit fehlt es an einer eigenständigen öffentlichen Wiedergabe, gegen die der Rechteinhaber vorgehen könnte.
[14]
Für den Internetnutzer macht es keinen Unterscheid, ob eine Internetseite oder einzelne Teile hiervon verlinkt sind oder eine Kopie der ursprünglichen Inhalte auf einem eigenen Server vorgehalten wird. In beiden Fällen taucht beispielsweise das eigene Bild oder der eigene Text auf einer fremden Internetseite auf. Gleichwohl ist es für die rechtliche Würdigung maßgeblich, ob die Inhalte kopiert wurden oder nur ein Verweis auf die Inhalte erfolgt. Ausschließlich in dem erstgenannten Fall kommt es auf die Frage an, inwieweit für die Wiedergabe von im Internet ohnehin frei verfügbaren Werken eine Schrankenbestimmung des Urheberrechts einschlägig ist.

2.2.

Vorschau als vorübergehende Vervielfältigung ^

[15]
Alle großen Anbieter von Suchmaschinen begnügen sich nicht mehr damit, eine reine Linksammlung bei der Suche nach einem bestimmten Stichwort zu präsentieren und damit nur einen reinen Verweis auf fremde Inhalte anzubieten. Es wird zugleich auch immer ein Ausschnitt der fremden Internetseite angezeigt. Der Nutzer soll auf diese Weise besser erkennen können, ob der Suchbegriff im richtigen Kontext verwendet wird. Diese Ausschnitte, Snippets genannt, werden von den Suchmaschinen selbst erstellt und auf eigenen Servern gespeichert.13 Dadurch liegt eine urheberrechtlich relevante Nutzung der Texte auf der fremden Internetseite vor, die allerdings in Deutschland vom Zitatrecht gem. § 51 UrhG abgedeckt ist. Der Seitenbetreiber muss daher nicht nur akzeptieren, dass überhaupt durch Suchmaschinen auf seine Internetseiten verwiesen wird, sondern er muss auch damit leben, dass ein Ausschnitt seiner Texte von dieser Seite von den Suchmaschinen angezeigt wird. In den meisten Fällen ist dies durchaus gewünscht, da die Mehrzahl der Internetseiten mit dem Ziel bereitgehalten wird, möglichst viele Internetnutzer anzulocken, wofür eine gute Platzierung in den gängigen Suchmaschinen erforderlich ist. Zu diesem Zweck treiben die Webseitenbetreiber mitunter erheblichen Aufwand, um ihre Internetseiten speziell für Suchmaschinen zu optimieren.
[16]
Mit Hilfe der Suchmaschinen ist es mittlerweile nicht nur möglich, nach Texten zu suchen, sondern es kann ganz gezielt nach zahlreichen weiteren Inhalten gesucht werden, unter anderem auch nach bestimmten Bildern. Die Suchmaschinen zeigen im Rahmen ihrer Bildersuche dann ein Vorschaubild an, das ebenso wie die Snippets auf den eigenen Servern der Suchmaschinenbetreiber abgespeichert wird. Es handelt sich hierbei um verkleinerte Darstellungen der Originale, die auch als Thumbnails bezeichnet werden und an die Stelle der Snippets bei der klassischen Textsuche treten. Klickt der Internetnutzer auf den jeweiligen Thumbnail, so erhält er das gesuchte Bild in Originalgröße, indem eine Verlinkung auf die Fundstelle erfolgt.
[17]
In der Vergangenheit wurde heftig darüber gestritten, ob ein derartiger Service der Suchmaschinenanbieter mit deutschem Recht vereinbar ist.14 Zahlreiche Gerichte mussten sich bereits mit der Frage befassen und sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, bevor der Bundesgerichtshof schließlich im April 2010 abschließend in der Sache entschieden hat.15
[18]
Der BGH hat in seinem Urteil zunächst klargestellt, dass das Vorhalten der Thumbnails durch die Suchmaschinenbetreiber als ein Fall der öffentlichen Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken anzusehen ist. Es wird kein neues Werk durch den Suchmaschinenbetreiber geschaffen, weil eine reine Verkleinerung des Originals erfolgt und dies nicht für eine eigenständige Bearbeitung ausreicht.
[19]
Sodann werden vom BGH verschiedene Schrankenregelungen angesprochen, wobei diese insgesamt nicht einschlägig sein sollen. Von einer bloß vorübergehend Vervielfältigungshandlung im Sinne von § 44a UrhG kann nicht ausgegangen werden, weil der Bildersuche und der Anzeige der Thumbnails eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zukommt.16 Auch das Zitatrecht gem. § 51 UrhG ist nicht einschlägig. Der BGH führt insoweit zur Begründung aus, dass es an einem Zitatzweck fehle und lediglich der Nachweis des Bildes selbst durch die Suchmaschine erfolge.17 Eine Ausdehnung der Schrankenregelungen oder analoge Anwendung lehnt der BGH ab und verweist zutreffend darauf, dass die Schranken generell eng auszulegen seien.

