1.
Einleitung ^
- Webseiten werden laufend aktualisiert, während Zeitungen dies praktisch nie werden und von Büchern nur selten Folgeauflagen entstehen. Im Internet wird immer das „Original“ verändert und nicht eine neue, ggf. modifizierte, Version (neue Ausgabe, Auflage, ...) erstellt.
- Leichte Fälschbarkeit: Ein Buch/Zeitung verändert nachzudrucken ist sehr schwer; schon exakt gleiches Papier aufzutreiben ist problematisch. Eine Webseite lokal zu speichern, zu verändern, und anschließend auszudrucken, ins Netz zu stellen etc. ist hingegen vergleichsweise trivial.
- Caching: Was auf dem Bildschirm dargestellt wird, muss nicht unbedingt dem derzeitigen Stand entsprechen. Dies ist insbesondere bei wiederholtem Besuch (regelmäßige Überprüfung auf Änderungen) der Fall.
1.1.
Bestätigung durch Dritte ^
1.2.
Wayback-Machine ^
- Die Webseiten selbst werden vor der Speicherung verändert. Dies ist z.B. notwendig, damit darin enthaltene Links auf das Archiv und nicht auf die „aktuelle“ Website zeigen. Mittels eines speziellen Parameters (anhängen von „id_“ an die Dokumentennummer) ist jedoch ein Zugriff auf die „Originalversion“ möglich. Hier ist zu beachten, dass dann etwaige externe Elemente, z.B. Bilder, von der aktuellen Webseite stammen, da die Links nicht mehr auf das Archiv zeigen!
- Das Datum einer Webseite kann sich von dem der verlinkten Unterseite derselben Site unterscheiden. Ein konsistenter Zustand (=Snapshot) ist daher nicht notwendigerweise gegeben.
- Das Datum ist insbesondere bei Seiten mit Frames genau zu prüfen: Angegeben wird das Datum der Frameseite, nicht das Datum der Inhalte der einzelnen Frames. Gleiches gilt für Bilder, deren Archivdatum sich von dem der HTML-Seite unterscheiden kann.
- Server-Elemente können zu falscher Darstellung führen: Wird ein Teil der Seite über Formulare, CGI-Skripts, Flash, Applets, Ajax etc. dynamisch nachgeladen, so erscheint in der archivierten Seite immer der aktuelle Inhalt (bzw. eine Fehlermeldung, insofern diese Scripts/Daten/… nicht mehr vorhanden sind).
Zusammengefasst ist festzustellen, dass eine archivierte Seite zwar als Beweismittel potentiell geeignet ist4 , aber eine genaue Untersuchung des Quelltextes (--> JavaScript) sowie aller eingebetteten Elemente (Bilder, Subframes, dynamischer Inhalt), sofern relevant, durch Experten erforderlich ist.
1.3.
Google-Cache ^
1.4.
Web@rchiv Österreich ^
2.
Eigene Dokumentation fremder Webseiten ^
2.1.
Ausdrucke ^
2.2.
Screenshots ^
Für diese gilt das gleiche wie für Ausdrucke: Auch sie sind leicht manipulierbar, ebenso wie etwaige Metadaten (Datum der Aufnahme etc.9; gleiches gilt wohl für Datei-Zeitstempel). Darüber hinaus ist zu beachten, dass vielfach nur ein Screenshot des Browser-Fensters erfolgt. Daraus ist in keiner Weise (so nicht die Webseite selbst ein aktuelles – und nicht das der letzten Änderung – Datum anzeigt) der Zeitpunkt der Aufnahme erkennbar. Auch inhaltliche Änderungen können mit Bildbearbeitungsprogrammen problemlos durchgeführt werden, ebenso wie lokales Abspeichern, verändern, und neuerliches Anzeigen der Webseite. Ähnliches gilt für Bildschirm-Fotos.
2.3.
Abgespeicherte Seiten ^
2.4.
Schwierigkeiten bei der Dokumentation durch Proxies ^
3.
Dokumentations-Software ^
4.
Rechtliche Würdigung ^
4.1.
Sonderregelung in § 20 EGov-G ^
4.2.
Anscheinsbeweis für ausgedruckte oder gespeicherte Webseiten? ^
4.3.
Der Beweiswert von Dokumentationen ^
4.4.
Der Beweiswert der vorgestellten Dokumentations-Software ^
- Ge-/Verfälschtes Original (Konstruierte/modifizierte Webseite): Durch die speziellen zusätzlichen Parameter lassen sich die Anfragen in den üblichen Server-Logs eindeutig identifizieren. Es kann damit (sofern diese noch vorhanden sind) nachgewiesen werden, dass ein Abruf zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfand. In den meisten Fällen wird auch die Größe der übermittelten Daten gespeichert, welche ebenfalls überprüft werden könnte, um so größere Veränderungen erkennen zu können.
