Jusletter IT

Zivilrechtliche Haftung von Filehostern bei Urheberrechtsverletzungen nach Schweizer Recht

Parallelen zum Urteil des BGH vom 15. August 2013 – I ZR 80/12 (Filehosting-Dienst)?

  • Author: Nicole Beranek Zanon
  • Category: Scientific Articles
  • Region: Switzerland
  • Field of law: IP Law
  • Citation: Nicole Beranek Zanon, Zivilrechtliche Haftung von Filehostern bei Urheberrechtsverletzungen nach Schweizer Recht, in: Jusletter IT 11 December 2013
According to the decision of the German Supreme Court (BGH) dated August 15, 2013 – I ZR 80/12 file hosting services are generally allowed as long as they do not favor legal breaches. A legal breach is enabled when the download of data is linked to benefits, an anonymous service for free is offered and a service with higher download connectivity and storage capacities is offered. According to German law in this case only is the file hoster obliged to have controls of the link collections linked to third parties checked on a regular basis. The author assesses filehosting services according to Swiss law also under the premises of the latest decision of the Federal Supreme Court 5A-792/2011 dated January 14, 2013, (Tribune de Génève) and checks whether a civil liability may exist based on liability for created risk for filehosting services such as liability for interference in Germany.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 1.1. Ausganglage
  • 1.1.1. Akteure
  • 1.1.1.1. Filehoster
  • 1.1.1.2. Filesharer
  • 1.1.1.3. Hoster/Cloud-Anbieter
  • 1.1.1.4. Linklistenanbieter
  • 1.1.1.5. Konsument
  • 1.2. Dienstleistung von Filehostern
  • 2. Zivilrechtliche Haftung von Filehostern in Deutschland nach dem Urteil des BGH vom 15. August 2013 – I ZR 80/12
  • 2.1. Aus den Erwägungen des BGH
  • 2.2. Kritik
  • 3. Zivilrechtliche Haftung von Filehostern in der Schweiz
  • 3.1. Allgemeine Bemerkungen
  • 3.2. Der Entscheid des Bundesgerichts zum Blogg der Tribune de Genève
  • 4. Denkbare Anspruchsgrundlagen
  • 4.1. Haftungsgründe gemäss URG
  • 4.1.1. Im Allgemeinen
  • 4.1.2. Die einzelnen Ansprüche aus Art. 62 URG
  • 4.1.2.1. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch (Art. 62 Abs. 1 lit. a und b URG)
  • 4.1.2.2. Auskunftsanspruch
  • 4.1.2.3. Schadenersatz und Gewinnherausgabe gemäss Art. 62 Abs. 2 URG
  • 4.2. Ausservertragliche Haftungsgründe nach Art. 41 OR
  • 4.2.1. Kausalhaftungen
  • 4.2.2. Verschuldenshaftung
  • 4.2.2.1. Im Allgemeinen
  • 4.2.2.2. Vorsatz
  • 4.2.2.3. Fahrlässigkeit
  • 4.2.3. Widerrechtlichkeit
  • 4.2.4. Kausalität
  • 4.2.4.1. Natürlicher Kausalzusammenhang
  • 4.2.4.2. Adäquater Kausalzusammenhang
  • 4.2.4.3. Sorgfaltsmassstab
  • 4.2.4.3.1. Objektive Kriterien
  • 4.2.4.3.2. Subjektive Kriterien
  • 4.2.5. Schaden
  • 4.3. Gehilfenschaft gemäss Art. 50 OR
  • 4.4. Gewinnherausgabe nach Art. 423 OR
  • 5. Strafrecht
  • 5.1. Medienstrafrecht
  • 5.2. Gehilfenschaft zu Art. 67 URG
  • 6. Schlussfolgerung

1.

Einleitung ^

[1]
Für eine Rechtsverletzung einzustehen hat grundsätzlich in erster Linie der Schädiger, d.h. derjenige, welcher das Angebot eines Filehosters für eine Rechtsverletzung nutzt, der Filesharer. Aufgrund der Möglichkeit, dass Angebote von Filehostern i.d.R. auch anonym genutzt werden können1, kann der Rechtsverletzer durch den Rechteinhaber oftmals nicht ohne grösseren Aufwand ausfindig gemacht werden. Deshalb wird der Einfachheit halber der Filehoster von den Rechteinhabern als direkter oder auch als indirekter Verletzer in Anspruch genommen.
[2]

Voraussetzung für eine zivilrechtliche Haftung des Filehosters ist jedoch eine bestehende Haftungsgrundlage. Der vorliegende Beitrag erörtert das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 15. August 2013 – I ZR 80/12 i.S. RapidShare und prüft, welche direkten oder indirekten zivilrechtlichen Haftungsgrundlagen in der Schweiz auf einen Filehoster anwendbar sind dies insbesondere auch im Lichte des Urteils des Bundesgerichtes 5A_792/2011 vom 14. Januar 2013 i.S. Tribune de Genève.

[3]
Ausgeklammert wird im vorliegenden Beitrag die Grundrechtsproblematik. Inwiefern dürfen nämlich Intermediäre und insbesondere Filehoster Dateien der Kunden öffnen und anschauen sowie die Funktionsweise eines Links unterbrechen, indem sie Inhalte löschen, ohne gegen das Fernmeldegeheimnis und den Schutz der Privatsphäre zu verstossen?

1.1.

Ausganglage ^

1.1.1.

Akteure ^

1.1.1.1.
Filehoster ^
[4]
Unter den Begriff des Filehosters fallen gewisse Dienste von Wuala, DropBox, HotFile, RapidShare, MediaFire, MegaVideo, Cloudzer, Uploaded, Swissload etc.2 Filehoster offerieren einen Cloud basierten File-Austausch-Dienst, durch Datenspeicherkapazität sowie optimierte Up- und Downloadraten. Zweck dahinter ist es, grosse Dateien nicht via E-Mail versenden zu müssen, da dies oftmals durch den E-Mail-Hoster wegen Kapazitätsgrenzen verunmöglicht wird. Es geht folglich darum, grosse Dateien mit anderen zu teilen oder auch einfach diese zu speichern um sie später selbst wieder optimal nutzen zu können.3
[5]
Filehosting ist damit ein klassischer Hosting-Dienst, der Inhalte ihrer Kunden speichert und ein gemeinsames Zugreifen auf Daten ermöglicht. Im Gegensatz zum traditionellen Webseiten-Hosting wird aber keine Webseite gehostet, sondern Dateien einzelner Kunden in deren Benutzerkonten gespeichert. Die Kunden erhalten nach dem Upload einen Link, den sie Dritten zustellen können. Weiteres Unterscheidungskriterium zum bisherigen Hosting ist die garantierte schnelle Up- und Downloadrate, die allen Filehostern gemeinsam ist.
[6]
Der Dienst des Filehosters ist damit ein typischer Cloud Computing-Dienst, dessen Nutzung jederzeit und von jedem Ort aus erfolgen kann.4
1.1.1.2.
Filesharer ^
[7]
Das Pendant zum Filehoster ist der Filesharer. Ein Filesharer ist derjenige, der das Angebot des Filehosters nutzt und seine Dateien mit anderen teilt.
[8]

Der Filesharer kann ein Privat- oder Geschäftskunde sein. Der Kreis derjenigen, an den der Filesharer seinen Link weitergibt, kann sowohl der private Kreis i.S. von Art. 19 Abs. 1 lit. a des Urheberrechtsgesetzes [URG]) sein oder auch die Allgemeinheit durch Veröffentlichung des Links auf der eigenen Webseite oder einer sog. Webseite mit Linksammlung. Problematisch insbesondere im Web 2.0 Zeitalter ist die Definition der «eng verbundenen Personen», wie Familie und Freunde. Gehören alle meine 5‘000 Facebook-Freunde dazu? Nein, denn das massgebliche Kriterium für eine der Schrankenbestimmung entsprechenden legalen Nutzung ist eine enge, freundschaftliche Verbundenheit, die z.B. nicht gegeben ist bei: Arbeits-, Vereins-, Schulkollegen und Bekanntschaften, die im Internet oder über andere Medien im Wesentlichen zum Zweck des Austauschs von Werken begründet werden.5 Eine hohe Anzahl von Kopien bzw. eine hohe Downloadanzahl indiziert zumindest die Überschreitung des privaten Kreises.6 Wo die konkrete und damit in der Praxis kontrollierbare Grenze liegt, ist aber schwierig zu beurteilen. Immerhin ist eine Integration von urheberrechtlich geschützten Inhalten in eine eigene Webseite, auf die beliebige Dritte Zugriff haben, nicht als Verbreitung zu qualifizieren die nicht durch die Eigengebrauchsbestimmung von Art. 19 URG autorisiert wird. Gleiches dürfte auch dann gelten, wenn anstatt Inhalt auf einer eigenen Webseite, Links in einer öffentlich zugänglichen Linkliste zur Verfügung gestellt werden.

[9]
Für diesen Beitrag interessiert uns nur derjenige Nutzer eines Filehosting-Dienstes, der urheberrechtlich geschütztes Material hochlädt und seinen Link öffentlich zur Verfügung stellt und damit ein Filesharer ist.
1.1.1.3.
Hoster/Cloud-Anbieter ^
[10]
Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich der Hoster zum Filehoster dadurch, dass er nicht einzelne Dateien, sondern ganze Webseiten und Datensammlungen speichert, sei es auf einem dedizierten, dem Kunden zugeteilten Server oder auf dem für Kunden zur Verfügung gestellten Speicherplatz. Ein Hoster gewährleistet in der Regel auch eine gewisse Übertragungsqualität für den Up- und Download, doch sind die Up- und Downloadraten i.d.R. nicht so leistungsstark wie bei einem Filehoster. Zudem besteht i.d.R. keine Vorrichtung um Daten zu teilen.
1.1.1.4.
Linklistenanbieter ^
[11]
Der Linklistenanbieter hingegen ist jemand, der eine Webseite bei einem Hoster speichert und Link-Einträge von registrierten oder nicht registrierten Benutzern zulässt oder sie selbst hochlädt.7 Er finanziert i.d.R. seine Dienste durch Werbung sowie verschiedene sich qualitativ unterscheidende Möglichkeiten für die abzurufende Datei. Der Linklistenanbieter ist damit entweder identisch mit demjenigen, der den Link hochlädt und damit der Nutzer des Filehosters, der den Dienst des Filehosters missbraucht oder aber ein Dritter, der sich ebenfalls widerrechtlich verhält, weil er mit dem öffentlichen Posten des Links die zulässige Nutzung gemäss Art. 19 Abs. 1 URG überschreitet.
[12]

Immer öfter ist der Zugang zu solchen Linklisten beschränkt, so dass Filehoster, selbst wenn sie ein Monitoring machen, keine Möglichkeiten haben, die Links zu überprüfen.8 So ist für den Zugang zu den Linklisten z.B. eine Registrierung vorausgesetzt, deren Zugang den bekannten Filehostern auf Basis der Sperrung ihrer IP verunmöglicht wird.

1.1.1.5.
Konsument ^
[13]

Der Konsument ist sodann derjenige, der auf der Linkliste die Datei anklickt und herunterlädt oder streamt. Es kann dies in der Schweiz gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. a URG für die private Nutzung legal tun.

[14]
Es bestehen zwar Diskussionen, ob dies auch dann möglich und rechtlich zulässig sein soll, wenn eine Datei illegal kopiert wurde. Derzeit gibt es aber noch keine Entscheide der Gerichte, welche eine Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken aus illegalen Quellen untersagen.

1.2.

Dienstleistung von Filehostern ^

[15]

Das Geschäftsmodell von Filehostern (s. oben Ziff. 1.1.1.1.) ist vielfältig. Die meisten gewähren einen Gratisdienst bis zu einer gewissen Speichermenge von 2–5 GB9 mit oder auch ohne eine persönliche Registrierung10.

[16]
Allen gemeinsam ist, dass sie für den Abruf der Dateien dem Nutzer einen Link zur Verfügung stellen, den er an Dritte weitergeben kann. Nebst dem Gratisdienst bieten die Filehoster eine Bezahlvariante an, welche mehr Speicherplatz zur Verfügung stellt und oft auch bessere Up- und Downloadgeschwindigkeiten aufweist. Ausserdem kann zusätzlicher Speicherplatz über das Gratisangebot hinaus erhalten, wer andere Mitglieder anwirbt11, sein Konto mit Twitter, Facebook oder der eigenen Mailbox verknüpft12 und wer eine grosse Anzahl Downloads13 oder Uploads14 tätigt. Diese Anreize dienen dazu, den Filehosting-Dienst weiter zu verbreiten bzw. eine grössere Nutzung durch den Kunden zu generieren und damit die Umstellung auf eine Bezahlvariante zu fördern.

2.

Zivilrechtliche Haftung von Filehostern in Deutschland nach dem Urteil des BGH vom 15. August 2013 – I ZR 80/12 ^

2.1.

Aus den Erwägungen des BGH ^

[17]
Im Lichte dessen, welche Möglichkeiten ein Filehoster hat, um die Kunden zu animieren, auf ein Bezahlkonto umzustellen, ist das Urteil des deutschen BGH vom 15. August 2013 äusserst aufschlussreich. Zwar basiert dieses auf einem Geschäftsmodell der RapidShare AG (nachfolgend «RapidShare») aus dem Jahre 2010 und beurteilt sich nach deutschem Recht, dennoch lassen sich daraus allgemeine Rückschlüsse ziehen: Im Rahmen dieses Beitrages soll geprüft werden, ob die darin aufgestellten Massstäbe nach deutschem Recht auch für die Schweiz valabel sind.
[18]
Aus dem Sachverhalt des Urteils des BGH vom 15. August 2013 – I ZR 80/12 lässt sich folgendes entnehmen: RapidShare stellte vor 2010 einen Filehosting-Dienst zur Verfügung, ohne dass sich der Nutzer für das Gratisangebot bis max. 5 GB registrieren und seine persönlichen Angaben hinterlegen musste. Nach dem Upload der Datei wurde dem Nutzer ein Download-Link zur Verfügung gestellt, mit dem er die Datei wieder downloaden konnte. Beim Gratisangebot war jedoch der Up- und Download verzögert und ein zweiter Download im unmittelbaren Anschluss daran nicht möglich. Dies sollte dazu dienen, dass der Dienst nicht für den Up- und Download von urheberrechtlich geschützten Inhalten missbraucht wird. Ausserdem vergab RapidShare an die Nutzer, deren Dateien von anderen Nutzern abgerufen wurden, sogenannte «Rapids», welche zum Erwerb eines entgeltlichen Premium-Kontos genutzt werden konnten. Das Premium-Konto ermöglichte ein schnelles und paralleles Herunterladen mehrerer Dateien und bot eine grössere Speicherkapazität. Per 1. Juli 2010 hat RapidShare die für den Dateiabruf gewährten Rapids abgeschafft und auch die registrierungslose Nutzung ihres Angebotes unterbunden. Weiterhin kann aber der Dienst kostenlos genutzt werden, sofern der Kunde sich registriert und sich mit 5 GB bzw. keinen schnellen Up- und Download und nur einmaligen Download begnügt.
[19]
Die Klägerin im besagten Urteil war die GEMA, die deutsche Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, welche ausschliessliche Verwertungsrechte für rund 3000 Musikwerke geltend machte, die auf den Servern von RapidShare gehostet seien.
[20]
Der BGH hielt fest, dass die Verantwortlichkeit als Täter oder als Teilnehmer der Störerhaftung vorgehe. RapidShare war aufgrund der Sachverhaltsdarstellungen im vorliegenden Fall weder Täter noch Teilnehmer (mangels Kenntnisnahme einer konkret drohenden Rechtsverletzung). Demnach stellte sich ausschliesslich die Frage, ob RapidShare als Störer haftbar gemacht werden könnte.
[21]
Nach dem Grundsatz der Störerhaftung im deutschen Recht kann verantwortlich gemacht werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtgutes beiträgt. Da die Störerhaftung auf Dritte nicht über Gebühr erstreckt werden kann, setzt sie die Verletzung von Sorgfaltspflichten voraus. Deren Umfang bemisst sich danach, ob und inwieweit der als Störer in Anspruch genommenen Person nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Eine allgemeine Prüfungspflicht besteht nach deutschem Recht nicht (§ 8 bis 10 des deutschen Telemediengesetzes (TMG) bzw. § 7 Abs. 1 Satz 1 TMG, basierend auf EU RL 2000/31/EG). Spezifische Überwachungspflichten sind aber nicht ausgeschlossen. So müssen nach deutschem Recht Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartenden und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegten Sorgfaltspflichten anwenden, um bestimmte Arten von rechtswidrigen Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern.15 Weitergehende Prüfungspflichten können nur bei einer besonderen Gefahrengeneigtheit des angebotenen Dienstes bestehen. Eine solche Gefahrengeneigtheit ist anzunehmen, wenn das Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder der Anbieter durch eigene Massnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert.
[22]
Massnahmen, welche die rechtsverletzende Nutzung fördern, sah der BGH darin, dass RapidShare a) ein Geschäftsmodell fahre, das eine unentgeltliche Nutzung insbesondere bei rechtsverletzendem Gebrauch ermöglichte, b) eine anonyme Nutzung des Dienstes ermöglichte, weil damit die Attraktivität für illegale Nutzungen gefördert werden, und c) die Vergabe von Rapids für grosse Anzahl von Downloads, weil damit die Attraktivität des Herunterladens von Dateien mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt belohnt wurde. Nicht vom BGH in die Betrachtung einbezogen wurde die Tatsache, dass beim Gratisangebot nur ein Download möglich war (und ist).
[23]
Daraus schloss das Gericht, dass RapidShare zwar keine anlasslose, sprich also keine generelle Überwachungspflicht treffe, wohl aber eine anlassbezogene Überwachungspflicht, die einer bereits erfolgten Rechtsverletzung nachgehe [Anm.: reaktiv] und erneuten Rechtsverletzungen vorbeuge [Anm.: proaktiv]. Dabei bemisst sich der Umfang der Prüfungspflicht danach, inwieweit dem Störer nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Da mit den obigen drei Kriterien RapidShare Massnahmen ergriffen habe, welche die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes fördere, obliege ihr im Rahmen der Störerhaftung grundsätzlich weitgehende Prüfungspflichten, jedoch ohne dabei jede Nutzung im Einzeln prüfen zu müssen. Eine Prüfungspflicht konnte allerdings erst mit dem Hinweis der GEMA entstehen. Ab diesem Zeitpunkt war RapidShare verpflichtet, das konkrete Angebot zu sperren und damit gleichzeitig dafür vorzusorgen, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Während die rechtsverletzenden Inhalte gelöscht wurden, habe die RapidShare ihre Sorgfalts- und Prüfungsplichten zur Verhinderung weiterer gleichartiger Rechtsverletzungen aber nicht erfüllt. Es müsste im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren dafür Sorge getragen werden, dass nicht nochmals eine Urheberrechtsverletzung bezüglich des konkret geschützten Werks entstehen könne. Dabei bewertete das Gericht ein Team von 17 Mitarbeitern zur Missbrauchsbekämpfung (Abuse-Team) zu beschäftigen, das Abuse-Meldungen nachgeht und einschlägige Linksammlungen nach Inhalten prüft, nicht als hinlänglich, da damit keine konkreten Massnahmen der gerügten Urheberrechtsverletzung dargelegt worden seien. Dies will heissen, dass es der RapidShare im Verfahren nicht gelang aufzuzeigen, dass die vom Abuse-Team überprüften Linksammlungen die von der Gemma gerügten Werke betrafen. Dass RapidShare in ihren Nutzungsbedingungen verbiete, Werke unter Verletzung von Urheberrechten hochzuladen, sei keine effektive Massnahme. Auch der Einsatz von sog. MD5-Filtern16 könne Verletzungshandlungen nur in geringem Umfange verhindern, da nur solche Werke gefunden werden, bei denen Identität zum Original bestehe. Die zusätzliche Möglichkeit eines Löschinterfaces für Urheberrechtsinhaber biete ebenfalls nur eine beschränkte Möglichkeit, weil damit nicht gegen die Verletzter vorgegangen werden könne, wenn diese anonym agieren. All diese durch RapidShare ergriffenen Massnahmen erachtete der BGH als ungenügend, um der ihr durch die Störerhaftung auferlegten Sorgfaltspflicht hinlänglich nachgekommen zu sein. Dies, weil sie es unterlassen habe, Linksammlungen sowie die Dateien auf ihren Servern auf die im Klageantrag konkret aufgeführten Musikwerke zu durchsuchen. Die Prüfungspflicht des Störers besteht demnach bei jedem Werk, zu dem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist. Er muss einschlägige Link-Ressourcen umfassend prüfen, mithin gezielt nach dem vollständigen oder auch teilweisen Werktitel suchen und auch den Begleittext in die Suche miteinbeziehen. Diese in diesem Umfang auferlegte Marktbeobachtungspflicht sei unter den konkreten Umständen des Streitfalles zumutbar und geboten.
[24]
Gemäss diesem Urteil hat folglich der Filehoster die Pflicht, mit geeignet formulierten Suchanfragen bei Google, Facebook oder Twitter und gegebenenfalls unter Einsatz von sogenannten Webcrawlern zu ermitteln, ob sich hinsichtlich der abgemahnten Werke Hinweise auf weitere rechtsverletzende Links auf seinen Dienst finden lassen.

