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Der Staat von Leonid Pitamic

  • Category: Articles
  • Region: Slovenia
  • Field of law: Legal Theory
  • Citation: , Der Staat von Leonid Pitamic, in: Jusletter IT 11 September 2014
Pitamic’ Werk Država (Der Staat) – erschienen 1927, nachgedruckt 1996 und 2009 – ist seiner Natur nach eine «allgemeine Staatslehre». Pitamic übersetzte das Werk in leicht geänderter Form ins Englische und veröffentlichte es 1933 unter dem Titel A Treatise on the State beim amerikanischen Verlag J. H. Furst Company (Baltimore, Maryland). − Pitamic behandelt den Staat als eine normative Erscheinung. Im Mittelpunkt des Staates stehen Rechtsnormen, die besagen, welches Gebiet, Volk und welche Gewalten zum Staat gehören und welchen Organisationen diese Qualität nicht zusteht: Der Staat ist «die Rechtsorganisation von Menschen auf einem bestimmten Gebiet, die unmittelbar dem Völkerrecht untergeordnet ist und der alle Rechtsorganisationen auf diesem Gebiet untergeordnet sind mit Ausnahme jener, die selbst unmittelbar vom zwischenstaatlichen Recht abhängen.» − Pitamic’ Stärke war es, dass er ein Gespür für die Grenzen der Reinen Rechtslehre hatte. Der rechtliche (normative) Aspekt des Staates ist derjenige, dem die Rechtswissenschaft nicht ausweichen kann, sie sollte ihn jedoch auch mit anderen Gesichtspunkten befruchten und im Dialog mit ihnen das Spezifikum und die Reichweite des Staates als einer «Rechtsorganisation (hervorgehoben von M. P.) von Menschen auf einem bestimmten Gebiet» begründen.
«Doch wer ist der ‹Gegner› des kämpfenden Rechtswissenschaftlers?
Die anderen Rechtswissenschaftler?
Der Forschungsbereich als ‹Gegenstand›?»
(Friedrich Lachmayer1)
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1. Pitamic’ Werk Država (Der Staat) – erschienen 1927, nachgedruckt 1996 und 2009 – ist seiner Natur nach eine «allgemeine Staatslehre».2 Pitamic übersetzte das Werk in leicht geänderter Form ins Englische und veröffentlichte es 1933 unter dem Titel A Treatise on the State beim amerikanischen Verlag J. H. Furst Company (Baltimore, Maryland).3

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Diese englische Übersetzung ist jetzt auch im Nachdruck erhältlich; sie wurde vom slowenischen Justizministerium im Herbst 2008 in Auftrag gegeben.
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Der Umstand, dass Pitamic’ Werk nicht den Titel bzw. Untertitel «allgemeine Staatslehre»4 trägt, ist technischer Natur. Das Werk ist nicht mit dem wissenschaftlichen Apparat geschrieben, der laufend die benutzten Quellen zitiert, sich auf sie bezieht und sich mit ihnen wissenschaftlich auseinandersetzen würde. Ein aufmerksamer Leser, der die Literatur kennt, wird gleich bemerken, dass Pitamic wissenschaftlich schreibt, jedoch zugleich auf eine solche Weise, dass der Text flüssig und gut lesbar ist. Und ein Text kann an Lesbarkeit gewinnen, wenn er keinen unmittelbaren wissenschaftlichen Apparat enthält. Bei Pitamic’ Werk ist der wissenschaftliche Apparat indirekt; er ist in den Text selbst eingegliedert, wo deutlich gesagt wird, über welche Theorien, Ideenströmungen, Autoren (und ihre Werke), Verfassungsordnungen usw. gesprochen wird. Wertvolle Hilfsmittel sind das Begriffsregister (S. 465–474)5 und eine Liste von, wie Pitamic es sagt, «einigen allgemeinen systematischen Werken über Staats- und zwischenstaatliches Recht aus der neueren Zeit, die ergänzende Lektüre sein könnten ...» (S. 478–480).

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Aus der Liste geht hervor, dass Pitamic sehr gut bewandert war und alle tragenden, insbesondere deutsch, englisch und französisch geschriebenen Werke berücksichtigte.6 Ein besonderes Gewicht kommt Jellineks Allgemeiner Staatslehre (4. Aufl., 1922) in Kelsens Allgemeiner Staatslehre (1925) zu. Jellineks Werk war die führende Schrift, die die damalige allgemeine Staatslehre kennzeichnete und noch heute ein zwingender Diskussionspartner ist.7 Das Kernmerkmal von Jellineks Werk ist es, dass er eine allgemeine Soziallehre des Staates8 und eine allgemeine Staatsrechtslehre9 entwickelte. Für Pitamic war auch Kelsens Werk von großer Bedeutung, das aufgrund der Reinen Rechtslehre «die staatlichen Institutionen vom Standpunkt des Staates als eines Systems von Rechtsnormen» erklärte (S. 479). Pitamic verheimlichte nicht, dass er von Kelsen beeinflusst war, er war jedoch zugleich auch ein suchender und kritischer Geist, der auch seine «eigenen Wege» ging.10

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2. Pitamic’ Država (Der Staat) ist in sechs Kapitel aufgeteilt, die sich auf eine abgeschlossene Weise mit der rechtlichen (normativen) Natur des Staates befassen. Schon am Anfang seines theoretischen Weges nahm Pitamic die ausschließlich (rein) normative Betrachtungsweise des Rechts nicht an. Er war sich bewusst, dass es kein in sich geschlossenes System von Rechtsnormen gibt, das man aus ihm selbst verstehen und behandeln könnte. Seit der bekannten Abhandlung Denkökonomische Voraussetzungen der Rechtswissenschaft (1917)11 war es für ihn unbestreitbar, dass für das Verstehen des Rechts, wie man heute sagen würde, auch die soziologische und axiologische Methode notwendig sind. Es handelt sich nicht darum, dass das Recht gegenständlich (normativ) rein ist, es geht vielmehr darum, dass einzelne Methoden deutlich angewendet und nicht miteinander «konfundiert» werden. Wenn uns das gelingt, vermeiden «wir diese Vermischung der Denkmethoden, die, wie auf anderen Gebieten, so auch hier schon viel Unheil angerichtet hat, lassen wir aber die beiden Richtungen, die ja doch aneinander angewiesen sind, sich gegenseitig stützen, dann kann sich uns jenes Ziel nähern, das wir mit allen – wohlgemerkt mit allen – Mitteln anzustreben haben: die Erkenntnis12

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Der tragende Teil des Buches ist sein erster Teil, der begründet, dass «der Staat eine Rechtsvereinigung oder Rechtsorganisation von Menschen ist» (S. 1). Der Begriff des Rechts oder der Rechtlichkeit wird nicht integral (synthetisch), sondern im Sinne des Prinzips der Zurechnung zwischen dem Tatbestand und der Rechtsfolge verstanden. Das Recht ist ein normatives (seinsollendes) Phänomen, das auf dem Prinzip (Gesetz) der Zurechnung aufbaut, während Naturgesetze ursächliche (kausale) Verbindungen zwischen Naturphänomenen erkennen. Mutatis mutandis muss man das auch für den Staat sagen, der von der Reinen Rechtslehre über Recht als «System von Rechtsnormen» definiert wird.13 Der Staat im rechtlichen (juridischen) Sinn ist «mit der Rechtsordnung identisch bzw. ist nur ein Ausdruck, der die Einheit der Rechtsordnung bedeutet.»14

