Jusletter IT

Zum Verbot von Produktempfehlungen per E-Mail

  • Author: Michael Sonntag
  • Category: Articles
  • Region: Austria
  • Field of law: E-Commerce
  • Collection: Conference Proceedings IRIS 2015
  • Citation: Michael Sonntag, Zum Verbot von Produktempfehlungen per E-Mail, in: Jusletter IT 26 February 2015
Der BGH entschied, dass Produktempfehlungen per E-Mail auch dann verboten sind, wenn ein Unternehmen lediglich ein Web-Formular zu ihrem Versand bereitstellt, dieses aber durch echte Dritte Privatpersonen verwendet wird. Dieser Beitrag untersucht auf Basis des Verwaltungsstrafrechts, ob dies auch für Österreich ein korrektes Ergebnis wäre und kommt zum Schluss, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine derartige Funktionalität weiter bereitgestellt werden kann.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 2. Begehung durch das Unternehmen als unmittelbarer Täter?
  • 3. Begehung als Bestimmungs- oder Beitragstäter?
  • 3.1. Bestimmungstäterschaft?
  • 3.2. Beitragstäterschaft?
  • 4. Anforderungen an rechtskonforme Empfehlungs-Funktionen
  • 5. Bewertung

1.

Einleitung ^

[1]

Seit der Entscheidung des BGH 12. September 2013, I ZR 208/12 «tell-a-friend»1 besteht eine große Unsicherheit, welche Arten von Produktempfehlungen per E-Mail einem Unternehmen noch erlaubt sind, oder ob eine solche Funktion gänzlich ausgeschlossen ist2. Dieser Beitrag versucht, sich dem Thema von einer anderen Seite und basierend auf österreichischem Recht zu nähern. Das Verbot von E-Mail-Werbung ist in Österreich in § 107 TKG in den Abs. 2, 3 und 5 enthalten. Die Verwaltungsstrafbestimmung hierzu ist § 109 Abs. 3 Z 20 TKG: «entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet». Daraus kann geschlossen werden, dass (u.a.) alles was zivilrechtlich von § 107 Abs. 2 TKG verboten ist, mit einer Verwaltungsstrafrechtlichen Sanktion belegt werden soll. Umgekehrt soll § 109 TKG nichts bestrafen, was nicht nach dem bezogenen Paragraphen verboten wäre. Der verwaltungsstrafrechtliche Bereich deckt sich hier also mit dem zivilrechtlichen Verbot (passend zur Einheit der Rechtsordnung). Daher soll versucht werden, über die Auslegung der Strafbestimmung sich dem genauen Umfang des verbotenen Verhaltens anzunähern.

[2]

Sollte es einem Unternehmen verboten sein, ohne Zustimmung E-Mail-Werbung zuzusenden3, so müsste es sich folgerichtig gleichzeitig um eine Verwaltungsstraftat handeln (sofern z.B. kein Entschuldigungsgrund vorliegt). Dies setzt eine Täterschaft voraus, die in verschiedenen Ausprägungen erfolgen kann: Als unmittelbarer Täter, als Mittäter oder als Bestimmungs- oder Beitragstäter. Unternehmen selbst sind zwar nicht verschuldensfähig, für diese stellt jedoch § 9 Abs. 1 VStG klar, dass hierfür die Außenvertretungsbefugten (bzw. verantwortliche Beauftragte) verantwortlich sind4. Da ein bestimmter Erfolg von § 107 TKG nicht vorausgesetzt wird (es muss kein finanzieller/Zeit/…-Schaden vorliegen und schon die bloße Vornahme der Handlung ist verboten5), handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt6. Nach § 5 Abs. 1 VStG reicht fahrlässiges Verhalten aus (Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens führt zu Straffreiheit), nicht jedoch ein bloßer Versuch (§ 8 i.V.m. § 109 Abs. 3 Z 20 TKG)7. Nach § 107 Abs. 6 TKG ist der Tatort u.A. wo die Nachricht den Teilnehmeranschluss erreicht, sodass ebenso ein Versand vom Ausland aus nach Österreich strafbar ist.

