Jusletter IT

Vorwort und Würdigung

  • Author: Erich Schweighofer
  • Category: Preface
  • Region: Austria
  • Citation: Erich Schweighofer, Vorwort und Würdigung, in: Jusletter IT 11 September 2014
[1]
Der Universitätsgelehrte, Ministerialbeamte und Magier Friedrich Lachmayer ist im Juni 2013 70 Jahre alt geworden. Leicht verspätet, aber doch rechtzeitig zum nächsten Internationalen Rechtsinformatik Symposion (IRIS) ist diese Festschrift zum 70. Geburtstag fertiggeworden. Gleich vorweg möchte ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass diese Festschrift nicht das Ende des Wirkens von Friedrich Lachmayer markiert, sondern nur einen Zwischenschritt in einem reichen Gelehrtenleben.
[2]
Friedrich Lachmayer ist ein sehr vielseitiger Mensch. Er war und ist Universitätsgelehrter, Ministerialbeamter, Konsulent, aber auch Magier der Theorie, der Praxis, der Sprache, der Logik, aber vor allem der Bilder des Rechts. Die großen Themen der Festschrift – Rechtstheorie, Rechtsinformatik, Rechtsvisualisierung, Gesetzgebungslehre sowie Rechtssemiotik zeigen die Breite seines Wirkens, insbes. auch als Organisator der Wissenschaftsgemeinde.
[3]
Universitätsprofessor Dr. iur. Friedrich Lachmayer wurde am 15. Juni 1943 in Wien geboren. Er ist in Oberösterreich und Wien aufgewachsen, hat das Gymnasium in der Albertgasse (Wien Josefstadt) absolviert und ist Doktor der Rechte. Er hat sich 1988 an der Universität Innsbruck habilitiert, und zwar für die Fächer Rechtstheorie und Gesetzgebungslehre. 1998 wurde ihm der Berufstitel Universitätsprofessor (damals Außerordentlicher Universitätsprofessor) verliehen.
[4]
Friedrich Lachmayers berufliches Leben begann nach dem Gerichtsjahr 1967 in der Finanzprokuratur, der Rechtsanwaltskanzlei der Republik Österreich. Dort blieb er 3 Jahre; dann aber wechselte er zum Bundeskanzleramt, in den Verfassungsdienst (Rechtsdienst des Bundeskanzlers der Republik Österreich).
[5]

Von 1971 bis 1972 war er Leiter der Normentheoretischen Arbeitsgruppe im Rahmen des EDV‐Versuchprojekts «Verfassungsrecht» des Bundeskanzleramts und der IBM Österreich; dem Vorläufer des heutigen RIS (Rechtsinformationssystem des Bundes).

[6]

Zugleich begann eine wissenschaftliche Kooperation mit dem leider früh verstorbenen Prof. Univ.‐Doz. Dr. iur. Dr. rer. soc. oec. Leo Reisinger. Höhepunkt dieser Kooperation war das Buch über die legistische Analyse der Struktur von Gesetzen. In der wissenschaftlichen Öffentlichkeit wurde Lachmayer als Koautor des Standardwerks zur österreichischen Verfassungsgeschichte bekannt, und zwar als Gestalter der Grafiken.1

