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Linguistische Bemerkungen zu den Zwölftafelgesetzen

  • Author: Peter Anreiter
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: Semiotics
  • Citation: Peter Anreiter, Linguistische Bemerkungen zu den Zwölftafelgesetzen, in: Jusletter IT 11 September 2014
Die Zwölftafelgesetze, die leges duodecim tabularum, stehen am Beginn der römischen Rechtskodifikation und haben Jahrhunderte lang das römische Rechtswesen und Rechtsempfinden geprägt. Ihre Historizität ist allerdings umstritten. Ihre Entstehung soll mit den Ständekämpfen zwischen Patriziern und Plebejern zusammenhängen. Nach Beendigung der Königsherrschaft soll der Volkstribun C. Terentilius Arsa die Aufzeichnung von Gesetzen verlangt haben, um einerseits gewisse Rechtsunsicherheiten zu beheben und andererseits neue Rechtssatzungen einzuführen. Zum Studium der solonischen (und anderer griechischer) Gesetze wurden zunächst drei Männer nach Athen geschickt. Hernach wurden zehn Männer (die decemviri legibus scribundis) mit höchster Staatsgewalt (auctoritas publica) versehen und mit der schriftlichen Abfassung der Gesetze beauftragt. Das ist im Jahre 451 v. Chr. geschehen. Da aber zehn Tafeln offenbar nicht ausreichten, wurden 450 v. Chr. nochmals decemviri beauftragt, zwei weitere Tafeln hinzuzufügen. Die Gesetzestafeln wurden am Forum öffentlich ausgestellt. Durch den Gallierangriff auf Rom im Jahre 387 v. Chr. wurden die Tafeln angeblich zerstört. Auf jeden Fall ist uns kein Original erhalten geblieben. Was wir haben, sind Zitate späterer Schriftsteller, die es uns ermöglichen, gewisse Partien der ursprünglichen Gesetze gleichsam zu rekonstruieren. Die Zwölftafelgesetze sind nun nicht nur aus juristischer und historischer Sicht hochinteressant, sie sind auch für die Linguistik wichtig, genauer für das Studium und Verständnis des vorklassischen Lateins. Es fallen nämlich viele sprachliche Besonderheiten auf, die sich teils aus dem Streben nach Kürze und Prägnanz der Verfasser, teils aus dem archaischen Sprachzustand der Texte ergeben.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Ellipsen von Sub- und Objekten
  • 2. Ausschliesslicher Gebrauch des Enklitikons -VE
  • 3. Häufige Verwendung des Imperativs II 
  • 4. Protasis-Apodosis-Serialisierung 
  • 5. Konditionalsatz vs. (verallgemeinernder) Relativsatz 
  • 6. Archaische Wortformen 
  • 7. Morphologische Besonderheiten 
  • 8. Relikthafte sigmatische Futura 
  • 9. Spuren eines ursprünglichen Konjunktivs des Aoristes 
  • 10. Klassizistische Adaptierungen 
  • 11. Literatur

1.

Ellipsen von Sub- und Objekten ^

[1]

Häufig werden Sub- und Objekte, die aus dem Kontext erschließbar sind, nicht genannt:

[2]

Ein gutes Beispiel ist Tab. I, 1: SI IN IVS VOCAT, ITO1 «Wenn (ein Kläger einen Beklagten) vor Gericht ruft, muss er (gemeint ist: der Beklagte) (dorthin) gehen». Der private Rechtsstreit begann also durch einen integralen Bestandteil des La­dungs­vadimoniums, nämlich die in ius vocatio, die natürlich nur vom Kläger aus­gehen konnte. Ihr hatte der Beklagte grundsätzlich Folge zu leisten, und sie konnte auch erzwungen werden. Wohin der Beklagte gehen musste, war klar: auf das Forum bzw. Comitium, wo der Prätor das Verfahren leitete.

[3]

Ein weiteres Beispiel ist Tab. I, 6: REM VBI PACVNT, ORATO2 «Sobald sie (ge­meint ist: die Streitparteien) eine Sache gütlich beilegen, soll er (gemeint ist: der Prätor) dazu sprechen». Das Subjekt des Konditionalsatzes ergibt sich aus der Logik, dasjenige des Hauptsatzes aus der Rechtskenntnis, man vgl. dazu Cicero, de leg. 3,3,8: Iuris disceptator, qui privata iudicet iudicarive iubeat, praetor esto. Is iuris civilis custos esto «Ein Prätor soll derjenige sein, bei welchem jeder sein Recht ver­fechte, welcher bürgerliche Streitigkeiten richte und richten lasse. Er soll der Be­wahrer des bürgerlichen Rechtes sein».

2.

Ausschliesslicher Gebrauch des Enklitikons -VE ^

[4]

Statt der Konjunktion vel «oder» (im einschließenden Sinn) wird in den Zwölf­tafelgesetzen stets die postponierte Partikel -ve verwendet. Vgl. Tab. V, 3: VTI LE­GASSIT SVPER PECVNIA TVTELAVE SVAE REI, ITA IVS ESTO3 «Wie jemand hin­sichtlich seines Geldes oder der Vormundschaft über seine Sache letztwillig verfügt hat, so soll es rechtens sein».

[5]
Parallel zur Partikel -que «und» konnte auch -ve «redupliziert» werden, was in spä­te­rer Zeit der Poesie vorbehalten blieb. Vgl. Tab. II, 2: MORBVS SONTICVS ... AVT STATVS DIES CVM HOSTE ... QVID HORVM FVIT VNVM IVDICI ARBI­TROVE REOVE, EO DIES DIFFISSVS ESTO4 «Wenn ... eine ernste Krankheit be­steht ... oder ein festgesetzter Termin mit einem Fremden ..., so soll, wenn von die­sen (Hinde­rungs­gründen) einer für einen Privatrichter, Schiedsrichter oder eine Par­tei besteht, deswegen der Termin (der richterlichen Verhandlung) verschoben werden».

3.