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Dem rechtlichen (normativen) Verständnis des Staates ist der erste Teil des Buches gewidmet, der über das Wesen des Staates spricht (S. 1–64). Der zweite Teil untersucht die Staatsformen (S. 65–174). Im dritten Teil ist von Staatsnormen die Rede (S. 175–271). Der vierte Teil analysiert die Staatsorgane (S. 272–445). Der fünfte Teil befasst sich mit dem Staat und dem zwischenstaatlichen Recht (Völkerrecht) (S. 446–455), während der sechste Teil das Verhältnis des Staates zu nichtstaatlichen Organisationen betrachtet (S. 456–464).
[8]

3. Pitamic stellte schon in seiner Abhandlung Plato, Aristoteles und die reine Rechtstheorie (1921) fest, dass Plato und noch stärker Aristoteles «bei Erforschung der Begriffe Staat, Staatsbürger, Gesetz etc. streng normativ vorgingen»15 und fähig waren, methodischem Synkretismus auszuweichen.16 Am Beispiel von Aristoteles’ Politik begründet er, dass für den Staatsbegriff «die Idee des Staates als Ordnung, als Verfassungs- oder Rechtsordnung» wesentlich ist.17 Für jede Verbindung ist «die Idee, das System, die Art der Verbindung, und nicht das Verbundene als entscheidend erkannt.»18 Pitamic erkennt, dass gerade darin eine Parallele besteht zwischen der altgriechischen Auffassung, «die von den konstruktiven Hilfsmitteln der modernen Jurisprudenz frei war», und der Reinen Rechtslehre, «welche die Verselbständigung, Verdinglichung, Hypostasierung dieser Hilfsmittel wieder auflöst und lediglich als Hilfsmittel juristischer Denkökonomie gelten lassen will.»19

[9]

Pitamic behandelt den Staat als eine normative Erscheinung. Er lehnte ab sowohl die Machttheorie als auch die Theorie, die den Staat mit einem «ideellen System von Normen» gleichsetzte, sowohl die organische Theorie als auch die Theorien, die den Staat mit den Menschen, der Nation, dem Volk oder den Einwohnern gleichsetzten, und vertrat die Erkenntnis, dass sein ständiger Kern «eine Rechtsvereinigung oder Rechtsorganisation von Menschen» ist. Im Mittelpunkt des Staates stehen wieder Rechtsnormen, die besagen, welches Gebiet, Volk und welche Gewalten zum Staat gehören und welchen Organisationen diese Qualität nicht zusteht: Der Staat ist

    «die Rechtsorganisation von Menschen auf einem bestimmten Gebiet, die unmittelbar dem Völkerrecht untergeordnet ist und der alle Rechtsorganisationen auf diesem Gebiet untergeordnet sind mit Ausnahme jener, die selbst unmittelbar vom zwischenstaatlichen Recht abhängen.»20

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Für Pitamic’ Definition des Staates ist es charakteristisch, dass sie den Begriff der Staatssouveränität als der höchsten Rechtsgewalt relativiert. Die Staatsgewalt ist die höchste auf einem bestimmten Territorium und bezüglich der Menschen, die sich darauf befinden, nach außen ist sie jedoch dem Völkerrecht untergeordnet. Die Staatssouveränität ist mit dem Bestehen des Völkerrechts unvereinbar. Der Staat ist die höchste Rechtsgewalt nach innen, auf ihrem Territorium sind alle Rechtsorganisationen außer den internationalen dem Staat und nur über ihn, also indirekt, dem Völkerrecht untergeordnet.21 Dadurch erhält die Souveränität als Qualifikation des Staates «ihre ursprüngliche Bedeutung, nämlich ‹höher› (lat. superanus – M.P.) anstatt ‹höchster›».22 Der Staat ist also die höchste Rechtsorganisation auf dem Staatsterritorium, höher als er ist jedoch das Völkerrecht, dem der Staat untergeordnet ist. Völkerrechtliche Normen sind die Bedingung für die Festigkeit der zwischenstaatlichen Beziehungen.23

[11]

Der Umstand, dass der Staat von Pitamic normativiert wird, bedeutet nicht, dass der Staat für ihn lediglich und ausschließlich «ein ideelles System von Rechtsnormen» ist. Der Staat ist auch tatsächliche Gewalt, die sich «als die höchste Rechtsorganisation eines Staates» gefestigt hat. Der Staatsgewalt kommt die Qualität der «Rechtsgewalt» und somit «einer legitimen normativen Rechtsquelle» auf einem bestimmten Gebiet zu, wenn sie durch das Völkerrecht bestimmte Bedingungen erfüllt. Die Wirksamkeit des «ideellen Systems der Normen» (das ist ihre Übereinstimmung, sagt Pitamic, mit den Geschehnissen in der Welt der Ursachen und Wirkungen) ermöglicht und verursacht, dass das Recht positiv und dadurch überhaupt Recht ist, so wie andererseits die Wirksamkeit des Rechts eine Bedingung dafür ist, dass auch der Staat selbst positiv ist. Wirksam müssen insbesondere jene Rechtsnormen sein, die Pitamic mit dem Staat gleichsetzt. Von diesen fundamentalen Rechtsnormen sagt er, dass sie die höchste, reale und wirksame Rechtsorganisation auf einem bestimmten Gebiet darstellen.24

[12]

Fundamentale Normen, die die höchste Rechtsorganisation (den Staat) bilden, beziehen sich auf gesetz- und verfassungsgebende Organe.25,26 Diesen Normen rechnet er als «nicht weniger wichtig» auch alle jene Normen zu, die «bestimmten Organen die Zuständigkeit erteilen, dass sie die höchsten Normen, insbesondere die Verfassung, endgültig auslegen.»27 Es ist von besonderer Bedeutung, dass von diesen Normen auch die Normativität des Rechts abhängt: Sobald der Staat mit auf einem bestimmten Gebiet geltenden fundamentalen Rechtsnormen identisch ist, bedeutet das, dass auch alle anderen auf diesem Gebiet geltenden Rechtsnormen den ersteren Normen untergeordnet werden müssen.28 Keineswegs ist es jedoch der Staat, der – mit Pitamic’ Worten – «an der Quelle» des Rechts steht: Wenn man die Staatsgrenzen überspringt, ist da noch das Völkerrecht,29 schließlich handelt es sich um die Frage der Natur des Rechts, der die Menschlichkeit das Grundkriterium der Rechtlichkeit ist.30

[13]

4. Der zweite Teil des Buches behandelt Staatsformen. Es liegt in der Natur der Sache, dass der rechtlichen (normativen) Auffassung des Staates auch die Analyse der Staatsarten und -formen treu bleibt. Pitamic folgt den Ansätzen von Jellinek31 und Kelsen32, dass der Unterscheidungsmaßstab rechtlicher Natur ist. Pitamic erkennt die Staatsformen «aus dem Inhalt der höchsten Rechtnormen, die auf einem bestimmten Staatsgebiet gelten,» d.h. aus den Normen, die man traditionell mit der geschriebenen oder ungeschriebenen Verfassung gleichsetzt.33 In einer glänzenden positivrechtlichen Analyse, die auf den Errungenschaften des demokratischen Staates und des Rechtsstaates beruht, unterscheidet er Staaten mit einem einzigen höchsten, nicht an Rechtsformen gebundenen Organ (Despotie), Staaten mit einem einzigen höchsten, an Rechtsformen gebundenen Organ (absolute Monarchie, absolute Republik) sowie Staaten mit mehreren höchsten, sich ergänzend agierenden Organen. Die letztere Staatsform interessiert ihn als Ständestaat und insbesondere als der moderne Staat, der der Idee der Repräsentation und dem Grundsatz der Gewaltenteilung entspricht und als einheitlicher Staat oder als entsprechende Staatsverbindung geordnet ist.