[3]

Erforderliche Tatbestandsmerkmale für eine Vollendung des Delikts § 107 Abs. 2 Z 1 TKG sind:

  • Elektronische Post: Hier eine E-Mail, kann aber auch eine SMS oder sonstige individuelle Nachricht sein. Dies ist bei Produktempfehlungen nicht zweifelhaft.
  • Zusendung: Ein Versand der Nachricht, der auf eine menschliche Handlung zurückgeht. Das Erreichen des Empfängers ist jedoch nicht erforderlich8. Der reine technische Vorgang kann nicht darunter subsumiert werden, da dieser auch bei Zwischenstationen identisch erfolgt – diese sind jedoch nicht vom Verbot erfasst9. Da es sich um ein Ungehorsamsdelikt handelt, ist eine «Handlung» erforderlich, hier der Klick auf den «Absende»-Button o.Ä. Die davor liegende Handlung des Website-Betreibers des Einrichtens der Funktion kann nicht als tatbestandsmäßige Handlung gesehen werden, da zu diesem Zeitpunkt jegliche Konkretisierung der Tat fehlt: Wer wann eine E-Mail an wen mit welchem Inhalt verschicken wird, und ob dafür eine Einwilligung vorliegt, ist noch völlig unbekannt; ebenso ob es überhaupt jemals dazu kommen wird.
  • Vorherige Einwilligung des Empfängers muss fehlen: Eine solche kann ebenso konkludent erfolgen; eine nachträgliche Genehmigung reicht hingegen nicht10. Besondere Formerfordernisse bestehen ebenso wenig. Eine mutmaßliche Einwilligung11 wäre jedoch relevant. Diese erfordert jedoch, dass eine Einwilligung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann (liegt hier nicht vor; allerdings wird der Empfänger auch kein Interesse daran haben jedes Mal vorher gefragt zu werden12), und dass mit Sicherheit zu erwarten ist, dass eine Einwilligung gegeben würde (was hier zumindest zweifelhaft ist – schließlich vermutet der Sender nur, dass das Produkt/die Website den Empfänger interessieren könnte). Meiner Meinung nach fehlen die erforderlichen Voraussetzungen einer mutmaßlichen Einwilligung, da es sich nicht um den typischen Fall der Abwehr eines schweren Nachteils handelt, sondern lediglich um einen potentiellen und geringfügigen Vorteil.
  • Inhaltliche Qualifikation als Werbung: Reine Informations-Mails fallen weg, doch schon kleine werbliche Elemente reichen aus. Eine Definition für Werbung enthält Art. 2 lit a der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung13: «Jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufes14 mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern»15. Die scheinbar weitere Definition des OGH für Werbung «Im weiteren Sinn dient Werbung dazu, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann.» geht auf die gleiche Richtlinie zurück16, setzt also ebenfalls bestimmte Qualitäten des Versenders voraus. Produktempfehlungen, Hinweise auf kommerzielle Homepages und dergleichen erfüllen zumindest dieses inhaltliche Erfordernis eindeutig.
  • Zweck ist Direktwerbung: Wird keine Absatzförderung betrieben, so ist eine Zusendung erlaubt. Hierbei handelt es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, da es auf die Zielsetzung des Handelnden ankommt17. Privatpersonen verschicken Empfehlungen gerade nicht bei der Ausübung eines Gewerbes etc. und ebenso wenig, um Absatz oder Dienstleistungserbringung zu fördern. Die rein private E-Mail einer Person an eine andere stellt daher keine verbotene Direktwerbung dar. Sie mag zwar inhaltlich als Werbung zu qualifizieren sein, aber ihr Zweck ist nicht die Absatzförderung.

2.