[7]
Mit Univ.‐Prof. Dr. Ilmar Tammelo hat er in den 1970er‐Jahren seinen wissenschaftlichen Förderer gefunden. Durch den plötzlichen Tod von Tammelo kam es nicht mehr zur Habilitation an der Universität Salzburg; sondern diese musste – etwas langwierig, aber würdig – an der Universität Innsbruck durchgeführt werden. Diese erfreut sich noch heute seines wissenschaftlichen Wirkens: Seminare aus Rechtstheorie und Rechtsinformatik, sowie bis vor kurzem eine Vorlesung, ebenfalls aus Rechtstheorie und Rechtsinformatik. Die Seminare wurden von vornherein interdisziplinär aufgefasst. Lange Zeit war Peter Anreiter, ein Innsbrucker Linguist, Mitveranstalter; aber auch Michael Grömmer, der später im Wiener Magistrat tätige und leider früh verstorbene Peter Kaser und in den letzten Jahren Lothar Gamper, Datenschutzbeauftragter der Universität Innsbruck.
[8]
In seiner Würdigung zu Lachmayers 60er hat Prof. Dr. Lothar Philipps auf die besondere Atmosphäre dieser Seminare hingewiesen. Voll von Ideen hervorragender Wissenschaftler als Gäste geprägt (neben Lothar Philipps auch Wolfgang Minke oder Marie‐Theres Tinnefeld), in einer sehr angenehmen Umgebung, sehr fruchtbringend, wenn auch von den Studenten leider oft ungenügend genutzt. Sehr bedeutsam waren und sind die etwa 20 Dissertationsprojekte in Innsbruck, aus denen viele gute Monographien entstanden sind: Ernst Schillhammer, sein erster Dissertant, heute ein erfolgreicher Strafverteidiger; Christoph Kleiser, Hofrat des VwGH; Michael Heißenberger, Chef des Verfassungsdienstes in Niederösterreich; Andreas Rosner, Chef der Verbindungsstelle der Bundesländer; Felix Gantner und Peter Ebenhoch, beides international bekannte Rechtsinformatiker sowie Thomas Gottwald, Justizinformatiker im Bundesministerium für Justiz. Thematisch waren die Dissertationen oft im Abstrakten und in der Techniknähe angesiedelt, wie etwa Gantners Theorie der juristischen Formulare.
[9]
Gemeinsam mit Roland Traunmüller betreute Friedrich Lachmayer in Linz die Dissertation von Wolfgang Kahlig, dem es mit seiner visuellen Analyse als einem der ganz Wenigen gelang, Theorie und Praxis effektiv zu verbinden.
[10]
Diese Praxis zeigt die Etablierung des Faches Rechtsinformatik nicht nur als rechtliches (IT‐Recht), sondern auch als technisches Fach an rechtswissenschaftlichen Fakultäten (Theorie, Rechtsinformation, AI & Recht, Automatisierung des Rechts etc.). Dies wird auch von den Universitäten Wien und Graz so geübt.
[11]

Im Verfassungsdienst hat Friedrich Lachmayer eine typische Karriere absolviert. Sehr früh wurde er (provisorischer) Leiter der Medienabteilung, später war er für den Bildungssektor verantwortlich. Von 1989 bis 2003 war er auch formal für das RIS zuständig. Dies kann als Höhepunkt seines Berufslebens, aber auch als gelungene Synthese seines theoretischen wie praktischen Wirkens, gesehen werden. Das RIS wurde eine brauchbare Datenbank mit viel und gutem Content, öffentlich und auch gratis zugänglich. In besonderer Würdigung dieser Verdienste hat das Bundeskanzleramt im Juni 2013 dem bereits vor 10 Jahren in den Ruhestand versetzten Ministerialbeamten (so ist nun mal die offizielle Diktion) einen sehr noblen und gelungenen Empfang in den Sissi‐Räumen der Hofburg Wien ausgerichtet. Ein weiteres Dankeschön; ergänzend zur 2003 erfolgten Verleihung des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich. Als weitere Anerkennung ist der Award für Friedrich Lachmayer als «Rechtsinformatiker des Jahres 2001» zu erwähnen.

[12]
Der ihm als RIS‐Verantwortlicher nachfolgende Dr. Karl Irresberger hat auf die beiden wichtigsten Projekte von Friedrich Lachmayer im Bundeskanzleramt hingewiesen: RIS und E‐Recht. In beiden Fällen haben seine Motivationsfähigkeit, seine Ideen, sein geschicktes Mitdenken etc. dazu geführt, dass aus diesen Projekten etwas geworden ist. Es war sein Verständnis der Menschen, des Rechts, der Technik, eigentlich des gesamten Drumherums, damit die Schwierigkeiten bewältigt und letztendlich mit den bescheidenen, aber ausreichenden Mitteln das Ziel erreicht werden konnte. In den Details hat Friedrich Lachmayer seinen Teams viel Spielraum gelassen. Legendär ist die Zusammenarbeit mit Ministerialrätin Dr. Helga Stöger und die Kooperation mit der IT‐Abteilung des Bundeskanzleramts. So ist im RIS vor vielen Jahren die Maske als Benutzerschnittstelle entwickelt worden (im Gegensatz zur Suchmenüführung), die jüngst von EU‐Rechtsinformationssystem EUR‐Lex übernommen wurde.
[13]