[14]

Das Hauptrechtsmerkmal der Despotie ist, dass «bekannt ist, wer sie ausführt», es besteht jedoch keine Rechtssicherheit, weil das Recht der jeweilige Wille des Despoten ist (S. 70 – 71). Anders ist es in der absoluten Monarchie, in der der Wille des Monarchen «in einer bestimmten Form ausgedrückt werden muss» (S. 71). Ein förmlicher Ausdruck des Willens wird auch vom Volk verlangt. Es handelt sich um Aristokratie, wenn «die entscheidende Gruppe des Volkes zahlenmäßig klein und durch Geburt oder Reichtum qualifiziert ist» (S. 72), während bei direkter Demokratie der Wille des Volkes das höchste Gesetz ist (S. 73). Direkte Demokratie entspricht nicht den modernen Bedürfnissen einer staatsrechtlich organisierten Gesellschaft, eine begrenzte (doch bedeutende) Rolle kommt dem Referendum als der unmittelbaren Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebungsgewalt zu. Pitamic behandelt das Referendum als das Bindeglied zwischen der direkten und indirekten Demokratie.

[15]
Der Schwerpunkt des zweiten Teils ist der moderne Staat, der zusammen mit dem Ständestaat eine Unterform des Staates mit mehreren höchsten einvernehmlich agierenden Organen ist. Der moderne Staat bringt Elemente, die noch heute von zentraler Bedeutung für einen Staat sind. Diese Elemente sind zunächst die Ideen der Repräsentanz und der Gewaltentrennung (-teilung). Die Idee der Repräsentanz gestaltet die Natur des Abgeordnetenmandats, das aus dem imperativen Mandat, wie es für den Ständestaat charakteristisch ist, zum freien Mandat wird. Das Grundelement der Repräsentanz ist es, dass der einzelne «Abgeordnete kein Mandatar seiner Wähler oder seines Wahlbezirks ist, sondern das gesamte Parlament der Mandatar des gesamten Volkes, nämliche der Gesamtheit der Wähler ist» (S. 93). Die Abgeordneten üben einen öffentlichen Dienst aus und sind verpflichtet, nach «ihrem besten Wissen» die Interessen der Gemeinschaft zu verwirklichen (S. 95). Diese Lösung ist auch in die geltende Verfassung der Republik Slowenien aufgenommen worden.34
[16]
Ebenso bedeutend ist auch die Analyse der Genese und der zentralen Elemente des Grundsatzes der Gewaltentrennung. Er behandelt sie am Beispiel von geschichtlich ausgeformten Prototypen, wie sie sich in England (parlamentarische Monarchie), Frankreich (parlamentarische Republik)35 und in den Vereinigten Staaten (präsidentielle Republik) entwickelt haben. In die Gewaltentrennung ist immer ein entsprechendes System von Checks and Balances eingebaut, das verhindert, dass eine von den mehreren Gewalten totalitär würde.
[17]

Eine besondere Stellung gebührt den Ausführungen, die dem zusammengesetzten Staat gewidmet sind. In diesem Rahmen befasst sich Pitamic mit dem Staatenbund (Konföderation), dem Bundesstaat (Föderation) sowie mit der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken und dem Britischen Imperium. Für die slowenische geschichtliche Erfahrung ist es besonders wertvoll, wie er bereits 1927 die Tätigkeit der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken bewertete. Er sagt, dass man das System nur verstehen und im rechten Licht erblicken kann, wenn man weiß, dass

    «hinter dem Staatsapparat die mächtige kommunistische Partei steht, die durch ihr eigenes Komitee über alle Fragen der Innen- und Außenpolitik entscheidet. Die Tätigkeit dieses Komitees, das insbesondere in Personalfragen eine absolute Macht auf dem ganzen Territorium ausübt, kann man nur schwer mit dem föderalen Staatsaufbau, wie er in der schriftlichen Verfassung festgelegt ist, in Einklang bringen» (S. 162–163).

[18]

5. Der dritte Teil des Buches behandelt Staatsnormen, die Pitamic in die Verfassung, das Gesetz und die Verordnung gliedert. Dabei baute er auf Verdross’ «Einheit des rechtlichen Weltbildes» auf36, zugleich richtete er jedoch auch sein Augenmerk darauf, dass das Recht eine stufenartige Rechtsordnung ist, womit sich im Rahmen der Wiener rechtstheoretischen Schule am intensivsten Adolf Merkl befasst hatte.37 Die Spitze der Rechtspyramide sah er im zwischenstaatlichen Recht, das dem Staatsrecht übergeordnet ist und zugleich die Bedingungen bestimmt, unter denen «jede tatsächliche Gewalt, die sich auf irgendeine Weise als die höchste Organisation eines Staates gefestigt hat, als rechtliche Gewalt anerkannt werden muss» (S. 14).

[19]

Durch das Dynamische des Stufenbaus des Rechts erklärt sich, dass das Recht in einem Staat aus mehreren Gruppen von Normen (z.B. Verfassungs-, Gesetzes- und untergesetzlichen Normen) besteht, die verschiedene Stufen der Rechtskraft aufweisen. Einzelne Gruppen sind einander über- oder untergeordnet – von der höchsten, mit der die niedrigere formell und inhaltlich übereinstimmen muss, über Zwischengruppen, die wieder den höheren untergeordnet und zugleich den niedrigeren übergeordnet sind, bis zu den niedrigsten Normen, die nur noch eine Konkretisierung der höheren sind. Die Gesamtheit aller dieser Normen in der einzelnen staatlich organisierten Gemeinschaft nennt Pitamic Gesellschaftsorganisation im weiteren Sinne des Wortes, während jene Normen, die nur die Staatsorgane und deren Zuständigkeit bestimmen, als Organisationsnormen oder als Rechtsorganisation im engeren Sinne des Wortes definiert werden (S. 175–176).

[20]

Durch die Unterscheidung zwischen Rechtsnormen im weiteren und engeren Sinne des Wortes kann Pitamic begründen, warum trotz des möglichen Widerspruchs zwischen einzelnen Stufen des Rechts (z.B. zwischen der Verfassung und dem Gesetz) die Einheit des Rechts erhalten bleibt. Von den Normen, die die Zuständigkeit der Staatsorgane bestimmen, hängt es ab, ob einzelne Staatsorgane überhaupt die Übereinstimmung der niedrigeren Stufe des Rechts mit der höheren (z.B. des Gesetzes mit der Verfassung oder der Verordnung mit dem Gesetz) beurteilen können und welche diese Staatsorgane sind. In der Natur des Rechts liegt es, dass «nicht alle Staatsorgane die gleichen Rechte bezüglich der Auslegung der ganzen Rechtsordnung haben» und dass einige von ihnen «absolut an bestimmte Stufen der Rechtsordnung gebunden sind» (S. 408 und 444).38 Das bedeutet, dass ins Rechtssystem der Grundsatz der Teilung der Zuständigkeiten eingebaut ist, der mit dem Grundsatz der Kontrolle (Aufsicht) verbunden ist. Und nicht nur das: Sobald ein Staatsorgan nicht zuständig ist, die Übereinstimmung einer Rechtsnorm mit einer höheren zu beurteilen, «verstärkt sich der Grundsatz der Teilung der Kompetenzen zum Grundsatz der Rechtskraft.» Eine Folge dieser Grundsätze ist es, dass mancher Rechtsakt (z.B. ein Gesetz oder eine Verordnung) gilt und durchgeführt werden muss, obwohl er nicht mit dem höheren Akt (z.B. ein Gesetz mit der Verfassung) in Einklang steht, und dass ebenso manche rechtskräftige Urteile oder Verwaltungsbescheide gelten, obwohl sie nicht mit den Rechtsakten, auf denen sie beruhen, übereinstimmen (S. 444–445).