Begehung durch das Unternehmen als unmittelbarer Täter? ^

[4]
Dies würde bedeuten, dass das Unternehmen die Tathandlung, z.B. durch vertretungsbefugte Organe oder aber auch sonstige Mitarbeiter, selbst vornehmen müsste. Die Tathandlung, das Versenden, erfolgt jedoch bei einer Produktempfehlung durch den Dritten, der alleine und unabhängig hierfür die Entscheidung trifft. Dieser bildet als einziger einen konkreten Willen und nimmt eine individuelle Handlung vor: Ob, wann, was und an wen verschickt wird. Das Unternehmen stellt lediglich eine Möglichkeit und technische Unterstützung bereit18. Denn nicht schon das Bereitstellen der Funktion ist verboten – sie könnte ebenso ausschließlich legal eingesetzt werden19. Fällt diese Person weg, so wird keine einzige E-Mail verschickt, was zusätzlich gegen die Annahme des Unternehmens als unmittelbarer Täter spricht.
[5]
Allerdings: Bindet das Gesetz die Vornahme einer Tätigkeit an eine Bewilligung, so ist als unmittelbarer Täter strafbar, wer diese Bewilligung nicht eingeholt hat. Dies gilt gleichfalls, wenn ein Anderer die (nicht bewilligte) Tätigkeit real ausführt20. Dies könnte auch für § 107 Abs. 2 TKG gelten, wenn man die «Einwilligung» des Empfängers als «Bewilligung» ansieht: An sich ist die Handlung, das Versenden der E-Mail, verboten, aber die Zustimmung einer bestimmten Person, des Empfängers, macht die Handlung rechtmäßig. Leider ist diese Aussage missverständlich, da der volle Rechtssatz der angeführten Entscheidung im RIS wie folgt lautet: «Bei Begehungsdelikten von der Art der Übertretung des § 32 Abs. 1 WRG ist in dem Fall, als die Tat in Befolgung des Auftrages einer anderen Person begangen wurde, nicht derjenige, der die bewilligungspflichtige Handlung ohne eine solche Bewilligung vorgenommen hat, sondern Täter derjenige, der verpflichtet ist, um die behördliche Bewilligung anzusuchen ([…]).» Es kommt also darauf an, dass die tatsächliche Begehung im Auftrag dessen erfolgte, der die Bewilligung einzuholen hätte. Der unmittelbare Täter bedient sich gleichsam eines «Werkzeugs» zur Ausführung. Dies ist daher auf die Produktempfehlungen nicht anwendbar, da dort gerade ein solches Auftragsverhältnis fehlt bzw. umgekehrt vorliegt: Der private Empfehlende bedient sich der Website. Die Entscheidung des Versendens beruht ausschließlich auf dem Dritten und das Unternehmen kann ohne diesen gar nicht feststellen, ob und bei wem es eine Einwilligung einzuholen hätte.
[6]
Ein weiteres Argument gegen unmittelbare Täterschaft ist in § 107 Abs. 5 TKG zu finden: Die Zusendung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Identität des Absender, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird. Das Gesetz unterscheidet explizit zwischen Auftraggeber und Dritten, welche die technische Übermittlung durchführen. Der Auftraggeber fasst den Willensentschluss und ist die relevante (=anzugebende) Person, da dort ein Widerruf der Zustimmung21 bzw. eine Abmeldung möglich ist, bzw. dieser die Zusendung verantwortet.
[7]
Es könnte sich weiters um Mittäterschaft handeln. Jedoch ein gemeinsamer Tatplan (bewusstes und gewolltes Zusammenwirken) der arbeitsteilig durchgeführt wird kann ebenso wenig angenommen werden, da es für den konkreten Versand einer bestimmen Empfehlung wiederum an jeglichem aktuellen Wissen fehlt22. Gegen eine verdeckte unmittelbare Täterschaft23 spricht, dass das Unternehmen hier wiederum keine Vorstellung hat, wer, was an wen senden soll, der Dritte also nicht als bloß ausführendes Werkzeug gesehen werden kann24 (fehlende Tatherrschaft).

3.