Häufige Verwendung des Imperativs II  ^

[6]

Der Imperativ II (auch Imperativ des Futurs genannt) ist an die 2. und 3. Personen adressiert. Die Befehlsausführung soll dabei immerwährenden Charakter haben, und so nimmt es nicht Wunder, dass dieser Modus häufig in sakralen Texten oder allgemein gültigen Gesetzen anzutreffen ist. Gerundivische Konstruktionen oder Kom­bination von debere + Infinitiv fehlen in den Zwölftafelgesetzen. 

[7]

Vgl. Tab. I, 9: SI AMBO PRAESENTES, SOLIS OCCASVS SVPREMA TEMPESTAS ESTO5 «Wenn beide (gemeint ist: Streitparteien) anwesend sind, soll der Sonnen­untergang der letzte Zeitpunkt (der Urteilsverkündung) sein».

[8]

Zum Plural vgl. z. B. Tab. III, 1: AERIS CONFESSI REBVSQVE IVRE IVDICATIS XXX DIES IVSTI SVNTO6 «Nach dem Recht der (gerichtlich) anerkannten Geld­schuld und bei rechtskräftig entschiedenen Sachen sollen 30 Tage (Erfüllungsfrist) zu Recht bestehen».

[9]

Die Negation erfolgt mittels ne und in der Fortführung mittels neve, vgl. Tab. X, 10: HOMINEM MORTVVM IN VRBE NE SEPELITO NEVE VRITO7 «Einen Toten darf man innerhalb der Stadt weder begraben noch in ein Brandgrab bringen».8

4.

Protasis-Apodosis-Serialisierung  ^

[10]

In den Konditionalsatzgefügen folgt die Apodosis der Protasis stets nach. Vgl. z. B. Tab. I, 2: SI CALVITVR PEDEMVE STRVIT, MANVM ENDO IACITO9 «Wenn (ein Beklagter) Ausflüchte macht oder fliehen will, soll ihn (der Kläger) festnehmen».

[11]

Die Protasis wird in der Regel mit si eingeleitet und mit ni negiert, vgl. Tab. III, 4: SI VOLET SVO VIVITO. NI SVO VIVIT, QVI EVM VINCTVM HABEBIT; LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATO10 «Wenn (der Schuldner) will, soll er sich selbst verpflegen. Wenn er sich nicht selbst verpflegt, soll ihn (der Gläubiger), der ihn gefesselt hält, täglich mit einem Pfund Speltbrei versorgen».

[12]

Die Konjunktion si steht normalerweise am Beginn der Protasis, kann aber auch an die zweite Stelle im Satz treten, vgl. Tab. VIII, 21: PATRONVS SI CLIENTI FRAVDEM FECERIT, SACER ESTO11 «Wenn der Patron seinen Schutzbefohlenen betrügt, soll er verflucht sein».

5.

Konditionalsatz vs. (verallgemeinernder) Relativsatz  ^

[13]

Viele Vorschriften haben die Struktur «wenn jemand ein x begeht, dann soll er y tun bzw. wird mit y bestraft». Erheblich seltener ist die (moderner anmutende) Struk­tur «wer ein x begeht, soll y tun bzw. wird mit y bestraft». Man vgl. z. B. Tab. VIII, 1a: QVI MALVM CARMEN INCANTASSIT …12 «Wer ein Schmähgedicht (auf jemanden) gesungen hat …».13 Oder Tafel VIII, 8a: QVI FRVGES EXCANTASSIT …14 «Wer Feldfrüchte weggezau­bert hat …».15 Oder Tafel X, 7: QVI CORONAM PARIT IPSE PECVNIAVE EIVS HONORIS VIRTVTISVE ERGO DVITVR EI …16 «Wer einen Kranz selbst oder innerhalb seiner Hausgemeinschaft ehrenhalber oder durch be­son­dere Tüchtigkeit erlangt, dem darf er beigegeben werden».17

[14]

Besonders interessant ist Tab. VI, 5a: SI QVI IN IVRE MANVM CONSERVNT ...18 «Wenn welche vor Gericht gegenseitig Hand anlegen ...». Rein theoretisch könnten hier die Konjunktion si wie auch das Pronomen und sogar beide Wörter fehlen. 

6.

Archaische Wortformen  ^

[15]

Der Akkusativ Singular des maskulinen Personalpronomens lautet em. Diese Form ist allerdings nur ein einziges Mal bezeugt, und zwar in Tab. I, 1 (siehe oben): 1. SI IN IVS VOCAT, ITO. NI IT, ANTESTAMINO: IGITVR EM CAPITO «Wenn (ein Kläger einen Beklagten) vor Gericht ruft, muss (der Beklagte dorthin) gehen. Geht er nicht, müssen sie Zeugen herbeirufen. Sodann soll (der Kläger) ihn ergrei­fen». Daneben ist aber auch die Variante eum nachzuweisen, vgl. Tab. III, 4 (siehe oben): SI VOLET SVO VIVITO. NI SVO VIVIT, QVI EVM VINCTVM HABEBIT; LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATO «Wenn (der Schuldner) will, soll er sich selbst verpflegen. Wenn er sich nicht selbst verpflegt, soll ihn (der Gläubiger), der ihn gefesselt hält, täglich mit einem Pfund Speltbrei versorgen». Dabei stammt em vom Pro­nominalstamm *e- «er, dieser», zum Unterschied von eum (< *eiom). Festus (77,10) bemerkt: […] antiqui dicebant […] em pro eum, und redupliziertes emem wird in 76,10 durch eundem glossiert. Altlateinisch em kann übrigens auch als Temporaladverb in der Bedeutung «damals» auftreten. Etymologisch ist em mit griechisch ἐν in ἔνθα «da» bzw. ἔνθεν «von da» gleichzusetzen. Neben em fungierte im Altlatei­ni­schen das Konkurrenzprono­men im (= griechisch [kyprisch] ἴν), das auch in Ad­ver­bia wie interim «unterdessen, inzwischen», inde (< *imde) «von da, daher» zu orten ist. Dabei steht der Vokal i- im Ablautverhältnis zu *e-, vgl. eum (oben). Dieses Pronomen lässt sich auch in den Zwölf­tafel­gesetzen nachweisen, vgl. Tab. VIII, 12: SI NOX FVRTVM FAXSIT, SI IM OCCISIT, IVRE CAESVS ESTO19 «Hat (jemand) nachts einen Diebstahl begangen (und) hat man ihn (gemeint ist: den Dieb) getö­tet, so soll er zu Recht erschlagen sein». Ferner Tab. X, 8: AST IM CVM ILLO SEPE­LIET VRETVE, SE FRAVDE ESTO20 «Lässt man ihn (gemeint ist: den Toten) aber mit diesem (Gold) begraben oder verbren­nen, soll dies ohne Nachteil sein».