2.2.

Kritik ^

[25]

Nimmt nun der Filehoster diese allgemeine Marktaufsichtspflicht wahr, die sich gemäss den Ausführungen des BGH nicht nur auf die Linksammlungen Dritter bezieht, sondern auch auf die Inhalte auf den Servern des Filehosters, ist nicht gewährleistet, dass in jedem Fall die Schrankenbestimmungen gemäss Art. 19 URG beachtet werden und die private Nutzung im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 lit. a URG möglich bleibt17. Es ist nämlich grundsätzlich zu unterscheiden zwischen dem Upload der urheberrechtlichen Datei auf den Server eines Filehosters und der Veröffentlichung eines Links auf einer der breiten Öffentlichkeit zugänglichen Webseite. Ersteres ist zumindest nach Schweizer Recht gemäss Art. 19 Abs. 2 URG zulässig, da es sich um eine zulässige Vervielfältigung i.S. von Art. 19 Abs. 1 URG bzw. eine Sicherungskopie i.S. von Art. 24 URG handelt.18 Bei der Verbreitung des Links und damit dem Verschaffen des Zugangs liegt dagegen eine illegale Nutzung vor, wenn dies durch die Schranke gemäss Art. 19 URG nicht abgedeckt ist. Wie bereits hiervor ausgeführt (Ziff. 1.1.1.4.), wird der Link jedoch vom Filesharer mit Unterstützung des Linkdiensteanbieters verbreitet, nicht aber vom Filehoster.

[26]
Betrachtet man das Hochladen, so kann auf den Servern des Filehosters ein rechtmässig erworbenes Werk als Sicherungskopie gespeichert sein, welches nicht Dritten öffentlich zugänglich gemacht wird oder – wie nach Schweizer Recht möglich – im privaten Rahmen genutzt wird. Vielmehr dürften nur diejenigen Resultate der Suche (des Monitoring) des Filehosters auf seinen eigenen Servern entfernt werden, welche auch Dritten öffentlich zugänglich gemacht werden und zudem in Linksammlungen Dritter erscheinen, sprich in diesem Sinne illegal verbreitet werden, da sie durch die Schrankenbestimmung des Art. 19 URG nicht mehr gedeckt sind. Der Filehoster hat demzufolge v.a. zu prüfen, ob Links auf seine Dateien zeigen, welche urheberrechtlich geschützte Inhalte betreffen. Eine andere Prüfung, welche sich auf die eigenen Server des Filehosters beschränkt, ist gar nicht umsetzbar. So ist denn auch nicht das Upload auf die Server des Filehosters problematisch, sondern die Verbreitung der Datei mittels öffentlich zugänglichem Link. Gedacht ist die öffentliche Verbreitung nämlich durchaus für eine legale Nutzung z.B. indem ein Verein seine Pressemittelungen oder News via den Filehoster verbreitet.
[27]
Es braucht also v.a. eine Veröffentlichung des Links, damit der Tatbestand der illegalen Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes. sich überhaupt erst realisiert. Die Tatnähe des Linkdienstanbieters ist deshalb näher, als diejenige des Filehosters. So kann die Prüfungspflicht des Filehosters bezüglich der Linksammlungen von Dritten nur soweit gehen, als dass der Link auch effektiv direkt auf einen Inhalt zeigt, der auf seinen Servern gehostet wird. Zeigt der Link nicht direkt auf einen Inhalt, der bei einem Filehoster gehostet ist, sondern wird dazwischen ein Remote-Server geschaltet, hört m.E. die Prüfungspflicht auf.
[28]

Man könnte zu Recht einwenden, dass die Linkaufrufe von gewissen Seiten unterdrückt werden können. Wird nämlich ein Link aufgerufen bzw. angeklickt, so erhält der Filehoster mit dem sog. Referral19 i.d.R. Informationen darüber, von welcher Webseite derjenige, der die Datei aufruft, herkommt. Handelt es sich dabei um eine bekannte Linkliste, kann der Zugang zu den beim Filehoster gespeicherten Dateien gesperrt werden. Dies funktioniert allerdings nur, wenn derjenige, der den Link aufruft, nicht anonym surft und wenn dies auf einem Webdienst bzw. einer HTTP-Abfrage basiert. Andere Protokolle, wie FTP oder Torrent, erzeugen keinen Referral. Letztere Internetabfragen können deshalb technisch systematisch nicht gesperrt werden.

[29]
Denkbar wäre zudem, dass man den Download einer Datei auf eine bestimmte Anzahl beschränkt. Damit ist allerdings nicht gewährleistet, dass nur die illegalen Nutzungen verhindert werden. Es werden v.a. auch die legalen Nutzungen verunmöglich.
[30]

Gemäss Art. 15 der EU-Richtlinie 2000/31/EG (hiernach E-Commerce RL20) sind Hosting-Provider nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Die im RapidShare-Urteil statuierte Marktbeobachtungspflicht gehen über die Pflichten der E-Commerce RL (kein Überwachungsverbot) hinaus. Zu beachten gilt, dass die E-Commerce RL nur eine Privilegierung betreffend Schadenersatzansprüche gewährleistet, nicht jedoch auf Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche anwendbar ist.21 Betreffend letzterem ist im EU-Recht das Gegenteil der Fall, d.h. dass eine Haftung der Intermediäre explizit vorgesehen ist. Gemäss Art. 17 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 30. März 2010 (2010/C 83/02) ist das geistige Eigentum geschützt und gemäss Art. 8 Abs. 3 InfoSoc-RL für Urheberrechte vom 22. Mai 2001 (Richtlinie 2001/29/EG) eine Unterlassungs- und Beseitigungshaftung von Vermittler vorgegeben. Daraus ergibt sich, dass nicht einmal eine kausale Verletzung vorliegen muss, sofern der Intermediär zumindest teilweise die Verletzung verhindern kann. Das führte so weit, dass der EuGH auf der Basis dieser Vorschriften den Intermediär zur Beseitigung der Verletzung verpflichtete und zur Vorkehrung von Vorsorgemassnahmen einer gleichartigen, zukünftigen Verletzung verpflichtete. Eine gleichartige Verletzung dürfte insbesondere immer dann vorliegen, wenn es sich um das gleiche urheberrechtliche Werk handelt und zugleich um den gleichen Verletzter, der Inhalte mit dem gleichen Link verbreitet. Alles andere ist technisch vom Intermediär nicht verhältnismässig durchsetzbar. Die Verhältnismässigkeit der Vorsorgepflicht des Intermediärs ergibt sich aus der Güterabwägung mehrerer Grundrechte und des Art. 15 der E-Commerce-RL, der diesbezüglich eine Schranke bildet.22

[31]
Aus diesem Grunde ist das Urteil des BGH m.E. klar EU-rechtswidrig. Die Frage des Umfangs der Sorgfalts- und Prüfungspflichten ist über Gebühr strapaziert. Es bleibt zu wünschen, dass RapidShare dieses Urteil weiterzieht.
[32]

Auch ist nicht klar, ob das heutige Modell von RapidShare die höchsten Richter Deutschlands zur gleichen Schlussfolgerung führen würde. Denn heute sind zwei der drei aufgeführten Indizien – die anonyme Nutzung und die Vergabe von Rapids – abgeschafft. Entgegen der Auffassung von Rössel23, welcher die Haftung für alle Filehoster heraufbeschwört, ist m.E. die konkrete Ausgestaltung der Dienste massgeblich. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Förderung von Rechtsverletzungen vorliegt oder nicht. Eine grundsätzliche Marktbeobachtungspflicht besteht damit nur unter den engen Voraussetzungen des besprochenen Urteils.

[33]
Das unentgeltliche zur Verfügungstellen von (beschränkten) Speicherkapazitäten und beschränkten Down- und Uploadraten ist m.E. genauso wenig eine Förderung zur Rechtsverletzung wie die Vergabe von zusätzlichem Speicherplatz als Benefit für Mitgliederwerbung oder die Verknüpfung mit Social Media-Kanälen bzw. der eigenen Mailbox. Wäre dies der Fall, würde der BGH-Entscheid für global tätige Cloud-Anbieter mit Gratis-Angeboten das «Aus» bedeuten.24
[34]

Wenn also ein Filehoster keine anonyme Nutzungen mehr zulässt und immer eine Registrierung verlangt, ist damit immer noch nicht erstellt, ob es den Nutzer auch tatsächlich gibt. Lässt sich doch eine Identität ohne weiteres mit einer gratis E-Mail-Adresse erstellen. Zwar loggen Diensteanbieter im Internet i.d.R. die IP-Adressen bzw. sind sogar in der Schweiz auf Grundlage des Bundesgesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) dazu verpflichtet25, doch kann damit nicht ohne weiteres die Identität eines Nutzers erstellt werden.26 Es stellt sich somit die Frage, ob ein weiterer «Trustlevel» diesem Problem Abhilfe zu schaffen vermag. Solche weiteren Trustlevels können eingeführt werden, indem z.B. ein Nutzerkonto erst freigeschaltet wird, wenn ein Freischaltcode an eine E-Mail-Adresse, an eine Mobiltelefonnummer oder an eine Postanschrift versandt wurde. M.E. dürfte eine Bestätigungsanfrage an die angegebene E-Mail-Adresse mit gleichzeitigem Loggen der IP-Adresse durchaus genügen. Wird schliesslich dem Nutzer in den AGB des Filehosters zusätzlich noch die Pflicht auferlegt, für allfällige Rechtsverletzungen die gegenüber dem Filehoster von Dritten geltend gemacht werden, einen Kostenvorschuss zu leisten, ansonsten er vom Dienst ausgeschlossen wird und sein Konto gelöscht wird, so ist dies zumindest nach Schweizer Recht genügend sorgfältig. Diesen Mechanismus verwendet im Übrigen auch der Simsa Code of Conduct Hosting.27

[35]
Werden demzufolge zwei der drei Kriterien beseitigt, ist das BGH-Urteil insofern zu relativieren, als dass sich der Umfang der Sorgfalts- und Handlungspflicht reduzieren muss. Insbesondere dürfte dies die proaktive Verhinderungspflicht bzw. Marktbeobachtungspflicht für die abgemahnten Inhalte betreffen.

3.

Zivilrechtliche Haftung von Filehostern in der Schweiz ^

3.1.

Allgemeine Bemerkungen ^

[36]
Mit dem BGH-Entscheid ist damit die Rechtslage für Deutschland vorderhand für den zugrundeliegenden Sachverhalt geklärt. Wie verhält es sich aber nun nach Schweizer Recht? Diese Frage trifft nicht nur RapidShare, sondern alle Filehoster, welche Angebote erbringen, die in der Schweiz nutzbar sind, insbesondere jedoch all diejenigen mit Sitz in der Schweiz.28 Die Frage hat zudem auch Auswirkungen auf Hosting- und Cloud-Provider in der Schweiz.
[37]

Bereits früh wurde in der Literatur festgehalten, dass die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung von Hostingprovidern (u.a.) im Schweizer Recht bis anhin wenig untersucht wurde.29 Mit dem Urteil des Bundesgerichtes vom 14. Februar 2013 (Urteil des Bundesgerichts 5A_792/2011, nachfolgend TdG-Entscheid)30 kommt nun wieder Bewegung in die Diskussion. Mitunter wird wild spekuliert, man könne die Hostingprovider analog zum TdG-Entscheid und zum RapidShare-Entscheid in die Verantwortung nehmen.

[38]

Bis heute besteht jedoch keine spezielle gesetzliche Regelung oder Privilegierung für die Intermediäre. Vielmehr wurde eine solche in der Vergangenheit immer wieder explizit abgelehnt. Letztes Jahr hingegen hat der Bundesrat vorgeschlagen, das Postulat Amherd 11.3912 vom 29. September 2011 anzunehmen, da sich unter anderem die Frage stellt, ob das bestehende Recht die Probleme adäquat erfasst und die Verantwortlichkeiten der Beteiligten ausreichend klärt. Spezifische Problemfelder sind etwa der Jugendschutz und das erhöhte Schädigungspotenzial weltweit abrufbarer privater, nicht nach journalistischen Sorgfaltsregeln verfasster (und kontrollierter) Publikationen. Mit der Motion Riklin 13.3215 vom 21. März 2013 wurde sodann beantragt, dass eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten sei, welche die juristische Verantwortlichkeit von Internetprovidern (Content, Hosting und Access) regeln solle und die zivil- und strafrechtliche Verfolgung von Rechtsverletzungen erleichtere, die mit Hilfe des Internets begangen werden. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zur Motion Riklin festgehalten, dass klare Rechtsgrundlagen wünschenswert wären, aber die Gefahr der Über- und Unterregulierung bestehe. Bis anhin genüge dem Bundesrat der bestehende Rechtsrahmen31. Der Bundesrat sieht aber aufgrund des TdG-Entscheides ein, dass sich in zivilrechtlicher Hinsicht u.U. ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt. Der Bundesrat hat im Nachgang zum TdG-Entscheid auf diese Möglichkeit hingewiesen (vgl. Anfrage Glättli 13.5059, «Haftbarkeit von Hosting-Providern, Blog- und Forenbetreibern»). Das Postulates Amherd verlangte sodann durch eine explizite Regelung sowie Arbeiten im Rahmen der Arbeitsgruppe zur Optimierung der kollektiven Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten («AGUR12»32). Es ist geplant, dass der Bundesrat den Bericht AGUR12 noch in diesem Jahr dem Parlament vorlegen wird.33

[39]
Dem Bericht des Bundesrates34 in Beantwortung des Postulates Amherd ist zu entnehmen, dass die Frage der zivilrechtlichen Verantwortung von Plattformbetreibern und Providern vertiefter zu untersuchen sei. Sollte sich daraus ein Gesetzgebungsbedarf ergeben, würde eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage im Rahmen der Revision des Fernmeldegesetzes (FMG) unterbreitet, welches in die laufend Legislaturperiode fällt.
[40]

Die Stossrichtung der vorangehenden Prüfung der bestehenden gesetzlichen Grundlagen ist zu begrüssen. Die Legiferierung birgt nämlich nebst der Über- und Unterregulierung die Gefahr, dass Kategorien von Providern gebildet werden, welche dann aufgrund des Technologiewandels nicht handhabbar sind. So ist es bereits heute umstritten, ob Suchmaschinenbetreiber als Content- oder Hostingprovider zu qualifizieren seien und wie denn Facebook in diese Kategorien zu verorten sei (vgl. dazu nachfolgend Ziff.  3.2.). Massgeblich ist m.E. nicht die ausschliessliche Begriffsdefinition bzw. Kategorisierung eines Providers in eine Begriffsklasse, sondern der Umstand, wer in der Lage ist, welche Massnahmen auch in technischer Hinsicht und aus Verhältnismässigkeitsüberlegungen zu unternehmen35. Ausserdem ist zu prüfen, wer gesetzlich überhaupt verpflichtet ist, Rechtsverletzungen reaktiv zu beseitigen oder sogar – wie gemäss dem BGH-Entscheid i.S. RapidShare (s. oben Ziff. 2.) – für gerügte Werke proaktiv zu verhindern. Denn bis heute besteht im Grundsatz keine Pflicht, handelnd einzugreifen, um einen andern vor Schaden zu bewahren.36

3.2.