Friedrich Lachmayer hat sich immer für den freien Rechtszugang eingesetzt. Die damit verbundene Vorarbeit, das «Einsammeln» dieser Texte bei den jeweiligen Textproduzenten, hat er mit viel Geschick betrieben. Im Projekt E‐Recht wurde dies nochmals verbessert und auf internationale Standards gebracht. E‐Recht funktioniert sehr gut und wird gelebt; ein wesentliches Element war die gelungene Verknüpfung von geübter Textproduktion mit einem Textverarbeitungsprogramm durch die legistischen Teams und Tools zur Produktion der benötigten XML‐Texte für den Datenaustausch.

[14]

Friedrich Lachmayer war aber auch über 15 Jahre lang Universitätslehrer an der Universität Wien, und zwar mit Seminaren aus Rechts‐ und Verwaltungsinformatik (mit Univ.‐Prof. Dr. Roland Traunmüller, Univ.‐Doz. Dr. Werner Robert Svoboda, Univ.‐Prof. DI DDr. Gerald Quirchmayr, Dr. Thomas Menzel und auch meiner Wenigkeit) sowie Semiotik (mit Prof. DI Jeff Bernard) bzw. in den 1990er‐Jahren einer Vorlesung aus Rechtstheorie; dazu kam die Zweitbetreuung einiger Dissertationen. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien ist offen für Lehrangebote externer Dozenten und Professoren, es soll aber nichts kosten und auch ins Studienprogramm «passen»; im Gegenzug lässt sie den Lehrenden viel Spielraum. Friedrich Lachmayers Lehrtätigkeit war eine wichtige Bereicherung, eine gelungene Verbindung von Theorie und Praxis und auch eine Form der Bildung von Forschungsgemeinschaften, die Einbindung möglichst vieler in der Weiterentwicklung eines Faches.

[15]

Sein Seminar «Semiotik des Rechts» mit Jeff Bernard an der Universität Wien war der Treffpunkt dieser Wissenschaftsgemeinde. Dort trafen sich in‐ und ausländische SemiotikerInnen mit Studierenden zu einem regen Gedankenaustausch. Von 1989 bis 2007 gab es insgesamt 32 Seminare. Mehrheitlich waren es offene Treffen, zuerst im Wochenrhythmus und ab Mitte der 1990er‐Jahre als Blockveranstaltungen. Seit 2000 wurden thematische Schwerpunkte eingeführt, wie «Komplexität», «Bildzeichen», «Konflikt», «Signale und Symbole», «Semiotik der Maschinen», «Kopieren und Standardisieren», «Zeit», «Zeichen: Barrieren, Verbote, Zerstörung». Das letzte Seminar im April 2007 zum Thema «Menschenbild» war Winfried Bauernfeind zu dessen 75. Geburtstag gewidmet. Die Breite der präsentierten und diskutierten Themen lässt sich an den Semiotik‐Texten dieser Festschrift ablesen, da die meisten auf Vorträgen in Lachmayers Seminaren beruhen – eine erste Sammlung von Beiträgen war bereits 1995 unter dem Titel Zeichen, Recht und Macht erschienen, herausgegeben von Friedrich Lachmayer, Gloria Withalm und Erich Fries. Um die enge Verbindung mit der österreichischen Semiotiklandschaft auch im Veranstaltungsformat zu dokumentieren, wurden ab 1995 Teile des Seminars in Zusammenarbeit mit Jeff Bernard organisiert und am Institut für Sozio‐Semiotische Studien abgehalten. Round‐Table Diskussionen zu aktuellen Fragen in der semiotischen Forschung und Buchpräsentationen ergänzten das Vortragsprogramm.