[21]

Pitamic’ Behandlung von Rechtsnormen ist in den Begriffsapparat und in die Begriffsstruktur der Reinen Rechtslehre eingespannt, in einem bestimmten Umfang werden jedoch auch bereits Zweifel und inhaltliche Akzente laut, die ihn von den Abhandlungen Čista pravna teorija in naravno pravo (Die reine Rechtstheorie und das Naturrecht, 1941)39 und O ideji prava (Von der Rechtsidee, 1943)40 an zur Erkenntnis führen, dass positives Recht und Naturrecht unzertrennbar verbunden sind.41 Mit der Reinen Rechtslehre stimmt die Feststellung überein, dass die Rechtsnatur der einzelnen Rechtsstufen von der Form des Rechtsaktes und der Zuständigkeit des ausgebenden Organs abhängt:

    «So wie man ohne Berücksichtigung des positiven Rechts das Gesetz inhaltlich nicht von der Verfassung unterscheiden kann, kann man auch die Verordnung inhaltlich nicht vom Gesetz unterscheiden. Auch hier sieht man, dass das spezifisch Rechtliche an einer Norm nicht ihr Inhalt, sondern ihre Form ist. (...) Lediglich die Rechtsgeltung oder die Rechtskraft ist in allen diesen Fällen unterschiedlich; und das Erkennungszeichen für die Rechtskraft ist die Form dieser Akte und die Kompetenz derer, die sie tun» (S. 265–266).

[22]
Die Formelemente sind zweifellos bedeutend und entscheiden mit, was und wie rechtlich geregelt werden soll. Der Verdienst der Reinen Rechtslehre ist es, dass sie diese Seite des Rechts scharf erblickt, weil sie sich nicht auch mit dem Inhalt des Rechts befasst. Dieser Ausgangspunkt war jedoch Pitamic, wie bereits gesagt, schon am Anfang seines theoretischen Weges fremd. Im Gegensatz zur gegenständlichen Reinheit sprach er sich für die methodologische Reinheit aus, also für eine Unterscheidung zwischen den Blickwinkeln, unter denen das Recht erforscht wird. In diesem Zusammenhang machte er auch in Verbindung mit den Rechtsnormen ausdrücklich auf die inhaltliche Bedeutung der Moral und der Grundrechte aufmerksam. Bezüglich der Grundrechte stellt er ausdrücklich fest, dass sie zwar tatsächlich positivrechtlich definiert werden, jedoch als Naturrechte «eine wichtige Voraussetzung für die Existenz des positiven Rechts sind» (S. 203). Mutatis mutandis betrachtet er auch das Verhältnis zwischen Macht und Moral, zwischen denen immer eine entsprechende Spannung besteht. Durch die positivrechtliche Regelung der Grundrechte wird gerade bezweckt, dass die Spannung zwischen Macht und Moral nicht zu stark wird (siehe S. 205).
[23]
6. Weitaus am umfangreichsten ist der vierte Teil des Buches, der den Staatsorganen gewidmet ist. Den Forschungsgegenstand bilden das Staatsoberhaupt, das Parlament, die Minister und die ihnen untergeordneten Organe (die Staatsverwaltung) sowie Selbstverwaltungs- und Justizorgane. Teilweise war von diesen Organen bereits im vorherigen Abschnitt die Rede, der sich mit den Staatsnormen befasste. Beide Themengruppen sind verflochten, jedoch auch unterschiedlich, weil man zwischen der Rechtsordnung als einem System von Rechtsnormen und der Rechtsordnung als einer Organisation von über- und untergeordneten Staatsorganen unterscheiden muss. Es wäre logisch, dass die niedrigere Rechtsnorm mit der höheren Rechtsnorm in Einklang stünde, doch hängt die positivrechtliche Durchführung davon ab, wer feststellen soll, dass die niedrigeren Rechtsnormen im Gegensatz zu den höheren Rechtsnormen stehen (siehe S. 434–435). Zugleich muss man berücksichtigen, dass Staatsorgane voneinander getrennt sind (der Grundsatz der Gewaltenteilung), dass sie unterschiedliche Zuständigkeiten haben (der Grundsatz der Zuständigkeitsteilung) und dass rechtliche Entscheidungen schließlich «endgültiges und verpflichtendes Recht» werden [der Grundsatz der Rechtskraft (siehe S. 444)]. Diese Grundsätze haben zur Folge, dass so manche Norm (z.B. ein Gesetz oder eine Verordnung) gilt, das heißt, dass sie «von bestimmten Staatsorganen durchgeführt werden» muss, obwohl sie nicht mit der Verfassung in Einklang steht; dasselbe gilt für ein rechtskräftiges Urteil, das nicht mit dem Gesetz in Einklang steht (S. 445).
[24]
Pitamic’ Analyse ist sehr subtil; er interessiert sich sowohl für das inhaltliche Handeln der einzelnen Arten von Staatsorganen als auch für die Rechtsfolgen dieses Handelns. Die Rechtsfolgen sind das Ergebnis der Rechtsentscheidung; die Handlung des Staatsorgans hat eine Rechtsfolge, die ihr im Hinblick auf die entsprechende Rechnorm zugerechnet wird (der Grundsatz der rechtlichen Zurechnung). Lediglich ein revolutionärer Gesetzgeber ist rechtlich ungebunden; wenn sein Handeln gemäß dem zwischenstaatlichen Recht beurteilt wird, bedeutet das, dass er in diesem Umfang nicht frei ist (S. 408).
[25]
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Rechtssicherheit, einem der zentralen Rechtswerte. Man erreicht eine größere Rechtssicherheit und inhaltliche Qualität, wenn bedeutende menschliche Güter durch eine Verfassung und Gesetze geregelt werden, die relativ beständig und schwer zu ändern sind. Gesetze werden entweder vom Volk selbst (direkte Demokratie) oder von «der vom Volk gewählten Volksvertretung» (indirekte Demokratie) geschaffen (S. 416). Mit dem konkreten Schutz der Rechtsgüter, die Gegenstand der verfassungsmäßigen und gesetzlichen Regelung sind, sollen Richter betraut werden, die im Gegensatz zur «Kabinettjustiz» selbstständig und unabhängig urteilen. Die Mittel, die die richterliche Unabhängigkeit sichern, sind der Aufbau der Gerichte, die Stellung und die Bezahlung der Richter (S. 417). Bedeutende rechtliche Sicherheiten für die richterliche Unabhängigkeit sind das Verbot der Versetzung des Richters ohne seine Zustimmung, seine Unabsetzbarkeit ohne Gerichtsentscheidung, Verbot seiner Pensionierung vor der Erreichung eines bestimmten Lebensalters, falls er nicht selbst darum ersucht, usw. (S. 417).
[26]
Eine empfindliche Frage ist auch die Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Gerichtssachen. Am einfachsten wäre die lediglich formale Unterscheidung, die nur die Organe berücksichtigt, die einzelne Arten der Rechtsakte ausgeben. Pitamic bietet ein inhaltliches Unterscheidungskriterium an. Verwaltungssachen sind jene, bei denen der Schwerpunkt am verwaltungsmäßigen Handeln liegt, und Gerichtssachen sind jene, wo es insbesondere um Urteilen und Entscheiden geht (S. 409 ff.). Das Unterscheiden zwischen den beiden Arten von Staatsorganen ist nicht absolut, sondern notwendigerweise «graduell» (S. 415). Eine Folge dieses Stufenaufbaus ist es, dass für Gerichtsbarkeit strengere Verfahrensmaßstäbe gelten und dass «gewöhnlich gerichtliche Maßnahmen nicht ohne ein ausdrückliches Urteil oder einen Rechtsspruch getroffen werden» (S. 415). Grundsätzlich gehört in die Zuständigkeit der Gerichtsbarkeit, was «durch eine größere Rechtssicherheit geschützt werden soll» (S. 415).
[27]