Der Entscheid des Bundesgerichts zum Blogg der Tribune de Genève ^

[41]
Der aktuellste Entscheid des Bundesgerichtes zur Frage der Haftung von Intermediären (wie ein Hoster, Suchmaschinenbetreiber, Blogger, Filehoster) betrifft den Fall Tribune de Genève37. Die Tribune de Genève betrieb auf ihrer Webseite einen Blog, auf dem ein Verletzter eine persönlichkeitsverletzende Äusserung gegen einen Dritten schrieb. Die Blogbeiträge wurden vor Veröffentlichung nicht von der Tribune de Genève überprüft. Die Tribune de Genève wurde nichtsdestotrotz zur Beseitigung des Beitrages verurteilt, ohne dass sie vorab abgemahnt worden wäre oder die Möglichkeit hatte von der Rechtsverletzung Kenntnis zu nehmen.
[42]
Erstens ging es dabei um einen Blogbetreiber und zweitens um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, d.h. weder um einen reinen Hoster noch um urheberrechtliche Inhalte. Die Tribune de Genève bestritt konsequenterweise die Passivlegitimation, jedoch ohne die Haftungsgrundlage zu bestreiten38.
[43]

Gemäss Art. 28 des Zivilgesetzbuches (ZGB) ist jeder verantwortlich, «der an der Verletzung mitwirkt». Gestützt auf Art. 28 ZGB ist damit jeder Mitwirkende an der Verletzung auch passivlegitimiert.39 Mitwirkender ist, der Verursacher, welcher illegalen Inhalt erlaube oder favorisiere, unabhängig davon, ob er einen Fehler begangen hat.40 Das Bundesgericht geht damit sogar so weit, dass es den Intermediär haften lässt, auch ohne dass dieser Kenntnis über die Rechtsverletzung erhalten hat oder hätte nehmen können. Es genüge, wenn der Mitwirkende eine Rolle innehabe, welche die Verletzung des Rechts oder die Entwicklung der Rechtsverletzung begünstige41, so das Bundesgericht. Darüber hinaus sei es im Rahmen von Beseitigungsansprüchen aus Persönlichkeitsrechtsverletzungen irrelevant, ob eine Pflicht zur Kontrolle bestehe, da dies ein Kriterium des Verschuldens sei, das hier nicht massgebend sei.42 Einschränkend ist das Urteil immerhin deshalb, weil es sich nur um einen Beseitigungs- und nicht um einen Unterlassungsanspruch handelte.

[44]

Ob nun diese Kriterien auch auf immaterialgüterrechtliche Ansprüche anwendbar sind, gilt es hier zu prüfen (vgl. dazu Ziff. 4. nachfolgend).

[45]

Fälschlicherweise wird in der Lehre oft zitiert, dass es sich im Fall Tribune de Genève um einen Hoster43 gehandelt habe. Auch das Bundesgericht selbst ist m.E. in dieser Frage zu wenig präzise: Die Tribune de Genève hat einen Blog betrieben, auf deren Inhalte sie zugreifen konnte. Ob die Tribune de Genève diesen Blog auf der eigenen Infrastruktur hostete oder bei einem Hosting- bzw. Cloud-Provider, ist hier nicht ausschlaggebend. Die Tribune de Genève betrieb diesen Blog auf ihrer Webseite. Sie hatte folglich mittels ihres Content Management Systems (CMS) Zugriff auf die fremden Inhalte der Blogger (während derjenige, der nur hostet, diese Möglichkeit nicht hat). Damit ist die Funktion der Tribune de Genève nicht vergleichbar mit derjenigen eines Hosters. Ein Hoster hat in der Regel keinen Zugriff auf die detaillierten Inhalte, er kann eine Webseite nur als Ganzes dekonnektieren, d.h. die Webseite vom Internet wegnehmen indem er die Name-Server-Zuordnung zum Domain-Namen löscht oder in seinem Web-Server die Zuordnung zur Webseite löscht. Betreiber von Blogs lassen sich nicht unbesehen in die Kategorie der Hosting-Provider einordnen und umgekehrt einordnen. Allenfalls fallen sie in die Kategorie der Content-Provider, wenn sie die Fremdinhalte noch mit Zusatzdiensten anreichern.44 Fehlt eine solche Anreicherung, gehören Blog-Betreiber auch nicht in die Kategorie der Content-Provider, sondern stellen eine eigene Kategorie dar.45 Anders lässt sich dies nur beurteilen, wenn der Blogbetreiber zugleich auch Hoster ist. Ob dies beim Tribune de Genève-Fall zutraf, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen.

[46]

Hostingprovider sind denn auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht einmal technisch in der Lage, einen bestimmten Bestandteil einer Webseite zu entfernen, ohne die ganze Webseite aus dem Internet zu entfernen. Damit weisen sie eine verhältnismässig grosse Distanz zur Mitwirkung auf, so dass ihnen diese Handlungen nicht mehr zugerechnet werden können.46

[47]
Aus diesen Gründen kann der Entscheid TdG des Bundesgerichts nicht unbesehen auf Hostingprovider, Filehoster oder Contentprovider angewandt werden. Die möglichen Anspruchsgrundlagen sind nachfolgend zu prüfen.

4.

Denkbare Anspruchsgrundlagen ^

[48]
Die Frage, wann und ob ein Filehoster zivilrechtlich für rechtsverletzende Handlungen seiner Kunden haftet, beurteilt sich grundsätzlich vorab nach den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsgrundlagen. Massgebend für die Haftung sind damit die Tatbestandskriterien einer effektiv geltenden Haftungsgrundlage.
[49]

Eine Haftungsgrundlage kann sich einerseits aus dem allgemeinen Zivilrecht ergeben oder anderseits aus einem Spezialgesetz.47 Im Sinne der Spezialgesetzte steht bei den Filehostern v.a. die Verletzung von Urheberrechten im Vordergrund, weshalb in diesem Beitrag insbesondere auf das URG Gewicht gelegt wird.

[50]
Die Spezialgesetzgebung geht den allgemeinen Bestimmungen der Art. 41 ff. Obligationenrechts (OR) vor (lex specialis derogat lex generalis). Weshalb zuerst die urheberrechtlichen Bestimmungen untersucht werden.

4.1.

Haftungsgründe gemäss URG ^

4.1.1.

Im Allgemeinen ^

[51]
Das Urheberrecht regelt den Schutz der Urheber von Werken der Literatur und Kunst sowie der ausübenden Künstler, der Hersteller und Herstellerinnen von Ton- und Tonbildträgern wie auch der Sendeunternehmen (Art. 1 Abs.1 lit. a und b URG).
[52]

Der Urheber hat insbesondere das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob wann und wie das Werk verwendet wird (Art. 10 Abs. 1 URG). Insbesondere hat er nach Art. 10 Abs. 2 URG das Recht, Werkexemplare herzustellen (lit. a), anzubieten, zu veräussern oder sonst wie zu verbreiten (lit. b), vorzutragen, aufzuführen, vorzuführen, anderswo wahrnehmbar oder so zugänglich zu machen, dass Personen von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben (lit. c), zu senden (lit. d), weiterzusenden (lit. e) sowie solche Werke wahrnehmbar zu machen (lit. f.).48

[53]

Der ausübende Künstler hat analog zu Art. 10 gemäss Art. 33 URG das Recht, (lit. a) seine Darbietung oder deren Festlegung direkt oder mit irgendwelchen Mitteln anderswo wahrnehmbar oder so zugänglich zu machen, dass Personen von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben, (lit. b) durch Radio, Fernsehen oder ähnliche Verfahren, auch über Leitungen, zu senden, sowie die gesendete Darbietung mit Hilfe von technischen Einrichtungen, deren Träger nicht das ursprüngliche Sendeunternehmen ist, weiterzusenden, (lit. c) auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger aufzunehmen und solche Aufnahmen zu vervielfältigen, (lit. d) als Vervielfältigungsexemplare anzubieten, zu veräussern oder sonst wie zu verbreiten sowie (lit. e) wahrnehmbar zu machen, wenn sie gesendet, weitergesendet oder zugänglich gemacht wird.49

[54]

Schranken bilden der Erschöpfungsgrundsatz (Art. 12 URG) und die erlaubte Nutzung zum Eigengebrauch (Art. 19 URG). Der Eigengebrauch selbst unterliegt auch wieder Einschränkungen, indem eine private Nutzung effektiv auf einen engen Bekannten- bzw. Familienkreis beschränkt ist (siehe dazu hiervor Ziff. 1.1.1.2.).

[55]

Ein Download eines privaten Nutzers aus illegalen Quellen ist derzeit in der Schweiz grundsätzlich zulässig.50 Anders verhält es sich mit dem Upload. Erfolgt der Upload zu Speicherzwecken für einen Nutzer i.S. eines Back-Ups, liegt m.E. auch eine legale Nutzung im Rahmen von Art. 19 URG vor.51 Ist jedoch ein Upload dazu gedacht, um anschliessend mittels Link die Datei(en) über die Schranken von Art. 19 URG zu verbreiten, begeht der Filesharer eine Urheberrechtsverletzung, wenn er den Link öffentlich stellt.

[56]
Der Filehoster wie auch der Hoster ermöglichen technisch das Speichern und Abrufen der Dateien. Weder laden sie selbst Inhalte bzw. Werke hoch, noch verbreiten sie diese mittels der Links. Sie nehmen damit die Rolle eines Intermediärs, d.h. eines Infrastrukturanbieters, wahr. Sie sind nicht direkter Verletzter. Zu prüfen ist deshalb, inwiefern sie zivilrechtlich auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zu reaktiven und proaktiven Massnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs ihrer Dienstleistung verpflichtet werden können.

4.1.2.

Die einzelnen Ansprüche aus Art. 62 URG ^

4.1.2.1.
Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch (Art. 62 Abs. 1 lit. a und b URG) ^
[57]
Gemäss Art. 62 Abs. 1 lit. a und b URG kann, wer in seinem Urheber- oder verwandten Schutzrecht verletzt oder gefährdet wird, vom Gericht verlangen, dass eine drohende Verletzung zu verbieten oder eine bestehende Verletzung zu beseitigen sei.
[58]
Gerade im Lichte des Entscheides TdG stellt sich die Frage, inwiefern der auf eine Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäss Art. 28 ZGB basierende, einen Blogbetreiber betreffende Fall analog für Urheberrechtsverletzungen mit Art. 62 URG herangezogen werden kann.
[59]

Das Urheberrecht ist ein absolutes Recht mit Wirkung gegenüber jedermann (erga omnes). Damit kann der Urheber jeden Dritten von einem Zugriff auf seine Rechtsposition ausschliessen.52 Inwiefern Dritte ausgeschlossen werden können, ist im URG nicht festgehalten. So hält Rey fest «der von einem absoluten Recht erfasste Schutzbereich ist nicht immer durch eine Norm zum Voraus präzise bestimmt.»53

[60]

Der Urheber kann gegen jeden mittelbaren Verletzten vorgehen. Wer ist im Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Links, der auf ein bei einem Filehoster gehosteten Files zeigt, Verletzter? Der Filehoster ist wie auch ein Blog-Betreiber nicht unmittelbarer Verletzter. Gleichwohl ist er an der Rechtsverletzung mitbeteiligt, kann diese aber unter Umständen auch nicht technisch mit noch so einem grossen Aufwand verhindern (vgl. Ziff. 1.1.1. ff. und 2.2.).

[61]

In der Lehre wird betreffend Art. 62 URG das Persönlichkeitsrecht analog herangezogen.54 Gemäss Art. 28 ZGB ist jeder an der Verletzung Beteiligte passivlegitimiert, indem «gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht angerufen» werden kann (vgl. oben Ziff. 3.2.). Im Gegensatz zu Art. 62 URG wird in Art. 28 ZGB damit ein Mitwirker explizit erwähnt. Eine explizite Nennung, dass der Rechteinhaber gemäss Art. 62 URG gegen jeden, der an der Verletzung mitwirke, einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch habe, fehlt im URG ganz eindeutig gemäss dem Wortlaut von Art. 62 URG. Vielmehr ist dort nur die Perspektive des in seinem Recht Verletzten wiedergegeben, nicht jedoch lässt sich aus dem Wortlaut von Art. 62 URG der Verletzter als Passivlegitimierter herauslesen. So fehlt es auch an höchstrichterliche Rechtsprechung zum Filehoster oder Hoster als Mitwirker gemäss Art. 62 URG).55

[62]

Ist eine Norm nicht hinlänglich bestimmt, ist sie durch Auslegung zu interpretieren. Dabei folgt das Bundesgericht dem Methodenpluralismus.56 Die grammatikalische Auslegung legt nahe, dass es nicht Wille des Gesetzgebers war, auch alle Mitwirkenden wie Gehilfen unabhängig ihrer Nähe zur Rechtsverletzung ins Recht zu fassen, da im Gegensatz zu Art. 28 ZGB auf eine Formulierung der «Mitwirkung» verzichtet wurde. Die historische Auslegung lässt zwar aufgrund der Botschaft zum URG schliessen, dass sich die Bestimmung von Art. 61 URG (heute Art. 62 URG) «im Bereich der Klageansprüche und des Verfahrensrechts [...] sowohl begrifflich wie auch systematisch auf die entsprechenden Bestimmungen des Persönlichkeitsrechts»57 [...] abstützen wollten. Dies gilt aber nicht für die Anspruchsgrundlage per se. Zieht man noch eine systematische Auslegung hinzu und vergleicht die Konzeption in Art. 28 ff. ZGB mit derjenigen von Art. 61 ff URG, so fällt auf, dass in Art. 28 ZGB zum einen der Grundsatz statuiert ist und in Art. 28a ZGB die verschiedenen Ansprüche aufgeführt werden. Die Ansprüche des Persönlichkeitsrechts gemäss Art. 28a ZGB sind damit identisch mit denjenigen gemäss Art. 62 URG. Es fehlt aber eine analoge Bestimmung zu Art. 28 ZGB wo jeder Mitwirkende in die Pflicht genommen wird. Berücksichtigt man noch das teleologische Element, so ist festzuhalten, dass es doch einen graduellen Unterschied zwischen Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Verletzung von immateriellen Gütern gibt. Bei ersterem ist der Kern einer Person betroffen, bei zweitem «nur» ein allfälliges Vermögensrecht des Betroffenen bzw. ein absolute geschütztes Rechtsgut, das aber graduell hinter dem Persönlichkeitsrecht steht.58 Es ist deshalb mehr als nur sachgerecht, dass im Sinne des URG nicht auch die Mitwirkenden erfasst werden.

[63]
Selbst wenn man eine Passivlegitimation für Intermediäre gemäss Art. 62 URG annehmen würde, gilt folgendes zu beachten:
[64]

Im Vordergrund stehen die Ansprüche aus Art. 62 Abs. 1 URG, das Verbot einer drohenden Verletzung und die Beseitigung einer bestehenden Verletzung. Das Verbot einer drohenden Verletzung gemäss lit. a kann ein bestimmtes Handeln zu unterlassen beinhalten. Würde vom Filehoster verlangt, dass er die abgemahnten Inhalte nicht mehr öffentlich zugänglich machen dürfe, so ist dies eine Forderung, die er nicht gewährleisten kann, weil ein Filesharer jederzeit den Inhalt wieder neu heraufladen kann, weil es sich um einen voll automatisierten Prozess handelt und nicht alle Dateien einen Werkstitel führen. Für den Unterlassungsanspruch bedarf es zudem einer konkreten Gefährdung, die für ihre Vollstreckbarkeit auf das Verbot eines genau umschriebenen Verhaltens gerichtet sein muss, insbesondere auf einen konkreten Link, der zu einer konkreten Datei führt.59 In der Regel ist aber im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Linkes die Verletzung bereits begangen, sie kann damit nicht mehr verhindert werden. (Vgl. dazu auch die Ausführungen unter Ziff. 4.2.4.3. Sorgfaltsmassstab).