2.3.

Einwilligung als Rechtfertigung ^

[20]
Gleichwohl kommt der BGH aber zu dem Ergebnis, dass die Bildersuche, wie sie beispielsweise von Google angeboten wird, zulässig ist. Zwar kann sich Google nicht darauf berufen, dass entsprechende Nutzungsrechte konkludent übertragen worden wären, aber es soll wenigstens von einer Einwilligung durch den Rechteinhaber auszugehen sein. Der BGH beruft sich darauf, dass ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen muss. Hierbei soll es nicht darauf ankommen, welche Erwartungshaltung der Betroffene hat, sondern ausschließlich auf die allgemeine Üblichkeit bestimmter Nutzungshandlungen. Weil mittlerweile allgemein bekannt ist, dass zahlreiche Suchmaschinenanbieter eine Bildersuche anbieten und hierzu eigene Thumbnails anfertigen, soll sich der Rechteinhaber hiergegen nicht zur Wehr setzen können, soweit er sich nicht ausdrücklich gegen die Indexierung durch Suchmaschinen ausgesprochen hat.
[21]
Die Entscheidung des BGH ist im Hinblick auf die generelle Zulässigkeit der Bildersuche zu begrüßen. Die Begründung der Entscheidung kann jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Die Auffassung des BGH beruht auf der Prämisse, dass die Wiedergabe von Thumbnails durch die Suchmaschinenbetreiber deshalb zulässig ist, weil sie als übliches Verhalten anzusehen ist und sich der Rechteinhaber hiergegen nicht (vorab) zur Wehr gesetzt hat. Auf diese Weise haben es die Suchmaschinenbetreiber und andere Diensteanbieter in der Hand, ohne Rücksicht auf die rechtliche Zulässigkeit neue Dienste einzuführen, die auf fremde Inhalte zugreifen. Sobald diese Dienste etabliert sind, erfolgt über die konkludente Einwilligung letztlich eine Legalisierung. Der Rechteinhaber ist jetzt plötzlich gezwungen, zur Wahrung seiner Rechte aktiv tätig zu werden. Mit der gleichen Argumentation könnte theoretisch auch begründet werden, dass die Digitalisierung von Buchbeständen mittlerweile aufgrund der Bemühungen von Google und anderen Anbietern üblich ist. Dies würde dann – bei Fortführung der Argumentation des BGH – dazu führen, dass Autoren und Verleger als Rechteinhaber aktiv die Digitalisierung untersagen müssten, wenn sie ihre Rechte wahren wollen. Auf diese Weise erfolgt letztlich eine Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses: Eigentlich ist die Nutzung fremder Inhalte solange verboten, solange nicht ausnahmsweise eine Erlaubnis vorliegt. Bei der Bildersuche ist die Wiedergabe von Thumbnails aber grundsätzlich zulässig, solange nicht ausnahmsweise ein Widerspruch des Rechteinhabers vorliegt.
[22]
Bei der Zweckübertragungslehre ist anerkannt, dass eine urheberfreundliche und damit enge Auslegung der Übertragung von Nutzungsrechten zu erfolgen hat. Das Urheberrecht hat die Tendenz, im Zweifel soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben.18 Zwar geht es bei der Einwilligung nicht um die Einräumung von Nutzungsrechten, gleichwohl darf die enge Auslegung der Übertragung von Nutzungsrechten nicht durch die großzügige Annahme einer Einwilligung unterlaufen werden.
[23]
Der BGH führt jedoch für den Fall der Bildersuche aus, dass eine ausdrücklich abweichende Erklärung bzw. ein Widerspruch des Rechteinhabers gegen die weitere Nutzung der eigenen geschützten Werke als Vorschaubilder sogar unerheblich sein kann, solange der Rechteinhaber nicht gleichzeitig dafür Sorge trägt, dass zugleich auch technische Maßnahmen ergriffen werden, die eine Indexierung durch die Suchmaschinen verhindern. Dieser Vorrang einer konkludenten Einwilligung gegenüber einem ausdrücklichen Widerspruch ist nur bedingt überzeugend. Sicherlich kann es nicht richtig sein, dass ein Rechteinhaber einerseits seine Internetseiten speziell für Suchmaschinen optimiert und gleichzeitig aber gegen diese vorgehen möchte, soweit diese Vorschaubilder zur Verfügung stellen. Ein derartiges Verhalten dürfte als widersprüchliches Verhalten zu werten sein, mit dem Ergebnis, dass die entgegenstehende Erklärung unbeachtlich ist. Es dürfte sich eher anbieten, derartige Fallkonstellationen bei Bedarf über das Rechtsinstrument des missbräuchlichen Verhaltens unter Rückgriff auf § 242 BGB zu lösen, als generell einen Widerspruch als unerheblich zu ignorieren.19 Insoweit dürfte die entsprechende Argumentation, mit der einzelne Instanzgerichte dieses Problem gelöst haben, vorzugswürdiger sein.20