[16]

Die Modalpräposition «ohne» lautet (< *sēd), und nicht sine bzw. seine (so z. B. in einer altlateinischen Inschrift; vgl. CIL I2 583,54), vgl. Tab. III, 6: TERTIIS NVNDINIS PARTIS SECANTO. SI PLVS MINVSVE SECVERVNT, SE FRAVDE ESTO21 «Am dritten Markttag sollen (die Gläubiger) sich die Teile schneiden. Wenn einer zu viel oder zu wenig abgeschnitten hat, soll dies ohne Nachteil sein».

[17]

Besondere Verbalformen sind escit und escunt (Plural). Man vgl. tab. I, 3: SI MORBVS AEVITASVE VITIVM ESCIT, IVMENTVM DATO22 «Ist Krankheit oder hohes Alter Schuld an der Weigerung (vor Gericht zu erscheinen), soll der Kläger dem Be­klagten einen einfachen Wagen zur Verfügung stellen». Tab. V, 4–5: SI INTES­TATO MORITVR, CVI SVVS HERES NEC ESCIT, ADGNATVS PROXIMVS FAMI­LIAM HABE­­TO. SI ADGNATVS NEC ESCIT, GENTILES FAMILIAM HABENTO23 «Wenn jemand, der keinen Abkömmling hat, ohne (gültiges) Testament stirbt, so soll der nächste Agnat sein Familiengut erben. Ist ein derartiger Agnat nicht vor­handen, sollen die Gentilen die Erbschaft haben». Tab. V, 7: SI FVRIOSVS ESCIT, ADGNA­TVM GENTILIVMQVE IN EO PECVNIAQVE EIVS POTESTAS ESTO24 «Ist jemand geisteskrank, sollen die Agnaten und Gentilen über ihn und sein Ver­mögen das Be­stimmungsrecht haben». Tab. X, 8 (siehe auch oben): … NEVE AVRVM ADDITO, AT CVI AVRO DENTES IVNCTI ESCVNT. «… und man soll (einem Toten) kein Gold beigeben, auch wenn jemandem die Zähne mit Gold befestigt sind». Bei escit und escunt handelt es sich um Inchoativa im futurischen Sinne, sie bedeuten also erit bzw. erunt.25 Die aus diesen Formen extrahierbare Basis esc- lässt sich über älteres *es-sc- auf die indogermanische Ausgangsform *h1es-s- zurückführen, die sich auch in den griechischen Verbalbildungen ἔσκον «ich war» bzw. ἔσκε «er/sie/es war» (im iterativischen Sinne) wiederfindet.

[18]

Das Substantiv AEVITAS «(hohes) Lebensalter» (tab. I, 3; siehe oben) ist eine Vor­form von vertrautem aetas, vgl. Priscian, Inst. gramm. II, 62: «aetas» quoque «aeter­nus». Antiqui tamen «aevitas» et «aeviternus» dicebant ab aevo, … 

[19]

Die den Akkusativ und auch den Ablativ regierende Lokalpräposition endo «in» ist die ältere Vorstufe von indu26, die selbst schon im Altlateinischen bezeugt ist (vgl. Ennius, ann. 238: indu foro «auf dem Forum», 445: indu mari «im Meer») und dort bereits einen lexikalischen Archaismus darstellt. In den Zwölftafelgesetzen wird endo phraseologisch gebraucht, vgl. tab. I, 2 (siehe oben): SI CALVITVR PEDEMVE STRVIT, MANVM ENDO IACITO «Wenn (ein Beklagter) Ausflüchte macht oder fliehen will, soll ihn (der Kläger) festnehmen (gemeint ist: Hand an ihn legen)»; man vgl. die Nominalfügung MANVS INIECTIO «Handergreifung» in tab. III, 2. Vgl. noch tab. III, 3: NI IVDICATVM FACIT AVT QVIS ENDO EO IN IVRE VINDICIT, SECVM DVCITO, VINCITO AVT NERVO AVT COMPEDIBVS XV PONDO, NE MAIORE AVT SI VOLET MINORE VINCITO27 «Erfüllt er (gemeint ist der Schuld­ner) seine Urteilsverpflichtung nicht oder übernimmt niemand für ihn vor Gericht Bürgschaft, soll (ihn der Gläubiger) mit sich führen, fesseln, entweder mit einem Strick oder mit Fußfesseln im Gewicht von 15 Pfund, nicht mit stärkeren, aber mit leichteren, wenn er will». Ferner tab. III, 4 (siehe oben): SI VOLET SVO VIVITO. NI SVO VIVIT, QVI EVM VINCTVM HABEBIT, LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATO. SI VOLET, PLVS DATO «Wenn (der Schuldner) will, soll er sich selbst verpflegen. Geschieht das nicht, soll ihn (der Gläubiger), der ihn gefesselt hält, täglich (wörtlich: an den [Haft-]Tagen) mit einem Pfund Speltbrei versorgen. Wenn er will, soll er mehr geben». Die Präposition endo ist bereits in der berühmten Duenos-Inschrift (6. Jh. v. Chr.) bezeugt28 und stammt – da hethitisch anda «in, an, dazu» urverwandt ist – bereits aus der indogermanischen Grundsprache.