[65]
Der Anspruch, eine Verletzung zu beseitigen, kann nur für einen konkreten Link, welcher zu einem konkreten File in einem spezifischen Zeitpunkt führt, gewährleistet werden. Da sich der Link auf einer Webseite eines Dritten befindet, kann der Filehoster diesen nicht beseitigen. Er kann zwar die Auflösung des Links auf einen Inhalt auf seinen Servern verhindern, indem er den Inhalt, d.h. die Datei, löscht. Wird aber eine neue Datei hochgeladen und betreibt der Dritte, welcher die Linkseite hostet, einen Remote Server, welcher den alten und den neuen Link miteinander verknüpft, kann eine Unterlassung für die Zukunft nicht durch den Filehoster gewährleistet werden, da dies technisch ausserhalb seines Einflussbereiches liegt und die Verletzung bereits erfolgt ist. Ebenfalls unmöglich wäre es für einen Filehoster Links zu sperren, die er selbst nicht überprüfen kann, da sie im Rahmen einer Closed User-Gruppe aufgelistet sind, zu der der Filehoster keinen Zugang hat.
[66]
Eine Verpflichtung zur Verhinderung drohender Verletzung ist deshalb oftmals nicht möglich respektive umsetzbar.
[67]
Werden die Intermediäre bzw. Infrastrukturanbieter wie (File-)Hosting-, Access-, Blog- und Suchmaschinenbetreiber völlig verschuldensunabhängig haftbar, selbst ohne Anzeigepflicht durch den Verletzten, kann die Infrastruktur ganz allgemein gesprochen nicht mehr aufrechterhalten werden.
4.1.2.2.
Auskunftsanspruch ^
[68]
Gemäss Art. 62 Abs. 1 lit. c URG ist «die beklagte Partei zu verpflichten, Herkunft und Menge der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände, die widerrechtlich hergestellt oder in Verkehr gebracht worden sind, anzugeben und Adressaten sowie Ausmass einer Weitergabe an gewerbliche Abnehmer und Abnehmerinnen zu nennen.»
[69]

Der gesetzlich geregelte Auskunftsanspruch zielt darauf ab, dem Rechteinhaber zur effektiven Durchsetzung seiner Rechtsbehelfe (Beseitigung, Unterlassung, Schadenersatz) zu verhelfen.60 Die Regelung betrifft jedoch nur körperliche Werke und wird nicht auf unkörperliche Vorgänge, wie sie insbesondere im Internet erfolgen, angewendet; insbesondere nicht erfasst wird die Bekanntgabe der Identität der Täter mittels Ermittlung der IP-Adresse.61

4.1.2.3.
Schadenersatz und Gewinnherausgabe gemäss Art. 62 Abs. 2 URG ^
[70]
Bis anhin standen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche im Vordergrund. Der Technologiewandel führt aber dazu, dass die digitalen Inhalte die anderen Datenträger wie CD-Rom, DVD, Papierdruck etc. verdrängen werden. Dies führt aufgrund der kopierbaren Natur der digitalen Inhalte dazu, dass die Rechteinhaber weniger Entgelte für ihre Urheberrechte erzielen.
[71]

Damit rückt nun auch die Frage von Schadenersatz, der Gewinnherausgabe bzw. der Abgeltung von Urheberrechtsabgaben durch die Intermediäre in den Vordergrund. Art. 62 Abs. 2 URG verweist diesbezüglich auf das Obligationenrecht. Die Haftungsvoraussetzungen sind deshalb identisch62 und es kann nachfolgend unter den Haftungsgründen nach Obligationenrecht näher darauf eingegangen werden (vgl. Ziff. 4.2.).

4.2.

Ausservertragliche Haftungsgründe nach Art. 41 OR ^

[72]
Nach der hier vertretenen Auffassung, bietet das Urheberrecht als Spezialgesetz keine genügende Anspruchsgrundlage um die zivilrechtliche Haftungsgrundlage gegen Filehoster zu begründen. Es stellt sich damit die Frage, ob nach den allgemeinen Grundsätzen des Obligationenrechts eine Haftungsgrundlage erstellt werden kann. Im Vordergrund steht hier für die vorliegende Frage der zivilrechtlichen Haftung des Filehosters das ausservertragliche Haftpflichtrecht gemäss Art. 41 ff. OR. Dabei ist relevanter Weise nach Haftungsarten zu unterscheiden, ob es sich um eine Verschuldens- oder eine Kausalhaftung gemäss Art. 41 ff. bzw. Art. 55 ff. OR handelt. Vorab ist die Kausalhaftung zu prüfen.

4.2.1.

Kausalhaftungen ^

[73]
Im Gegensatz zur Verschuldenshaftung ist bei einer Kausalhaftung, auch Erfolgshaftung genannt, ein Verschulden nicht vorausgesetzt. Grundsätzlich lässt sich die Kausalhaftung unterscheiden in eine einfache Kausalhaftung oder eine Gefährdungshaftung. Für die Kausalhaftung genügt es, wenn die übrigen Tatbestandsmerkmale (Schaden, Widerrechtlichkeit, adäquater Kausalzusammenhang) vorhanden sind, mithin ein vom Gesetzgeber typisierter Sachverhalt vorliegt.
[74]

Ein typisierter Sachverhalt liegt z.B. bei erhöhten Sorgfaltspflichten oder der Aktualisierung des mit dem Gefahrenzustand verbundenen Schädigungsrisikos bei den Gefährdungshaftungen vor.63 Gewisse dieser typisierten Sachverhalte sehen auch eine Haftung für fremdes Verhalten vor, ohne dass der Haftpflichtige den Schaden selbst verursacht hat.

[75]
Typischerweise handelt es sich bei der einfachen Kausalhaftung für fremdes Verhalten um normierte Tatbestände wie die Haftung des Geschäftsherren für seine Hilfspersonen (Art. 55 OR), Tierhalterhaftpflicht (Art. 56 OR), der Werkeigentümerhaftpflicht (Art. 58 OR), der Haftung des Inhabers eines Signaturschlüssels (Art. 59a Abs. 1 OR), der Haftung des Familienhauptes für Hausgenossen (Art. 333 ZGB), der Grundeigentümerhaftpflicht (Art. 679 ZGB) und der Haftung der Quasihersteller und/oder des Lieferanten bei der Produktehaftpflicht (Art. 2 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 des Produktehaftpflichtgesetzes [PrHG]).
[76]
Keine dieser Haftungstypen sind hier im konkreten Fall anwendbar, insbesondere besteht kein Werk i.S. von Art. 55 OR, kein Signaturschlüssel i.S. von Art. 59a OR und auch kein Produkt i.S. des PrHG.
[77]

Die Gefährdungshaftung knüpft als eine Form der Kausalhaftung dagegen an die besondere Gefährlichkeit einer Vorrichtung oder Tätigkeit an. Darunter fällt beispielsweise die Haftpflicht des Motorfahrzeughalters (Art 58 ff. des Strassenverkehrsgesetzes [SVG]), der Eisenbahnunternehmung (Art. 1 ff. des Eisenbahngesetzes [EBG]), des Luftfahrzeughalters (Art. 64 ff. des Luftfahrtsgesetzes [LFG]), des Inhabers einer elektrischen Anlage (Art. 27 ff. des Elektrizitätsgesetzes [EleG]), des Inhabers einer Rohrleistungsanlage, etc.64 Die Gefährdungshaftungen sind als Ausnahmetatbestände statuiert, «die nicht durch Analogie auf andere Sachverhalte als die gesetzlich geregelten ausgedehnt werden dürfen».65

[78]
De lege lata besteht damit keine Möglichkeit, einen Haftungstatbestand aus den verschiedenen Tatbeständen der Kausalhaftung, sei es der einfachen Kausalhaftung oder der Gefährdungshaftung, herbeizuziehen.

4.2.2.

Verschuldenshaftung ^

[79]
Bei der Verschuldenshaftung, die nach Ausschluss der Kausalhaftung als Haftungsgrundlage verbleibt, ist ein persönliches Verschulden nebst dem Schaden, dem Kausalzusammenhang und der Wiederrechtlichkeit vorausgesetzt.
4.2.2.1.
Im Allgemeinen ^
[80]

Das Verschulden ist eine rechtlich negativ zu qualifizierende Verhaltensweise, die ein Tun oder Unterlassen sein kann, welche die Ursache eines Schadens bildet.66 Das Verschulden hat eine subjektive und eine objektive Komponente. Subjektiv schuldfähig ist nur, wer gemäss Art. 16 ZGB urteilsfähig ist. Objektiv schuldfähig ist, wem Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.

[81]

Die negativ zu qualifizierende Verhaltensweise ist ein nicht pflichtgemässes Verhalten. Dieses nicht pflichtgemässe Verhalten kann nur im Zusammenhang mit der Frage der Widerrechtlichkeit beurteilt werden. Deshalb liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes67 dem Art. 41 OR die sogenannte objektive Widerrechtlichkeit zugrunde. Die Objektivierung bedeutet, dass das Verschulden des Schädigers an der Handlung oder Unterlassung nach einem objektiven Durchschnittsverhalten bemessen wird. Objektiv schuldhaft ist damit die Abweichung zum Verhalten des sorgfältigen Normalbürgers in der entsprechenden Situation.68 Je mehr das Verhalten des Schädigers vom Durchschnittsverhalten abweicht, desto grösser ist das Verschulden.69

[82]

Ein Verschulden liegt vor, wenn Vorsatz oder Fahrlässigkeit gegeben ist. Vorsätzlich ist ein Verhalten, wenn der Wille des Schädigers auf das Bewirken des Schadens gerichtet ist.70

4.2.2.2.
Vorsatz ^
[83]
Vorsatz kann Absicht, einfacher Vorsatz oder Eventualvorsatz sein. Die graduelle Unterscheidung hat nur einen Einfluss betreffend der Schadensbemessung, nicht jedoch auf die Frage des Verschuldens. Während einem Filehoster weder Absicht, noch einfacher Vorsatz vorgeworfen werden kann, stellt sich die Frage, wie es mit dem Eventualvorsatz aussieht.
[84]
Wer ein Filehosting-Angebot etabliert, richtet sein Handeln nicht auf die gewollte Verletzung von Urheberrechten. M.E. können auch allfällige Kundenbenefits wie eine erhöhte Speicherkapazität bei mehr Downloads oder bei Verknüpfung mit meinen Social Media Konto auch keinen Eventualvorsatz begründen. Wer Messer herstellt, nimmt schliesslich auch nicht in Kauf, dass damit nicht nur Fleisch geschnitten wird, sondern einem Menschen das Leben genommen werden könnte. Die Frage ist deshalb, worauf sich der Eventualvorsatz zu richten hat. Ist der Fokus des Filehosters, mehr Speicherplatz zu verkaufen und bewirbt er v.a. die technischen Vorzüge seines Angebotes, so kann kein Eventualvorsatz vorliegen. Anders könnte dies nur dann beurteilt werden, wenn der Filehoster damit wirbt, dass man durch sein Angebot von Speicherkapazität urheberrechtlich geschützte Werke verbreiten kann.
4.2.2.3.
Fahrlässigkeit ^
[85]
Mit Zunahme der Rechtsverletzungen stellt sich jedoch m.E. die Frage, mit was der Filehoster nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu rechnen hat bzw. welche Sorgfalt von ihm zu erwarten ist. Damit bewegt man sich jedoch nicht mehr beim Eventualvorsatz, sondern bei den Begrifflichkeiten der Fahrlässigkeit. So hat z.B. Beispiel RapidShare nach Häufung der Vorfälle einen In-House Counsel eingestellt, die Rapids für erhöhte Downloads abgeschafft sowie ein Notice & Take Down-Verfahren errichtet. Später hat RapidShare sodann ein Monitoring-System für das proaktive Suchen von Links auf Drittseiten errichtet.
[86]
Eine Fahrlässigkeit kann einem Schädiger vorgeworfen werden, wenn unter den gegebenen Umständen die erforderliche Sorgfalt missachtet wird. Sorgfaltspflichten ergeben sich in erster Linie aus gesetzlichen Normen sowie aus anderen allgemein anerkannten Verhaltensregeln. Der Massstab der Sorgfalt richtet sich dabei nach dem hypothetischen Verhalten eines durchschnittlich sorgfältigen Menschen in der Situation des Schädigers. Als ungeschriebene Verhaltenspflichten sowie auch als Gradmesser des Verhaltens des sorgfältigen Normalbürgers kommen nach dieser Theorie auch anerkannte Standards, wie z.B. der Simsa Code of Conduct Hosting, der anfangs 2013 erlassen wurde, in Betracht.71
[87]
Nach dem Simsa Code of Conduct Hosting wird ein sogenanntes Notice & Takedown-Verfahren etabliert. Gemäss dessen Ziff. 7.1 kann ein Hoster Inhalte entfernen, wenn eine beim Hoster eingegangene Notice die formellen und materiellen Voraussetzungen vollständig erfüllt und die Notice mit hoher Wahrscheinlichkeit unzulässige Inhalte betrifft, für die der Hosting-Provider selber strafrechtlich verantwortlich oder zivilrechtlich haftbar gemacht werden kann. So kann der Hosting-Provider nach eigenem Ermessen ganz oder teilweise die Inhalte sperren, bis die Angelegenheit zwischen den betroffenen Personen oder durch Gerichte und Behörden geklärt ist. Dazu muss die Notice, d.h. die Meldung, formell und materiell genügend bestimmt sein. Die Branche hat auch festgelegt, dass es keine allgemeine proaktive Überwachungspflicht von Inhalten gibt, da der Hostingprovider – wie auch ein Filehoster – nur Infrastruktur zur Verfügung stellt.72
[88]
Aufgrund des Simsa Code of Conduct kann m.E. keinem Hoster oder Filehoster eine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn er proaktive Massnahmen unterlässt oder auch reaktiv gewisse Dateien bzw. Webseiten nicht entfernt, bei denen eine Rechtverletzung nicht erhärtet ist. Bleibt es doch in letzter Konsequenz immer im Ermessen des Hosters, den Zugang zu Inhalten zu sperren oder nicht.
[89]

Als ungeschriebene Verhaltenspflicht wird sodann auch der Gefahrensatz herbeigezogen. Nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung und Lehre ist der Gefahrensatz beim Verschulden und nicht bei der Widerrechtlichkeit zu prüfen.73 Der Gefahrensatz besagt, dass derjenige, der – wenn auch aus einer erlaubten Handlung heraus – einen Zustand aufrecht erhält oder schafft, der einen anderen schädigen könnte, verpflichtet ist, die zur Vermeidung eines Schadens erforderlichen und zumutbaren Schutzmassnahmen zu treffen.74 Damit handelt es sich um eine eigentliche Verkehrssicherungspflicht.75 Ein gefährlicher Zustand liegt insbesondere dann vor, wenn angesichts der erkennbaren, konkreten Gegebenheiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts besteht. Wird der Gefahrensatz verletzt, so liegt ein Verschulden des Schädigers vor.

[90]

Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist der Gefahrensatz auch heranzuziehen, wenn der Kausal- bzw. der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer Unterlassung und dem eingetretenen Schaden zu beurteilen ist.76 Ist dieser erstellt, begründet die Verletzung des Gefahrensatzes das Verschulden.

[91]

Die Frage des Verschuldens kann daher beim Verschulden nicht abschliessend beantwortet werden, ohne auch die Frage des Kausal- und Rechtswidrigkeitszusammenhangs zu beurteilen (vgl. Ziff. 4.2.3. und Ziff. 4.2.4.).

4.2.3.