- Transformationsfehler (Proxies, „schlechter“ Browser, JavaScript deaktiviert, ...): Die speziellen Techniken zur Umgehung von Proxies reduzieren dieses Problem erheblich und die direkte Speicherung im Quelltext (nicht als Screenshot oder Ausdruck) lassen den Browser und dessen Konfiguration außen vor und ermöglichen die spätere Überprüfung auf dynamische Elemente.
- Nachträgliche Manipulation (Gespeicherte Dateien „nachbearbeiten“): Aufgrund des Logs der HTTP-Header, welche üblicherweise die Dateigröße enthalten, sind größere Änderungen wiederum schwierig. Da die Software die Hash-Werte unmittelbar berechnet sind spätere händische Änderungen erkennbar. Da einerseits die Originaldatei, andererseits eine lokal darstellbare Version gespeichert wird, wäre identische Bearbeitung beider Versionen nötig.
- Unrichtiger Zeitpunkt (Ausdruck mit unrichtigem Datum/Bestätigung): Der Zeitstempel einer unabhängigen Dritten Partei verhindert eine Rückdatierung: So wie die Daten vorliegen existierten sie bereits zu jenem Zeitpunkt (etwaige Modifikationen mussten daher bereits davor erfolgt sein). „Vordatierungen“ (erst später bestätigen lassen) sind jedoch möglich.
-
1
Hoeren, Th., Die
– Was bringen Internetarchive für die Rechtspraxis? MMR 2006, 1, V http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?docid=164816 (28.10.2011). - 2 Digital Millennium Copyright Act: Ein US-Gesetz ähnlich der Urheberrechts-RL 2001/29/EG.
- 3 Internet Archive – Information Requests http://www.archive.org/legal/ sowie Legal FAQ http://www.archive.org/legal/faq.php (13.10.2011).
- 4 Amtsblatt EPA 8-9/2009, Mitteilung des Europäischen Patentamts über die Anführung von Internet-Dokumenten, 456, 461 http://archive.epo.org/epo/pubs/oj009/08_09_09/08_4569.pdf (13.10.2011): „[…]; der bekannteste dieser Dienste ist das über die sogenannte „Wayback-Machine“ zugängliche Internetarchiv www.archive.org. Die Tatsache dass das Internetarchiv nicht vollständig ist, macht die darin enthaltenen Daten nicht weniger glaubwürdig. Die standardmäßig erscheinenden rechtlichen Hinweise, wonach keine Gewähr für die Richtigkeit der bereitgestellten Informationen gegeben wird, werden nicht als negativer Indikator für die tatsächliche Zuverlässigkeit der Website gewertet.“.
- 5 Mediengesetznovelle BGBl I Nr. 8/2009 vom 23.2.2009.
- 6 Unbekannt ist dem Verfasser, ob auch ein Ausdrucken des Quelltextes der Webseite möglich ist, was für detaillierte Untersuchungen oft hilfreich bzw. erforderlich wäre.
- 7 ÖNB: FAQs zur Webarchivierung http://www.onb.ac.at/about/faq.htm#w6 (13.10.2011).
- 8 Mayr, M., Web@rchive Austria http://www.slideshare.net/ATWebarchive/archiving-news-on-the-web, 12 f. (13.10.2011).
- 9 Siehe LG München I, 21.5.2008, 21 O 10753/07 zu Metadaten von Digitalfotografien, die als nicht sicher genug für einen Anscheinsbeweis angesehen wurden.
- 10 Mozilla Firefox, Internet Explorer (Komplette Webseite – nicht als Archiv). Anders bei Speicherung als Archiv in einer einzigen Datei mittels Internet Explorer: Die Webseite bleibt original erhalten und auch die Bilder werden darin mit ihrem originalen URL gespeichert.
- 11 Ein Proxy-Server kann auch Teil des Web-Servers sein („Reverse Proxy“). In diesem Fall würde jedoch tatsächlich eine „falsche“ Webseite den Machtbereich des Webserver-Betreibers verlassen, sodass dies eben die „öffentliche“ Darstellung ist. Von keinem einzigen Computer aus dem Internet wäre dann eine andere Seite zugänglich.
- 12 Implementation: Markus Haudum im Rahmen einer Masterarbeit in der Programmiersprache Java (daher portabel).
- 13 Hoeren, Th., Beweiswert digitaler Dokumente, In: Internet-Recht und Digitale Signaturen, http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/INHALTE/publikationen/Bewiswert_digitaler_Dokumente.pdf (27.10.2011).
- 14 E-Government-Gesetz BGBl I Nr. 10/2004 vom 27.2.2004 i.d.F. BGBL 1 Nr. 111/2010.