Die Liste, die die Bundesregierung dem Ausschuss vorenthält, umfasste nach Feststellung Graulichs Mitte Mai dieses Jahres exakt 39'082 Selektoren, von denen sich 2'918 auf Telefonnummern und 36'164 auf Internet-Adressen bezogen. Sie betrafen zu mehr als zwei Dritteln, genau 68,7%, Regierungsstellen in Staaten der Europäischen Union. Hier sieht Graulich den Hauptverstoß gegen die Kooperationsvereinbarung, die ausdrücklich besagte, dass europäische Ziele allenfalls eingeschränkt und anlassbezogen, keineswegs aber pauschal und flächendeckend erfasst werden durften. Wenn der BND einen Selektor als bedenklich erkannt und aussortiert hatte, verständigte er darüber die amerikanische Seite. Diese legte in keinem Fall Einspruch ein. Sie habe jedoch gelegentlich versucht, denselben Selektor ein weiteres Mal einzuspeisen, berichtete Graulich.
Graulich wies Vorwürfe zurück, er habe sich in seinen Ermittlungen vom BND beeinflussen lassen und in seinen Bericht wortgleich Passagen aus BND-Dokumenten übernommen. Er habe lediglich Rechtsauffassungen des BND zitiert, ohne sie sich zu eigen gemacht. Zwar habe er notgedrungen in Räumen des BND und mit Unterstützung von BND-Bediensteten gearbeitet. Das habe auf ihn aber keine Wirkung gehabt: «Mich beeindrucken weder eine schlechte Presse noch der BND noch Fragen des Parlaments.»
Quelle: Medienmitteilung Nr. 394386 des Deutschen Bundestages vom 5. November 2015