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Ermächtigung. Grundmodalität der Reinen Rechtslehre

  • Author: Stanley L. Paulson
  • Category: Articles
  • Region: Germany
  • Field of law: Legal Theory
  • Citation: Stanley L. Paulson, Ermächtigung. Grundmodalität der Reinen Rechtslehre, in: Jusletter IT 11 September 2014
Es wird in der allgemeinen Rechtslehre angenommen, Hans Kelsen habe unter der «rekonstruierten Rechtsnorm» einen hypothetisch formulierten, an das Rechtsorgan gerichteten Befehl verstanden. Spät in den dreißiger Jahren führte er jedoch die Ermächtigung als die Grundform der hypothetisch formulierten Rechtsnorm ein. In den vierziger und fünfziger Jahren ging Kelsen noch weiter, wenn er die Rechtspflicht als elliptisch für eine bestimmte Konfiguration von Ermächtigungen begreift. Demnach wollte er ab diesem Zeitpunkt die Rechtspflicht als abgeleiteten Begriff verstanden wissen. Kelsens Rechtslehre wird damit zu einem radikalen Rechtspositivismus.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Kelsens Verständnis der Form und der Norm-Individuierung
  • 3. «Doppelte Wirkungsmöglichkeit» und die «Doppelnorm»
  • 4. Die hypothetisch formulierte Rechtsnorm als Ermächtigung
  • 5. Schlussbemerkung

1.

Einleitung ^

[1]
Das Objektive im Recht ist ein Fixpunkt im Werk Hans Kelsens. Es spiegelt sich in der Sprachform des Rechtssatzes wider,1 im Kampfe gegen den naturrechtlich infizierten Begriff des subjektiven Rechtes2 und im kantisch inspirierten transzendentalen Argument zugunsten der objektiven Geltung von Rechtsnormen.3 Kelsen stellt sich der Frage, wie das Objektive im Recht zu erkennen und zu begründen ist. Das Erkennen und das Begründen des Rechts sind für Kelsen dabei zwei Seiten einer Medaille, da seine auf das Recht bezogene Erkenntnistheorie gleichzeitig zur Begründung der objektiven Geltung von Rechtsnormen dienen soll.4 Hier geht es jedoch allein um Kelsens Begriff der Ermächtigung im Hinblick auf die Herausstellung und Bewahrung des Objektiven im Recht. Sie, die Ermächtigung, fungiert ab den späten dreißiger Jahren als Grundmodalität innerhalb seiner Rekonstruktion der Rechtsordnung.
[2]
Der Ausgangspunkt meiner folgenden Gedanken ist Kelsens Formbegriff. Dessen beste – und radikalste – Veranschaulichung zeigt sich im Projekt der Norm-Individuierung.

2.

Kelsens Verständnis der Form und der Norm-Individuierung ^

[3]
Kelsens Vorliebe für den Begriff der Form ist unverkennbar. Dies zeigt etwa sein in den 1911 erschienenen «Hauptproblemen der Staatsrechtslehre» zum Ausdruck gebrachtes Plädoyer zugunsten der Form klar und deutlich:

    «Erkennt man [...], daß die Jurisprudenz die Form und nur die Form zu erfassen hat, dann darf man konsequenterweise in die Rechtsbegriffe keine anderen als formale Elemente aufnehmen. Damit ist jene Richtung innerhalb der konstruktiven Jurisprudenz abgelehnt, die durch eine Verbindung von formalen und materiellen Elementen in den Rechtsbegriffen den ‹scholastischen› Formalismus der Jurisprudenz vermeiden zu können glaubt. Der einer rein formalen Methode immer wieder gemachte Vorwurf, daß sie ‹unbefriedigende› Resultate liefere, weil sie nicht das wirkliche Leben erfasse, das tatsächliche Rechtsleben unerklärt lasse, beruht auf einer völligen Verkennung des Wesens der Jurisprudenz, die eben die Wirklichkeit der Seinswelt nicht zu erfassen, das Leben nicht zu ‹erklären› hat. Die rein formalen Rechtsbegriffe als inhaltslose Formeln für wertlos erklären, hieße ebensoviel, wie die Begriffe der Geometrie verwerfen, weil sie lediglich die Formen der Körper erfassen, ohne über deren Inhalt etwas auszusagen. Und der Versuch, den hohlen Formeln der Rechtsbegriffe dadurch Leben und praktischen Wert einzuflößen, daß man neben den formalen auch substantielle Elemente in dieselben aufnimmt, sie auch etwas über den Inhalt der Rechtserscheinung aussagen läßt, m.a.W. das Zweckmoment in den Begriff einführt, bedeutete den analogen methodischen Fehler, der in einer Definition der Kugel gelegen wäre, die das Material berücksichtigt, das im konkreten Falle die Kugelform birgt. Mit Rücksicht auf ihren formalen Charakter aber kann die Jurisprudenz mit einem freilich nicht in allen Punkten zutreffenden Gleichnis als eine Geometrie der totalen Rechtserscheinung bezeichnet werden.»5