[16]
Die Tradition von regelmäßigen Vorträgen und Diskussionen von Praktikern wird im WZRI Wiener Zentrum für Rechtsinformatik weitergeführt. Friedl Lachmayer ist dort seit Gründung Vorstandsmitglied und hat sich immer sehr für diese Aktivität engagiert. Dazu ist er auch in den jeweiligen Rechtsinformatik‐Fachgruppen in der OCG (Österreichische Computer Gesellschaft) und der deutschen GI (Gesellschaft für Informatik) tätig gewesen.
[17]

Viel bekannter ist aber seine Tätigkeit als Leiter der Clubs «Allgemeine Juristen» des Juristenverbands. In diesem Rahmen hat er regelmäßig Roundtables organisiert; von den Themen bewusst weniger Mainstream als wichtige Zukunftsfragen.

[18]
Friedrich Lachmayer war und ist international wissenschaftlich tätig und erfreut sich hoher Wertschätzung. Leider ist die Wissenschaftssprache nicht mehr Latein, was für ihn einen kleinen Nachteil darstellt; aber es gibt ja auch andere Sprachen, in denen Friedrich Lachmayer gut kommunizieren kann.
[19]

Friedrich Lachmayer hat sich intensiv in internationalen Gelehrtengesellschaften engagiert (wie IVR, GI; seit vielen Jahren Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Semiotik); von 1991–1995 war er auch Vizepräsident der «International Association for the Semiotics of Law».

[20]
In einem Gespräch hat er mir mal gesagt, dass die IVR (Internationale Vereinigung für Rechts‐ und Sozialphilosophie) – also eine Gelehrtengesellschaft – seine eigentliche wissenschaftliche Heimat sei, da er zwar an zwei Universitäten (Wien und Innsbruck) bzw. der Verwaltungsakademie des Bundes ständig, an vielen zeitweilig (am weitesten entfernt die Vorlesungen in Buenos Aires 1995), gelehrt hat, aber dies doch als Externer. Der Platz für Ideen‐ und Erfahrungsaustausch war die IVR.
[21]
Besonders hervorzuheben ist die Kooperation mit der Münchner Szene – Prof. Dr. Lothar Philipps, Prof. Dr. Marie‐Theres Tinnefeld, Dr. Rainhard Z. Bengez, aber auch Prof. Dr. Hajime Yoshino, Prof. Dr. Guido Tsuno (Uni Tokio), und Dr. Colette R. Brunschwig (Uni Zürich), um nur die wichtigsten zu nennen. Zuletzt sind an wichtigen Aktivitäten die Münchner Tagungen zur Rechtsvisualisierung bzw. zum Multisensorischem Recht sowie nunmehr zu Recht und Logik zu nennen.
[22]
Dieses Modell einer Internationalisierung reicht weiter – bis nach Litauen – Universität Vilnius – Prof. Dr. Vytautas Čyras mit einer intensiven Kooperation zur Rechtsvisualisierung und Rechtslogik.
[23]
In der klassischen internationalen Rechtsinformatik‐Szene ist Friedrich Lachmayer natürlich auch bekannt; dies gilt insbes. für die Tagungen des ITTIG (italienisches Institut für die Theorie und Techniken juristischer Information), des CIRSFIDZentrums der Universität Bologna und noch viel mehr für JURIX (niederländische, nunmehr europäische Rechtsinformatik); einmal auch die ICAIL International Conference on Artificial Intelligence and Law (in Bologna). In letzter Zeit wurden die Kontakte zu Mittel‐ und Osteuropa verstärkt (Universität Krakau).
[24]
Auf der auch für die Wissenschaft wichtigen europäischen Kooperationsszene war Friedrich Lachmayer Mitglied des Legal Advisory Board der Generaldirektion Informationsgesellschaft der Europäischen Kommission und der EURatsarbeitsgruppe Rechtsinformatik (Vorsitz 1998). Hier konnte er seine Expertise voll einbringen.
[25]