2.4.

Upload durch unberechtigte Dritte ^

[24]
Eine andere rechtliche Würdigung ergibt sich für den BGH auch nicht in der Konstellation, dass nicht der Rechteinhaber selbst das geschützte Werk ins Internet gestellt hat, sondern der Upload durch einen unbefugten Dritten erfolgte. Weil die Suchmaschinenanbieter in den Genuss einer Haftungsprivilegierung kommen, ist es ausreichend, wenn sie erst bei Kenntnis von einer Rechtsverletzung tätig werden, da zuvor keine Überwachungspflichten bestehen. Damit hat der BGH das Prinzip der Bildersuche insgesamt als rechtmäßig eingestuft und entsprechenden Unterlassungsansprüchen gegen die Anbieter von Suchmaschinen eine Absage erteilt.
[25]
Für die Frage der Einwilligung kann es jedoch grundsätzlich nur auf den Rechteinhaber ankommen, da dessen Einwilligung erforderlich ist. Stellt ein Dritter ohne Wissen des Rechteinhabers dessen Werke im Internet bereit, fehlt es an einer ausreichenden Einwilligung. Etwas anderes könnte höchstens gelten, wenn die Inhalte zwar von einem Dritten, aber mit Wissen und Billigung des Rechteinhabers bereitgestellt wurden. Es könnte dann argumentiert werden, dass es Sache des Rechteinhabers ist, zum Schutz seiner Rechte gegebenenfalls zu verhindern, dass der Dritte die Informationen frei zur Verfügung stellt. Es sollte jedoch kritisch darauf geachtet werden, die Reichweite einer konkludenten Einwilligungserklärung nicht über Gebühr auszudehnen.

3.

