1.
Einleitung ^
2.
Alternativen für die Bereitstellung von Wertpapierprospekten via Internet ^
Nach Art. 14 Abs. 2 lit. c–e gilt ein Prospekt als dem Publikum zur Verfügung gestellt, wenn er
- in elektronischer Form auf der Website des Emittenten oder gegebenenfalls auf der Website der die Wertpapiere platzierenden oder verkaufenden Finanzintermediäre einschließlich der Zahlstellen veröffentlicht wird (lit. c); oder
- in elektronischer Form auf der Website des geregelten Marktes, für den die Zulassung zum Handel beantragt wurde, veröffentlicht wird (lit. d); oder
- in elektronischer Form auf der Website der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats veröffentlicht wird, wenn diese Behörde beschlossen hat, diese Dienstleistung anzubieten (lit. e).13
3.1.
Vorgabe der Prospekt-Verordnung ^
Nach Art. 29 Abs. 1 Z. 1 der Prospekt-Verordnung ist die Veröffentlichung des Prospekts in elektronischer Form an die Bedingung gebunden, dass der Prospekt bei Aufrufen auf der Website «leicht zugänglich» ist. Wann dies der Fall ist, wird in der Verordnung nicht näher ausgeführt.
3.2.
Höchstgerichtliche Rechtsprechung ^
«Ist das in Art. 29 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 […] festgelegte Erfordernis, dass der Prospekt oder der Basisprospekt bei Aufrufen der Website, wo diese verfügbar gemacht werden, leicht zugänglich sein muss, erfüllt,
a) wenn für die Abrufbarkeit, das Herunterladen sowie das Ausdrucken eine Registrierung auf der Website erforderlich ist, auf der der Abruf danach erfolgen kann, wobei (für) die Registrierung die Akzeptanz eines Disclaimers und die Bekanntgabe einer E-Mail-Adresse notwendig ist, oder
b) wenn dafür ein Entgelt zu leisten ist, oder
c) wenn die kostenlose Abrufbarkeit von Prospektteilen auf 2 Dokumente pro Monat begrenzt ist, aber für den Erhalt sämtlicher zwingender Informationen im Sinne des Art. 22 Abs. 1 dritter Satz der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 […] das Herunterladen von zumindest 3 Dokumenten erforderlich ist?»
«Daher ist auf die [vierte] Frage zu antworten, dass Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 der Prospektverordnung dahin auszulegen ist, dass das Erfordernis der leichten Zugänglichkeit eines Prospekts bei Aufrufen der Webseite, auf der er veröffentlicht wird, nicht erfüllt ist, wenn auf der Website eine mit einer Haftungsausschlussklausel und der Pflicht zur Bekanntgabe einer E-Mail-Adresse verbundene Registrierungspflicht besteht, wenn dieser elektronische Zugang kostenpflichtig ist oder wenn die kostenlose Abrufbarkeit von Prospekteilen auf zwei Dokumente pro Monat begrenzt ist.»
Soll damit gemeint sein, dass dem Anleger wegen Art. 14 Abs. 2 lit. b zwar kostenlos ein Druckexemplar zur Verfügung zu stellen ist, wenn der Prospekt nur gedruckt wird, und dies wegen Art. 14 Abs. 7 ebenso bei einer elektronischer Veröffentlichung des Prospekts zu geschehen hat, die elektronische Prospektveröffentlichung selbst aber nicht unentgeltlich zugänglich zu sein braucht? Mitnichten!
Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Gerichtshof an dieser Stelle der Begründung – nicht des Tenors! – lediglich sprachlich knapp gefasst hat. Aus Art. 14 Abs. 7 der Prospekt-Richtlinie und aus dem Fehlen des Wortes «kostenlos» in Art. 14 Abs. 2 lit. c–d dieser Richtlinie darf nicht der Schluss gezogen werden, der elektronischen Zugang zum Prospekt könne kostenpflichtig sein.
3.3.
Technischer Regulierungsstandard betreffend den Prospekt unter der Omnibus II-Richtlinie ^
«Um eine konsequente Harmonisierung in Bezug auf diesen Art. sicherzustellen, erstellt die ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen die in den Absätzen 1 bis 4 enthaltenen Bestimmungen zur Veröffentlichung des Prospekts spezifiziert werden.
Die ESMA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 1. Juli 2015 vor.
Die Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.»
«Access to a prospectus published in electronic form shall not be contingent on:
(1) completion of a registration process;
(2) acceptance of a disclaimer; or
(3) payment of a fee.»
4.
Zusammenfassung ^
5.
Literatur ^
Gruber, Michael, Das öffentliche Angebot im Kapitalmarktgesetz, ZFR S. 22–35 (2007).
Gruber, Michael, Europäisches Kapitalmarktrecht. Stand und Entwicklungstendenzen, ZFR S. 62–68 (2006).
Heindl, Gisela, Die Veröffentlichung des Prospekts in elektronischer Form, in: Schweighofer, Erich et al. (Hrsg.): e-Staat und e-Wirtschaft aus rechtlicher Sicht, Tagungsband des 9. Internationalen Rechtsinformatik Symposions IRIS 2006, Boorberg, Stuttgart u.a., S. 395–401 (2006).