[20]

Das feminine Possessivpronomen der 3. Person lautet im Akkusativ Singular sam29, vgl.tab. VII, 7: VIAM MVNIVNTO: NI SAM DELAPIDASSINT, QVA VOLET IVMENTO AGITO30 «Den Weg sollen sie festmachen: wenn man ihn nicht mit Stei­nen be­festigt hat, soll er (der Berechtigte) das Zugvieh treiben, wo er will». Dabei ist von einem Pronominalstamm *so- auszugehen, in welchem der Semi­vokal wegen des folgen­den *-o- geschwunden ist. Dieser ist ein «Konkurrenzstamm» zu *soo- < *seo-, der selbst nach der 2. Person *teo- > *too- > tuu-s gebildet ist. Daneben haben wir aber auch den aus dem Lateinunterricht «gewohnten» Stamm, vgl. Tab. V, 3 (siehe oben): VTI LEGASSIT SVPER PECVNIA TVTELAVE SVAE REI, ITA IVS ESTO «Wie jemand hinsichtlich seines Geldes oder der Vormundschaft über seine Sache letztwillig verfügt hat, so soll es rechtens sein». Oder tab. V, 4 (siehe oben): SI IN­TES­TATO MORITVR, CVI SVVS HERES NEC ESCIT, ADGNATVS PROXIMVS FAMI­­LIAM HABETO «Wenn jemand, der keinen Abkömmling hat, ohne (gültiges) Testament stirbt, so soll der nächste Agnat sein Familiengut erben».

[21]

Ein Wort, das anscheinend auf das archaische bzw. ältere Latein beschränkt war, ist lessus, worunter man die Totenklage verstand, vgl. tab. X, 4: MVLIERES GENAS NE RADVNTO NEVE LESSVM FVNERIS ERGO HABENTO31 «Die Frauen sollen die Wangen nicht zerkratzen und beim Leichenbegräbnis keine Totenklage anstim­men».

7.

Morphologische Besonderheiten  ^

[22]

Das deponentiale Imperativsuffix -mino, das durch Kontamination von -mini (= 2. Person Plural) und der Imperativendung -to entstanden ist, begegnet uns in den Zwölftafelgesetzen nur ein einziges Mal, und zwar in Tab. I, 1: Wenn (ein Beklagter) nicht vor Gericht erscheint, müssen Zeugen herbeigerufen werden. Diese Bestim­mung wird durch ANTESTAMINO kodiert. Diese Form stammt vom Verbum antestari, was soviel bedeutet wie «einen Anwesenden bei einer Privatklage durch die Formel licet antestari? zum Zeugen aufrufen». Imperative dieses Typs finden sich einige Male im altlateinischen Schrifttum, vgl. etwa opperiri «warten, erwarten» → opperimino (Plautus, Truc. 197), progredi «fortschreiten» → progredimino (Plautus, Pseud. 859), arbitrari «meinen, glauben» → arbitramino (Plautus, Epid. 695), praefari «vorher sprechen, vorausschicken» → praefamino (Cato, de re rust. 141,2), famino = dicito (Festus 88,10), profiteri « öffentlich bekennen» → profitemino (Lex Iulia Muni­ci­palis) usw.  

[23]

Der deponentiale (bzw. passivische) Infinitiv Präsens auf -ier, aus den plauti­ni­schen Komödien und aus epigraphischen Zeugnissen gut bekannt, findet sich auch in den Zwölftafelgesetzen, allerdings nur ein einziges Mal, nämlich in Tab. VIII, 22: QVI SE SIERIT TESTARIER32 … «Wer sich herbeigelassen hat, als Zeuge aufgerufen zu wer­den …». In späterer Zeit lautete derselbe Infinitiv testari. Das Zeichen -ier ist ent­­wick­lungsgeschichtlich in -i-e- + -r zu segmentieren, wobei letzteres das übliche Passiv­zeichen ist und die Morphemkombination -i-e- (< *-i-ē- < idg. *--eh1-) als alter Instru­men­tal­aus­gang eines i-stämmigen Abstraktums interpretiert und etymo­lo­gisch mit dem altindischen Absolutivum auf -/- verknüpft werden kann.33

8.

Relikthafte sigmatische Futura  ^

[24]

Das Altlateinische kannte ein sigmatisches Futurum, das entweder auf dem Konjunktiv des sigmatischen Aoristes (= lat. s-Perfekt des Typs dīxī «ich sagte» ← dīcere «sagen») beruht oder aber eine Desiderativbildung ist. Dass es sich eher um De­si­de­ra­tivbildungen handelt, geht daraus hervor, dass das vergleichbare sigmati­sche Futu­­rum der sabellischen Dialekte athematisch flektiert, vgl. etwa oskisch dide-s-t «er/sie wird geben». Diese Überlegungen haben nun Auswirkungen auf die Transla­tion, vgl. Tab. VIII, 4: SI INIVRIAM FAXSIT, VIGINTI QVINQVE POENAE SVN­TO34 «Wenn jemand eine leichte Körperverletzung vornehmen möchte (und diese Tat auch tatsächlich ausführt), sollen für ihn 25 (As) Buße sein». Hier ist FAXS- als FAX- zu interpretieren und auf *FAC-S- zurückzuführen. Ferner Tab. VIII, 12: SI NOX FVRTVM FAXSIT, SI IM OCCISIT, IVRE CAESVS ESTO35 «Will jemand nachts einen Diebstahl begehen (und führt diese Tat tatsächlich auch aus), so soll er mit Recht erschlagen sein, falls man ihn getötet hat». Das einfache Graphem fin­den wir in Tab. XII, 2a: SI SERVVS FVRTVM FAXIT NOXIAMVE NO[X]IT36 … «Wenn ein Sklave einen Diebstahl begehen oder (jemandem) einen Schaden zufü­gen möchte (und diese Taten auch tatsächlich ausführt) …«. Tab. VIII, 2: SI MEMBRVM RVP(S)IT, NI CVM EO PACIT, TALIO ESTO37 «Wenn jemand (einem anderen) ein Glied verstümmeln möchte (und diese Tat auch tatsächlich ausführt), der soll das Gleiche erleiden, wenn er sich nicht (mit dem Verletzten) gütlich einigt».