[4]
Die Hauptaufgabe der Rechtswissenschaft besteht für Kelsen also im Erfassen der Form des Rechts. Den Inhalt des Rechts in den Mittelpunkt der rechtswissenschaftlichen Forschung zu stellen, wäre demnach schon im Ansatz verfehlt. Mit seiner abschließenden Zeile, die Rechtswissenschaft lasse sich als «eine Geometrie der totalen Rechtserscheinung» bezeichnen, unterstreicht Kelsen die Rolle, die er der Form als dem Gegenstande der Rechtswissenschaft zuweist – selbst wenn er zugeben muss, dass dieser Vergleich natürlich nicht in jeder Hinsicht zutreffen kann.
[5]
Im gleichen Werk spricht Kelsen noch die Bedeutung der Form für die Struktur der Rechtsnorm an. Dabei geht es ihm um ein Programm der Norm-Individuierung, der Bestimmung der «idealen Sprechform des Rechtssatzes»:

    «Die Frage, ob der Rechtssatz als Imperativ oder als hypothetisches Urteil aufzufassen sei, ist die Frage nach der idealen Sprachform des Rechtssatzes oder auch nach dem Wesen des objektiven Rechtes. Der praktische Wortlaut, dessen sich die konkreten Rechtsordnungen bedienen, ist für die Entscheidung des Problems irrelevant. Der Rechtssatz muß aus dem Inhalt der Gesetze herauskonstruiert werden und die Bestandteile, die zu seiner Konstruktion nötig sind, finden sich häufig nicht einmal in demselben Gesetze, sondern müssen aus mehreren zusammengestellt werden.»6

[6]
Normen zu individuieren gleicht in Kelsens Lehre der Bestimmung ihrer Struktur, ihrer idealen Sprachform. Wie sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte erweisen sollte, liegt hierin ein zentraler Baustein der Rechtslehre Kelsens. Die Suche nach der idealen Sprachform der Rechtsnorm ist der Schlüssel zu seiner normentheoretischen Auffassung, welche wie von selbst zum Begriff der Ermächtigung als grundlegender Kategorie in der Rekonstruktion der «idealen Sprachform» der Rechtsnorm führt.
[7]
Mit seinem Programm der Norm-Individuierung nimmt Kelsen ein Motiv auf, das uns bereits aus den rechtstheoretischen Arbeiten Jeremy Benthams bekannt ist:

    «Was ist ein Gesetz? Was sind die Bestandteile eines Gesetzes? Gegenstand dieser Fragen, so gilt es zu beachten, ist das logische, das ideale, das intellektuelle Ganze, nicht das physische: das Recht und nicht das Gesetz. Eine Untersuchung des letztgenannten Gegenstandes bereitete weder besondere Schwierigkeiten noch führte sie weiter.»7

[8]
Benthams Untersuchung ist weder gerichtet auf die Einzelheiten der Formulierung von Gesetzesbestimmungen, um die der Gesetzgeber oft ringt, noch auf die technische Gliederung des Rechts «in Gesetze, Paragraphen, Absätze, Vorschriften, Satzungen usw.»8 Vielmehr ist Benthams Fragestellung logischer bzw. begrifflicher Art, und damit auf das Erfassen des «ideale[n], [des] intellektuelle[n] Ganze[n]» gezielt. Kelsens Programm ist hiermit vergleichbar. Er lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass die «Bestandteile», die zur Konstruktion individuierter Normen notwendig sind, «sich häufig nicht einmal in demselben Gesetz» fänden, sondern «aus mehreren zusammengestellt werden» müssten.9
[9]
Trotz der verschiedentlichen Umwälzungen in Kelsens normentheoretischen Überlegungen über den gesamten Zeitraum seines Schaffens von sechzig Jahren ist kaum zu verkennen, dass sein Hauptgrund dafür, sich mit der Normenindividuierung zu befassen, darin besteht, das Recht so scharf wie möglich von der Moral zu unterscheiden. Es liegt nahe, diese Unterscheidung mit Hilfe einer Unterscheidung verschiedener Arten der Formen von Normen zu rekonstruieren, nämlich rechtlicher Normen auf der einen und moralischer Normen auf der anderen Seite. Deswegen ist Kelsen auch von Anfang an nicht bereit gewesen, der Rekonstruktion von Rechtsnormen die Theorie der Normen als Imperative – nach der jede Norm im Kern einen Imperativ darstellt – zugrundezulegen.
[10]
Spät in den dreißiger Jahren verzeichnet Kelsen einen Durchbruch: Es gelingt ihm, eine wahrhaft radikale Lehre von der Rechtsnorm aufzustellen. Im Zentrum steht die Ermächtigung als die Grundform der Rechtsnorm, als deren «ideale Sprachform». In den vierziger und fünfziger Jahren geht Kelsen noch weiter, wenn er zeigt, dass sich der Begriff der Pflicht aus einer Verknüpfung von Ermächtigungsnormen verschiedener Stufen konstruieren lasse. Das Endergebnis innerhalb der klassischen bzw. neukantianisch inspirierten Rechtslehre Kelsens besteht damit in einem einheitlichen normentheoretischen Programm, das in der 2. Auflage der Reinen Rechtslehre seine vollständigste Darlegung finden sollte.
[11]
Kelsens normentheoretisches Programm stellt sich als Widerspiegelung der Forderungen seines Reinheitspostulats dar. Nach diesem kann sich die Rechtswissenschaft weder auf Fakten noch auf die Moral berufen, womit ihre Argumentation weder naturalistisch noch moralisch sein darf. Der Versuch Kelsens, eine charakteristisch juridische Form der Rechtsnorm begrifflich zu bilden, stellt einen wesentlichen Teil dieses allgemeinen, sich im Reinheitspostulat widerspiegelnden Programmes dar. Denn eine der zentralen dem Reinheitspostulat zu entnehmenden Einschränkungen, dass man sich beim Aufbau einer Rechtslehre nicht auf die Moral berufen dürfe, ist mit der charakteristisch juridischen Form der Rechtsnorm unmittelbar gewährleistet. Als «charakteristisch juridisch» lässt sie sich der Form nach nicht mit Moralnormen verwechseln.
[12]
Um Kelsens weitere Verfolgung dieses Programmes zu skizzieren, lohnt es sich, auf sein begriffliches Instrumentarium in den «Hauptproblemen» einzugehen. Dabei geht es um das Leitmotiv der «doppelten Wirkungsmöglichkeit» der «Doppelnorm».