Friedrich Lachmayer hat auch zur Pflege der österreichischen Gesetzgebungslehre 0beigetragen. Die Architektur elektronischer Legistischer Richtlinien war und ist ihm ein Anliegen. In den Jahren 2003 bis 2013 fungierte er als Spiritus rector der von ihm gemeinsam mit Direktor Dr. Simon Korenjak (Kärntner Verwaltungsakademie) initiierten Klagenfurter Legistik‐Gespräche, die künftig in Linz fortgesetzt werden. Eine erkleckliche Gemeinde insbesondere von Bundes‐ und Landeslegisten haben sich einmal jährlich zum Gedanken‐ und Erfahrungsaustausch vereint, um neben aktuellen rechtspolitischen Themen grundlegende Fragen der legistischen Arbeit zu erörtern: Von der sachadäquaten Rechtsetzungstechnik sowie E‐ und Formularlegistik über die Begutachtung und Gesetzesfolgenabschätzung bis hin zu Organisationsformen der Legistik und legislativem Wissens‐ und Fehlermanagement. Die Tagungsbände der Kärntner Verwaltungsakademie zeugen von dem fruchtbaren Diskurs unter Lachmayers Gesamtleitung. Unter anderem ist es auch sein Verdienst, dass das Konzept der authentischen elektronischen Kundmachung des Landesrechts im Rahmen des RIS österreichweit erörtert und gegenüber dem Bundeskanzleramt «gepusht» wurde, bis schließlich der Bundesverfassungsgesetzgeber im Jahr 2012 die Bundesländer zu dieser Kundmachungsform ermächtigt hat. Lachmayers vielfältiges Engagement fand auch Ausdruck in der Verleihung des Großen Ehrenzeichens des Landes Kärnten im Herbst 2013, was er gleichsam als landständische «Nobilitierung» empfindet. EDV‐Versuchsprojekt Verfassungsrecht, Symposium über Rechtstheorie und Rechtsinformatik, RIS Rechtsinformationssystem (des Bundes), IRIS Internationales Rechtsinformatik Symposion, Kärntner Legistikgespräche: Friedrich Lachmayer besticht in seiner Rolle als Motivator, Networker, Ideengeber, Vortragender und Autor. Sein wissenschaftliches Erbe sind auch weniger die vielen Texte, sondern die vielen Grafiken und Zeichnungen, die über seine Website www.legalvisualization.comverfügbar sind.

[26]
Friedrich Lachmayer verkörpert den österreichischen Typus des Motivators in der Verwaltung, wie es ein Sektionschef Dr. Otto Oberhammer im Bundesministerium für Justiz – jeweils in Zusammenarbeit mit hervorragenden Experten wie Dr. Martin Schneider – (E‐Justiz) oder ein Sektionschef Dr. Arthur Winter (Finanz Online) waren und sind. Umfassend gebildet, die Dinge nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Fachs betrachtend, wird in vielen oft mühsamen Einzelgesprächen bzw. auch Gruppengesprächen versucht eine pragmatische Lösung zu erreichen. Diese Lösungen sind oft bemerkenswert innovativ und mutig. Friedrich Lachmayer hat dies als Innovationskraft der Reformbürokratie bezeichnet. Auch das EDV‐Versuchsprojekt entstammt dieser Strömung.
[27]

Friedrich Lachmayer schlägt Brücken, und er überbrückt damit in einer geistigen Kultur, in der fachliche Spezialisierung allzu oft den Blick auf das Ganze verstellt, die Klüfte zwischen den Disziplinen, und in einer Gesellschaft, der eine Tendenz zur «Fragmentierung» zugeschrieben wird, die Klüfte zwischen gesellschaftlichen Gruppen wie Beamtenschaft, Wissenschaft und Wirtschaft.