Ein ständiger Refrain von Pitamic’ Werken ist die Frage, wer derjenige ist, der die Spitze der Rechtspyramide endgültig auslegt. Im Staatsrecht ist die Spitze der Pyramide die Verfassungsnorm (die Verfassung), die die Grundlage (der Ausgangspunkt) des positiven Rechts ist. Wer für die Auslegung dieser Spitze zuständig ist, steht «gemäß der Verfassung selbst außerhalb der Verfassung, weil er sie auf eine autoritative Weise interpretieren darf. Das ist eine Antinomie, die einen latenten Selbstmord bedeutet, der in einer Norm erscheint, die sich selbst zerstört.»42 Noch mehr: das Organ, das für die Auslegung der Verfassung zuständig ist, hat «das formelle Recht, die Grundlagen des positiven Rechts zu revolutionieren» und dadurch zu erreichen, «dass jede Rechtsordnung an einem bestimmten Punkt eine Negation ihrer selbst ist.»43 Inhaltlich gesehen befindet sich dieses Recht bereits außerhalb der Rechts und an jenem Punkt, an dem das Handeln des Auslegers «nicht mehr durch Rechtsnormen, sondern durch andere, z.B. Religions- oder Moralnormen gewährleistet wird.»44

[28]

Zu diesen Fragen kehrt Pitamic auch in Država (Der Staat) zurück und stellt an einer entsprechenden Stelle fest, dass der endgültige Ausleger Herr «über die Norm ist, weil als ihre Bedeutung das gilt, was er feststellt» (S. 441). Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen wird genauer erforscht. Pitamic verbirgt nicht, dass er die gerichtliche Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen befürwortet; er behandelt sie an dem Beispiel der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit in konkreten Fällen, wie sie in den Vereinigten Staaten gilt, und am Beispiel der Beurteilung, für die besondere Verfassungsgerichte zuständig sind (z.B. in der damaligen Republik Österreich).45

[29]
Es würde den erlaubten Umfang überschreiten, wenn ich bei allen Fragen einen Halt machen wollte, mit denen sich Pitamic im Teil über Staatsorgane befasst. Ein gemeinsames Merkmal der Analyse ist es, dass sie auf Rechtsvergleichung und geschichtlicher Entwicklung basiert. Wer lesen kann, sieht schnell, dass ein mechanisches Übertragen von Lösungen aus einem ins andere System gefährlich werden kann, wenn man nicht die Verhältnisse berücksichtigt, in denen einzelne Rechtsinstitute und Rechtsformen tätig sein können. Unter den behandelten Themen muss man insbesondere auf das Kapitel über das Parlament aufmerksam machen, wo er die Geschichte des Parlaments, das Zweikammersystem, die Wahlen, die Geschäftsordnung des Parlaments und die Privilegien der Parlamentsmitglieder erforscht. Der Abschnitt über die Wahlen (S. 302–378) befindet sich auf einer sehr hohen analytisch-theoretischen Ebene. Pitamic’ Erörterungen müssen noch heute (wenigstens in Slowenien) von jedem, der sich auf eine vertiefte Weise mit den Wahlen theoretisch befassen will, berücksichtigt werden.
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7. Es ist bereits (siehe Pkt. 3 und 5) gesagt worden, dass Pitamic «die Einheit des rechtlichen Weltbildes», dessen Spitze zwischenstaatliches Recht46 ist, befürwortet. Ein wesentliches Element des Staates ist es, dass er direkt dem zwischenstaatlichen Recht untergeordnet ist. Im fünftem Teil seines Buches (Der Staat und zwischenstaatliches Recht) führt er geschlossen einige Beispiele an, die beleuchten, wie der Staat dem zwischenstaatlichen Recht untergeordnet ist.

[31]
Die zentralen Rechtsquellen des zwischenstaatlichen Rechts sind Gewohnheitsrecht und Vertragsrecht. Die Verpflichtung von zwischenstaatlichen Verträgen beruht auf der gewohnheitsrechtlichen Norm, dass Verträge einzuhalten sind (Pacta sunt servanda, S. 447). Entscheidend ist es, dass die Quelle der Geltung des zwischenstaatlichen Rechts vom Willen der einzelnen Staaten unabhängig sein muss, weil sonst Staatsrecht über dem zwischenstaatlichen Recht stünde und die Staatsorganisation «nicht gegenüber einem fremden Staat gebunden sein könnte» (S. 447).
[32]
Die Ratifizierung des zwischenstaatlichen Vertrags ist kein Argument gegen die Überordnung des zwischenstaatlichen Rechts. Eine Möglichkeit ist es, dass die Bestimmungen über die Ratifizierung aus dem niedrigeren Staatsrecht in das höhere (zwischenstaatliche) Recht übergehen und «deshalb obligatorisch zwischen den Staaten werden» (S. 450). Man kann auch anders argumentieren. Man kann sagen, dass das zwischenstaatliche Recht es dem Staatsrecht überlässt, «einige formelle Bedingungen für den Abschluss von Verträgen, insbesondere die Billigung durch das Parlament» selbst zu bestimmen (S. 451).
[33]
Ein größeres Problem ist die einfache Tatsache, dass Staaten oft nicht in Einklang mit dem zwischenstaatlichen Recht handeln und es somit verletzen. Pitamic gibt an, dass auch innerhalb des Staates nicht »«alles ungültig ist, was der Verfassung widerspricht» (S. 454). Neben der Hierarchie der Rechtsnormen muss man auch die Hierarchie der staatlichen und zwischenstaatlichen Organe (zusammen mit den Grundsätzen der Zuständigkeit, der Gewaltenteilung und der Rechtskraft; siehe Pkt. 5) berücksichtigen. Das bedeutet, dass das Recht, das einem höheren Recht widerspricht, ausgeführt wird, bis das zuständige Organ sein Urteil ausspricht (S. 454). Trotz Verletzungen und «Uneinigkeit in Vollziehung» sind Staats- und zwischenstaatliches Recht «ein Rechtssystem, weil nur in ein und demselben System Über- und Unterordnung möglich ist» (S. 455).
[34]

Pitamic ist Realist und sich vollständig bewusst, dass die zwischenstaatliche Organisation «noch nicht so stark wie die einzelnen Staatsorganisationen» ist und deshalb die Sicherheiten für die Überordnung des zwischenstaatlichen Rechts wesentlich schwächer als die Sicherheiten für die Vollziehung des Staatsrechts sind (S. 454). Diese realistische Sicht spricht dafür, dass Pitamic Befürworter der gemäßigten monistischen Theorie ist. Den gemäßigten Monisten kommen auch gemäßigte Befürworter der dualistischen Theorie nahe. Zwischen dem Staatsrecht und dem zwischenstaatlichen Recht (Völkerrecht) gibt es immer mehr Zusammenarbeit und auch der Umfang der Sachen, die aus Völkerrecht in das innere Recht (Staatsrecht) aufgenommen werden, wird immer breiter.47 Gemäßigter Monismus ist auch das erkenntnistheoretische Postulat, das die Richtung aufzeigt, in die sich Völkerrecht entwickeln sollte.48