Begehung als Bestimmungs- oder Beitragstäter? ^

[8]
Das Unternehmen könnte auch als Bestimmungs- oder Beitragstäter entsprechend § 7 VStG anzusehen sein. Allerdings erfordert § 7 VStG ausdrücklich vorsätzliches Handeln des Tatbeteiligten, wobei Eventualvorsätzlichkeit ausreicht25. Nach der allgemeinen Erfahrung kann bei Empfehlungen per E-Mails nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Nutzer der Funktion vorher eine Zustimmung des Empfängers eingeholt hat – regelmäßig kann man eine solche nur vermuten. So hat das Unternehmen zwar keinen Vorsatz, eine bestimmte Werbe-E-Mail an Person X zu schicken (=Unmittelbarer Täter/Mittäter), aber es nimmt ev. sehr wohl in Kauf, dass durch Dritte26 derartige Empfehlungen versendet werden, wobei das gelegentliche (oder häufigere) Fehlen einer Zustimmung zumindest in Kauf genommen wird27. Ein Vorsatz für die konkrete Begehung im Einzelfall fehlt daher, ist hingegen als deutlich allgemeinerer Vorsatz für eine Anstiftung oder Beihilfe sehr wohl vorhanden28. Während die Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter auch fahrlässig erfolgen kann (siehe oben), erfordern Bestimmung oder Beitrag Vorsatz (§ 7 VStG). Dieser ist wie ausgeführt zumindest in der niedrigsten Form gegeben.
[9]
Dass der unmittelbare Täter, die private dritte Person, ev. nicht strafbar ist (siehe oben), stellt kein Problem dar, da dies keine Voraussetzung ist (§ 7 VStG am Ende). Daraus lässt sich begründen, dass das erlaubte Versenden von Werbung einer Privatperson an Bekannte für das involvierte Unternehmen dennoch strafbar sein kann, wenn es auf qualifizierte Weise daran mitwirkt. Im Sinne des funktionalen Einheitstätersystems muss jedoch das Unternehmen selbst alle konstituierenden Merkmale des betreffenden Deliktstyps erfüllen29. Erforderlich ist zumindest eine «Begehung» durch den unmittelbaren Täter, wobei der VwGH lediglich voraussetzt, dass der objektive Tatbestand des entsprechenden Delikts erfüllt sein muss und rechtswidrig ist (Akzessorietät)30. Beim Versand von Werbung durch Privatpersonen ist der objektive Tatbestand erfüllt, lediglich das subjektive Element der Direktwerbung fehlt. Eine Beteiligung ist deshalb zumindest möglich. Die Rechtswidrigkeit ist durch den Tatbestand indiziert und besondere Rechtsfertigungsgründe für das Unternehmen sind nicht erkennbar. Es kommt deshalb nur noch darauf an, ob die Handlungen des Unternehmens als Bestimmung bzw. Beitrag zu qualifizieren sind.

3.1.

Bestimmungstäterschaft? ^

[10]
Als Bestimmungshandlungen kommen insb. Bitten und Auffordern (Beauftragen, Bestechen, Befehlen, Bedrängen, Drohen, Überreden, … liegen bei Produktempfehlungen fern) in Frage, wobei jedenfalls eine Einwirkung auf die Psyche des unmittelbaren Täters erforderlich ist31. Das bloße Schaffen einer Gelegenheit begründet höchstens Beitragstäterschaft32. Eine Bestimmung wird deshalb normalerweise nicht vorkommen, da auf den Webseiten lediglich eine Möglichkeit angeboten wird. Werden besondere Anreizsysteme geschaffen (z.B. «5% Rabatt für 10 Empfehlungen!»33) oder die Möglichkeit zum Empfehlungs-Versand besonders aufdringlich angepriesen (Größe, farbliche Gestaltung, Animationen etc.), so liegt sie hingegen vor.
[11]
Die Grenze wird dort zu ziehen sein, wo über die bloße sachliche Darstellung, dass eine solche Möglichkeit besteht, hinausgegangen und dem Besucher ein zusätzlicher relevanter Anreiz zum tatsächlichen Nützen dieser Funktion geboten wird.

3.2.