[28]
Text und Bild, Analytik und Intuition – ebenso wie Friedrich Lachmayer Brücken schlägt zwischen Menschen und ihren Lebens‐ und Wirkungskreisen, so schlägt er sie auch zwischen mentalen Kategorien. In einer überwiegend textbasierten Kultur hat Friedrich Lachmayer schon immer in Bildern gedacht – oder in Bildern empfunden. Und so hinter den Text geblickt, zwischen den Zeilen gelesen. Seine bildhafte Sprache hat ihn immer schon wie einen biblischen Propheten wirken lassen, dessen äußerem Erscheinungsbild er sich erst allmählich annähert.
[29]
Dass aber das Bild mehr sein kann als bloß sekundäre Verständnishilfe für primär textbasierte Normen, dass es auch normative Ausdrucksform zu sein vermag – und vielleicht hinkünftig vermehrt sein wird –, diesen Ansatz der Rechtsvisualisierung hat Friedrich Lachmayer über Jahrzehnte hin mit der ihm eigenen Beharrlichkeit und Überzeugungskraft vertreten, und dass die Rechtsvisualisierung inzwischen zu einer anerkannten und beachteten Disziplin geworden ist, das ist nicht zuletzt diesem Einsatz zu danken.
[30]

Das IRIS ist das Kind vieler (unter diesen sind die «local chairs» Peter Mader und Dietmar Jahnel hervorzuheben), aber vor allen eines zweier Personen: Friedrich Lachmayer und meiner Wenigkeit. Auf Anregung von O. Univ.‐Prof. DI Dr. A Min Tjoa habe ich mich seit Mitte der 1990er‐Jahre um die Etablierung einer jährlichen Rechtsinformatikkonferenz bemüht. Es war aber Friedrich Lachmayer, der den entscheidenden Impetus für die ersten Jahre geleistet hat. Das organisatorische Umfeld war schon damals (fast) wie heute; aber Friedrich Lachmayer hat mich auf die wichtigste Komponente einer Konferenz hingewiesen und auch gezeigt, wie man es machen kann: Man muss Menschen motivieren, sich für die Wissenschaft zu engagieren, aber flexibel sein und nicht mehr abverlangen, als diese können. Es soll keine wesentlichen Kosten‐ wie auch andere Zugangsschwellen geben. Das Konzept habe ich befolgt und IRIS wurde rasch zu dem, was sie heute ist: die schönste Blumenwiese der Rechtsinformatik in Europa, wo die Ideen nur so sprießen und letztlich viele tolle Produkte und Dienstleistungen entstehen. Auf diesem Grunde ist einfach angebracht, diese Festschrift in diesem feierlichen Rahmen dem Mitgründer zu überreichen.

[31]
In diesem Sinne – vielen Dank für dein wissenschaftliches Wirken, Friedrich und noch viele Schaffensjahre! Ad multos annos!
Wien, im Jänner 2014 Erich Schweighofer

Für das Herausgeberteam Erich Schweighofer, Harald Hoffmann, Franz Kummer, Gloria Withalm, Edmund Primosch, Günther Schefbeck und Meinrad Handstanger (mit herzlichem Dank für dessen Textbeiträge!)

Aus Platzgründen musste davon abgesehen werden, das umfangreiche Publikationsverzeichnis von Friedrich Lachmayer aufzunehmen; ohne die Visualisierungen wäre es ohnedies unvollständig gewesen. Daher wird auf seine Website verwiesen, auf welcher alles zu finden ist: www.legalvisualization.com.

P.S. Natürlich gilt unser Dank auch den Autorinnen und Autoren sowie dem Verlag Editions Weblaw für die Aufnahme in die Reihe Liber amicorum.

P.P.S. Leider konnten die Beiträge von Hajime Yoshino – Justice and Logic – sowie Erich Schweighofer – Vom Text zur Abstraktion zum Nimbus – nicht mehr aufgenommen werden; diese werden in der 2. Ausgabe, der elektronischen Version in Jusletter IT Mitte 2014, erscheinen. Dort hat auch der Jubilar die Möglichkeit, visuelle Kommentare zu den Beiträgen zu machen.

  1. 1 Wilhelm Brauneder/Friedrich Lachmayer, Österreichische Verfassungsgeschichte, Verlag Manz, Wien 1976; ab der 8. Auflage, Wien 2003: Wilhelm Brauneder, Österreichische Verfassungsgeschichte; zuletzt 11. Auflage, Wien 2009.