Widerrechtlichkeit ^

[92]

Eine Schadenszufügung ist dann widerrechtlich, wenn sie gegen eine allgemeine gesetzliche Pflicht verstösst, indem entweder ein absolutes Recht des Geschädigten beeinträchtigt wird (Erfolgsunrecht) oder ein Verstoss gegen eine besondere Schutznorm vorliegt (Verhaltensunrecht).77 Rohn hält dafür, dass nur letzteres massgebend sein kann, also nicht der Verletzungserfolg entscheidend ist, sondern nur die objektive Bewertung des schadensverursachenden Verhaltens massgebend ist, unabhängig vom Erfolgseintritt.78 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, zumal das Bundesgericht auch weiterhin vom Grundsatz des Erfolgs- oder Verhaltensunrecht ausgeht.79

[93]

Zu den absolut geschützten Rechtsgütern im Zusammenhang mit der Erfolgsunrechtshaftung gehören u.a. auch die Immaterialgüterrechte wie das Urheberrecht.80 Die Herleitung einer Widerrechtlichkeit ist aber gerade im Schweizerischen Urheberrecht gestützt auf die Schrankenbestimmungen schwierig, insbesondere gerade beim Download von raubkopierten Inhalten, da deren Verwendung im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 lit. a URG für den Eigengebrauch zulässig ist. Nur ausserhalb der Schrankenbestimmung wird das Schweizerische Urheberrecht durch den Filesharer verletzt, indem er einen Link und damit ein geschütztes Werk verbreitet. Nur dann kann sich in der Folge auch der Filehoster gegebenenfalls zivilrechtlich verantwortlich machen. 81

[94]

Während positive, ein geschütztes Rechtsgut beeinträchtigende Handlungen ohne weiteres rechtswidrig sind – soweit kein besonderer Rechtfertigungsgrund vorliegt –, setzt die Rechtswidrigkeit einer Unterlassung voraus, dass gegen eine spezifische Rechtspflicht zur Abwendung des drohenden Verletzungserfolges verstossen wurde.82 Eine solche Rechtspflicht bzw. Norm ergibt sich aus der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsordnung, unabhängig ob es sich um geschriebene oder ungeschriebene Normen aus dem Privatrecht, Verwaltungs- oder Strafrecht handelt.83

[95]

Besteht eine Handlungspflicht i.S. des Gefahrensatzes und wird diese durch Unterlasen verletzt, so ist zu prüfen ob der Kausal- und Rechtswidrigkeitszusammenhang erstellt ist. Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichts begründet der Gefahrensatz die Widerrechtlichkeit nicht.84 Eine weitere Handlungspflicht kann sich aus der Strafbestimmung des URG ergeben. Wer nämlich ein Werk veröffentlicht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft (Art. 67 Abs. 1 URG). Dies bedingt eine Gehilfenschaft im strafrechtlichen Sinne, welche wiederum Vorsatz bedingt (vgl. oben Ziff.  5.).

[96]
Das Angebot eines Filehosters per se ist nicht widerrechtlich, stellt er doch eine Infrastruktur für den rechtmässigen Austausch von Files zur Verfügung, welche im Regelfall nicht Urheberrechte Dritter verletzen. Er schliesst in seinen AGB i.d.R. die rechtswidrige Nutzung aus und entfernt reaktiv ihm angezeigte Rechtsverletzungen ohne weiteres.
[97]
Die Frage geht aber weiter: Muss ein Filehoster auch zukünftige Rechtsverletzungen unterbinden, bevor sie geschehen? Unternimmt ein Filehoster bereits mehr als was in der Branche üblich ist, indem er bereits proaktiv nach Rechtsverletzungen ausserhalb seines Einflussbereiches, mithin auf Linklisten Dritter, nach Rechtsverletzungen sucht, um dann drohende Rechtsverletzungen indirekt durch seinen Dienst zu entfernen, so verhält er sich über dem objektiven Durchschnittsverhalten durchaus als sorgfältig. Ihm kann damit m.E. kein Verschulden bzw. keine Widerrechtlichkeit zugerechnet werden.
[98]

In der Literatur werden für die Haftungsgrundlagen von Hosting-Providern unter anderem folgende Kriterien angeführt: die Nähe zur unmittelbaren Rechtsverletzung, die Kausalität, die Adäquanz, die Kontrollmöglichkeit des Hosting-Providers, der erzielte Profit, die Kenntnisnahme von der Rechtsverletzung, eine Sorgfaltspflichtverletzung, die Anstiftung und Förderung, ein verursachter Schaden sowie die Kosten der Verhinderung durch den Hosting- bzw. Filehoster.85

[99]
Von diesem Wunschkatalog bzw. diesen für den Gesetzgeber zur Legiferierung einer Providerhaftung möglichen Kriterien sind aber die derzeitigen rechtlichen Kriterien aufgrund der bestehenden Haftungsnormen zu unterscheiden.
[100]

Als Infrastrukturanbieter ist der Filehoster nicht derjenige, welcher die Rechtsverletzung direkt begeht, sondern er ist nur an der Rechtsverletzung durch seinen Kunden beteiligt und damit allenfalls als Teilnehmer oder mittelbarer bzw. indirekter Verletzter qualifiziert.86

[101]

Ob nun ein genügender Kausalitäts- und Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht und der Gefahrensatz erfüllt ist, ist damit bei der Kausalität zu prüfen (Ziff. 4.2.4.).

4.2.4.

Kausalität ^

4.2.4.1.
Natürlicher Kausalzusammenhang ^
[102]

Die natürliche Kausalität (conditio sine qua non) wird bei Unterlassungshandlungen mittels einer Hypothese erstellt. Danach wäre ein Schaden bei Vornahme der rechtlich gebotenen, auf dem Gefahrensatz beruhenden Handlung nicht eingetreten, wäre die Handlung nicht unterlassen worden.87 In Wirklichkeit wird damit kein «natürlicher», sondern ein normativer Zusammenhang hergestellt.

[103]

Beim reaktiven Verhalten des Filehosters – der Beseitigung von bestehendem Inhalt ist die Unterlassung der Beseitigung als Tatbeitrag des Filehoster ohne weiteres «Conditio sine qua non». So kann z.B. ein Hostingprovider und analog der Filehoster nicht einwenden, dass die zu beurteilende Urheberrechtsverletzungen sich auch ohne sein technisches Bereithalten der Dateien ereignet hätte, weil die urheberrechtlich geschützten Inhalte alsdann auf andere Netzrechner geladen bzw. von dort bezogen worden wären.88

[104]

Bei den für eine Gewährleistung einer Unterlassung einer zukünftigen Rechtsverletzung notwendigen proaktiven Massnahmen dagegen, kann der natürliche Kausalzusammenhang m.E. nicht erstellt werden. Sucht nämlich der Filehoster nur die eigene Infrastruktur nach Dateien ab bzw. unterlässt er dies, kann er das Problem der zukünftigen Rechtsverletzung von erst in Zukunft veröffentlichten Links nicht beheben, da er dannzumal noch nicht beurteilen kann, ob ein Link überhaupt veröffentlicht wurde oder nicht bzw. ob es überhaupt zu einer Rechtsverletzung kommen wird.

4.2.4.2.
Adäquater Kausalzusammenhang ^
[105]
Wie wir bereits beim natürlichen Kausalzusammenhang gesehen haben, kann für die Beseitigung ein natürlicher Kausalzusammenhang erstellt werden, wenn die Beseitigung unterbleibt, nicht dagegen für die Unterlassung einer zukünftigen Rechtsverletzung. Für die Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzung dagegen ist zu prüfen, ob ein mitursächlicher Beitrag zur Rechtsverletzung besteht, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eintritt, wenn der Filehoster die Sorgfaltspflichten, die ihm der Gefahrensatz überbindet unterlässt.
[106]

Bei der Anwendung des Gefahrensatzes setzt man voraus, dass das Angebot des Filehosters eine Gefahr darstellt. Setzt man die rechtmässige Nutzung ins Verhältnis der illegalen Nutzung des Angebotes eines Filehosters erkennt man bald, dass die rechtmässige Nutzung überwiegt.89 Beim Gefahrensatz ist massgebend, ob überhaupt die unterlassene Handlung zum Nichteintritt eines Erfolges geführt hätte. Kann nämlich in einem Schadenfall niemandem der Vorwurf einer rechtswidrigen Unterlassung gemacht werden, so hat ein Geschädigter selbst dann den Schaden selber zu tragen, wenn er in einem absoluten Recht verletzt worden ist.90

[107]

Zu beachten ist, dass «die bei der Adäquanz charakteristische objektive-nachträgliche Prognose bereits bei der Beurteilung der Frage einfliesst, ob pflichtgemässes bzw. sorgfältiges Verhalten den Verletzungserfolg nach überwiegender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Der Adäquanz kommt damit keine eigenständige Bedeutung mehr zu.91

[108]
Normalerweise ist die Nutzung von Filehostingdiensten für die legale Nutzung gedacht. Das Filehosting-Angebot ist per se damit nicht rechtswidrig. Dies hat auch der deutsche BGH festgehalten. So ist es nicht der Filehoster, der urheberrechtlich geschützte Inhalte auf seine Infrastruktur hochlädt oder diese öffentlich zugänglich macht, indem er den Link auf Webseiten Dritter – den sogenannten einschlägigen Linkssammlungen – publiziert. Es ist der Filesharer. In erster Linie ist damit der Filesharer rechtlich für sein Handeln verantwortlich und haftbar.
4.2.4.3.
Sorgfaltsmassstab ^
[109]
Muss der Filehoster über die eigene Infrastruktur hinaus proaktive Massnahmen treffen damit er Sorgfaltsbeweis erbringen kann? Muss er insbesondere sogenannte einschlägige Linkseiten aktiv durchsuchen, wie der BGH ihn dazu verpflichtet, sofern er denn zur Anwendung kommt?92
[110]
Der Sorgfaltsmassstab hat sich einerseits nach den objektiven Umständen und andererseits, in subjektiver Hinsicht nach den persönlichen Verhältnissen zu richten.
4.2.4.3.1.
Objektive Kriterien ^
[111]
Zu den objektiven Umständen gehören zum einen die riesigen Datenberge, die ein Filehoster auf seiner Infrastruktur speichert. Es kann dem Filehoster grundsätzlich keine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn er nicht erkennt, dass Werke auf seiner Infrastruktur gespeichert sind, welche nicht legal genutzt bzw. mit veröffentlichtem Link illegal verbreitet werden. In Einzelfällen kann es für einen Hostingprovider, nicht jedoch für den Filehoster, aufgrund eigener Wahrnehmungen z.B. im Rahmen der Vertragsschliessung mit dem Content-Provider möglich sein, an der legalen Nutzung der Speicherkapazität durch den Content-Provider berechtigte Zweifel zu hegen.
[112]
Zum anderen gehört zu den objektiven Umständen auch, dass die Veröffentlichung nicht im Machtbereich des Filehosters liegt (im Gegensatz dazu beim Hoster). Der Filehoster kann nur die Dateien, welche auf seinen Server bzw. seiner Infrastruktur gehostet sind, entfernen und damit den Link den Inhalt entzieht.
[113]
Eine Datei kann technisch von einer anderen nur anhand ihres Formates und ihres Titels unterschieden werden. Dies auch nur dann, wenn bereits bestehende Filter vorhanden sind und eingesetzt werden. Damit ein Filter zuverlässig ist, müssen die richtigen Suchbegriffe manuell eingegeben werden (z.B. Film- oder Musiktitel). Es stellt sich nun die Frage, ob ein Filehoster einen solchen Filter betreiben muss und falls ja, welche Suchbegriffe aufzunehmen sind. Bei letzterem kann es wohl nur so weit gehen, als dass der Filehoster diejenigen Begriffe aufzunehmen hat, für die er abgemahnt wurde, d.h. eine konkrete Notice erhalten hat in Punkto Werktitel. Was ist aber, wenn der Dateiname nicht identisch ist mit dem Film-/Musiktitel? Findet nun der Filehoster auf seiner Infrastruktur abgemahnte urheberrechtlich geschützte Werke, darf er sie einfach so entfernen? M.E. ganz klar nein, denn die Widerrechtlichkeit kommt erst im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Links zustande.93
[114]
Im Unterschied also zu einem Hoster, verwirklicht sich die Veröffentlichung nicht durch Zutun des Hosters, sondern durch die Linksetzung des Filesharers. Diejenigen Linklistenanbieter, welche gewerbsmässig Urheberrechte verletzten, schalten neuerdings zwischen dem bestehenden Link und der neuen Datei mit einem neuen Link einen Remote Server, der den alten bestehenden Link auf den neuen bzw. den neuen Standort der Datei weiterleitet. Damit wird es einem Filehoster unmöglich, einerseits dies systemisch, z.B. durch entsprechende technische Massnahmen zu erfassen und die grossen Mengen, die sich dabei ansammeln, zu bearbeiten und andererseits kann er dies auch nur dann manuell tun, wenn er jede einzelne Datei herunterlädt und beim Download den neuen Link zu sehen bekommt. Der Filehoster ist deshalb jeweils nicht in der Lage zu gewährleisten, dass er es unterlässt, den alten Link funktionsunfähig zu machen, auch wenn er die alte Datei beseitigt hat, weil der alte Link nun auf eine neu hochgeladene Datei zeigt. Zudem werden die Linkseiten immer öfter als Closed User-Gruppen geführt. Der Filehoster hat damit keine Möglichkeit (mehr), Linklisten proaktiv abzusuchen, weil ihm i.d.R. aufgrund seiner IP-Adresse der Zugang verwehrt wird.
[115]
Der Filehoster hat damit technisch keine Möglichkeit, diese Veröffentlichung für die Zukunft zu verhindern und damit die Verletzung zu unterlassen. Er kann nur eine bestehende Rechtsverletzung schnell beseitigen. Er kann mit dieser Massnahme nicht auch zukünftige Rechtsverletzungen unterbinden, da sie sich bereits im Moment der Veröffentlichung des Linkes realisiert haben.
[116]
Im Grundsatz ist es die Aufgabe der Rechteinhaber Rechtsverletzter aufzuspüren d.h. Filesharer, welche ihre Links auf Webseiten von Linklistenanbieter veröffentlichen und damit das Werk verbreiten. Würde man von den Filehostern verlangen, dass sie diese Aufgabe übernehmen, müsste dies lückenlos sein. Dies kann aufgrund der Grösse des Internet nicht gefordert werden. M.E. ist bereits das Durchsuchen von einschlägigen Linklisten hinfällig. Nimmt nämlich der Rechteinhaber diese Aufgabe zum Schutz seiner immateriellen Güter war und mahnt er den Filehoster ab, ist das zusätzliche Monitoring des Filehosters überflüssig.
[117]
Die proaktiven Massnahmen zur Unterlassung von zukünftigen Rechtsverletzungen sind demnach aus zweierlei Beweggründen nicht kausal: Zum einen, weil sie nur eine erfolgte Rechtsverletzung aufdecken können und zum anderen, weil es eigentlich die Aufgabe der Rechteinhaber ist, nach Rechtsverletzungen zu suchen, um ihre Rechte wahren zu können.
[118]

Der Filehoster muss unbestrittener massen reaktiv handeln und Mitteilungen aus qualifizierter Quelle94 entgegennehmen. Dazu haben die seriösen Anbieter ein funktionierendes Notice & Take Down Verfahren implementieren.

[119]
Als weiteres objektives Kriterium kann das Geschäftsmodell eines Filehosters per se hinzugezogen werden. Dabei stellt sich die Frage, ob der Filehoster nicht darauf vertrauen darf, dass sein Angebot entsprechend seinen AGB rechtskonform genutzt wird. Ich meine, dass er darauf abstützen darf. In der Regel zielt sein Geschäftsmodell auf den Verkauf von Speicherkapazität, die widerrechtliche Nutzung ist eine ungewünschte Begleiterscheinung, der er reaktiv zu begegnen hat.
[120]
Zwar stellt der Filehoster die Infrastruktur zur Verfügung – das Messer – nicht jedoch eine Gebrauchsanleitung, wie damit Menschen zu töten sind und dass dies dann auch zu tun wäre.
[121]

Aus folgenden Gründen kann diese Auffassung vertreten werden: Nur der Urheber kann bestimmen, wie ein Werk genutzt werden darf (Art. 10 URG) (vgl. Ziff. 4.1.1.  Haftungsgründe URG/Allg.), mit Ausnahme der Schrankenbestimmungen gemäss Art. 19 URG. Grundsätzlich ist der Filehoster ein Infrastrukturanbieter und damit ein Dritter im Sinne von Art. 19 Abs. 3 URG. Er ermöglicht wie der Hersteller von Kopiermaschinen, dass Daten gespeichert und vervielfältigt werden können. Er ist in diesem Sinne nur Hilfsperson und nimmt selbst keine Vervielfältigungen vor.95 Von Gesetzes wegen, ist er entsprechend gemäss Art. 20 Abs. 2 URG nur dann entschädigungspflichtig für Urheberrechtsabgaben, wenn er selbst Vervielfältigungen vornimmt. Dies ist beim Modell des Filehosters wie bei allen Cloud-Infrastrukturdiensten eben gerade nicht der Fall.96 Die Veranlassung zum Upload erfolgt vom Nutzer allein. Der Filehoster steuert dabei nichts hinzu. Bei der Kopie, welche hochgeladen wird, handelt es sich um eine Vervielfältigung, die i.d.R. durch den Eigengebrauch gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a URG abgedeckt ist. Erst beim Download, welcher durch den Dritten verursacht wird, d.h. durch denjenigen, der den Link auf einer öffentlichen Webseite nutzt, liegt eine Vervielfältigung im juristischen Sinn vor. Damit wird derjenige entschädigungspflichtig, welcher die Datei herunterlädt. Handelt es sich dabei um einen persönlichen Gebrauch i.S. von Art. 20 Abs. 1 URG, ist das Download entschädigungslos möglich und die Nutzung bzw. Verbreitung durch den Eigengebrauch gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a URG legal.