3.

«Doppelte Wirkungsmöglichkeit» und die «Doppelnorm» ^

[13]
Kelsen umschreibt mit der «doppelten Wirkungsmöglichkeit» des Rechtssatzes dessen Eigenschaft, nicht nur «befolgt», sondern auch «angewendet» werden zu können.10 Dabei geht es um die Unterscheidung der Befolgung durch den Rechtsunterworfenen von der Anwendung durch einen Richter oder sonst zur Anwendung Berufenen. Als Imperativ richtet sich die Rechtsnorm an das Rechtssubjekt, und dieses befolgt die Rechtsnorm entweder oder es befolgt sie nicht. Im letztgenannten Fall wird die Rechtsnorm als hypothetisch formulierte, an das Rechtsorgan gerichtete Sanktionsnorm verstanden, die wegen der fehlenden Befolgung durch das Rechtssubjekts angewendet wird. Kelsen führt aus:

    «Ein Rechtssatz, der niemals ‹befolgt› wird, würde darum nicht aufhören, Rechtssatz zu sein. Die Rechtsnorm führt materiell noch ein anderes Leben als im Befolgtwerden. Sie wird ‹angewendet›, und zwar gerade in jenen Fällen, in denen sie nicht befolgt wird.»11

[14]
Dieses Leitmotiv der «doppelten Wirkungsmöglichkeit» der Rechtsnorm – in den Worten des Rechtsanthropologen Paul Bohannan die «doppelte Institutionalisierung»12 – lenkt die Aufmerksamkeit auf das allgemeine Problem, welches Kelsen zu untersuchen sich vorgenommen hat: In welcher Beziehung stehen diese beiden Wirkungen zueinander, in welcher Weise verhalten sich die beiden Seiten dieser «Doppelkonstruktion» zueinander?
[15]
Worauf Kelsen hinaus will, lässt sich anhand des letzten Satzes im Zitat zeigen: Wenn Kelsen schreibt, «sie» werde «angewendet», wenn sie nicht befolgt werde, worauf bezieht sich das «sie»? Zwei Deutungen werfen sich auf. Erstens: Gibt es eine Norm mit zwei Funktionen? Wenn ja, wie sieht die Form einer derart doppelten Norm aus, die sowohl vom Rechtsunterworfenen zu befolgen als auch vom Rechtsanwender anzuwenden sei? Oder gibt es, zweitens, zwei voneinander zu unterscheidende Normen in einem Rechtssatz, einerseits den an das Rechtssubjekt gerichteten Imperativ und andererseits die hypothetisch formulierte, an das Rechtsorgan gerichtete Sanktionsnorm?
[16]
Wenn Kelsen bereit wäre, der letztgenannten Deutung der zweifachen Norm zu folgen, ergäbe sich ein neues Problem: Das Bestehen des ersten Norm-Typus, des an das Rechtssubjekt gerichteten Imperativs, scheint Kelsens Ziel zu unterminieren, das Recht schon begrifflich, anhand der Form der Rechtsnorm, von der Moral zu unterscheiden. Denn die erste Norm enthält ein an das Rechtssubjekt gerichtetes Gebot. Losgelöst von der zweiten Norm ist dieses Gebot nichts anderes als der rechtliche Imperativ, dessen Gemeinsamkeiten mit dem moralischen Imperativ gerade das Problem aufwerfen, das zu lösen Kelsen sich aufgegeben hat.
[17]
Dieses im Blick kommt es nicht von ungefähr, wenn Kelsen den Imperativ, das an das Subjekt gerichtete Gebot, für überflüssig erklärt:

    «Neben diesen an die Staatsorgane gerichteten Imperativen stehen nun die an die Untertanen gerichteten, das rechtmäßige Verhalten fordernden. Diese letzteren sind genau genommen vollkommen überflüssig, denn sie sagen dem Untertanen nichts anderes, als die ersteren».13

[18]
Mit diesen Worten lehnt er die zweite Deutungsvariante klar ab. Aber auch die erste Deutung, nach der ein und derselben Norm zwei verschiedene Funktionen zukommen – die sog. Doppelnorm –, lehnt Kelsen mit der zitierten Formulierung ab. Die Ablehnung auch dieser Deutung läßt sich damit erklären, daß Kelsen sich mit seinem Objektivierungsprogramm von jeder Form eines an das Rechtssubjekt gerichteten Gebots distanzieren will – dieses Ziel wird im Laufe seiner Darstellung immer augenfälliger.
[19]
Folglich findet weder die Doppelnorm (die erste Deutung) noch die Idee der zwei voneinander zu unterscheidenden Normen (die zweite Deutung) Eingang in Kelsens «idealer Sprachform» der Rechtsnorm. Stattdessen stellt er allein auf die hypothetisch formulierte Sanktionsnorm ab. Die sekundäre Norm – so Kelsens nach 1925 verwendete Bezeichnung für den an das Subjekt adressierten Imperativ – sei nichts als eine Art und Weise, auf den Inhalt der Rechtspflicht hinzuweisen –, der nur dann und deswegen als Inhalt einer Rechtspflicht gilt, wenn das gegensätzliche Verhalten Bedingung eine Sanktion ist:

    «[E]in Verhalten [ist] nur insofern Inhalt einer Rechtspflicht, als sein kontradiktorisches Gegenteil unter Zwangssanktion steht, das heißt: Bedingung eines Zwangaktes ist.»14

[20]
In einem Aufsatz aus dem Jahre 1928 geht Kelsen wesentlich weiter:

    «[I]ch soll, bin verpflichtet, nicht zu stehlen, oder: ich soll, ich bin verpflichtet, ein empfangenes Darlehen zurückzuerstatten, bedeutet positiv rechtlich nichts anderes als: wenn ich stehle, soll ich bestraft werden, wenn ich ein empfangenes Darlehen nicht zurückerstatte, soll gegen mich Exekution geführt werden.»15

[21]
Kelsens Behauptung in dieser Passage ist recht problematisch – zumindest wenn man sie als These hinsichtlich des Sinnes der gegenübergestellten Begriffe versteht. Denn es ist nicht zu verkennen, dass sich die Pflicht des Rechtssubjekts und die damit verknüpfte hypothetisch formulierte Sanktionsnorm sowohl extensional als auch intensional unterscheiden. Dieser Einwand liegt derart deutlich auf der Hand, dass man Kelsen diese These schwerlich zuschreiben kann. Vor dem Hintergrund des Kelsenschen Programms drängt sich vielmehr die Auslegung dieser Passage als eine Stipulation auf. Hierauf wird in Abschnitt 4 noch zurückzukommen sein. Dort soll gezeigt werden, dass Kelsen nach einer Lesart seiner Normentheorie bereit ist, den Begriff der Rechtspflicht aufzugeben bzw. diesen Begriff als elliptisch für eine bestimmte Konfiguration von Ermächtigungsnormen zu verwenden.
[22]
Zuerst ist aber auf Kelsens Durchbruch der Ermächtigung als der Grundform der Rechtsnorm einzugehen.

4.

Die hypothetisch formulierte Rechtsnorm als Ermächtigung ^

[23]
Was genau versteht Kelsen eigentlich unter einer «Pflicht», die an das Rechtsorgan gerichtet ist? Seine Antwort auf diese Frage kristallisiert sich erst spät in den dreißiger Jahren langsam heraus, und Kelsen entwickelt seine Antwort in seiner «General Theory of Law and State» (1945) und der zweiten Auflage der «Reinen Rechtslehre» (1960) weiter. Kurz gesagt: Es gibt in der Kelsenschen Rechtslehre der vierziger und fünfziger Jahre keinen Begriff der Pflicht. Die Pflicht ist bei Kelsen ein abgeleiteter Begriff, der in der Kategorie von Ermächtigungsnormen ausgedrückt wird. Diese These der von Ermächtigungsnormen abgeleiteten Pflicht bildet den Kern des radikalen normentheoretischen Ansatzes Kelsens; ihr soll im Folgenden näher nachgegangen werden.
[24]
Kelsen deutet diese These das erste Mal in einer ausführlichen Erwiderung auf die Völkerrechtstheorie von Georges Scelle an. Hier führt er die hypothetisch formulierte Sanktionsnorm als Ermächtigungsnorm ein und unternimmt es, den Begriff der Rechtspflicht mit Hilfe der Ermächtigung zu explizieren:

    «Es gäbe allerdings eine Möglichkeit, den Begriff der Rechtspflicht – wenn schon nicht aufzulösen –, so doch auf den der Kompetenz zu basieren, jenen auf diesen zurückzuführen. Wenn man nämlich die Rechtspflicht eines Individuums zu einem bestimmten Verhalten immer nur dann als gegeben anerkennt, wenn im Fall des gegenteiligen Verhaltens ein anderes Individuum von der Rechtsordnung ermächtigt ist, gegen das erste eine Sanktion zu setzen; und wenn man die Ermächtigung zur Setzung der Sanktion als ‹Kompetenz› gelten läßt; dann beruhte die Rechtspflicht des einen auf der Sanktions-Kompetenz des anderen.»16

[25]
Das Entstehungsdatum dieses Textes ist nicht genau zu ermitteln, er entstammt aber den dreißiger Jahren. Vor dem Hintergrund der späteren Entwicklungen der Kelsenschen Lehre und der Rolle, die die Ermächtigung in diesen spielen sollte, wird deutlich, dass diese Passage nicht weniger als einen Durchbruch in Kelsens Schaffen darstellt. Es ist seine Antwort auf die programmatische Frage, die er in den «Hauptproblemen» gestellt hatte, was man unter der «idealen Sprachform» der Rechtsnorm zu verstehen habe. Die ideale Sprachform der Rechtsnorm besteht, so Kelsen an dieser Stelle, in den Ermächtigungsmodalitäten – der Ermächtigung selbst sowie in den damit verknüpften Hohfeldschen Permutationen der Haftung, des Unvermögens und der Immunität.17 Kelsen arbeitete diese Idee erst später, zunächst in der «General Theory of Law and State», dann auch und vor allem in der zweiten Auflage der «Reinen Rechtslehre» weiter aus.
[26]
In seiner «General Theory» behauptet Kelsen, die hypothetisch formulierte primäre Norm, die an das Rechtsorgan adressiert ist, sei «die einzige echte Norm». Auch wenn eine sekundäre Norm, die an das Rechtssubjekt adressiert ist, um der «Darstellung des Rechts» willen eingeführt wird, sei diese Norm «sicher in einer genauen Exposition des Rechts überflüssig».18 Allerdings ist diese Behauptung Kelsens nicht neu. Wie wir schon gesehen haben, erkannte Kelsen schon in den «Hauptproblemen» die primäre Norm als die einzige echte Norm an, und ebenfalls schon in den «Hauptproblemen» behauptete er, die sekundäre Norm sei im Grunde genommen überflüssig.19
[27]
Neu in der «General Theory» ist allerdings Kelsens Lesart des «Sollens», wie dieses in der primären Norm verwendet wird. In der ersten Periode seines Schaffens – die Periode von der Veröffentlichung der «Hauptprobleme der Staatsrechtslehre» im Jahre 1911 bis zu dem spät in den dreißiger Jahren stattfindenden Durchbruch der Ermächtigung – verwendete Kelsen das «Sollen», um eine Pflicht zum Ausdruck zu bringen. Diese Verwendung bildet eine Widerspiegelung der üblichen Bedeutung des Ausdrucks «Sollen» in der Rechtswissenschaft: Kelsens «Sollen» bezieht sich, wie es in der hypothetisch formulierten, an das Rechtsorgan gerichteten Sanktionsnorm zum Ausdruck kommt, auf eine konditional zu verstehende Pflicht des Rechtsorgans.20 Doch argumentiert Kelsen zum ersten Mal in der «General Theory», dass das «Sollen» sich nicht auf eine Pflicht beziehen muss. Vielmehr ist das in der primären Norm vorkommende «Sollen» eine Art Platzhalter. «Sollen» besagt, dass eine Sanktion unter bestimmten Bedingungen verhängt werden kann – das zuständige Rechtsorgan also dazu ermächtigt ist, eine Sanktion zu verhängen. Diese Konstruktion lässt es offen, ob das Rechtsorgan positivrechtlich auch dazu verpflichtet ist, die Sanktion zu verhängen.
[28]
Die skizzierte Passage in der «General Theory» zum «Sollen» als Platzhalter läßt freilich Fragen offen. Kelsen schreibt:

    «Ein Individuum ist rechtlich zu dem Verhalten verpflichtet, das das Gegenteil dessen bildet, was als Bedingung der gegen das Individuum verhängten Sanktion ist.»21