Personensuche und Persönlichkeitsrechte ^

[26]
Neben den urheberrechtlichen Aspekten ist zusätzlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zu berücksichtigen, wenn es um solche Texte und Bilder geht, die einen Bezug auf bestimmte natürliche Personen haben. In den vergangenen Jahren hat sich der Markt für Suchmaschinen beständig ausgeweitet. Neben den allgemeinen Suchmaschinen wie Google gibt es kleinere Anbieter von Suchmaschinen, die sich auf spezielle Bereiche und Nischen konzentriert haben.21 Ein solcher Bereich ist die Personensuche. Es gibt mehrere Anbieter, die versuchen, möglichst umfassend Daten zu einer Person zusammenzutragen und diese als Ergebnis zu präsentieren.22 Zu diesem Zweck werden insbesondere die Seiten der sozialen Netzwerke wie Facebook ausgewertet, aber auch sonstige im Internet verfügbare Informationen berücksichtigt.
[27]
Die Anbieter von Diensten zur Personensuche argumentieren, dass sie – ähnlich wie Google auch – nur eine Suchmaschine betreiben würden, die fremde Inhalte auswertet und präsentiert. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass – anders als bei Google – die Treffer nicht als neutrale Ergebnisse dargestellt werden, sondern eine eigene Verarbeitung im Rahmen der Personensuche erfolgt, weil die Daten zu einer einzelnen Person zusammengetragen und zugeordnet werden. Ähnlich wie Google sind die Betreiber von Personensuchmaschinen regelmäßig rechtlichen Auseinandersetzungen mit Betroffenen ausgesetzt, die sich unabhängig von der urheberrechtlichen Wertung zumindest auch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt sehen.23
[28]
Richtig ist zunächst, dass die Veröffentlichung von Fotos einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Personen darstellen kann. Die Rechtswidrigkeit eines solchen Eingriffs entfällt jedoch, wenn derjenige, der das Foto im Internet öffentlich zugänglich macht, sich auf eine Einwilligung durch den Betroffenen berufen kann oder zumindest davon ausgehen durfte, dass dieser mit der Wiedergabe einverstanden ist. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung zur Bildersuche ist das Landgericht Hamburg etwa der Auffassung, dass Personensuchmaschinen jedenfalls dann Fotos einzelner Personen wiedergeben dürfen, wenn diese auf der Homepage eines Unternehmens zu finden sind und die Internetseiten für eine Suchmaschine optimiert sind.24 Das Gericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass der Betroffene andernfalls dafür hätte sorgen müssen, dass die Internetseiten so gestaltet werden, dass sie nicht von Suchmaschinen erfasst und ausgewertet werden.
[29]
Interessant ist weiter eine Entscheidung des OLG Köln, bei der es um die Übernahme eines Profilfotos aus dem sozialen Netzwerk Facebook durch eine Personensuchmaschine ging.25 Das OLG Köln kommt zu dem Ergebnis, dass der Betroffene die zusätzliche Nutzung seines Profilfotos für die Personensuche nicht verbieten kann. Entscheidender Aspekt in diesem Verfahren war ein Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook, wonach der Nutzer sich damit einverstanden erklärt, dass die Inhalte auch in anderen Medien genutzt werden dürfen. Durch das Akzeptieren der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat der Nutzer damit zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht in seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt fühlt, wenn das Profilfoto nicht nur bei Facebook selbst, sondern auch auf anderen Internetseiten verwendet wird.
[30]
Die Entscheidung des OLG Köln basiert letztlich zu Recht auf der Annahme, dass derjenige weniger schutzbedürftig ist, der selbst relativ freizügig Informationen über seine Person im Internet zur Verfügung stellt. In diesem Fall ist es nicht nachvollziehbar, dass der Betroffene zwar selbst die Informationen bereitstellt, sich aber gleichzeitig gegen der Verbreitung zur Wehr setzt und auf eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts beruft.

4.

Datenschutz ^

[31]
Soweit von einer Personensuchmaschine oder einem anderen Anbieter Profile einzelner Internetnutzer erstellt werden, handelt es sich um personenbezogene Daten, so dass schließlich auch eine datenschutzrechtliche Komponente zu berücksichtigen ist. Der Anbieter speichert im Rahmen der Erstellung der Profile personenbezogene Daten zur weiteren Übermittlung, so dass nach deutschem Recht der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 29 BDSG («Geschäftsmäßige Datenerhebung und–speicherung zum Zweck der Übermittlung») eröffnet ist.
[32]
Auch ohne Einwilligung im datenschutzrechtlichen Sinne ist die Speicherung und Verarbeitung der Daten zulässig, wenn beispielsweise kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Datenspeicherung hat oder die Daten aus öffentlichen Quellen entnommen wurden und keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen überwiegen. Diese Voraussetzungen können erfüllt sein, wenn der Betroffene selbst Angaben über seine Person im Internet bereithält, vor allem auf den eigenen Internetseiten oder in sozialen Netzwerken. Diese Informationen stammen dann aus öffentlichen Quellen und können verwendet werden.
[33]
Liegt dagegen kein Fall des § 29 BDSG vor, dürfte ein Rückgriff auf die Einwilligung des Betroffenen nicht möglich sein. Für die Einwilligung im datenschutzrechtlichen Sinne bestehen hohe Anforderungen, die nicht erfüllt sein werden. Es reicht insbesondere keine pauschale Einwilligung aus, die nicht einen konkreten Vorgang und einen konkreten Empfänger betrifft. Dies gilt erst recht, wenn die Einwilligung nicht einmal explizit erklärt wird, sondern aus dem Upload bzw. der Mitteilung von personenbezogenen Daten hergeleitet wird.