[122]
Eine Haftung für eine Urheberrechtsverletzung von Nutzern des Filehosters kommt in der Schweiz deshalb nur dort in Betracht, wo es sich um eine Nutzung ausserhalb der Schrankenbestimmung des Art. 19 URG (und anderer, z.B. noch kein Ablauf der Schutzfrist) handelt, mithin der Filesharer illegal Dateien veröffentlicht.
[123]
Dies ist der Fall, wo keine private Nutzung vorliegt, weil ein Filesharing nicht unter sich eng verbundener Personen, mithin Verwandten oder Freunden, stattfindet, sondern einem grösseren Kreis (i.d.R. der Allgemeinheit) zur Verfügung bzw. in der Terminologie des URG «verbreitet» wird. Dies gilt auch immer nur unter der Prämisse, dass es sich um ein fremdes Werk handelt – eigene Werke oder Werke, deren Rechte man inne hält, dürfen mit der ganzen Welt geteilt werden. Bei allen Geschäftsmodellen von Filehostern hat der Filehoster es nicht in der Hand, ob der Nutzer das File bzw. den Link nur einem privaten Kreis oder eben der Allgemeinheit zur Verfügung stellt.
[124]

Darüber hinaus ist die Nutzung im schulischen oder geschäftlichen Kontext nicht erlaubt, wenn es sich insbesondere um ganze Werke handelt, die im Handel erhältlich97 sind, es sei denn, es handle sich um käuflich erworbene Werke mit entsprechenden Nutzungsbedingungen. Erlaubt ist insbesondere das Erstellen von Sicherheitskopien von rechtmässig erworbenen Werken entsprechend der vereinbarten Nutzungsbestimmung, auch z.B. in der Cloud.98

[125]
Befindet sich nun auf der Infrastruktur des Filehosters eine urheberrechtlich geschützte Datei, kann dieser i.d.R. nicht beurteilen, ob dieses File nun im Rahmen der Schrankenbestimmung verwendet wird oder nicht. Insbesondere könnte er ohne die Grundrechte zu verletzen m.E. nicht ohne weitergehende Prüfung den Inhalt löschen. Damit ist die Unterlassung einer zukünftigen Rechtsverletzung ein nicht realisierbares Unterfangen.
4.2.4.3.2.
Subjektive Kriterien ^
[126]

Zu den subjektiven Umständen gehört der Vorsatz und die Fahrlässigkeit (vgl. dazu oben Ziff. 4.2.2.1.). Wie wir gesehen haben, kann einem Filehoster m.E. maximal Eventualvorsatz oder Fahrlässigkeit angelastet werden, wenn überhaupt. Immerhin wird von Hosting-Providern gefordert, dass sie Stichproben machen, um sich nicht dem Vorwurf einer (eventual-) vorsätzlichen Gehilfenschaft im Sinne des Strafrechts auszusetzen.99 Immer dann kommt aber die Sorgfaltspflicht zum Tragen, wenn der Provider eine Notice zum Take Down erhalten hat. Diese muss «konkret und gleichermassen verlässlich»100 sein, das heisst genügend präzisiert und entweder durch ein Urteil bestätigt oder von der Strafverfolgungsbehörde angeordnet worden sein. Für gewisse Quellen genügt es jedoch, wenn die verlässliche Quelle nicht eine Strafverfolgungsbehörde ist, sondern ein Rechteinhaber.

[127]
Die Abmahnung bzw. Notice des Geschädigten an den Filehoster zur Beseitigung eines Werkes muss deshalb nicht nur den Film- bzw. Musiktitel beinhalten, sondern gleichzeitig auch aufzeigen, dass dieser ausserhalb der Schrankenbestimmung nach Schweizer Recht (URG) verwendet wird, mithin öffentlich zugänglich gemacht wurde. Dazu wäre auch der entsprechende direkte Link mitzuliefern. Hier sind wir aber damit im Bereich der Beseitigung. Eine Unterlassung im Zusammenhang mit der Beseitigung kann insbesondere nur dann vorliegen, wenn der Filehoster Kenntnis erlangt hat, d.h. eine inhaltlich genügende Notice erfolgte und er schuldhaft mit einer gewissen Weigerung den Inhalt nicht beseitigt hat. Dies ist in den seltensten Fällen gegeben.
[128]
Eine Adäquanz kann deshalb in aller Regel nicht erstellt werden. Eine Unterlassung zukünftiger Urheberrechtsverletzung kann sich nur auf ein Werk mit dem entsprechenden Link beziehen. Wird ein Werk erneut hochgeladen mittels Link verbreitet, nachdem der Filehoster das Werk unter dem «alten» Link beseitigt hat, hat sich der Tatbestand bereits wieder neu realisiert. Dies kann auch durch eine Handlung des Filehosters nicht verhindert werden, da es sich um vollautomatische Prozesse handelt und Dateien nur beschränkt auf deren Inhalt hin filterbar sind. Damit sind Unterlassungsklagen in diesem Kontext wirkungslos.
[129]
Das einzige, was ein Filehoster tun kann, ist einen effektiven Mechanismus für die Beseitigung von Urheberechtsverletzungen zu schaffen. Insofern kann dem Filehoster m.E. zugemutet werden, dass er seine Nutzer nur zu seinem Dienst zulässt, wenn sie sich registrieren. Ausserdem kann der Filehoster bei systemischen Verstössen gegen seine Nutzungsbedingungen oder AGB’s Strafanzeige gegen diejenigen, welche sein Angebot systematisch für Rechtsverletzungen ausnutzen, einreichen. Dies bedingt aber zum einen, dass der Filehoster selbst nicht unter Generalverdacht steht und zum anderen ein grosses technisches Verständnis auf Seiten der Staatsanwaltschaft. Dass der Filehoster selbst ein Monitoring von Webseiten Dritten bzw. von Social Media-Kanälen betreiben muss, kann aus dem obigen gesagten nicht gefordert werden. Im Rahmen des Monitorings lassen sich nur bereits begangene Rechtsverletzungen beseitigen.
[130]
Damit fällt eine Verschuldenshaftung gemäss Art. 41 OR im Zusammenhang mit proaktiven Massnahmen d.h. der Unterlassung mangels Kausalitäts- bzw. Rechtswidrigkeitszusammenhang und in der Folge mangels fehlendem Verschulden klar ausser Betracht und der Argumentation, die sich auf den Gefahrensatz stützt, nämlich dass ein Hosting-Provider mit dem Bereitstellen des Servers eine Plattform für die Verbreitung rechtsverletzender Inhalte schafft und eine Möglichkeit für unbefugte äussere Einwirkungen eröffnet, kann nicht gefolgt werden.
[131]
Hingegen muss der Filehoster einen Prozess für eine reaktive Beseitigung (Notice 8 Take Down) implementiere. Unterlässt der Filehoster dies bzw. unterlässt er eine Reaktion auf konkrete Notices, ist ein adäquater Kausalzusammenhang aus dem Gefahrensatz erstellt, die Widerrechtlichkeit und ein Verschulden vorliegend.
[132]

Der Vollständigkeit halber ist zu prüfen, ob überhaupt ein Schaden entsteht (vgl. dazu Ziff. 4.2.5. nachfolgend).

4.2.5.

Schaden ^

[133]
Der Schaden eines Rechteinhabers besteht in einer Minderdisposition seines Vermögens, nämlich dem Umstand, dass er durch die illegale Verbreitung seines Werkes weniger Urheberrechtsabgaben erzielt. Nebst dem Bestand des Schadens ist auch die Höhe des Schadens zu beweisen.
[134]

Der Bestand eines Schadens zu belegen ist wohl schwierig, weil nicht gesichert ist, dass derjenige, welcher gratis Werke nutzt, diese ansonsten bezahlt hätte und der Linklistenanbieter effektiv Verwertungsabgaben entrichtet hätte.101 Eine Minderdisposition ist in solchen Fällen dann auch nicht auszumachen.

[135]

Betreffend der Höhe des potentiellen Schaden ist vom Geschädigten grundsätzlich der Schaden ziffernmässig nachzuweisen (Art. 42 Abs. 1 OR). Ist das nicht möglich, ist der Schaden vom Richter «mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge» abzuschätzen (Art. 42 Abs. 2 OR). Diese Bestimmung bezieht sich sowohl auf das Vorhandensein wie auf die Höhe des Schadens. Dieser gilt als erwiesen, wenn sich genügend Anhaltspunkte ergeben, die geeignet sind, auf seinen Eintritt zu schliessen. Der Schluss muss sich mit einer gewissen Überzeugungskraft aufdrängen.102

[136]
Bei Immaterialgüterrechten haben sich für die Schadensberechnung die folgenden Methoden herauskristallisiert: nämlich i) der Nachweis des effektiven oder direkten Schadens, ii) die Lizenzanalogie und iii) der Analogieschluss aus dem Gewinn des Verletzers.
[137]
Der Nachweis des effektiven oder direkten Schadens erfolgt durch den Beleg eines entgangenen Gewinns. Dies ist insbesondere nur dann möglich und sinnvoll, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Auftauchen von illegal verbreiteten Werken auf dem Markt zu einem Umsatzeinbruch bei den Urhebern führt. Dieser Beweis ist für ein einzelnes Werk eher schwierig zu erbringen.
[138]
Eine Schadensbezifferung anhand der Methode der Lizenzanalogie bedeutet, dass der Verletzter dem Schutzrechtsinhaber Schadenersatz in der Höhe der Vergütung, die beim Kauf der Werke angefallen wären, zu leisten hat. Die Schwierigkeit dieser Methode im urheberrechtlichen und diesem Beitrag zugrundeliegenden Kontext besteht darin, die Anzahl der Downloads zu ermitteln.
[139]
Die Dritte Methode des Analogieschluss der Berechnung des Schadens aus dem Gewinn des Verletzers legt die Vermutung zugrunde, dass es dem Schutzrechtsinhaber möglich gewesen wäre, einen gleichen Gewinn wie der Verletzter zu erwirtschaften. Nach gefestigter Rechtsprechung handelt es sich dabei um einen Sonderfall der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 423 OR). Die Gewinnherausgabe ist genau genommen nicht Ersatz für einen Schaden des Rechteinhabers, sondern Herausgabe der dem auftragslosen Geschäftsführer entstandenen Vorteile.103 Diese Methode ist sodann einzig eine Schadensbemessungsmethode. Sie dient nicht zum Beweis eines Schadens.
[140]
In der Summe wird der Schaden i.d.R. schwierig zu belegen sein, da nicht erstellt ist, dass der Nutzer dem Rechteinhaber ein Entgelt bezahlt hätte.

4.3.

Gehilfenschaft gemäss Art. 50 OR ^

[141]

Die Haftung für Mittäter richtet sich nach der Lehre zum URG nach Art. 50 OR.104 Referenziert wird dabei i.d.R. auf BGE 101 II 106, welcher sich jedoch noch auf das alte URG abstützte. Dieses sah in Art. 42 URG vor, dass zivilrechtlich verfolgbar sei, wer in Verletzung des Urheberrechts u.a. «ein Werk durch irgendein Verfahren wiedergibt (lit. a) oder Exemplare eines Werkes verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt (lit. b)».

[142]

In Betracht kommt die Gehilfenschaft, welche gegeben ist, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig die rechtswidrige Handlung eines anderen fördert. Fraglich ist es, ob bei analoger Anwendung des Art. 50 OR auf Art. 62 URG das vorausgesetzte (gemeinsame) Verschulden auch für die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche erforderlich ist. Gemäss Bühler müsse dies zugunsten der Kohärenz verneint werden.105 Damit würde aber gerade die analoge Anwendung durchbrochen und ein Wunsch-Tatbestand kreiert. M.E. ist ein Verschulden im Interesse der Deliktsferne notwendig. Wie wir unter Ziff. 4.2.2. hiervor gesehen haben, kann sich eine Fahrlässigkeit höchstens aus dem Gefahrensatz ergeben. Auch dieser beruht auf der Annahme, dass es eines natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhanges bedarf, welcher gestützt auf die Ausführungen hiervor gem. Ziff. 4.2.4. ff. nicht vorliegt. Damit ist die zivilrechtlich Gehilfenschaft des Filehosters und spezifisch für Urheberrechtsverletzungen ausgeschlossen.106

4.4.

Gewinnherausgabe nach Art. 423 OR ^

[143]

Das URG verweist in Art. 62 Abs. 2 URG auch auf die Möglichkeit der Herausgabe des Gewinns entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag nach Art. 419 ff. OR sofern eine Urheberechtsverletzung gegeben ist. Es handelt sich dabei um einen reparatorischen Anspruch des Verletzten aus dem Urheberrecht, der zu den Ansprüchen aus Schadenersatz und ungerechtfertigter Bereicherung hinzutritt, sofern dabei kein mehrfacher Ersatz aus derselben Schadensposition resultieren würde.107

[144]

Kann damit der Rechteinhaber durch die unrechtmässige Nutzung seines/seiner Werke/s durch den Filehoster/Linksetzer einen Gewinnherausgabeanspruch gegen den Filehoster aus Art. 62 Abs. 2 i.V.m. Art. 423 OR geltend machen? Eine Geschäftsanmassung liegt etwa dann vor, wenn mit entwendeten Aufnahmen eines Fotomodells ein Gewinn erwirtschaftet wird, den durch eigene Verwertung das Model hätte erzielen können.108

[145]

Wie bereits erwähnt (oben Ziff. 1.1.1.1.), stellt der Filehoster seinen Nutzern lediglich den benötigten Speicherplatz zur Verfügung. Daraus ergibt sich, dass der Filehoster höchstens mittelbar am Vertrieb der rechtsverletzenden Werke beteiligt wäre. In diesem Sinne kann der Filehoster auch nicht als «Geschäftsführer» i.S.v. Art. 423 OR betrachtet werden, der durch die Veröffentlichung der Werke Gewinn erzielt. Der Filehoster erzielt auch keinen direkten Gewinn aus der illegalen Verwendung der Werke, da er lediglich an der Zurverfügungstellung des Speicherplatzes verdient und somit nicht am illegalen Vertrieb der Werke109 – der Gewinn fliesst dem Linkseitenanbieter bzw. Filesharer zu.110 Anders liesse sich dies nur beurteilen, wenn der Filehoster werben würde, er biete Speicherkapazitäten zur Rechtsverletzung an. Damit wäre wieder die vom BGH angeführte Argumentation aktuell, dass derjenige Filehoster widerrechtlich handle, der ein Geschäftsmodell betreibt, das Rechtsverletzungen im grossen Stil Vorschub leistet. Dies ist nur dann der Fall, wenn die drei Kriterien i) keine Registrierung, ii) Benefits an den Kunden und iii) Werbung für den Vertrieb von urheberrechtlich geschützten Werken vorliegen würden.

[146]

Zudem ist für die Klage auf Herausgabe des Gewinns Bösgläubigkeit des Geschäftsführers vorausgesetzt. Bösgläubig handelt nur, wer weiss oder hätte wissen müssen, dass er in eigenem Interesse die Geschäfte eines Dritten besorgt.111 Da es sich bei der Bösgläubigkeit um eine innere Tatsache handelt, müssen diese durch äussere Indizien bewiesen werden. Dabei müsste bewiesen werden, dass der Filehoster das urheberrechtlich geschützte Werk und deren Verbreitung mittels Link gekannt hat oder hätte kennen müssen.112 Dies trifft zwar auf den Linklistenanbieter zu, nicht dagegen auf den Filehoster.

5.

Strafrecht ^

5.1.

Medienstrafrecht ^

[147]

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Medienstrafrecht anwendbar ist. Dieses ist auf das Internet anwendbar, welches zu den neuen Medien gehört.113 Dieses sollte gemäss der Botschaft explizit auch auf «Internet-Provider» Anwendung finden.114 Bei Medienstrafdelikten ist im Gegenteil zur Gehilfenschaft und Teilnahme, eine Kaskadenverantwortlichkeit vorgesehen (Art. 28 Abs. 1 StGB): Nach dem Autor ist der Redaktor bzw. die Person, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist, nach Art. 322bis StGB strafbar, wenn er eine deliktische Veröffentlich vorsätzlich nicht verhindert. Immerhin ist nicht strafbar, wer im Rahmen der Herstellung und Verbreitung eines strafrechtlich relevanten Medienerzeugnisses ausschliesslich deren Veröffentlichung [hier im Konkreten ein Plakataushang] übernimmt.115 Wegen der Distanz der «Internet-Provider» zum Urheber der Informationen und der Fülle der verbreitenden Informationen können an ihre Sorgfaltspflichten keine hohen Anforderungen gestellt werden. Sie dürfen deshalb «nur ganz ausnahmsweise» unter die Strafnorm von Art. 322bis StGB fallen.

[148]

Anwendbar ist Art. 28 StGB aber nur auf sogenannte Presse-bzw. Medieninhaltsdelikte. Es sind dies strafbare Handlungen, die durch Veröffentlichung in einem Medium begangen werden und sich in dieser Veröffentlichung erschöpfen (sogenannte Gedankenäusserungsdelikte).116 Unbestrittenermassen gehören zu den pönalisierten Gedanken- bzw. Meinungsäusserungsdelikten die Ehrverletzung, der Geheimnisverrat, öffentliche Aufforderungen zu Verbrechen, rassistische Publikationen, unlauterer Wettbewerb. Nicht darunter fallen Gewaltdarstellungen (Art. 135 StGB), harte Pornographie i.S. von Art. 197 Abs. 3 und 3bis StGB sinngemäss und Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB).117 Bis anhin hat das Bundesgericht nicht entscheiden müssen, ob das Urheberrecht zu den Meinungsäusserungsdelikten gehört.

[149]

Ob eine Person namentlich i.S. von Art. 28 StGB subsidiär verantwortlich ist, hängt massgeblich davon ab, ob sie «die Vorgänge überwachen und nötigenfalls einschreiten kann»118. Der Filehoster kann gegen eine ihm noch nicht bekannte Veröffentlichung eines Werkes proaktiv nicht einschreiten kann. Er kann nur reaktiv die entsprechenden Werke entfernen, wenn der Link direkt auf die Datei zeigt. Bereits bei zwischengeschalteten Remote-Servern, welche alte Links mit neuen Links verbinden, wird es schwierig. Auch kann der Filehoster nicht alle Internetseiten der Welt monitoren.

