1.
Wesentliche Grundsätze für Öffentliche Vergabeverfahren ^
2.
Die Bisherige Praxis in Nachprüfungsverfahren ^
Die Entgegnung eines Auftraggebers in einem Nachprüfungsverfahren gegenüber einem aus Formalgründen ausgeschiedenen Bieter bei der Vergabekontrollbehörde, dass das Angebot mangelhaft sei und er deshalb kein Recht hätte, die Kontrollbehörde anzurufen, stieß jedes Mal auf Bestätigung in den Bescheiden der Vergabekontrollinstanzen.7 Und darauf war auch beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Verlass,8 der sich bei seinen Entscheidungen meist auf die RS Hackermüller9 stützte. Schon in dieser Entscheidung stellt der EuGH einen Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665/EWG fest und führte aus, dass eine Antragslegitimation eines Bieters nicht mit der Begründung verwehrt werden kann, «dass sein Angebot bereits aus anderen Gründen vom Auftraggeber auszuscheiden gewesen wäre und ihm daher durch die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit kein Schaden entstanden sei bzw zu entstehen drohe. Im Rahmen des dem Bieter zur Verfügung stehenden Nachprüfungsverfahrens muss es diesem ermöglicht werden, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln.»10 Nur in der ersten Vorlagefrage, die die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens für jenen, der einen bestimmten zur Vergabe anstehenden öffentlichen Auftrag erhalten will, hinterfragt, verneinte der EuGH die Antragslegitimation mit dem Hinweis auf das Fehlen eines notwendigen entstandenen oder drohenden Schadens.11
3.
Das EuGH-Urteil in der Causa Fastweb verändert die Spruchpraxis und schafft wieder Vertrauen ^
«Stehen die Grundsätze der Gleichbehandlung der Parteien, der Nichtdiskriminierung und der Wahrung des Wettbewerbs in öffentlichen Vergabeverfahren nach der Richtlinie 89/665 dem geltenden italienischen Recht, wie es durch die Entscheidung Nr. 4/2011 des Plenums des Consiglio di Stato festgeschrieben worden ist, entgegen, wonach die Prüfung der Widerklage, die darauf gerichtet ist, dem Kläger die Klagebefugnis durch Anfechtung seiner Zulassung zum Ausschreibungsverfahren abzusprechen, notwendig der Prüfung der Klage vorausgehen muss und für diese Prüfung präjudizierende Wirkung hat, auch wenn der Kläger ein instrumentales Interesse an der Wiederholung des gesamten Selektionsverfahrens hat und es auf die Zahl der Wettbewerber, die daran teilgenommen haben, nicht ankommt, wobei insbesondere auf den Fall Bezug genommen wird, dass nur zwei Wettbewerber im Ausschreibungsverfahren verblieben sind (die zugleich dem Kläger und dem Widerkläger, der den Zuschlag erhalten hat, entsprechen), von denen jeder den jeweils anderen mit der Begründung auszuschließen sucht, dass dieser mit seinem Angebot nicht die Mindestanforderungen an die Geeignetheit der Angebote erfülle?»
4.
Sachliche Prüfung wird unverzichtbar ^
5.
Schlussfolgerungen ^
6.
Literatur- und Quellenverzeichnis ^
Breitenfeld/Endlich/Pock, BVergG 2006 Bundesvergabegesetz 2006 i.d.F. Vergaberechtsnovelle 20094 (2010).
Bundesbeschaffung GmbH (Publ.), Ausgewählte EuGH-Entscheidungen, http://www.bbg.gv.at/kunden/beratung/vergabekompetenzcenter/judikatur/ausgewaehlte-eugh-entscheidungen/ (12. September 2013).
Egger, Europäisches Vergaberecht (2008).
Fruhmann/Marzi/Sporrer, Rundschreiben des Bundeskanleramtes vom 24. Juli 2013, http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=52127 (12. September 2013).
Gruber/Gruber/Sachs, Europäisches Vergaberecht-Überblick über die Vergaberichtlinie 2004, die Sektorenrichtlinie 2004, die bisherigen Rechtsgrundlagen und die aktuelle Rechtsprechung von EuGH und EuGEI (2005).
Heid/Schiefer, Das neue Vergaberecht (2005).
Kluger, EuGH schließt die Hintertür zu unfairer Auftragsvergabe, in Der Standard vom 11. September 2013.