[25]

Neben den sigmatischen Futura gibt es auch Zukunftsformen, die wir vom klassischen Latein her kennen, vgl. Tab. VI, 1: CVM NEXVM FACIET MANCIPIVM­QVE, VTI LINGVA NVNCVPASSIT, ITA IVS ESTO38 «Wenn jemand eine Darlehens­ver­pflichtung und ein Kaufgeschäft vornimmt (= vornehmen wird), so soll das rech­tens sein, was er mündlich bedungen hat». Oder tab. III, 4 (siehe oben): SI VOLET SVO VIVITO. NI SVO VIVIT, QVI EVM VINCTVM HABEBIT, LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATO. SI VOLET, PLVS DATO «Wenn (der Schuldner) will, soll er sich selbst verpflegen. Geschieht das nicht, soll ihn (der Gläubiger), der ihn gefesselt hält (eig.: Futurum), täglich mit einem Pfund Speltbrei versorgen. Wenn er will, soll er mehr geben». 

9.

Spuren eines ursprünglichen Konjunktivs des Aoristes  ^

[26]

Vgl. tab. IV, 2: SI PATER FILIVM TER VENVM DVIT, FILIVS A PATRE LIBER ESTO39 «Wenn ein Vater seinen Sohn dreimal zum Verkauf gegeben hat, so soll der Sohn von der väterlichen Gewalt frei sein». Was auffällt, ist die Form duit, denn zu erwarten wäre dat. Die Basis dui- (< *dou-ī-) besteht aus der indogermanischen Wur­zel *deuH- «geben» und dem Optativzeichen *-ih1-. Das Verbum tritt auch in passivischer Geltung auf, vgl. tab. X, 7: QVI CORONAM PARIT IPSE PECVNIAVE EIVS HONORIS VIRTVTISVE ERGO DVITVR EI …40 «Wer einen Kranz selbst oder innerhalb seiner Hausgemeinschaft ehrenhalber oder durch besondere Tüchtigkeit erlangt, dem (gemeint ist: dem Toten) darf er beigegeben werden».

10.

Klassizistische Adaptierungen  ^

[27]

Wie schon erwähnt, sind die Zwölftafelgesetze im Original nicht mehr erhalten, können aber durch Zitate späterer Schriftsteller zumindest in Grundzügen rekonstruiert werden. Hauptquellen sind Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.), Gaius Plinius Secundus Maior (23–79 n. Chr.), Aulus Gellius (2. Jh. n. Chr.), Sextus Pom­peius Festus (2. Jh. n. Chr.) und Domitius Ulpianus († 223 n. Chr.). Nun liegen zwischen der mutmaßlichen Abfassungszeit der Zwölftafelgesetze in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. und den Lebenszeiten der genannten Schriftsteller einige Jahr­hunderte, in denen in der lateinischen Sprache viel passiert ist. Es ist gut möglich, ja sehr wahrscheinlich sogar, dass klassische und nachklassische Wort- und Flexionsformen, die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. niemals so gelautet haben, in das archaische Latein der Gesetze quasi «hineinprojiziert» wur­den. 

[28]

Ein gutes Beispiel ist tab. I, 3 (siehe oben): SI MORBVS AEVITASVE VITIVM ESCIT, IVMENTVM DATO41 «Ist Krankheit oder hohes Alter Schuld an der Weige­rung (vor Gericht zu erscheinen), soll der Kläger dem Beklagten einen einfachen Wagen zur Verfügung stellen». Klass.-lat. iūmentum muss im 5. Jh. v. Chr. noch † ioumentom gelautet haben, wenn nicht gar noch † iouxmentom. Letzteres Wort ist im Plural iouxmenta tatsächlich belegt, und zwar in der um 600 v. Chr. verfassten Lapis-niger-Inschrift. Klass.-lat. iūmentum konnte auch «Zugtier» bedeuten, und in dieser Semantik ist es in den Zwölftafelgesetzen auch schon belegt, vgl. tab. VII, 7: VIAM MVNIVNTO: NI SAM DELAPIDASSINT, QVA VOLET IVMENTO AGITO42 «Den Weg sollen sie festmachen: wenn man ihn nicht mit Steinen befestigt hat, soll er (der Berechtigte) das Zugvieh treiben, wo er will». Auch hier wäre die Schreib­weise † IOVMENTO vorzuziehen.

[29]

Das klass.-lat. Relativ- bzw. Indefinitpronomen quī ist aus älterem quoi ent­stan­den, das epigraphisch öfters bezeugt ist (Duenos-Inschrift, Lapis-niger-Inschrift, u. a.). Das QVI etwa in tab. VIII, 1a: QVI MALVM CARMEN INCANTASSIT … (siehe oben) entsprach zur Zeit der Abfassung der Zwölftafelgesetze kaum der Sprachwirklichkeit. Eher würden man † QVOI erwarten. 