[29]
Demgemäß ist die Bedingung, auf die Kelsen verweist, erfüllt, wenn ein der Verpflichtung gegenteiliges Verhalten festgestellt wird. Führt aber die Erfüllung dieser Bedingung zu einer Pflicht des Rechtsorgans, die Sanktion zu verhängen, oder bloß zu einer Ermächtigung hierzu? Das erste Rechtsorgan sei zur Verhängung der Sanktion verpflichtet, so Kelsen, wenn ein zweites, höherrangiges Rechtsorgan dazu ermächtigt sei, eine Sanktion über das erste Rechtsorgan zu verhängen, falls dieses die Sanktion über das Rechtssubjekt nicht verhängt.
[30]
Dieses Schema lässt einen infiniten Regress befürchten. Es bleibt im ersten Absatz des fraglichen Abschnitts der «General Theory» jedenfalls offen, wie weit das Schema trägt. Doch im zweiten Absatz geht Kelsen dieser Frage nach, indem er sich auf den Stufenbau der Rechtsordnung beruft.

    «Das Organ der zweiten Norm mag von einer dritten Norm dazu verpflichtet sein, die von der zweiten Norm angeordnete Sanktion zu verhängen, und so weiter.»22

[31]
Auch wenn dieses nicht in jeder Hinsicht überzeugend ist, lässt sich doch anhand des Zusammenhanges herausarbeiten, dass Kelsen Folgendes verstanden wissen will: Das auf der dritten Stufe in der hierarchisch strukturierten Rechtsordnung stehende Rechtsorgan ist dazu ermächtigt, eine Sanktion über das auf der zweiten Stufe stehende Rechtsorgan zu verhängen, falls dieses die Sanktion über das Rechtssubjekt nicht verhängt.
[32]
Kelsen erkennt dabei klar und deutlich, dass die Kette von gestuften Ermächtigungsnormen nicht ins Unendliche gehen kann, da dies einen regressus ad infinitum darstellte:

    «Es muß eine letzte Norm in der Kette geben, so daß die von ihr angeordnete Sanktion keine Rechtspflicht in dem definierten Sinne ist. Wenn die Bedeutung dieser letzten Norm damit ausgedrückt wird, daß unter bestimmten Bedingungen eine Sanktion verhängt werden ‹soll›, dann fällt der Begriff des Sollens mit dem der Rechtspflicht nicht zusammen. Ein Organ, daß eine Sanktion verhängen ‹soll›, mag rechtlich dazu verpflichtet sein oder nicht.»23

[33]
So gelangt Kelsen schließlich zum «Sollen» als Platzhalter. Auf der höchsten Stufe der hierarchisch strukturierten Rechtsordnung ist das «Sollen» nach Kelsens Verständnis notwendig nur als rechtliches «Können» möglich. Also mag das Rechtsorgan A auf der vorletzten Stufe dazu verpflichtet sein, eine Sanktion über ein Rechtssubjekt zu verhängen, und A wird dazu verpflichtet sein, falls Rechtsorgan B auf der höchsten Stufe dazu ermächtigt ist, eine Sanktion über A zu verhängen, falls A die Sanktion über das Rechtssubjekt nicht verhängt. Doch B auf der höchsten Stufe kann nicht auf diese Art und Weise verpflichtet sein, denn es gibt per definitionem eben kein Rechtsorgan auf einer noch höheren Stufe, das dazu ermächtigt sein könnte, eine Sanktion über B zu verhängen.
[34]
Die Schlussfolgerung dieser Erkenntnis ist weitreichend: Nach Kelsens eigener Konzeption kann man keine von der Ermächtigung unabhängige Lehre von der Rechtspflicht vorweisen. Entweder ist das Rechtsorgan bloß dazu ermächtigt, die Sanktion zu verhängen. Dann erschöpft sich dies allein im rechtlichen «Können». Oder das Rechtsorgan ist positivrechtlich dazu verpflichtet, die Sanktion zu verhängen. In diesem Falle gibt es zwei Ebenen des rechtlichen «Könnens», und zwar erstens das «Können» des auf der niedrigeren Stufe befindlichen Rechtsorgans und zweitens das «Können» des auf der höheren Stufe befindlichen Rechtsorgans. Der Begriff der Rechtspflicht hätte sich damit als eine bloße Kurzformel für diese Konstruktion zweier Stufen von Ermächtigungsnormen erwiesen.
[35]
Kelsen führt diese Konzeption in seiner «General Theory» leider nicht in der wünschenswerten Klarheit ein. Die sich aus der Übersetzung ergebenden Sprachprobleme – das deutschsprachige Manuskript für die Übersetzung ist verschollen – dürften die ohnehin vorhandenen sachlichen Probleme noch gesteigert haben. So ist wohl zu erklären, dass die Konzeption, die Kelsen in diesem Werk entwickelt, auch von den scharfsinnigsten seiner Leser übersehen worden ist. H. L. A. Hart etwa äußert sich in seiner Untersuchung zu Kelsens hypothetisch formulierter, an das Rechtsorgan gerichteter Sanktionsnorm überhaupt nicht zur Ermächtigung, obschon er an anderer Stelle in «The Concept of Law» genau erkennt, was Kelsen unter Ermächtigung verstanden wissen wollte. Es sei nicht der Fall, so Hart an dieser Stelle, dass der Gesetzgeber in irgendeinem «gewöhnlichen Sinn von ‹gehorchen›» den Regeln gehorcht,24 wenn er sich bei der Verabschiedung von Gesetzen im Rahmen der durch die Ermächtigungsnormen verliehenen Befugnisse hält. Hart fügt völlig richtig hinzu: Falls die Tätigkeit des Gesetzgebers bei der (versuchten) Verabschiedung eines Gesetzes nicht durch eine Ermächtigungsnorm gedeckt wird, wird damit nicht gesagt, dass der Gesetzgeber die Kompetenzregeln «nicht befolgt» habe – obwohl ja eine Art «Verstoß» vorliegt, da der Versuch der Gesetzgebung letztlich scheitert.25
[36]
In der zweiten Auflage der «Reinen Rechtslehre» führt Kelsen seine Konzeption dann klarer aus:

    «[Wenn] ein von der Rechtsordnung bestimmtes Unrecht begangen wird, [soll] eine von der Rechtsordnung bestimmte Unrechtsfolge eintreten [...]; wobei mit diesem ‹soll› sowohl der Fall, daß [zur] Vollziehung der Unrechtsfolge nur ermächtigt [...], als auch der Fall, daß sie geboten ist, gedeckt ist.»26

[37]
Wann handelt es sich nun um eine bloße Ermächtigung, und wann um eine Rechtspflicht? Kelsen antwortet auf diese Frage expressis verbis:

    «Die Vollstreckung der Sanktion ist geboten, ist Inhalt einer Rechtspflicht, wenn ihre Unterlassung zur Bedingung einer Sanktion gemacht ist. Ist dies nicht der Fall, kann sie nur als ermächtigt, nicht auch als geboten gelten. Da dies kein endloser Regreß sein kann, kann die letzte Sanktion in dieser Reihe nur ermächtigt, nicht geboten sein.»27

[38]
Wenn das Rechtsorgan die in Betracht kommende Sanktion nicht verhängt – und diese Unterlassung als Bedingung einer Sanktion verstanden wird –, ist «Bedingung» an dieser Stelle eine Abkürzung für die Erfüllung des Antezedens der komplementären, hypothetisch formulierten Sanktionsnorm, die das höherrangige Rechtsorgan dazu ermächtigt, eine Sanktion zu verhängen.
[39]
In der zweiten Auflage der «Reinen Rechtslehre» kommen, neben der Ermächtigung, auch die klassischen, «deontisch» zu verstehenden Modalitäten vor – also an das Rechtssubjekt gerichtete Gebote, Erlaubnisse und Verbote. Solange Kelsen bloß das rohe Material des Rechts individuiert, haben diese deontischen Modalitäten ihren Platz, zumindest als «Funktionen» der normativen Ordnung.28 Doch im vierten Kapitel über die «Rechtsstatik» sowie im fünften über «Rechtsdynamik» stehen die Ermächtigungsmodalitäten ganz im Vordergrund. Auf eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Themen muss hier verzichtet werden.

5.

Schlussbemerkung ^

[40]
Es ist Kelsen gelungen, sein 1911 in den «Hauptproblemen der Staatsrechtslehre» beschriebenes Vorhaben zu realisieren. Die Ermächtigungsmodalität als Grundform der rekonstruierten Rechtsnorm sieht ein Instrumentarium vor, mit dem eine rein begriffliche Unterscheidung zwischen dem Recht und der Moral ermöglicht ist – gerade darin bestand sein 1911 angekündigtes Ziel.

 

Stanley L. Paulson, Professor Emeritus an der Washington University in St. Louis, Department of Philosophy and School of Law, z. Zt. Gastprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Hermann Kantorowicz-Institut für juristische Grundlagenforschung.