Schnitzer, Internationales Vergaberecht, in Aicher/u.a. (Hrsg.), Schriftenreihe Europarecht (2007) Bd. 14.
Hanns-Thomas Kopf, Generaldirektor, Chief Executive Officer Central Eastern Europe, Atos IT Solutions and Services GmbH, Siemensstraße 92, 1210 Wien, Österreich, hanns-thomas.kopf@atos.net.
- 1 Vertrag zur Gründung der europäischen Gemeinschaft vom 25. März 1957. Der EWG-Vertrag wurde nach dem Vertrag von Maastricht 1992 in Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. März 1957 – EGV, i.d.F. ABl. 2006 C 321E umbenannt. Mit dem Vertrag von Lissabon 2007 wurde der EGV in die beiden Verträge Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) überführt.
- 2 Richtlinie 2004/18/EG des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl 2004 L 134. Richtlinie 2004/17/EG des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl 2004 L 134, sowie ABl 2005 L 323.
- 3 Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl 1989 L 395; bzw. Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, i.d.F. RL 97/52/EG, ABl 1997 L 328. Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, ABl 1992 L 76.
- 4 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG, i.d.F. Vergaberechtsnovelle 2009, BGBl I 15/2010 vom 4. März 2010.
- 5 Schnitzer, Internationales Vergaberecht, in Aicher/ u.a. (Hrsg.), Schriftenreihe Europarecht (2007) Bd. 14, 25.
- 6 Vgl. Breitenfeld/Endlich/Pock, BVergG 2006 Bundesvergabegesetz 2006 i.d.F. Vergaberechtsnovelle 20094 (2010) 139–142.
- 7 Kluger, EuGH schließt die Hintertür zu unfairer Auftragsvergabe, in Der Standard vom 11. September 2013.
- 8 Vgl. z.B. VwGH 2005/04/0200 28. März 2007, VwGH 2005/04/0067 30. November 2006, VwGH 2005/04/0091 15. Dezember 2006, VwGH 2009/04/0240 11. November 2009, VwGH 2007/04/0232 28. Mai 2008.
- 9 EuGH 19. Juni 2003, Rs C-249/01, Hackermüller/Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG), Slg 2003, I-6319.
- 10 Ebenda, Abl. C 184 vom 2. August 2003, S. 8 in der Entscheidung zur 2. Vorlagefrage.
- 11 Ebenda, in der Entscheidung zur 1. Vorlagefrage.
- 12 Egger, Europäisches Vergaberecht (2008) Vorwort.
- 13 Vgl. auch Gruber/Gruber/Sachs, Europäisches Vergaberecht-Überblick über die Vergaberichtlinie 2004, die Sektorenrichtlinie 2004, die bisherigen Rechtsgrundlagen und die aktuelle Rechtsprechung von EuGH und EuGEI (2005) Vorwort.
- 14 Heid/Schiefer, Das neue Vergaberecht (2005) 1.
- 15 Ebenda.
- 16 EuGH 4. Juli 2013, Rs C-100/12, Fastweb SpA/Azienda Sanitaria Locale di Alessandria.
- 17 EuGH 19. Juni 2003, Rs C-249/01, Hackermüller/Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG), Slg 2003, I-6319, Rn. 26.
- 18 EuGH 4. Juli 2013, Rs C-100/12, Fastweb SpA/Azienda Sanitaria Locale di Alessandria, Rn. 27-30.
- 19 EuGH 19. Juni 2003, Rs C-249/01, Hackermüller/Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG), Slg 2003, I-6319, Rn. 12.
- 20 EuGH 4. Juli 2013, Rs C-100/12, Fastweb SpA/Azienda Sanitaria Locale di Alessandria, Rn. 27-30; Rn. 31–33.
- 21 Vgl. Fn. 3.
- 22 EuGH 4. Juli 2013, Rs C-100/12, Fastweb SpA/Azienda Sanitaria Locale di Alessandria, Rechtserkenntnis im Anschluß an Rn. 35.
- 23 Fruhmann/Marzi/Sporrer, Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 24. Juli 2013, http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=52127 (12. September 2013).
- 24 Bundesbeschaffung GmbH (Publ.), Ausgewählte EuGH-Entscheidungen, http://www.bbg.gv.at/kunden/beratung/vergabekompetenz-center/judikatur/ausge-waehlte-eugh-entscheidungen/ (12. September 2013).