Kalss, Susanne/Oppitz, Martin/Zollner, Johannes, Kapitalmarktrecht – System (I), Linde, Wien (2005).
Moloney, Niamh, The European Securities and Markets Authority: a perspective from on year on, ZÖR S. 59–85 (2013).
Raptis, Julia Lemonia, Neuerungen im Prospektrecht durch die geänderte Prospektrichtlinie 2010/73/EU, ZFR S. 106–109 (2011).
Weismann, Paul, Die neue EU-Finanzmarktaufsicht – Kann sie künftige Krisen verhindern?, ÖBA S. 807–817 (2011).
Zib, Christian/Russ, Alexander/Lorenz, Heinrich, Kapitalmarktgesetz – Kommentar, LexisNexis, Wien (2008).
Gisela Heindl, Senior Lecturer, Universität Salzburg, Fachbereich Arbeits-, Wirtschafts- und Europarecht, Churfürststraße 1, 5010 Salzburg, AT, gisela.heindl@sbg.ac.at
- 1 Heindl, Die Veröffentlichung des Prospekts in elektronischer Form, in: Schweighofer et al. (Hrsg.), e-Staat und e-Wirtschaft aus rechtlicher Sicht, IRIS 2006, S. 395 (2006).
- 2 Dazu grundlegend Gruber, Das öffentliche Angebot im Kapitalmarktgesetz, ZFR S. 22 ff., insb. S. 25 ff. (2007).
- 3 Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz, § 7 Rz. 1 (2008).
- 4 Gruber, Europäisches Kapitalmarktrecht. Stand und Entwicklungstendenzen, ZFR S. 63 f. (2006).
- 5 Zu den Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise und damit auch zu den Defiziten des damaligen Europäischen Regelungskonzepts siehe den so genannten De Larosière-Bericht aus dem Jahr 2009 (abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/finances/docs/de_larosiere_report_de.pdf).
- 6 Dazu unten unter 3.3.
- 7 Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, § 10 Rn. 23.
- 8 Mit einer kritischen Würdigung bereits Heindl, a.a.O., S. 401.
- 9 Raptis, Neuerungen im Prospektrecht durch die geänderte Prospektrichtlinie 2010/73/EU, ZFR S. 108 (2011), welche in der europarechtlichen Bestimmung jedoch mehr als eine bloße Ermächtigung, nämlich eine Verpflichtung sieht.
- 10 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl L 345 vom 31. Dezember 2003, S. 64.
- 11 Stand: 31. Dezember 2014.
- 12 Richtlinie 2014/51/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), ABl L 153 vom 23. Mai 2014, S. 1. – Die Bezeichnung als «Omnibus» stammt daher, dass die Richtlinie mehrere Richtlinien und Verordnungen gleichzeitig ändert.
- 13 In Österreich bietet die Finanzmarktaufsichtsbehörde (kurz: FMA) diese Dienstleistung nicht an.
- 14 Zu den prozeduralen Änderungen durch die Omnibus II-Richtlinie unten unter 3.3.
- 15 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl L 149 vom 30. April 2004, S. 1.
- 16 OGH 8. November 2011, 3 Ob 195/11i, ZFR 2012, 28 = ÖBA 2012, 258.
- 17 Abgedruckt in ABl C 366 vom 24. November 2012, S. 22.
- 18 EuGH 15. Mai 2014, C-359/12 (Michael Timmel gegen Aviso Zeta AG).
- 19 Punkt 52 des Erkenntnisses.
- 20 Punkt 55 des Erkenntnisses.
- 21 Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, Nr. 1094/2010 und Nr. 1095/2010.
- 22 Weismann, Die neue EU-Finanzmarktaufsicht – Kann sie künftige Krisen verhindern?, ÖBA S. 809 (2011).
- 23 Ebenda, S. 807.
- 24 Für Moloney, The European Securities and Markets Autority: a perspective from on year on, ZÖR S. 62 (2013), steht dieser Rat der Aufseher im Zentrum der Behörde, nämlich «at its core».
- 25 Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission, ABl L 331 vom 15. Dezember 2010, S. 84.
- 26 Richtlinie 2010/78/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG, 2002/87/EG, 2003/6/EG, 2003/41/EG, 2003/71/EG, 2004/39/EG, 2004/109/EG, 2005/60/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), ABl L 331 vom 15. Dezember 2010, S. 120.
- 27 Siehe Fn. 12.
- 28 ESMA, Consultation Paper on Draft Regulatory Technical Standards on prospectus related issues under the Omnibus II Directive, ESMA/2014/1186 (abrufbar unter http://www.esma.europa.eu/system/files/2014-1186_consultation_paper_on_omnibus_ii_rts.pdf).
- 29 Diese erfolgte im Zeitraum zwischen 26. September 2014 und 19. Dezember 2014.
- 30 Stand: 31. Dezember 2014.