  1. 1 Vgl. Hans Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, Tübingen 1911 [unten: HP], S. 237 et passim, wieder abgedruckt in: Hans Kelsen Werke, hrsg. v. Matthias Jestaedt, Tübingen 2007 ff. [unten: HKW mit Band-Nr. und Datum], Bd. 2 (2008), S. 353 et passim.
  2. 2 Vgl. Hans Kelsen, Reine Rechtslehre, 1. Aufl., Leipzig/Wien 1934, § 19 (S. 40 f.).
  3. 3 Vgl. Hans Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl., Wien 1960 [unten: RR 2], § 34(d) (S. 204-209), sowie Stanley L. Paulson, Läßt sich die Reine Rechtslehre transzendental begründen?, in: Rechtstheorie 20 (1990), S. 155-179.
  4. 4 Vgl. allgemein dazu Stanley L. Paulson, Der Normativismus Hans Kelsens, in: Juristen Zeitung 61 (2006), 529-536.
  5. 5 Kelsen, HP (Fn. 1), S. 92 f. (Hervorhebung und Anführungszeichen im Original), in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 186 f.
  6. 6 Kelsen, HP (Fn. 1), S. 237 (Hervorhebung im Original), in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 353.
  7. 7 Jeremy Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation (erstmals veröffentlicht 1789), hrsg. v. J.H. Burns/H.L.A. Hart, London 1970, S. 301 (Hervorhebung im Original) (aus dem nummerierten Absatz 2 in Benthams «Concluding Note», die als Anmerkung in früheren Ausgaben des Werkes veröffentlicht wurde).
  8. 8 Joseph Raz, The Concept of a Legal System, 2. Aufl., Oxford 1980, S. 71.
  9. 9 Kelsen, HP (Fn. 1), S. 237, in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 353.
  10. 10 Vgl. Kelsen, HP (Fn. 1), S. 36, 40, 42, 49 f., 53, 210-212, 236, et passim, in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 121, 125, 127, 136 f., 140, 322-325, 353, et passim.
  11. 11 Kelsen, HP (Fn. 1), S. 49-50 (Anführungszeichen und Hervorhebung im Original), in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 136 f.
  12. 12 Paul Bohannan, The Differing Realms of the Law, in: American Anthropologist 67 (1965), S. 33-42, bes. 34-37.
  13. 13 Kelsen, HP (Fn. 1), S. 234, in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 350.
  14. 14 Hans Kelsen, Allgemeine Staatslehre, Berlin 1925, § 10(d) (S. 51).
  15. 15 Hans Kelsen, Die Idee des Naturrechtes, in: Zeitschrift für öffentliches Recht 7 (1928), S. 221-250 (226) (Hervorhebung im Original).
  16. 16 Hans Kelsen, Recht und Kompetenz, in: ders., Auseinandersetzungen zur Reinen Rechtslehre, hrsg. v. Kurt Ringhofer/Robert Walter, Wien 1987, S. 1-108 (75) (Anführungszeichen im Original) (diese Studie Kelsens läßt sich auf ein spät in den dreißiger Jahren geschriebenes Manuskript zurückführen).
  17. 17 Wesley Newcomb Hohfeld, Fundamental Legal Conceptions as Applied in Judicial Reasoning and Other Legal Essays, New Haven, 1919. Zur Explikation des Hohfeldschen Schemas vgl. Manfred Moritz, Über Hohfelds System der juridischen Grundbegriffe, Lund/Kopenhagen 1960, bes. S. 85-110, zur Anwendung des Hohfeldschen Schemas vgl. Robert Alexy, Theorie der Grundrechte, Baden-Baden 1985, S. 187-194, 211-219 et passim.
  18. 18 Hans Kelsen, General Theory of Law and State, übers. v. Anders Wedberg, Cambridge, Mass. 1945 [unten: GTLS], S. 67 (der deutschsprachige Originaltext ist leider verschollen).
  19. 19 Vgl. Kelsen, HP (Fn. 1), S. 234, in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 350.
  20. 20 In diesem Sinne etwa Karl Binding, Die Normen und ihre Übertretung, 2. Aufl., 4 Bde., Leipzig 1890-1919, an dem Kelsen allerdings eine scharfe Kritik übte, vgl. Kelsen, HP (Fn. 1), S. 270-299, in: HKW 2 (2008) (Fn. 1), S. 390-420.
  21. 21 Kelsen, GTLS (Fn. 18), S. 59.
  22. 22 Ebd.
  23. 23 Ebd. S. 59 f. (Anführungszeichen im Original).
  24. 24 H. L. A. Hart, The Concept of Law, 2. Aufl., Oxford 1994, S. 113 (Anführungszeichen im Original).
  25. 25 Ebd.
  26. 26 Kelsen, RR 2 (Fn. 3), § 18 (S. 82 f.) (Anführungszeichen im Original).
  27. 27 Ebd., § 5(a) (S. 26).
  28. 28 Vgl. ebd. § 4(d) (S. 15-16). Wenn diese «Funktionen» als Bedingungen der vollständigen Rechtsnorm betrachtet werden, dann sind auch sie Bestandteile der radikal rekonstruierten Rechtsnorm. Denn die Ermächtigung gilt als Verbindung zwischen den Vorder- und Hintergliedern der hypothetisch formulierten vollständigen Rechtsnorm. Vgl. ebd. § 6(d)(e) (S. 51-59) et passim sowie Adolf Julius Merkl, Prolegomena einer Theorie des rechtlichen Stufenbaues, in: Gesellschaft, Staat und Recht. Untersuchungen zur Reinen Rechtslehre, hrsg. v. Alfred Verdross, Wien 1931, S. 252-294, bes. 274. An dieser Stelle führt Merkl eine vollständige Rechtsnorm ein, deren Formulierung dem Modell des Stufenbaus folgt.