Jusletter IT

Informationspflichten im Social Gaming

  • Author: Katharina Maimer
  • Category: Short Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Data Protection
  • Collection: Conference proceedings IRIS 2012
  • Citation: Katharina Maimer, Informationspflichten im Social Gaming, in: Jusletter IT 29 February 2012
Für Anbieter von Social Games stellen sich zahlreiche rechtliche Herausforderungen – insbesondere in Bezug auf Informationspflichten. Es muss geklärt werden, WELCHE Informationen die Anbieter bereitstellen müssen und WIE dies zu geschehen hat.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Was sind Social Games?
  • 2. Rechtliche Herausforderungen
  • 3. Ausgewählte Informationspflichten
  • 3.1. E-Commerce-Gesetz
  • 3.2. Mediengesetz
  • 3.3. Konsumentenschutzgesetz
  • 3.4. Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU)
  • 4. Rechtsfolgen und Zusammenfassung
  • 5. Literatur

1.

Was sind Social Games? ^

[1]

Im Zeitalter des Web 2.0 und sozialer Netze werden auch Spiele immer sozialer. Ob Facebook oder Google+, in allen sozialen Netzen begegnet man Spielen – sogenannten Social Games. Diese laden die Benutzer ein, nicht mehr nur miteinander zu kommunizieren und Informationen zu teilen, sondern auch miteinander zu spielen. Große Anbieter von Social Games wie Zynga (FarmVille, CityVille, Café World, …) haben bereits über 200 Millionen monatliche User.1

[2]

Viele Social Games können von den Nutzern kostenlos gespielt werden. In den Spielen selber haben diese aber die Möglichkeit, virtuelle Gegenstände (Waffen, Gold, …) zu kaufen. Diese ermöglichen einen schnelleren Spielfortschritt oder den Zugang zu zusätzlichen Levels. Es gibt auch Social Games bei denen bereits die Teilnahme kostenpflichtig ist. In beiden Fällen können Social Games gewinnbringende Geschäftsmodelle sein. Zynga erwirtschaftete z.B. 2010 mit seinen Social Games 850 Millionen Dollar Umsatz.2

2.

Rechtliche Herausforderungen ^

[3]
Der Spieleanbieter stößt bei Verträgen im Internet auf weitreichende rechtliche Bestimmungen, die im Spiel oder Sozialen Netz umgesetzt werden müssen. Umfassende Informationspflichten, die den Anbietern auferlegt werden, sind eine der wichtigsten Maßnahmen zum Schutz von Konsumenten. Informationspflichten werden in Österreich in vielen verschiedenen Gesetzen (ECG, KSchG, ...) geregelt. Im Einzelnen stellt sich die Frage, wann ein Social Game in den Anwendungsbereich der einzelnen Gesetze fällt und wie die sich daraus ergebenden Pflichten umgesetzt werden können. Wann ist ein kostenloses Social Game ein Dienst der Informationsgesellschaft? Welchen Bestimmungen des KSchG unterfallen kostenpflichtige Social Games bzw. Käufe innerhalb eines kostenlosen Spieles? Welche Art von Medium ist ein Social Game? Am Ende hat der Anbieter einen Katalog von Informationspflichten umzusetzen.
[4]
Diese Informationen muss der Anbieter meist zur Verfügung stellen (§ 5 ECG) oder auch an den Verbraucher übermitteln (§ 5 d Abs. 2 KSchG). Bei Social Games stellt sich die Frage, ob es ausreicht, die Informationen in den Nutzungs- oder Geschäftsbedingungen des sozialen Netzes (z.B. Nutzungsbedingungen von Facebook) bereitzustellen, oder ob jedes einzelne Spiel diese Informationen gesondert beinhalten muss.

3.

Ausgewählte Informationspflichten ^

3.1.