[30]

Die Imperative auf -to (z. B. ESTO, SEPELITO, VRITO usw.) müsste man in -tod abändern, also † ESTOD, † SEPELITOD, † VRITOD usw., denn dies war der gängige Impera­tiv­ausgang im archaischen und alten Latein, vgl. die Inschrift von Spoleto (4. Jh. v. Chr.). HONCE LOVCOM NE QVIS VIOLATOD NEQVE EXVEHITO NEQVE EX­FERTO QVOD LOVCI SIET NEQVE CEDITO NESEI QVO DIE RES DEINA ANVA FIET EOD DIE QVOD REI DINAI CAVSA FIAT SINE DOLO CEDRE LICETOD SEIQVIS VIOLASIT IOVE BOVID PIACLVM DATOD SEIQVIS SCIES VIOLASIT DOLO MALO IOVEI BOVID PIACLVM DATOD ET A CCC MOLTAI SVNTOD EIVS PIACLI MOLTAIQVE DICATOREI EXACTIO ESTO «Diesen Hain soll nie­mand beschädigen noch hinausfahren noch hinaustragen, was in dem Hain ist, noch (Bäume) fällen, außer an dem Tag, an dem der jährliche Gottesdienst ist; an diesem Tag soll man (soviel) wie zum Gottesdienst (benötigt) wird, ohne Täuschung fällen dürfen. Wenn (ihn) jemand beschädigt, soll er dem Jupiter ein Rind als Reinigungsopfer darbringen. Wenn (ihn) jemand absichtlich beschädigt mit arg­listiger Täuschung, soll er dem Jupiter ein Rind als Reinigungsopfer darbringen, und 300 Aes soll die Strafe betragen. (Über die Ausführung) dieses Reinigungsopfers und der Strafe (zu wachen,) obliegt dem Stifter». Hier sehen wir bereits ein Neben­einan­der von Formen auf -to und -tod, was bedeutet, dass die alten Imperative langsam mit den neuen zu konkurrieren begannen, um später gänzlich von ihnen abgelöst zu werden. Aber um die Mitte des 5. Jahr­hunderts war der alleinige Imperativ­aus­gang sicherlich nur -tod

[31]

Die klass.-lat. Konditionalsatzkonjunktion lautete bekanntlich . Diese ist aus älterem sei hervorgegangen. Man vgl. eine Passage aus dem Senatus consultum de Bacchanalibus von 186 v. Chr. (in archaisierender Schreibung): NEIQVIS EORVM [B]ACANAL HABVISE VELET. SEI QVES ESENT, QVEI SIBEI DEICERENT NE­CESVS ESE BACA­NAL HABERE, EEIS VTEI AD PR(AITOREM) VRBA­NVM ROMAM VENI­RENT, … «Niemand von ihnen soll begehren, ein Bacchanal abzuhalten. Wenn es wel­che gibt, die von sich behaupten, die Abhaltung eines Bacchanals nötig zu ha­ben, (für die wird bestimmt), dass sie zum städtischen Pr(ätor) nach Rom kommen müssen, …». Oder in der lex sacra von Luceria (4. Jh. v. Chr.) steht: SEI QVIS ARVORSV(M) HAC FAXIT … «wenn jemand gegen diese (Vorschrift) verstößt …». 

[32]

Der klass.-lat. Ausdruck für das Recht als Gesamtheit der Gesetze und Satzungen war iūs. Dieses Wort entwickelte sich aus älterem ious, das im Altlateinischen bezeugt ist. Tab. I, 1 müsste also korrekt lauten: SEI IN IOVS VOCAT, ITOD. NEI IT, ANTESTA­MI­NO(D). IGITVR EM CAPITOD. Es gilt also der Lautwandel ou > ū. Diesen müssen wir auch für klass.-lat. plūs «mehr» (< altlateinisch plous) annehmen, vgl. aus dem eben erwähnten Senatus consultum: HOMINES PLOVS V OINVORSEI VIREI ATQVE MVLIERES SACRA NE QVISQVAM FECISE VELET, NEVE INTER IBEI VIREI PLOVS DVOBVS, MVLIERIBVS PLOVS TRIBVS ARFVISE VELENT, NISEI DE PR(AITORIS) VRBANI SENATVOSQVE SENTENTIAD, VTEI SVPRAD SCRIPTVM EST «Niemand darf (in einer Gruppe von) insgesamt mehr als 5 Menschen, Männern und Frauen, Zeremonien abhalten wollen, und nicht mehr als zwei Männer (oder) drei Frauen dürfen dabei zugegen sein wollen, wenn nicht auf Be­schluss des städtischen Prätors und des Senats, wie oben geschrieben steht». So gesehen dürfte tab. III, 4 nicht folgenden Wortlaut haben: SI VOLET SVO VIVITO. NI SVO VIVIT, QVI EVM VINCTVM HABEBIT, LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATO. SI VOLET, PLVS DATO, sondern vielmehr: † SEI VOLET SVO VIVITOD. NEI SVO VIVIT, QVOI EOM VINCTOM HABEBIT, LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATOD. SEI VOLET, PLOVS DATOD. 

[33]

Bis zum Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde der Diphthong /ai/ noch durch graphisch kodiert, die klassische Schreibweise mit hat sich erst gegen Ende des 2. Jahrhunderts durchgesetzt. Daher sind Schreibungen wie AEVITAS (tab. I, 3 [siehe oben]), AEDIBVS (tab. VI, 7), PRAETOR (tab. II, 1b) irreführend, zu präferieren wären † AIVITAS, † AIDIBVS und † PRAITOR. Gerade für † AIDIBVS hätten wir eine Stütze durch belegtes AIDE (CIL I 32), was klass.-lat. aedem (Akk.) wäre. 

11.

Literatur ^

Agnati, Ulrico, Leges duodecim tabularum, Istituto Italiano per la Storia della Legislazione, Band 3, Ed. AV: Cagliari 2002
 
Behrendts, Okko, Der Zwölftafelprozeß: Zur Geschichte des römischen Obligatio­nenrechts, in: Göttinger rechtswissenschaftliche Studien, Band 92, Schwartz Verlag: Göttingen 1974
 
Bliedung, Robert / Brigaldino, Romida, Das Zwölftafelgesetz – Die Entstehungs­geschichte nach Livius, der Inhalt, die Bedeutung und die Rezeption in der Ge­sch
ichtswissenschaft, GRIN-Verlag für akademische Texte: München/Ravensburg 2008
Colpe, Carsten, Tabulae duodecim, in: Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike, Band 5, Alfred Druckenmüller Verlag : München 1975 pp. 482-483
 
D’Ippolito, Federico, Problemi storico-esegetici delle 12 tavole, Ed. Scientifiche italiane: Napoli 2003
 
Diliberto, Oliviero, Materiali per la palingenesi delle XII tavole, in: Biblioteca di studi e ricerche di diritto romano e storia del diritto, Band 1, Ed. AV di A. Valveri: Cagliari 1992
 
Dirksen, Heinrich Eduard, Uebersicht der bisherigen Versuche zur Kritik und Her­stellung des Textes der Zwölf-Tafel-Fragmente, Hinrichssche Buchhandlung: Leip­zig 1824 (bahn­brechend!)
 