[150]

Um die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Filehostingproviders zu begründen, ist wiederum Vorsatz oder Fahrlässigkeit gefordert. Während wir Vorsatz aus den Gründen gemäss Ziff. 4.2.2.2. ausschliessen können, ist bei der Fahrlässigkeit zu sagen, dass diese aufgrund des qualifizierten Charakters des vorausgesetzten Wissens, nämlich mit einem konkreten und zuverlässigen Hinweis, praktisch kein Platz bleibt.

[151]

Bei Antragsdelikten ist es nur zulässig, subsidiär gegen den Verantwortlichen gemäss Art. 322bis StGB vorzugehen [in concreto wegen Ehrverletzung wo das Medienstrafrecht zur Anwendung gelangt], wenn vorher gegen den Autor der Veröffentlichung Strafantrag gestellt wurde. Wenn der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden kann, wird von Amtes wegen das Verfahren wegen Nichtverhinderung einer strafbaren Veröffentlichung durchgeführt.119 In einem früheren Entscheid des Bundesgericht lies dieser einen Drucker für Ehrverletzungen haftbar sein. Im Gegensatz aber zu einem Redaktor oder dem Drucker120 einer Zeitung, welche die Beiträge sichtet, ist dies dem Filesharer nicht möglich, die Verbreitung zu verhindern, würde er den von der Medienstrafbarkeit erfasst, was nicht der Fall ist. Es kommt damit nur Gehilfenschaft in Betracht.

5.2.

Gehilfenschaft zu Art. 67 URG ^

[152]

Wie wir oben gesehen haben (Ziff. 4.2.3. ff.) kann eine Widerrechtlichkeit und ein Verschulden auch durch Verletzungen von Strafbestimmungen im Rahmen von Art. 41 OR angenommen werden. Gemäss Art. 67 URG kann auf Antrag der in ihren Rechten verletzten Person mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden, wer vorsätzlich und unrechtmässig die in Art. 67 Abs. 1 lit. a-l URG aufgezählten Urheberrechtsverletzungen begeht.

[153]

Das URG adressiert zuerst einmal den Täter. Die Gehilfenschaft ist im URG nicht explizit geregelt. Gemäss den allgemeinen Regeln zum StGB ist Gehilfe, wer eine Straftat, die von einer anderen Person begangen wird, in untergeordneter Weise vorsätzlich fördert (Art. 67 URG i.V.m. Art. 25 StGB).121 In Frage kommt nachfolgend allenfalls nur die physische (nicht auch eine psychische) Gehilfenschaft durch Bereitstellung von Speicherkapazität und allenfalls das Dulden hochgeladener neuer Dateien auf dasselbe Werk durch den Filehoster.122 Dabei muss die Handlung des Gehilfen die Erfolgschancen des Delikts tatsächlich erhöht haben.123

[154]
Gehilfenschaft kann grundsätzlich nur vorsätzlich geleistet werden. Es ist deshalb zwingend notwendig, dass der Filehoster eine Notice erhält, welche das Erfordernis der Spezifität und der Zuverlässigkeit erfüllt. Dies bedeutet, dass eine Notice i) den Link enthält, ii) das geschützte Werk bezeichnet wird, iii) den Antragsteller ein Gericht oder die Strafverfolgungsbehörden sind (bzw. der Rechteinhaber124) und iii) einen konkreten Zeitpunkt angegeben wird.
[155]
Erst wenn der Filehoster trotz konkreter Kenntnis von der rechtswidrigen Verbreitung eines Links zu einer konkreten Datei auf seinen Servern nichts unternimmt, handelt er vorsätzlich durch Unterlassung.125 Eine abstrakte Notice genügt diesen Anforderungen nicht.126 Im Konkreten Einzelfall kann die Beurteilung der Notice bereits Schwierigkeiten verursachen.
[156]

Erst die konkrete Kenntnisnahme, gepaart mit der beharrlichen Weigerung des Filehosters, die Dateien zu entfernen und ein beachtlicher Zeitablauf seit der Notice sollte eine Strafbarkeit auszulösen vermögen. Die Handlung des Gehilfen, welche die urheberrechtsverletzende Handlung des Täters fördert, d.h. vorliegend zu diskutieren das Nichtentfernen der Dateien resp. allfällige weitergehende Deliktsverhinderungshandlungen durch den Filehoster, müssen «vor oder während der Tat, spätestens bei der Beendigung geleistet werden»127. Nachdem die Anzeige beim Filehoster bezüglich einer urheberrechtsverletzenden Datei auf seinem Server eingegangen ist, ist die Haupttat jedoch bereits vollendet, mithin die illegale Datei bereits durch den Nutzer hochgeladen und durch den Filesharer auf Webseiten von Linklistenanbietern verbreitet worden128.

[157]

Schwarzenegger129 hält im Zusammenhang mit P2P-Filesharing-Software-Anbieter – hier m.E. entscheidend – drei wichtige Aussagen fest:

  1. Der Verkäufer einer richtig bezeichneten P2P-Filesharing-Software darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Käufer der Software diese auch legal verwendet. Für den Filehoster bedeutet dies, dass er namentlich durch den entsprechenden Hinweis in seinen AGB, dass der Dienst nicht zu urheberrechtsverletzenden Handlungen missbraucht werden darf, grundsätzlich ebenfalls darauf vertrauen darf, dass keine Dateien illegal geteilt werden.
  2. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ergibt sich, dass eine Eingriffsnorm den Anforderungen der Verhältnismässigkeit zu genügen hat. Dies wiederum bedeutet, dass auch der positive Nutzen für die Bevölkerung aus der Software oder – wie vorliegend diskutiert wird – aus dem Filehosting-Dienst in die Abwägung miteinbezogen werden muss. «Sozial erwünschte Zwecke»130 sind z.B. die hohe Datenspeicherkapazität sowie schnelle, optimierte Up- und Downloadraten (s. oben, Ziff. I. c). Schwarzenegger hält zu Recht fest, dass diese Vorteile bei der Beurteilung der Strafbarkeit durch Gehilfenschaft adäquat berücksichtigt werden müssen, m.E. nicht zuletzt auch um dem Fortschritt der Technik nicht zu behindern.
  3. Eine Strafbarkeit eines P2P-Software-Anbieters sei aufgrund des verfassungsmässigen Bestimmtheitsgebots mit Vorsicht zu geniessen, denn es ist für diesen nicht selbstverständlich voraussehbar, dass ein Dritter die entsprechende Software für illegale Zwecke missbraucht. Dasselbe gilt auch für den Filehoster, der seinen Kunden (ausschliesslich) Speicherkapazität überlässt.
[158]

Wie wir gesehen haben, muss dies daher erst Recht für den Filehoster gelten, der noch weiter von einer illegalen Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke entfernt ist, wie ein P2P-Software-Vertreiber, weil die Tathandlung kaum seinem Machtbereich zugeordnet werden kann. Der Filehoster schafft in diesem Sinne auch kein eigentliches Bindeglied zwischen seinen Kunden und den «Downloadern» der Dateien.131 Das Bindeglied ist vielmehr der Linklistenanbieter. Unter diesem Blickwinkel kann daher für das reine Zurverfügungstellen von Speicherplatz keine Strafbarkeit über die Gehilfenschaft begründet werden.

6.

Schlussfolgerung ^

[159]

Jedes Geschäftsmodell eines Filehosters ist a priori gesondert zu beurteilen.132 Diesem Beitrag liegt insbesondere der bekannte Sachverhalt von RapidShare zugrunde.

[160]
Während nach deutschem Recht ein Filehoster auf Basis der Störerhaftung nebst Beseitigungspflichten auch Unterlassungspflichten treffen, gilt dies nach der hier vertretenden Auffassung nicht für das Schweizer Recht. Aus den spezialgesetzlichen Normen des Art. 62 URG lassen sich keine zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen für den Filehoster ausmachen. Nach den allgemeinen Grundsätzen der unerlaubten Handlung gemäss Art. 41 OR ist zwar eine zivilrechtliche Haftung für Beseitigung möglich, doch scheitert der Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers aufgrund mangelnden Kausal- und Rechtswidrigkeitszusammenhanges.
[161]

Damit stellt sich die Frage, ob Gesetzgebungsbedarf besteht. Wie bereits Frech ausführt, hätte der Gesetzgeber bei einer Anpassung der Providerhaftung zu entscheiden, ob er die Haftung des Providers abhängig oder unabhängig vom verletzten Rechtsgut bestimmen will.133 Darüber müsste entschieden werden, ob eine direkte Haftung des Providers anzustreben wäre oder ob die bestehenden Normen der indirekten bzw. mittelbaren Haftung genügen.

[162]
Während beim Art. 28 ZGB gestützt auf das TdG-Urteil des Bundesgerichts m.E. ein klarer Handlungsbedarf besteht, hinsichtlich der Voraussetzung, dass ein Intermediär zuerst einmal abgemahnt werden sollte, bevor er zivilrechtlich haftbar wird, ist dieser Handlungsbedarf beim URG nicht auszumachen.
[163]
Beim URG ist die Sachlage klar, wenn auch nicht einfach zu ermitteln, wie dieser Beitrag zeigt. Intermediäre haften zivilrechtlich für Beseitigungsansprüche, nicht jedoch für Unterlassungsansprüche.
[164]
Damit gibt es im Ergebnis je nach Rechtsgrundlage verschiedene Resultate, was für eine Rechtsgutunabhängige Regelung sprechen würde. Andererseits liesse sich die Lücke in Art. 28 ZGB auch durch ein rechtliches Argument schliessen, indem nämlich bei der Mitwirkung die Distanz zur Rechtsverletzung berücksichtigt würde.

 

RA lic. iur. Nicole Beranek Zanon, Exec. MBA HSG, ist Partnerin von de la cruz beranek Rechtsanwälte AG, einer auf ICT-Themen spezialisierte Anwaltskanzlei mit Sitz in Zug.