5.

Zusammenfassung ^

[34]
Grundsätzlich bleibt es dabei, dass der bloße Upload von Daten ohne weitere Erklärungen nicht ausreichend ist, um eine beliebige Einwilligung in jegliche Art von Weiterverbreitung der Informationen über das Internet zu unterstellen. Die Gerichte, die sich bisher mit derartigen Fragen zu befassen hatten, haben immer nach weiteren Indizien gesucht, die eine zumindest konkludente Einwilligung im konkreten Fall vertretbar erscheinen lassen. Liegen allerdings solche Indizien vor, beispielsweise die Optimierung der eigenen Internetseite für Suchmaschinen, kann dies dazu führen, dass der Rechteinhaber die Nutzung der eingestellten Informationen durch Dritte nicht mehr verhindern kann – und zwar weder unter Rückgriff auf das Urheberrecht noch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Datenschutzrecht.

6.

Literatur ^

Dreier, Thomas / Schulze, Gernot: Urheberrechtsgesetz, 3. Auflage, München (2008).
Hoeren, Thomas / Sieber, Ulrich: Multimedia-Recht, 24. Auflage, München (2010).
Meyer, Sebastian: Aktuelle Rechtsentwicklungen bei Suchmaschinen im Jahre 2009, K&R 2010, 226-234.
Schwarz, Mathias / Peschel-Mehner, Andreas: Recht im Internet, 26. Auflage, Frankfurt (2010).



Sebastian Meyer, Rechtsanwalt und Datenschutzauditor (TÜV), Lehrbeauftragter an der FH Bielefeld, BRANDI Rechtsanwälte, Adenauerplatz 1, 33602 Bielefeld, DE,sebastian.meyer@brandi.net ,www.brandi.net


  1. 1 Vgl. etwa die Ziele der Piratenpartei,http://www.piratenpartei.de/navigation/politik/urheberrecht-und-nicht-kommerzielle-vervielfaeltigung .
  2. 2 Paul in Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, 22. Aufl. 2009, Teil 7.4 Rn 7;Reber/Schwarz in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 26. Aufl. 2010, Teil 4-G 5 Rn 5.
  3. 3 Schwarz/Reber in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 26. Aufl. 2010, Teil 4-G 5 Rn 5.
  4. 4 Meyer , K&R 2007, 177, 182;Hoffmann in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 1. Aufl. 2008, § 9 TMG Rn 11.
  5. 5 Reber in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 26. Aufl. 2010, Teil 4-A 1 Rn 1.
  6. 6 Reber in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 26. Aufl. 2010, Teil 4-A 1 Rn 1.
  7. 7 Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 31 Rn 5.
  8. 8 Lüft in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, Vor §§ 44a ff. Rn 1.
  9. 9 BGH, Urt. v. 17.07.2003, I ZR 259/00 – Paperboy, MMR 2003, 719.
  10. 10 Sieber in Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, 22. Aufl. 2009, Teil 1 Rn 102.
  11. 11 Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 19a Rn 6.
  12. 12 Schwarz/Reber in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 26. Aufl. 2010, Teil 4-G 3 Rn 43.
  13. 13 Sieber/Höfinger in Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, 22. Aufl. 2009, Teil 18.1 Rn 118.
  14. 14 Meyer , K&R 2010, 226, 230.
  15. 15 BGH, Urt. v. 29. April 2010, Az. I ZR 69/08, WRP 2010, 916.
  16. 16 Dreier in Schulze/Dreier, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 44a Rn 4.
  17. 17 BGH, Urt. v. 29. April 2010, Az. I ZR 69/08, WRP 2010, 916, 920.
  18. 18 Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 31 Rn 110.
  19. 19 Meyer , K&R 2009, 217, 222.
  20. 20 OLG Jena, Urt. v. 27. Februar 2008, 2 U 319/07 – Bilder-Suchmaschine, K&R 2008, 301.
  21. 21 Meyer , K&R 2010, 226, 230.
  22. 22 Seidel/Nirk , CR 2009, 666.
  23. 23 Meyer , K&R 2010, 226, 230.
  24. 24 LG Hamburg, Urt. v. 16. Juni 2010, Az. 325 O 448/09.
  25. 25 OLG Köln, Urt. v. 9. Februar 2010, Az. 15 U 107/09.