Düll, Rudolf, Das Zwölftafelgesetz, Artemis & Winkler Verlag: Zürich 1995
 
Flach, Dieter, Das Zwölftafelgesetz. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Dieter Flach in Zusammenarbeit mit Andreas Flach, Texte zur Forschung, Band 83, Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 2004
Humbert, Michel, Le dodici tavole, in : Dai decemviri agli umanisti a cura di Michel Humbert, IUSS Press: Pavia 2005
 
Meiser, Gerhard, Historische Laut- und Formenlehre der lateinischen Sprache, Wissen­­schaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 2010
 

Walde, Alois, / Hofmann, Johann Baptist, Lateinisches etymologisches Wörterbuch, Band 1, Carl Winter Universitätsverlag: Heidelberg 1982 


 

Peter Anreiter, a. o. Univ.-Prof. am Institut für Sprachen und Literaturen der Universität Innsbruck, Bereich «Sprachwissenschaft», Innrain 52, A-6020 Innsbruck

Lieber Fritz,

mit diesem kleinen Aufsatz möchte ich Dir herzlich für die vielen lehrreichen Stunden danken, die ich in Deinen rechtsinformatischen Seminaren verbringen durfte. Gleichzeitig wünsche ich Dir zu Deinem 70. Geburtstag alles erdenklich Gute, viel Schaffenskraft – und vor allem Gesundheit! Ad multos annos!