  1. 1 Z.B. bei Dropbox u.A.
  2. 2 Aber auch Social Media Kanäle, die einen Filesharing-Dienst anbieten, wie z.B. Facebook.
  3. 3 Zum grössten Teil Fotos.
  4. 4 Im Konkreten handelt es sich um ein IaaS-Angebot. Unter Cloud Computing wird gemäss der NIST-Definition was folgt verstanden: «Cloud computing is a model for enabling ubiquitous, convenient, on-demand network access to a shared pool of configurable computing resources (e.g., networks, servers, storage, applications, and services) that can be rapidly provisioned and released with minimal management effort or service provider interaction. This cloud model is composed of five essential characteristics, three service models, and four deployment models.», abrufbar unter: http://csrc.nist.gov/publications/nistpubs/800-145/SP800-145.pdf (Stand: 29. November 2013).
  5. 5 Rehbinder, Manfred/Viganò, Adriano, Urheberrecht, Zürich 2008, Art. 19 N 16; Barrelet, Dennis/Egloff, Willi, Das neue Urheberrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, Bern 2008, Art. 19 N. 8.
  6. 6 Rehbinder, Manfred/Viganò, Adriano, a.a.O., Art. 19 N 18; Barrelet, Dennis/Egloff, Willi, a.a.O. Art. 19 N. 8.
  7. 7 Wie z.B. der Fall von sharereactor.com, vgl. Urteil des Bundesgerichtes 6B_757/2010 vom 7. Februar 2011.
  8. 8 Ein effektives Monitoring ist in solchen Fällen praktisch unmöglich. Vgl. dazu weiter hinten Ziff. 4.2.4.3.
  9. 9 Z.B. Dropbox bis 2GB, RapidShare bis 5GB und Wuala bis 5GB etc. Ein Film z.B. hat bereits eine Speichergrösse von 1–2 GB. Damit kann also pro Gratiskonto maximal ein Film hochgeladen werden.
  10. 10 Selbst bei einer Registrierung ist die Identität eines Nutzers nicht hinlänglich bestimmt, da auch mit falschen Angaben und einer Gratis-E-Mail-Adresse ein Benutzerkonto erstellt werden kann. Eine Identitätskontrolle, die zu einem höheren Trust-Level führt, erfolgt erst mit der Zustellung der Rechnung oder einer Bezahlung mittels Kreditkarte. Gestützt auf Art. 15 BÜPF muss der Filehoster die IP-Adresse des Nutzers speichern, doch kann mit dieser nicht immer die Identität des Nutzers ausfindig gemacht werden bzw. nur mit einem erhöhten Aufwand. Immerhin kann mit einer Benutzerregistrierung und dem Loggen der IP-Adresse verhindert werden, dass sich der Filehoster der Begünstigung strafbar macht (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_766/2009 vom 8. Januar 2010).
  11. 11 So z.B. Dropbox.
  12. 12 So z.B. Dropbox.
  13. 13 So z.B. das Modell von RapidShare vor 2010, bzw. das heutige Modell von Cloudzer, Cyando usw.
  14. 14 Uploaded und Cloudzer vergeben den Nutzern pro Uploads eine entgeltliche Rückvergütung. Dropbox erhöht bei Uploads gewisser Datentypen und -mengen gratis den Speicherplatz.
  15. 15 Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15. August 2013 – I ZR 80/12, N. 33 mit Verweisen auf E. 48 der RL 2000/31/EG; Urteil des Bundesgerichtshofes vom 18. November 2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 40 – Sedo; Urteil des EuGH C-324/09 vom 12. Juli 2011 i.S. L’Oréal vs. eBay, Slg. 20111, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109ff., 139, 144; Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17. August 2011 – I ZR 57/09; BGHZ 191, 19 Rn. 22ff. – Stiftparfüm.
  16. 16 Message-Digest Algorithm (MD5) ist eine kryptographische Hashfunktion, die aus einer beliebigen Nachricht einen 128-Bit-Hashwerk generiert.
  17. 17 Noch abgesehen von der grundrechtlichen Frage der Zulässigkeit des Eingriffes/Monitoring’s eines Intermediärs in die Kommunikation des Kunden.
  18. 18 Beranek Zanon, Nicole/De la Cruz Böhringer, Carmen, Urheberrechtliche Beurteilung von IaaS- (und XaaS)-Cloud-Diensten für die betriebliche Nutzung gemäss Art. 19 URG, in: sic! 11/2013, S. 663. Auch nach deutschem Recht müsste dies möglich sein, sonst begehen sämtliche Cloud-Dienste-Anbieter urheberrechtliche Verletzungen.
  19. 19 Oder auch Referrer. Der Referrer ist ein optionaler Teil der an den Webserver geschickten HTTP-Anfrage, die bei allen gängigen Browsern standardmässig eingestellt ist.
  20. 20 Abrufbar unter: http://goo.gl/rPPMI (Stand: 29. November 2013).
  21. 21 Czychowski, Christian/Nordemann, Jan Bernd, Grenzenloses Internet – Entgrenzte Haftung, in GRUR – vgl. die Verweise in Fn. 10.
  22. 22 Gleicher Auffassung, dass Art. 15 der E-Commerce RL die Aussengrenze auch für die Haftung auf Unterlassung- und Beseitigungsansprüche bezeichnet: Czychowski, Christian/Nordemann, Jan Bernd, a.a.O., S. 988 mit Quellen in Fn. 30; sodann im Urteil des EuGH C-70/10 vom 24. November 2011 i.S. Scarlet vs. SABAM; die Frage von Schadenersatz stellte sich im Rahmen des RapidShare-Urteils nicht, da kein Verschulden tatbestandlich festgehalten werden konnte.
  23. 23 Rössel, Markus, in: Der IT-Rechts-Berater, 10/2013, S. 224.
  24. 24 U.a. Dropbox.
  25. 25 Anders dagegen in Deutschland, wo eine Vorratsdatenspeicherung per se verboten ist.
  26. 26 Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts i.S. Logistep, BGE 136 II 508, ist vielmehr die Einreichung einer Strafanzeige zur Gewinnung der Informationen, wer hinter einer IP-Adresse steckt, nicht datenschutzkonform und deshalb unzulässig. Damit wird Rechteinhabern eine Verfolgung der Rechtsverletzung ihrer geschützten Rechtsgüter nur in engen Grenzen ermöglicht, vgl. http://www.edoeb.admin.ch/dokumentation/00153/01073/01083/index.html?lang=de (Stand: 29. November 2013).
  27. 27 Ziff. 8 des Simsa Code of Conducts, abrufbar unter: http://goo.gl/QtFIuE (Stand: 11. November 2013).
  28. 28 Wie Wuala, Cloudzer, Uploaded etc.
  29. 29 Rohn, Patrick, Zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Internet Provider nach Schweizer Recht, Zürich/Basel/Genf 2004; Rosenthal, David, Internet-Provider-Haftung – ein Sonderfall?, in: Jung, Peter (Hrsg.), Tagungsband Recht aktuell 2006 (Aktuelle Entwicklungen im Haftpflichtrecht), Bern: Edition Weblaw 2006; im Jahre 2008 dann auch: Sonney, Virginie/ Werro, Franz, Les service Internet et la responsabilité civile, in: Medialex 2008, S. 119 ff.
  30. 30 Das Bundesgericht verurteilte die Tribune de Génève als Betreiberin eines Blogg’s (mit fremden Inhalten) als Mittäterin an einer Persönlichkeitsrechtsverletzung.
  31. 31 Vgl. Antworten auf Motion Riklin Kathy 09.4222, «Rechtliche Verantwortlichkeit von Internetprovidern»; parlamentarische Initiative Hochreutener 08.418, «Mehr Rechtssicherheit bei Netzwerkkriminalität»; und zuletzt Interpellation Stöckli 12.4202, «Swisscom. Umgang mit urheberrechtlich geschützten Inhalten».
  32. 32 Abrufbar unter: https://www.ige.ch/urheberrecht/agur12.html (Stand: 29. November 2013).
  33. 33 Im Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages lag der Schlussbericht der AGUR12 noch nicht vor.
  34. 34 Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates Amherd 11.3912 vom 29. September 2011, abrufbar unter: http://goo.gl/W3LO1J (Stand: 29. November 2013).
  35. 35 So kann z.B. ein Access-Provider oder ein Hosting-Provider keine konkreten Inhalte einer Webseite entfernen, sondern nur entweder den Zugang zu einer Webseite sperren (Accessprovider) durch IP-Black-Listen oder die Webseite dekonnektieren (Webhoster).
  36. 36 BGE 115 II 15 E.3 b); BGE 63 II 118 ff.; BGE 80 II 39.
  37. 37 Urteil des Bundesgerichts 5A_792/2011 vom 14. Januar 2013.
  38. 38 Die Passivlegitimation ist im Rahmen der Anspruchsgrundlage zu prüfen, weshalb diese im Zusammenhang mit der Anspruchsgrundlage anzufechten ist, was die TdG unterliess.
  39. 39 TdG-Entscheid.
  40. 40 Urteil des Bundesgerichts 5A_792/2011 vom 14. Januar 2013, E.6.2.
  41. 41 Mit Verweis auf BGE 126 III 161 E. 5a/aa; BGE 113 II 213 E. 2b; BGE 106 II 92 E. 3a.
  42. 42 Vgl. Fn. 38; immerhin spielte die Möglichkeit der technischen Einflussnahme eine entscheidende Rolle beim Urteil des Kantonsgerichts Jura vom 12. Februar 2012 i.S. Albert Tanneur vs. Google Inc. Die darin vorgenommene Interessensabwägung zwischen Informationsfreiheit und Persönlichkeitsschutz ist zu begrüssen.
  43. 43 So zumindest im Titel: Alexander Kernen, Volle Verantwortlichkeit des Host Providers für persönlichkeitsrechtsverletzende Handlungen seines Kunden, in: Jusletter 4. März 2013; Nick Schoch/Michael Schüpp, Provider-Haftung «de près ou de loin»?, in: Jusletter 13. Mai 2013.
  44. 44 Wie z.B. Pressespiegeldienste, Musikdownloads-Plattformen etc. Die Anreicherung besteht hier in der Möglichkeit der Suche und des kundenspezifischen Zugriffes.
  45. 45 Wie im Übrigen auch Domain-Namen-Registries und -Registrare, Suchmaschinenbetreiber und Linkseiten, vgl. Sonney, Virginie/Werro, Franz, Les services Internet e la responsabilité civil, in: Medialex 2008, S. 119 ff., S. 120.
  46. 46 Anders beurteilt dies: Alexander Kernen, Volle Verantwortlichkeit des Host Providers für persönlichkeitsrechtsverletzende Handlungen seines Kunden, in: Jusletter 4. März 2013, S.7.
  47. 47 Vgl. nachfolgend Ziff. 4.1.1. insbesondere für mögliche Haftungsgrundlagen nach URG.
  48. 48 M.w.H. dazu Pfortmüller, Herbert, in: Müller, Barbara K./Oertli, Reinhard (Hrsg.), Urheberrechtsgesetz (URG), 2. Aufl., Bern 2012, Art. 10 URG N 1 ff.
  49. 49 M.w.H. dazu auf der Maur, Rolf, in: Müller, Barbara K./ Oertli, Reinhard (Hrsg.), Urheberrechtsgesetz (URG), 2. Aufl., Bern 2012, Art. 33 URG N 9 ff.
  50. 50 Gasser, Christoph, in: Müller, Barbara K./ Oertli, Reinhard (Hrsg.), Urheberrechtsgesetz (URG), 2. Aufl., Bern 2012, Art. 19 URG N 10 ff.
  51. 51 Anders verhält es sich nur dann, wenn der urheberrechtsverletzende Inhalt anschliessend verbreitet wird; analog Weber, Rolf H., E-Commerce und Recht, Zürich 2010, S. 518.
  52. 52 Deshalb werden die Immaterialgüterrechte i.e.S. auch Ausschliesslichkeitsrechte genannt.
  53. 53 Rey, Heinz, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Zürich 2008, N. 694.
  54. 54 Insbesondere um sich dann auch auf den TdG-Entscheid abstützten zu können. Es ist aber zu beachten, dass die Passivlegitimation nur deshalb auf Stufe des Bundesgerichtes angenommen wurde, weil erstinstanzlich zwar die Passivlegitimation bestritten wurde, die Rechtsverletzung hingegen nicht. Nur im Zusammenhang mit der Rechtsverletzung kann sich aber auch die Passivlegitimation ergeben (Urteil des Bundesgerichts 5A_792/2011 vom 14. Januar 2013 E. 5); Frech, Philip, Zivilrechtliche Haftung von Internet-Providern bei Rechtsverletzungen durch ihre Kunden, Eine Rechtsvergleichende Untersuchung des schweizerischen, des amerikanischen und des deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Urheber- und Markenrechts, Diss. 2009, Zürich, Basel, Genf, S. 280.
  55. 55 In BGE 107 II 82 E. 9 b) hielt zwar das Bundesgericht fest, dass die PTT deshalb unmittelbar das Urheberrecht verletzt habe, weil eine «öffentliche Mitteilung, die mit Richtstrahlen allein nicht möglich ist, sondern eine besondere Empfangsanlage erfordert (welche von der PTT der Redifusion zur Verfügung gestellt wurde) und erst durch die Verbreitung der Sendung über ein Kabelnetz stattfindet. Damit hat die PTT um sich als unmittelbare Verletzerin zu qualifizieren vertraglich die Redifusion unterstützt, mittels Richtstrahlen die Programme zu verbreiten. M.E. ist dieser Entscheid per analogiem nicht auf den Sachverhalt des Filehosters und des Linklistenanbieters anwendbar. Ersterer hat mit dem zweiten in der Regel kein Vertragsverhältnis. Zudem verbieten die meisten Filehoster die rechtswidrige Verwendung ihrer Dienste. Beim Urteil des Bundesgerichts 6B_757/2010 vom 7. Februar 2011 handelt es sich um einen Linklistenanbieter für ein P2P Netzwerk.
  56. 56 Urteil des Bundesgerichts 9C_20/2013 vom 26. Juni 2013 E. 3.1.
  57. 57 BBl 1989 III 477, Botschaft zu einem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG).
  58. 58 Mit der Ausnahme der Urheberpersönlichkeitsrechte. Diese dürften jedoch im Einzelfall nicht verletzt sein, denn bei einem Film oder Musikstück dürften in aller Regel die Urheber erwähnt sein.
  59. 59 Urteil des Bundesgerichts 4C_138/2004 vom 1. April 2005, BGE 97 II 92.
  60. 60 Vgl. Rehbinder, Manfred/Viganò, Adriano, Kommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl., Zürich 2008, Art. 62 URG Nr. 4.
  61. 61 Vgl. die Verweise in Fn. 27; http://www.edoeb.admin.ch/dokumentation/00153/01073/01083/index.html?lang=de (Stand: 29. November 2013).
  62. 62 BGE 132 III 379 E. 3.
  63. 63 Rey, Heinz, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Zürich 2008, N 66.
  64. 64 Siehe die Auflistung der Gefährdungstatbestände bei Rey, a.a.O., N 1251 ff.
  65. 65 Rey, a.a.O., N 1393.
  66. 66 Rey, a.a.O., N 805.
  67. 67 BGE 119 II 127, S. 129.
  68. 68 Rey, a.a.O., N 25.
  69. 69 Rey, a.a.O., N 834 und weitere Autoren, BGE 116 Ia 162 E. 2c.
  70. 70 Rey, a.a.O., N 836.
  71. 71 Abrufbar unter: http://static.simsa.ch/1362151411/130201_simsa_cch_public_web.pdf (Stand: 29. November 2013).
  72. 72 Ziff. 5 Simsa Code of Conduct Hosting, vgl. Fn. 28, generelle proaktive Überwachungsmassnahmen kollidieren m.E. mit den Grundrechten.
  73. 73 Rey, Heinz, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Zürich 2008, N 866; BGE 126 III 113 E. 2a; BGE 124 III 297 E. 5b.
  74. 74 BGE 124 III 297 ff. (300) E. 5b.
  75. 75 BGE 130 III 193 E. 2.2.
  76. 76 BGE 124 III 297 E 5b.
  77. 77 BGE 122 III 176 E. 7b, S. 192; BGE 119 II 127 E. 3.
  78. 78 Rohn, Patrick, Zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Internet Provider nach Schweizer Recht, in: ZStP Bd./Nr. 187, Zürich 2004, S. 81.
  79. 79 BGE 133 III 323 E. 5.1.
  80. 80 Honsell, Heinrich, Schweizerische Haftpflichtrecht, 4. Aufl., Zürich 2005, § 4 N 3; Schwenzer, Ingeborg, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl., Bern 2006, N 50.05.
  81. 81 Zuletzt in Urteil des Bundesgerichts 4A_104/2012 vom 3. August 2012.
  82. 82 Brehm, Berner Kommentar, N. 56 zu Art. 41 OR; Soergel/Zeuner, § 823 BGB Rz. 154 f., 157.
  83. 83 BGE 133 III 323 E. 5.1.
  84. 84 BGE 124 III 297 E. 5b.
  85. 85 Frech, Philip, Zivilrechtliche Haftung von Internet-Providern bei Rechtsverletzungen durch ihre Kunden, Eine Rechtsvergleichende Untersuchung des schweizerischen, des amerikanischen und des deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Urheber- und Markenrechts, Diss. 2009, Zürich, Basel, Genf, S. 29ff.
  86. 86 Frech, a.o.O., S. 27 ff.
  87. 87 Brähm, Berner Kommentar, N 108 zu Art. 41 OR.
  88. 88 Rohn, Patrick, Zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Internet Provider nach schweizerischem Recht, Zürich 2004, S. 95.
  89. 89 Zumindest bei all denjenigen Filehostern, die ein effizientes Notice & Take Down-Verfahren implementiert haben.
  90. 90 Heierli, Christian/Schnyder, Anton K., BK zur Art. 41 N 38.
  91. 91 BGE 115 II 440 E. 5a.
  92. 92 M.E. ist das Anbieten von Infrastruktur per se nicht als Gefahrenquelle zu betrachten.
  93. 93 Darüber hinaus wären hier auch noch Grundrechtsfragen zu klären.
  94. 94 Als qualifizierte Quelle gelten Gerichtsurteile, Strafverfolgungsbehörden oder Meldungen von Rechtsinhabern, letzteres ist umstritten.
  95. 95 Vgl. dazu Beranek Zanon, Nicole/De la Cruz Böhringer, Carmen, Urheberrechtliche Beurteilung von IaaS- (Xaas)-Cloud-Diensten für die betriebliche Nutzung gemäss Art. 19 URG, in: sic! 11/2013, S. 663.
  96. 96 Vgl. dazu Beranek Zanon, Nicole/De la Cruz Böhringer, Carmen, a.a.O.
  97. 97 Vgl. Beranek Zanon, Nicole/De la Cruz Böhringer, Carmen, Urheberrechtliche Beurteilung von IaaS- (und XaaS)-Cloud-Diensten für die betriebliche Nutzung gemäss Art. 19 URG, in: sic! 11/2013, S. 663.
  98. 98 Vgl. dazu Beranek Zanon, Nicole/De la Cruz Böhringer, Carmen, a.a.O.
  99. 99 Strafrechtliche Verantwortung von Internet Service Providern, Positionspapier der Bundespolizei, April 2000, abrufbar unter: http://goo.gl/nSt1Rj (Stand: 28. November 2013).
  100. 100 Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 24. Dezember 1999 (VPB 64.75) zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Internet-Access-Provider, Ziff. 6.2.3.1.
  101. 101 Vion, Adrien, Droit d’auteur sur internet: le cadre juridique actuel est-il suffisant?, in : Jusletter 14. Mai 2012.
  102. 102 BGE 122 III 219 E. 3a.
  103. 103 BGE 132 III 379, S. 383.
  104. 104 Rehbinder, Manfred/ Viganò Adriano, Urheberrecht, Zürich 2008, Art. 62 N. 1.
  105. 105 Bühler, Lukas, Schweizerisches und internationales Urheberrecht im Internet, S. 312, Fn. 1985.
  106. 106 Anders dagegen für den Linklistenanbieter, vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_757/2010 vom 7. Februar 2011.
  107. 107 Müller, Barbara K., in: Müller, Barbara K./ Oertli, Reinhard (Hrsg.), Urheberrechtsgesetz (URG), 2. Aufl., Bern 2012, Art. 62 URG N 7; vgl. auch Barrelet, Dennis/ Egloff, Willi, Das neue Urheberrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, Bern 2008, Art. 62 URG N 16.
  108. 108 BGE 133 III 153 E. 2.4.
  109. 109 Honsell/Vogt/Wiegand (Hrsg.), BSK OR I-Weber, Rolf H., Art. 423 OR N 5.
  110. 110 Nur am Rande sei hier noch erwähnt, dass das Bundesgericht für einen Gewinnherausgabeanspruch über die (unechte) Geschäftsführung ohne Auftrag Bösgläubigkeit des Geschäftsführers – was der Filehoster ja gerade nicht ist – voraussetzt, Urteil des Bundesgerichts 4C.101/2003 vom 17. Juli 2003 E. 6.2., in: sic! 2004 S. 90 f. Verlangt wird also das Wissen resp. der Wille, in eine fremde Rechtssphäre einzugreifen und damit Gewinn zu erzielen, Müller, Barbara K., in: Müller, Barbara K./ Oertli, Reinhard (Hrsg.), Urheberrechtsgesetz (URG), 2. Aufl., Bern 2012, Art. 62 URG N 18. Der Filehoster weiss jedoch in einer ersten Phase weder vollständig, welche Inhalte durch den Nutzer auf dem Server gespeichert werden, noch ob diese legal erworben wurden.
  111. 111 Urteil des Bundesgerichts 4C.101/2003 vom 17. Juli 2003; BGE 129 III 422 E.4; BGE 126 III 69 E. 2a.
  112. 112 Per analogiem auf Filehoster angewandt, OGer Zürich, in: sic! 2010, 889ff. – Love, E. V.3.1.
  113. 113 Botschaft Medienstrafrecht, BBl 1996 IV 557 ff., 527.
  114. 114 Botschaft Medienstrafrecht, BBl 1996 IV 557 ff., 552.
  115. 115 BGE 128 IV 53 E. 5e.
  116. 116 Trechsel/Jean-Richard, in: Trechsel/Pieth (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 27 StGB N 1 ff.
  117. 117 Weber, Rolf H., E-Commerce und Recht, Zürich 2010, S. 542.
  118. 118 Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 24. Dezember 1999 (VPB 64.75) zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Internet-Access-Provider, Ziff. 6.2.3.1.
  119. 119 BGE 130 IV 121 E. 2.3.
  120. 120 BGE 126 III 161 E. 5a.
  121. 121 Trechsel/Jean-Richard, in: Trechsel/Pieth (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 25 StGB N 1.
  122. 122 Trechsel/Jean-Richard, a.a.O., N 3.
  123. 123 BGE 120 IV 265 E. 2.c)aa).
  124. 124 Gem. Ziff. 4.3. simsa Code of Conduct.
  125. 125 BGE 121 IV 109 (Telekiosk-Urteil).
  126. 126 Ebenso Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12. November 2009 – I ZR 166/07– Chefkoch-Entscheidung.
  127. 127 Trechsel/Jean-Richard, a.a.O., N 9 und m.w.V.
  128. 128 Vgl. zu dieser Argumentation auch die deutsche Rechtsprechung: Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15. August 2013 – I ZR 80/12, Ziff. 28.
  129. 129 Schwarzenegger, Christian, Die Internationalisierung des Wirtschaftsstrafrechts und die schweizerische Kriminalpolitik: Cyberkriminalität und das neue Urheberstrafrecht, in: ZSR 2008 II, S. 399 ff. (S. 474 ff.).
  130. 130 Schwarzenegger, Christian, a.a.O., (S. 477).
  131. 131 Vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_757/2010 vom 7. Februar 2011 E. 1., Urteil des Bezirksgerichts Bremgarten AZ PS.200050016 vom 27. Mai 2003, in: sic! 2/204.
  132. 132 Ebenso Czychowski, Christian/Nordemann, Jan Bernd, S. 990.
  133. 133 Frech, Philip, Zivilrechtliche Haftung von Internet-Providern bei Rechtsverletzungen durch ihre Kunden, Eine Rechtsvergleichende Untersuchung des schweizerischen, des amerikanischen und des deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Urheber- und Markenrechts, Diss. 2009, Zürich, Basel, Genf, S. 25.