[35]
8. Sehr kurz ist auch der letzte (sechste) Teil des Buches, der das Verhältnis des Staates zu nichtstaatlichen Organisationen erforscht und analysiert. Pitamic ist sowohl am Verhältnis von Recht zu nichtrechtlichen (z.B. religiösen, moralischen und ästhetischen) Normen als auch am Verhältnis von Staat zu nichtstaatlichen Organisationen interessiert. In beiden Fällen kann das Recht bzw. der Staat nichtrechtliche Normen bzw. nichtstaatliche Organisationen entweder verbieten oder sie «einverleiben» oder sie erlauben. Am empfindlichsten ist die Frage des Verhältnisses zwischen dem Staat und den religiösen Organisationen, darum ist es verständlich, dass er ihr die größte Aufmerksamkeit schenkt. In diesem Rahmen analysiert er eingehend die Natur des Konkordats. Wie für das ganze Buch ist es auch für das letzte Kapitel des Buches charakteristisch, dass es analytisch genau, fließend und auf die zu behandelnde Frage konzentriert geschrieben ist.
[36]
9. Pitamic’ Država (Der Staat) ist eine wertvolle Monographie über den Staat als ein rechtliches (normatives) Phänomen. Der rote Faden ist der Staat als «Rechtsorganisation (hervorgehoben von M. P.) von Menschen auf einem bestimmten Gebiet». Pitamic’ umfangreiches Wissen veranlasste ihn, rechtliche Ansichten und Betrachtungen auch mit anderen Aspekten zu ergänzen. Soziologischen und politologischen Blickwinkeln gab er verhältnismäßig wenig Raum, intensiv berücksichtigte er jedoch die Geschichte des rechtspolitischen Denkens, die Geschichte der verfassungsmäßigen Einrichtungen und die Erkenntnisse der Verfassungsrechtsvergleichung. Pitamic’ Država (Der Staat) ist nicht nur ein noch immer aktueller Beitrag zur Theorie des Rechts und des Staates, sondern auch ein Grundwerk, an dem wenigstens noch Rechtsgeschichte, Theorie des Verfassungsrechts (zusammen mit der Verfassungsrechtsvergleichung), Theorie des Verwaltungsrechts und Theorie des Völkerrechts nicht vorbei können.
[37]

10. Zur Zeit als Država (Der Staat) geschrieben wurde, hat Pitamic bereits eine klare Front gegenüber der Reinen Rechtslehre (auf ihrer damaligen Entwicklungsstufe) bezogen. Wie bereits gesagt, war sein grundlegender Einwand, dass eine normative Methode den Gegenstand der Rechtswissenschaft nicht einseitig definieren kann.49 Im Gegensatz zur gegenständlichen Reinheit des Rechts, die von Kelsen begründet wurde, sprach sich Pitamic für einen methodologisch reinen Ansatz, an das Recht heranzugehen, aus.

[38]
Es liegt in der Natur dieses Ansatzes, dass er neben der normativen Methode auch die soziologische und axiologische Seite des Rechts und des Staates berücksichtigt. Im Mittelpunkt stand zweifellos die normative Methode, die auf dem Grundsatz der normativen Zurechnung aufbaute. Neben dieser Methode berücksichtigte er auch die soziologische und insbesondere die axiologische Methode. Er unterschied scharf zwischen den Methoden, weil er sich der Fallen bewusst war, die methodologischen Synkretismus begleiten. Wenn man dem ausweicht, erreicht man, dass sich die Methoden gegenseitig unterstützen.50
[39]

Pitamic’ Stärke war es, dass er ein Gespür für die Grenzen der Reinen Rechtslehre hatte.51 Es handelt sich insbesondere um soziologische und axiologische Stellen, aus denen Normativität entsprießt und auf die sie sich auch stützt. Im Mittelpunkt befindet sich jedenfalls die normative Dimension des Rechts und des Staates. Der rechtliche (normative) Aspekt des Staates ist – ob man es will oder nicht – derjenige, dem die Rechtswissenschaft nicht ausweichen kann, sie sollte ihn jedoch auch mit anderen Gesichtspunkten befruchten und im Dialog mit ihnen das Spezifikum und die Reichweite des Staates als einer «Rechtsorganisation (hervorgehoben von M. P.) von Menschen auf einem bestimmten Gebiet» begründen.

[40]

Pitamic’ methodologischer Ansatz ist breiter als Kelsens. Die methodologische Breite ermöglichte ihm, dass er – wenigstens auf seine Weise – schärfer die Bedeutung der normativen Zurechung bewerten konnte, als das Kelsen möglich war. Für Pitamic war es sehr charakteristisch, dass er auch hinter jedem noch so komplexen normativen Aufbau den Menschen sah, der das Agens des Rechts ist und für den das Recht bestimmt ist. Diese Frage ist am empfindlichsten bei einer juristischen Person (z.B. dem Staat), hinter der sich verschiedenste Individuen «verstecken» können. Für Pitamic ist die Frage der normativen (rechtlichen) Zurechnung immer auch eine Ethikfrage. «Wir dürfen nicht vergessen,» schrieb er in seiner Abhandlung Kritični pogledi na juridično osebo (Kritische Betrachtungen über die juristische Person), dass «das Individuum die Grundlage jeder Gesellschaft ist, dass ‹omne jus hominum causa› ist und dass auch die Gesellschaft nicht bestehen kann ohne das Grundprinzip jeder Moral: dass der Mensch individuell für seine Handlungen verantwortlich ist.»52

[41]

Soziologische und axiologische Grundlagen und Grenzen, die den Staat als Rechtsorganisation umschließen, negieren nicht die Normativität des Staates und die Bedeutung dieser Normativität, sie sind allenfalls ein Impuls und Agens, die dem Staat als einer Organisation von Menschen auf einem bestimmten Gebiet Sinn geben. Diese kurze methodologische Mitteilung kann, wenn man sie konsequent ausführt, der normativen Theorie des Staates neue Dimensionen und auch einen neuen Auftrieb geben. Jegliches Beharren bei der reinen Normativität (des Rechts und/oder des Staates) stößt – ob man es will oder nicht – auf unüberwindliche Hindernisse, die nur jene Theorie überwinden kann, die anstatt auf gegenständlicher Reinheit auf einer angemessenen methodologischen Reinheit der Erkennung des Rechts und/oder des Staates aufbaut. Die Normativität des Rechts53 und/oder des Staates ist tatsächlich deren wesentliches Merkmal, jedoch ein Merkmal, das in den Wertungs- und soziologischen Raum, in dem die Menschen tätig sind, eingeordnet werden muss.


 

Prof. Dr. Marijan Pavčnik, Pravna fakulteta (Juristische Fakultät), Ljubljana, Slowenien.