  1. 1 Quellen: Cicero, de leg. 2,4,9: A parvis enim […] didicimus: «si in ius vocat …»; Gellius, noct. Att.20,1,24: Verba sunt haec de lege «si in ius vocat». 
  2. 2 Quelle: Rhet. ad Her. 2,13,20: Rem ubi pagunt, <orato; …>. 
  3. 3 Quelle: Ulpian, Fragm. 11,14: Testamento quoque nominatim tutores dati con­fir­mantur eadem lege duodecim tabularum his verbis: uti legassit super pecunia tutelave suae rei, ita ius esto.
  4. 4 Quellen: Cicero, de off. 1,12,37: Hostis enim apud maiores nostros is dicebatur, quem nunc peregrinum dicimus. Indicant duodecim tabulae: aut status dies cum hoste, item­que adversus hostem aeterna auctoritasFestus 273: Numa in secunda tabula secunda lege in qua scriptum est: «quid horum fuit unũ iudici arbitrove reove, eo die diffensus esto». 
  5. 5 Quellen: Gellius, noct. Att. 17,2,10: in duodecim autem tabulis verbum hoc ita scriptum est: «ante meridiem causam coniciunto, tum peroranto ambo praesentes. Post merdiem praesenti litem addicito. Si ambo praesentes, sol occasus suprema tem­pestas esto»; Varro, de lingua Lat. 7,51: […] duodecim tabulae dicunt: «solis occasus diei suprema tempestas esto»; Festus 305: […] in legibus XII.: «Solis […] ma tempestas esto».
  6. 6 Quellen: Gellius, noct. Att. 15,13,11: in XII tabulis scriptum est verbis: «aeris confessi rebusque <iure> iudicatis XXX dies iusti sunto». 
  7. 7 Quelle: Cicero, de leg. 2,23,58: «Hominem mortuum» inquit lex in XII «in urbe ne sepelito neve urito».
  8. 8 Nach Cicero, de leg. 2,23,59 bedeutet NEVE VRITO «non qui uratur sepeliri, sed qui humetur». 
  9. 9 Quelle: Festus 210: «Pedem struit» in XII. significat fugit, ut ait Ser. Sulpicius
  10. 10 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,1,45: Si volet, suo vivito. Ni suo vivit, qui eum vinctum habebit, libras farris endo dies dato.
  11. 11 Quelle: Servius ad Aen. 6,609: … ex lege XII tabularum venit, in quibus scriptum est «patronus si clienti fraudem fecerit, sacer esto»: si enim clientes quasi colentes sunt, patroni quasi patres, tantundem est clientem, quantum filium fallere.  
  12. 12 Quelle: Plinius, nat. hist. 28,2,17f.: non et legum ipsarum in duodecim tabulis verba sunt: qui fruges excantassit, et alibi: qui malum carmen incantassit?
  13. 13 Die Konsequenz einer solchen Handlung überliefert Cicero, de re publ. 4,10,12: XII tabulae cum perpaucas res capite sanxissent, in his hanc quoque sanciendam puta­ve­runt: si quis occentavisset sive carmen condidisset, quod infamiam faceret flagitiumve alteri «Wenn auch die Zwölftafeln auf sehr wenige Fälle Todesstrafe setzten, im Fol­genden glaubten sie, sie anordnen zu müssen: wenn jemand öffent­lich ein Spott­gedicht anstimmte oder ein Schmähgedicht verfasste, das einem ande­ren zur Un­ehre oder Schande gereichte».
  14. 14 Quelle: Plinius (siehe oben).
  15. 15 Zum Vergehen an sich bemerkt Plinius, nat. hist. 18,3,12: Frugem … aratro quaesi­tam noctu pavisse ac secuisse puberi XII tabulis capital erat, suspensumque Cereri necari iubebant, … inpubem praetoris arbitratu verberari noxiamve duplionemve de­cerni. Vgl. ferner Augustinus, de civ. Dei 8,19: Atque satas alio uidi traducere messes, eo quod hac pestifera scelerataque doctrina fructus alieni in alias terras transferri perhibentur, nonne in duodecim tabulis, id est Romanorum antiquissimis legibus, Cicero commemorat esse conscriptum et ei, qui hoc fecerit, supplicium constitutum?
  16. 16 Quellen: Cicero, de leg. 2,24,60: Illa iam significatio est laudis ornamenta ad mor­tuos pertinere, quod coronam virtute partam et ei qui peperisset et eius parenti sine fraude esse lex impositam iubet; Plinius, nat. hist. 21,3,7: inde illa XII tabularum lex: qui coronam parit ipse pecuniave eius, virtutis suae ergo duitor ei.
  17. 17 Diese Stelle bezieht sich auf Ehrenkronen, die dem Verstorbenen zu Lebzeiten ver­liehen wurde. 
  18. 18 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,10,7: Correptio manus in re atque in loco praesenti apud praetorem ex duodecim tabulis fiebat, in quibus ita scriptum est: «si qui in iure manum conserunt».
  19. 19 Quelle: Macrobius, sat. 1,4,19: Verba haec sunt: SI NOX FURTUM FACTUM SIT. SI IM OCCISIT IURE CAESUS ESTO. In quibus verbis id etiam notandum, quod ab eo quod est is non eum casu accusativo sed im dixerunt.
  20. 20 Quelle: Cicero, de leg. 2,24,60: «At cui auro dentes iuncti escunt, ast im cum ub sepeliet uretve, se fraude esto». 
  21. 21 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,1,48ff.: Sed eam capitis poenam sanciendae, sicuti dixi, fidei gratia horrificam atrocitatis ostentu novisque terroribus metuendam reddiderunt. Nam si plures forent, quibus reus esset iudicatus, secare, si vellent, atque partiri cor­pus addicti sibi hominis permiserunt. Et quidem verba ipsa legis dicam, ne existi­mes invidiam me istam forte formidare: «Tertiis» inquit «nundinis partis secanto. Si plus minusve secuerunt, se fraude esto». Nihil profecto inmitius, nihil inmanius, nisi, ut reapse apparet, eo consilio tanta inmanitas poenae denuntiatast, ne ad eam um­quam perveniretur
  22. 22 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,1,25: «Si morbus aevitasve vitium escit, qui in ius vocabit, iumentum dato; si nolet, arceram ne sternito».
  23. 23 Quelle: Ulpian, Frgm. 26: Id enim cautum est duodecim tabularum hac: si intestate moritur cui suus heres nec escit, agnatus proximus familiam habeto.
  24. 24 Quelle: Rhet. ad Her. 1,13,23: Lex: si furiosus existet, adgnatum gentiliumque in eo pecuniaque eius potestas esto.
  25. 25 Vgl. Festus 77: escit erit; vgl. ferner 302: superescit, supererit (mit Bezug auf Ennius, ann. 194).
  26. 26 Walde / Hofmann 1982, p. 694.
  27. 27 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,1,45: Sic enim sunt, opinor, verba legis: «Aeris confessi rebusque iure iudicatis triginta dies iusti sunto. Post deinde manus iniectio esto, in ius ducito. Ni iudicatum facit aut quis endo eo in iure vindicit, secum ducito, vincito aut nervo aut compedibus. Quindecim pondo ne minore aut si volet maiore vincito. Si volet, suo vivito. Ni suo vivit, qui eum vinctum habebit, libras farris endo dies dato. Si volet, plus dato».
  28. 28 IOVESATDEIVOSQOIMEDMITATNEITEDENDOCOSMISVIRCOSIED … «Es be­schwört bei den Göttern, wer mich schenkt: wenn das Mädchen dir nicht geneigt sein sollte, …».  
  29. 29 Vgl. Festus 47: antiqui dicebant […] sam pro suam […].
  30. 30 Quelle: Festus 371: Vias muniunto. Onisandi † lapidas † sunt †, qua volet, iumento agito.
  31. 31 Quelle: Cicero, de leg. 2,25,64: De lamentis vero expressa verbis sunt: «mulieres genas ne ra­dunto neve lessum funeris ergo habento».
  32. 32 Quelle: Gellius, noct. Att. 15,13,11: Item ex isdem tabulis id quoque est: «qui se sierit testarier …»
  33. 33 Vgl. Meiser 2010, S. 225.
  34. 34 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,1,12: Si iniuriam alteri faxit, viginti quinque aeris poe­nae sunto.
  35. 35 Quelle: Macrobius, sat. 1,4,19: Non esse ab re puto hoc in loco id quoque ammonere, quod decemviri in duodecim tabulis inusitatissime nox pro noctu dixerunt.Verba haec sunt: SI NOX FURTUM FACTUM SIT. SI IM OCCISIT IURE CAESUS ESTOMacro­bius verwendet allerdings den Konjunktiv Perfekt anstelle des sigmatischen Futurs.
  36. 36 Hier erhält die Gesetzesvorschrift durch die doppel­te Alliteration gleichsam eine poeti­sche Note. – Quelle: Ulpian, Dig. 9,4,2,1: In lege antiqua, si servus sciente domi­no furtum fecit, vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis, nec do­minus suo nomine tenetur.
  37. 37 Quelle: Festus 363: Talionis mentionem fieri in XII ait Verrius hoc modo: «Si membrum rapit, ni cum eo pacit, talio esto». 
  38. 38 Quelle: Festus 171: «Cum nexum faciet mancipiumque, uti lingua nuncupasset, ita ius esto».
  39. 39 Quelle: Ulpian, Fragm. 10,1: Id enim lex duodecim tabularum iubet his verbis: si pater filium ter venum dabit, filius a patre liber esto.
  40. 40 Quellen: Cicero, de leg. 2,24,60 (siehe oben); Plinius, nat. hist. 21,3,7: inde illa XII tabularum lex: qui coronam parit ipse pecuniave eius, virtutis suae ergo duitor ei. 
  41. 41 Quelle: Gellius, noct. Att. 20,1,25: «Si morbus aevitasve vitium escit, qui in ius voca­bit, iumentum dato; si nolet, arceram ne sternito».
  42. 42 Quelle: Festus 371: Vias muniunto. Onisandi † lapidas † sunt †, qua volet, iumento agito.