E-Commerce-Gesetz ^

[5]
Das E-Commerce Gesetz und die darin geregelten Informationspflichten sind auf alle "Dienste der Informationsgesellschaft"3 anwendbar. Social Games fallen unstrittig unter diese Bestimmung. § 5 Abs. 2 fordert über die allgemeinen Daten (Name, Adresse, Kontaktmöglichkeiten) hinaus Informationen über zuständige Aufsichtsbehörden und welche gewerbe- und berufsrechtlichen Vorschriften anwendbar sind.4
[6]
Die Informationen gemäß § 5 ECG müssen allgemein "leicht und unmittelbar zur Verfügung"5 gestellt werden. Sie müssen vom Nutzer ohne viel Aufwand abrufbar sein – ein "zweimaliges Klicken" um die Informationen zu erreichen ist ausreichend.6 Bei Diensten, die über Mobiltelefone bereitgestellt werden, reicht ein Link auf die Webseite des Anbieters aus.7
[7]
Werden Preise angeführt, wie dies bei Käufen in Social Games der Fall ist, müssen diese auch für den durchschnittlich aufmerksamen Nutzer leicht lesbar und zuordenbar sein.8 Gerade bei Käufen im Spiel ist es wichtig, Preise deutlich auszuweisen, da es im Spielfluss oft nicht klar ist, welche virtuellen Gegenstände mit realem und welche mit virtuellem Geld bezahlt werden.
[8]
Kann über einen Dienst der Informationsgesellschaft ein Vertrag abgeschlossen werden, sehen §§ 9 und 10 ECG weitere Informationspflichten vor. Der Nutzer muss unter anderem über die technischen Schritte, die zu Vertragserklärung und -abschluss führen, informiert werden.9 Weiters muss dem Nutzer die Möglichkeit gegeben werden, Eingabefehler zu korrigieren.10
[9]
Bei Social Games melden sich die Nutzer bei erstmaligem Kauf auf der Plattform des Anbieters an (direkt im Spiel oder bereits im sozialen Netz) und hinterlegen dort auch ihre Zahlungsdaten. Gerade bei Käufen im Spiel muss dann in weiterer Folge nur mehr mit Benutzernamen und Passwort der Kauf bestätigt werden. Den Erfordernissen des § 9 kann mit einem Link entsprochen werden, § 10 fordert eine Übersicht über die Vertragsdetails, bevor der Nutzer seine Vertragserklärung absendet.11 Die Korrekturmöglichkeit des § 10 besteht in der Praxis in der Möglichkeit, den Kaufvorgang abzubrechen. Der Nutzer kann Eingabefehler in seinen gespeicherten Einstellungen oder im Profil ändern. Kauft der Nutzer z.B. virtuelle Gegenstände über seinen Computer, muss er vor Abschluss des Kaufes über alle Vertragsdetails informiert werden. Dies kann gerade bei vielen kleinen Käufen, wie es bei Social Games der Fall ist, unpraktisch sein. Sind die Vertragsdetails des Nutzers gespeichert und werden immer wieder verwendet, sollte es ausreichen, wenn über Preis und Gegenleistung informiert wird. Auch bei Käufen über das Smartphone können diese Informationspflichten oft nicht sinnvoll umgesetzt werden.12

3.2.

Mediengesetz ^

[10]
Die medienrechtliche Offenlegungspflicht13 ist auch auf elektronische Medien wie Webseiten14 anwendbar. Es müssen hier unter anderem die Eigentumsverhältnisse15 und die "grundlegende Richtung"16 des Mediums bekanntgegeben werden. Für elektronische Medien, die nicht über die Präsentation des Medieninhabers hinausgehen und nicht geeignet sind, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen17 , reicht es aus, den Namen und Ort anzugeben. In einem Social Game, in dem der Nutzer Käufe tätigt, werden meist nur Produkte und Leistungen des Unternehmens präsentiert und nicht die Meinungsbildung beeinflusst.18 Diese Informationen sind bei Social Games bereits durch die Informationspflichten des § 5 ECG gedeckt.
[11]
Wird ein Social Game auch durch Werbung finanziert, muss diese gemäß § 26 MedienG als solche gekennzeichnet werden.

3.3.

Konsumentenschutzgesetz ^

[12]
§ 5 c KSchG regelt die Informationen, über die der Nutzer vor Abgabe seiner Vertragserklärung verfügen muss. Diese werden meist in AGBs geregelt.19 Spätestens während Erfüllung des Vertrages muss der Nutzer eine Bestätigung der Informationen (§ 5 c Abs. 1 Z 1 bis 6) auf einem dauerhaften Datenträger erhalten20 . Eine E-Mail ist als dauerhafter Datenträger anzusehen,21 ein Link würde nicht ausreichen.22
[13]
Für Social Games bedeutet dies, dass der Nutzer nach jedem Kauf eine E-Mail erhalten muss, in der nochmals die wesentlichen Informationen über den Vertrag stehen. Die Informationspflichten des KSchG sind in der Praxis sehr relevant, da die Einhaltung praktische Konsequenzen für das Rücktrittsrecht hat (z.B. verlängert sich die Rücktrittsfrist auf 3 Monate).23

3.4.

Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) ^

[14]
Die im November 2011 im Amtsblatt der EU veröffentlichte Richtlinie hebt unter anderem die Fernabsatzrichtlinie24 auf, die Grundlage für die Informationspflichten im KSchG war. Art. 6 enthält einen umfassenden Katalog an Informationspflichten, die Unternehmer bei Fernabsatzverträgen einhalten müssen. Diese beinhalten spezielle Informationen, die über „digitale Inhalte“25 bereitgestellt werden müssen. Social Games sind digitale Inhalte im Sinne der Richtlinie.26
[15]
Zusätzlich zu den allgemeinen Informationspflichten des Art. 6 Abs. 1 müssen Anbieter von digitalen Inhalten über „die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte“27 und „die Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese dem Unternehmer bekannt ist oder vernünftigerweise bekannt sein dürfte“28 informieren.
[16]
Die Nichteinhaltung der Informationspflichten kann auch hier zu Änderungen im Rücktrittsrecht führen. Bei mangelnder Information gelten Ausnahmen vom Rücktrittsrecht nicht,29 oder die Frist wird von 14 Tagen auf bis zu ein Jahr verlängert.30

4.