  1. 1 Lachmayer, F.: Die wissenschaftspolitische Rhetorik Hans Kelsens in der ersten Auflage seiner Reinen Rechtslehre. Essays in Legal Theory in Honor of Kaarle Makkonen. The Yearbook of the Finish Lawyers Society, 1983, Vol. XVI, S. 122.
  2. 2 Siehe Kunz, J. L. A Treatise on the State. Von Leonidas Pitamic. 301 S. Baltimore: J. H. Furst Comp. 1933. Zeitschrift für öffentliches Recht, 1934, Vol. 14, No. 2, S. 259.
  3. 3 Siehe ibidem, S. 259–261.
  4. 4 Über die Natur der Staatsrechtslehre siehe: Schulze-Fielitz, H. (Hrsg.). Staatrechtslehre als Wissenschaft. Die Verwaltung. Zeitschrift für Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaften, Beiheft 7, 2007. Pitamic erörtert die Staatslehre als rechtliche (normative) Lehre. Aus diesem Grund siehe insbesondere den Beitrag von Dreier, H.: Hans Kelsens Wissenschaftsprogramm (S. 81–114) und den Beitrag von Wiederin, E.: Denken vom Recht her. Über den modus austriacus in der Staatsrechtslehre (S. 293–317). Siehe und vgl. auch Troper, M. Pour une théorie juridique de l’état. Paris: Presses Universitaires de France, 1994. Siehe insbesondere die Einführung, S. 5 ff.
  5. 5 Wenn im Text nur Seitenzahlen angeführt sind, bedeutet das, dass ich mich auf Pitamic, L. Država (Der Staat). Celje: Družba sv. Mohorja, 1927, beziehe. Dieses Buch wurde 1996 und 2009 anastatisch nachgedruckt.
  6. 6 Die Autoren, deren Werke sich auf der Liste befinden, sind: A. Esmein, L. Duguit, J. Barthélemy – P. Duez, G. Jellinek, H. Kelsen, J. Hatschek, A. V. Dicey, D. Chalmers – C. Asquith, J. Bryce, P. Fauchille – H. Bonfils, A. Verdross, L. Oppenheim und S. Jovanović (S. 478–480).
  7. 7 Siehe z.B. Kersten, J. Georg Jellinek und die klassische Staatslehre. Tübingen: Mohr Siebeck, 2000 und Paulson, S. L.; Schulte, M. (Hrsg.). Georg Jellinek – Beiträge zu Leben und Werk. Tübingen: Mohr Siebeck, 2000.
  8. 8 Jellinek, G. Allgemeine Staatslehre. 3. Aufl. (unter Verwertung des handschriftlichen Nachlasses durchgesehen und ergänzt von W. Jellinek). Berlin: Verlag von Julius Springer, 1920, S. 129–379.
  9. 9 Ibidem, S. 381-795. Vgl. Kelsen, H. Der soziologische und der juristische Staatsbegriff. Kritische Untersuchungen des Verhältnisses von Staat und Recht. Tübingen: Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1922.
  10. 10 Siehe Pitamic’ Vorwort zu Država (Der Staat, Fn. 4): «Ein Kenner der Materie wird z.B. sehen können, wie der Wiener Professor Kelsen und seine Schule meine Anschauungen beeinflusst haben; er wird jedoch vielleicht auch bemerken, dass ich stellenweise meine eigenen Wege gegangen bin» (S. II). – Vgl. Novak, A. Pitamic, dozdevni Kelsnov učenec (Pitamic, Kelsen’s Seeming Pupil). Zbornik znanstvenih razprav, 2007, Vol. 67, S. 211 ff.
  11. 11 Denkökonomische Voraussetzungen der Rechtswissenschaft. Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht, 1917, Vol. 3, S. 339–367. Nachdruck in Pitamic, L. Na robovih čiste teorije prava/An den Grenzen der Reinen Rechtslehre. Hrsg. und Einführungsstudie: Pavcnik, M. Ljubljana: Slovenska akademija znanosti in umetnosti, Pravna fakulteta, 2005 (Nachdruck: 2009), S. 33–49 und S. 175–203 (in der Fortsetzung abgekürzt als «Pitamic. An den Grenzen der RR»). Alle Abhandlungen, die in diesem Buch nachgedruckt sind, haben eine doppelte Seitenangabe: zuerst ist die Seite aus dem Erstdruck (in Klammern), dann folgt die laufende Nummer des Buches. In der Fortsetzung werden nur die Seiten aus dem Erstdruck zitiert.
  12. 12 Pitamic. An den Grenzen der RR (Fn. 10), S. 366–367.
  13. 13 Pitamic, L. Nove smeri v pravni filozofiji (Neue Richtungen in der Rechtsphilosophie). Zbornik znanstvenih razprav, 1921, Vol. 1, S. 251.
  14. 14 Ibidem, S. 251.
  15. 15 Pitamic, L. Plato, Aristoteles und die reine Rechtstheorie. Zeitschrift für öffentliches Recht, 1921, Vol. 2, S. 700. Diese Abhandlung ist nachgedruckt in Pitamic. An den Grenzen der RR (Fn. 10).
  16. 16 Ibidem, S. 683.
  17. 17 Ibidem, S. 688.
  18. 18 Ibidem, S. 688. Siehe auch Verdross, A. Abendländische Rechtsphilosophie. 2. Aufl. Wien: Springer Verlag, 1963, S. 44. Vgl. Kelsen, H. Gott und Staat. Logos, 1922/1923, Vol. 11, S. 261–284. Nachdruck in Klecatsky, H.; Marcic, R., Schambeck, H. (Hrsg.). Die Wiener rechtstheoretische Schule. Schriften von Hans Kelsen, Adolf Merkl, Alfred Verdross. Wien: Europa Verlag, 1968, Vol. 1, S. 180.
  19. 19 Pitamic: Plato, Aristoteles und die reine Rechtstheorie (Fn. 14), S. 684.
  20. 20 Pitamic: Država (Der Staat, Fn. 4), S. 44.
  21. 21 Ibidem, S. 40.
  22. 22 Ibidem, S. 40.
  23. 23 Ibidem, S. 37. Vgl. (siehe) auch Kelsen, der in seinem Werk Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts [Wien: Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1920] Pitamic’ Abhandlung Die parlamentarische Mitwirkung bei Staatsverträgen in Österreich (Wien, Leipzig: Franz Deuticke, 1915) zitierte und dabei darauf aufmerksam machte, dass Pitamic monistisch konstruiert, wenn er das Verhältnis zwischen Staats- und Völkerrecht behandelt. Siehe Fn. 5 auf S. 176–177.
  24. 24 Siehe Pitamic: Država (Der Staat, Fn. 4), S. 7 und S. 14–17.
  25. 25 Ibidem, S. 16.
  26. 26 Vgl. Pitamic: Plato, Aristoteles und die reine Rechtstheorie (Fn. 14): «Es ergibt sich also: Staat bedeutet die Gemeinschaft der Verfassung; Verfassung ist die Organisation oder die Ordnung der Behörden. Es findet sich bei Aristoteles keine Spur von einer Subjektivierung oder Hypostasierung dieser Ordnung in einer Staatspersönlichkeit, wohl aber nennt er in einer durchaus passenden Metapher die Verfassung, d.i. die oberste Rechtsordnung, gewissermaßen das ‹Leben› des Staates (S. 686).» Siehe auch Država (Der Staat, Fn. 4), S. 16.
  27. 27 Pitamic: Država (Der Staat, Fn. 4), S. 17.
  28. 28 Ibidem, S. 17.
  29. 29 Ibidem, S. 446 ff.
  30. 30 Die Genese von Pitamic’ Ansicht betreffend die Natur des Rechts erörtere ich in Pavcnik, M. An den Grenzen der Reinen Rechtslehre (Die Rechtsauffassung von Leonid Pitamic), in Pitamic. An den Grenzen der RR (Fn. 10), S. 153–173, und Pavcnik, M. Die Frage der rechtlichen Grundnorm (Pitamic’ Brief an Hans Kelsen). Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 2010, Vol. 96, No. 1, S. 87–103. Siehe auch Neumann, F. Leonid Pitamic, An den Grenzen der Reinen Rechtslehre. Herausgeber und Einführungsstudie: Marijan Pavčnik. Ljubljana 2009 (Erstausgabe 2005). Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 2011, Vol. 97, No. 2, S. 279–281.
  31. 31 Jellinek: Allgemeine Staatslehre (Fn. 7), S. 665 ff.
  32. 32 Kelsen, H. Vorrede zur zweiten Auflage [Hauptprobleme der Staatsrechtslehre. Tübingen: Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1923], S. XVI ff. Siehe auch Kelsen, H. Staatsform als Rechtsform. Zeitschrift für öffentliches Recht, 1925/26, Vol. 5, S. 73–93.
  33. 33 Pitamic: Država (Der Staat, Fn. 4), S. 65 ff.
  34. 34 Art. 82, Abs. 1.: «Die Abgeordneten sind Vertreter des gesamten Volkes und an keine Weisungen gebunden.»
  35. 35 Die Verfassung der Fünften Republik aus dem Jahr 1958 führte in Frankreich eine Mischform des parlamentarischen und präsidentiellen Regierungssystems ein.
  36. 36 Verdross, A. Die Einheit des rechtlichen Weltbildes auf Grundlage der Völkerrechtsverfassung. Tübingen: Mohr Siebeck, 1923 und Verdross, A. Die Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft. Wien, Berlin: Verlag von Julius Springer, 1926. Siehe auch die Buchbesprechung von Pitamic, L. Enotnost pravne vesoljnosti (Die Einheit des rechtlichen Weltbildes). Slovenski pravnik (Ljubljana), 1924, Vol. 38, No. 1–2, S. 40–48. – Verdross stellt korrekt fest (Die Einheit des rechtlichen Weltbildes, S. VII), dass sich für die «Einheit des juristischen Weltbildes» auch Sander, F. (Das Faktum der Revolution und die Kontinuität der Rechtsordnung. Zeitschrift für öffentliches Recht, 1919/1920, Vol. 1, S. 143 und Fn. 3 auf der S. 143) eingesetzt hat.
  37. 37 Siehe Merkl, A. Das doppelte Rechtsantlitz. Juristische Blätter, 1918, Vol. 47, S. 425–427, S. 444–447, S. 463–465, Merkl, A. Die Lehre von der Rechtskraft. Leipzig, Wien 1923 und Merkl, A. Prologomena einer Theorie des rechtlichen Stufenbaues, in Verdross, A. (Hrsg.). Gesellschaft, Staat und Recht. Untersuchungen zur Reinen Rechtslehre. Wien: Verlag von Julius Springer, 1931, S. 252–308. Siehe (vgl.) auch Walter, R. Der Aufbau der Rechtsordnung. 2. Aufl. Wien: Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, 1974; Koller, P. Zur Theorie des rechtlichen Stufenbaues, in Paulson, S. L.; Stolleis, M. (Hrsg.). Hans Kelsen. Staatsrechtslehrer und Rechtstheoretiker des 20. Jahrhunderts. Tübingen: Mohr Siebeck, 2005, S. 106–121, und Jabloner, C. Stufung und «Entstufung» des Rechts. Zeitschrift für öffentliches Recht, 2005, Vol. 60, S. 163–185.
  38. 38 Siehe auch Pitamic, L. Državno in meddržavno pravo pod vidikom enotnega sistema (Staatsrecht und zwischenstaatliches Recht unter dem Gesichtspunkt eines Einheitssystems). Zbornik znanstvenih razprav, 1923, Vol. 2, S. 123.
  39. 39 Čista pravna teorija in naravno pravo (Die reine Rechtstheorie und das Naturrecht). Razprave pravnega razreda Akademije znanosti in umetnosti v Ljubljani, 1941, Vol. 1, S. 175–195.
  40. 40 O ideji prava (Von der Rechtsidee). Zbornik znanstvenih razprav, 1943, Vol. 19, S. 185–204.
  41. 41 Dieses Problem erörtere ich in Pavcnik: Die Frage der rechtlichen Grundnorm (Fn. 29), S. 99 ff. Über Pitamic und die Genese von Kelsens Grundnorm siehe Novak, A. Metamorfoze Kelsnove temeljne norme in Leonid Pitamic (Methamorphoses of Kelsen’s Basic Norm and Leonid Pitamic). Zbornik znanstvenih razprav, 2008, Vol. 68, S. 203–232. Siehe auch Walter, R. Die Grundnorm im System der Reinen Rechtslehre. Festschrift für Werner Krawietz zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Aarnio, A. (u.a.). Berlin: Duncker & Humblot, 1993, S. 85–99, bes. 90–91, und Paulson, S. L. Die unterschiedlichen Formulierungen der «Grundnorm». Festschrift für Werner Krawietz (Fn. 40), S. 53–74, bes. 56.
  42. 42 Pitamic, L. Pravo in revolucija (Recht und Revolution). Ljubljana: Tiskovna zadruga, 1920, S. 16.
  43. 43 Ibidem, S. 23.
  44. 44 Ibidem, S. 14. Vgl. auch mit seinem Standpunkt in Država (Der Staat, Fn. 4), S. 17: «Denn das Recht, die höchsten Normen in einem Staat verpflichtend zu interpretieren, ist manchmal noch wichtiger als die verfassungsgebende Gewalt selbst; das wird vor allem durch die Bedeutung der Rechtsprechung in den Vereinigten Staaten von Amerika bewiesen. Wenn sich die angegebenen Normen ändern, ändert sich auch die Staatsform.»
  45. 45 Über subtile Fragen der verfassungsgerichtlichen Argumentation siehe z.B. Holländer, P. Ústavněprávní argumentace. Praha: Linde, 2003 und Verfassungsrechtliche Argumentation – zwischen dem Optimismus und der Skepsis. Berlin: Duncker & Humblot, 2007.
  46. 46 Der übliche Begriff ist Völkerrecht (internationales Recht). In diesem Beitrag benutze ich Pitamic’ Begriff, der offensichtlich davon ausgeht, dass Staaten die tragenden Rechtssubjekte des zwischenstaatlichen bzw. Völkerrechts sind. Die natürliche Entwicklung geht in die Richtung, dass Völkerrecht immer stärker auch mit dem Schicksal des Menschen als Individuum verbunden ist [siehe Türk, D. Temelji mednarodnega prava (Grundlagen des Völkerrechts). Ljubljana: GV Založba, 2007, S. 26 und S. 137 ff.].
  47. 47 Über neuere theoretische Ansichten betreffend das Verhältnis zwischen dem Staats- und Völkerrecht siehe Škrk, M. Odnos med mednarodnim pravom in notranjim pravom v praksi Ustavnega sodišča (The Relationship between International Law and Internal Law in the Case Law of the Constitutional Court). Pravnik (Ljubljana), 2007, Vol. 62, No. 6–8, S. 276 ff., und Türk: Temelji mednarodnega prava (Fn. 45), S. 70 ff. Siehe auch Degan, V. Đ. Međunarodno pravo (Völkerrecht). 2. Aufl. Rijeka: Pravni fakultet Sveučilišta u Rijeci, 2006, S. 15 ff.
  48. 48 Siehe auch Kelsen, H. Reine Rechtslehre. 1. Aufl. (1934). Nachdruck. Aalen: Scientia Verlag, 1995, S. 134 ff.
  49. 49 Über das Verhältnis zwischen Forschungsmethode und -gegenstand siehe die kritischen Ausführungen von Winkler, G. Rechtstheorie und Erkenntnislehre. Wien, New York: Springer Verlag, 1990, S. 89 ff., S. 147 ff. und S. 184 ff.
  50. 50 Siehe Fn. 11.
  51. 51 Siehe auch die Buchbesprechung von Neumann, U. (Fn. 29).
  52. 52 Pitamic, L. Kritični pogledi na juridično osebo (Kritische Betrachtungen über die juristische Person). Zbornik znanstvenih razprav, 1925, Vol. 4, S. 242. – Über die weitere Entwicklung von Pitamic’ Rechtstheorie siehe die Beiträge von Pavcnik, M. (Fn. 29) und von Novak, A. (Fn. 40).
  53. 53 Vgl. mit den Stellungnahmen in der tschechischen Theorie des Rechts: Kubes, V.; Winberger, O. (Hrsg.). Die Brünner rechtstheoretische Schule (Normative Theorie). Wien: Manz Verlag, 1980; Vecera, M. František Weyr. Brno: Nadace Universitas Masarykiana, 2001 und Machalova, T.; Horak, O. Die Rezeption der Reinen Rechtslehre in der tschechischen Rechtswissenschaft, in Walter, R.; Jabloner, C.; Zeleny, K. (Hrsg.). Hans Kelsen anderswo. Wien: Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, 2010, S. 187–202.