Rechtsfolgen und Zusammenfassung ^

[17]
Informationspflichten sind auf verschiedenste Rechtsgebiete verteilt und mit verschiedenen Rechtsfolgen behaftet. Das ECG und MedienG normieren verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen für die Nichteinhaltung der Informationspflichten.31 Verstöße gegen die Informationspflichten im KSchG können darüber hinaus eine Verbandsklage zur Folge haben.32 Verstöße gegen Informationspflichten können weiters Wettbewerbsverstöße darstellen.33
[18]
Zusammenfassend ist zu sagen, dass – obwohl sich die Informationspflichten oft überschneiden – es in den verschiedenen Rechtsgebieten immer wieder Besonderheiten gibt, die eingehalten werden müssen. Gerade bei Social Games, die durch die Einbindung in soziale Netze die Eigenständigkeit eines Online-Shops verlieren, ist die Umsetzung aller Informationspflichten in der Praxis oft eine Herausforderung.

5.

Literatur ^

Berka, Walter, Grabenwarter, Christoph, Holoubek, Michael, Medien im Web, MANZ, Wien (2009).

Burgstaller, Peter, Minichmayr, Georg, E-Commerce-Recht Praxiskommentar, Medien und Recht, Wien (2011).

Hahn, Harald J. Th., Wilmer, Thomas, Handbuch des Fernabsatzrechts, Springer, Wien (2005).

Kosesnik-Wehrle, Anne Marie (Hrsg), KSchG Kurzkommentar, MANZ, Wien (2010).

Laga, Gerhard, Sehrschön, Ulrike, Ciresa, Meinhard, E-Commerce-Gesetz Praxiskommentar, LexisNexis, Wien (2007).

Rami, Michael, WK zum Mediengesetz, MANZ, Wien (2011).

  1. 1 http://www.appdata.com/devs/10-zynga (29.12.2011).
  2. 2 http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,771239,00.html (29.12.2011).
  3. 3 § 3 Z 1 ECG: "ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs. 1 Z 2 Notifikationsgesetz 1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern;"
  4. 4 Diese Informationspflichten bestehen zusätzlich zu den Offenlegungsverpflichtungen in § 14 UGB und § 63 GewO.
  5. 5 § 5 Abs. 1 ECG.
  6. 6 Burgstaller, P., Minichmayr, G., E-Commerce-Recht, S. 102.
  7. 7 Laga, G., Sehrschön, U., Ciresa, M., E-Commerce-Gesetz, S. 25.
  8. 8 § 5 Abs. 2 ECG.
  9. 9 § 9 Abs. 1 Z 1 ECG.
  10. 10 § 10 Abs. 1 ECG.
  11. 11 Laga, G., Sehrschön, U., Ciresa, M., E-Commerce-Gesetz, S. 51.
  12. 12 Burgstaller, P., Minichmayr, G., E-Commerce-Recht, S. 142.
  13. 13 § 25 MedienG.
  14. 14 § 1 Abs. 1 Z 5a lit b MedienG.
  15. 15 § 25 Abs. 2 MedienG.
  16. 16 § 25 Abs. 4 MedienG.
  17. 17 § 25 Abs. 5 MedienG.
  18. 18 Höhne, T., Medienrechtliche Ordnungsvorschriften für Online-Medien. In: Berka, W., Grabenwarter, Ch., Holoubek, M., Medien im Web, 4.
  19. 19 Vgl. Hahn, H. J. Th., Wilmer, Th., Handbuch des Fernabsatzrechts, S. 56 [Rz. 40].
  20. 20 § 5 d KSchG.
  21. 21 Hammerl, A. in Kosesnik-Wehrle, A. M. (Hrsg.), KSchG, § 5 d [Rz. 2].
  22. 22 OGH 20.05.2008, 4 Ob 18/08p.
  23. 23 § 5 e Abs. 3 KSchG.
  24. 24 97/7/EG.
  25. 25 Digitale Inhalte sind „Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“, Art. 2 Z 11 RL 2011/83/EU.
  26. 26 Erwg. 19, RL 2011/83/EU.
  27. 27 Art. 6 Abs. 1 lit r, RL 2011/83/EU.
  28. 28 Art. 6 Abs. 1 lit s, RL 2011/83/EU.
  29. 29 Art. 16 lit m, RL 2011/83/EU.
  30. 30 Art. 10, RL 2011/83/EU.
  31. 31 § 26 ECG, § 27 MedienG.
  32. 32 § 28 ff KSchG.
  33. 33 OGH 18.11.2003, 4 Ob 219/03i.