Beitragstäterschaft? ^

[12]
Als Beitragshandlung kommen alle Handlungen in Betracht, welche die Ausführung der Tat durch einen anderen ermöglichen, absichern, fördern oder erleichtern, wobei schon Mitkausalität reicht. Technisch erfolgt dies bei Produktempfehlungen, doch wäre diese Definition praktisch uferlos ohne gewisse Korrektive. Dies ist u.A. objektive Zurechnung bzw. soziale Verträglichkeit (Sozialadäquanz)34. Danach kommt eine Rechtswidrigkeit einer objektiv erfüllten (=kausalen) Beitragshandlung nur dann in Frage, wenn auch objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Haupttäter mit Hilfe dieser an sich «normalen» Handlung eine (hier: Verwaltungs-)Straftat begehen wird (Beispiel: Taxifahrt zum Raubüberfall)35. Dies ist hier mangels eines strafbaren Haupttäters nicht hilfreich oder sogar ausgeschlossen. Besser passt, dass etwa eine schädigende Handlung im Sport nicht tatbestandsmäßig ist (und nicht erst gerechtfertigt oder entschuldigt), wenn alle Regeln, die der Minimierung von Verletzungserfolgen dienen sollen, eingehalten wurden36. Da auch bei Nutzern ein relevantes und echtes Bedürfnis zum Geben und Empfangen von Informationen und Empfehlungen jeglicher, auch kommerzielle Unternehmen/Produkte betreffenden, Art an/durch Freunde besteht, ist ein solches Verhalten, das Versenden von Empfehlungen per E-Mail, als sozial verträglich anzusehen. Vergleiche hierzu die sogenannte «Mundpropaganda», die im Geschäftsleben als legal und problemlos gilt. Auch das Bereithalten von Einrichtungen für den Versand von E-Mails über Webseiten, gleich dem Anbieten von E-Mail-Konten, ist eine normale und neutrale Tätigkeit. Potentiell problematisch ist daher ausschließlich die Verbindung beider Elemente und die dadurch ev. geschaffene erhöhte Gefahr von Spam37.
[13]
Für eine Beitragstäterschaft muss daher das (an sich kausale und im Adäquanzzusammenhang stehende) Verhalten objektiv sozialinadäquat sein und der Beitragstäter ein eigenes, für sich selbst schon missbilligtes Risiko, begründen38. Deshalb ist festzustellen, welche Regeln einzuhalten sind, sodass kein solches zusätzliches Risiko entsteht, das eine Belästigung durch unerbetene Werbe-E-Mails verursachen könnte. Deren Überschreitung führt damit zu einer Beitragstäterschaft, während ihre Einhaltung ein normales und sozial akzeptables und erwünschtes Verhalten ermöglicht.
[14]
Folgende Punkte sind daher meiner Meinung nach zu berücksichtigen, da sie sich von einem «normalen» E-Mail-Konto und damit einer individuellen Produktempfehlung ohne jegliche Mitwirkung des Unternehmens unterscheiden. Bei einem Web-Formular ist der Absender später nicht mehr feststellbar. Dies erhöht das Missbrauchsrisiko39 geringfügig, da die einzige Spur die man (eventuell) hinterlässt, die eigene IP-Adresse im Log des Webservers ist. Weiters ist (ohne großen Aufwand/zusätzliche Kenntnisse) bei einem normalen E-Mail Konto der Absender immer als Name bzw. E-Mail-Adresse identifizierbar (was jedoch keinen eindeutigen Rückschluss auf eine Person erlauben muss!). Auch der Text einer «normalen» E-Mail stammt ausschließlich vom Absender; baut dieser Elemente Dritter ein (Kopieren, Weiterleitung mit Zitat des Originals etc.), so passiert dies bewusst und unter Kenntnis des gesamten übernommenen Inhalts.

4.

Anforderungen an rechtskonforme Empfehlungs-Funktionen ^

[15]
Folgende Elemente müssen daher zur Risikominimierung in einen Webauftritt bzw. die zugehörige Software eingebaut werden, und um eine Beitrags- bzw. Bestimmungstäterschaft zu vermeiden:
  • Eintragen der IP-Adresse des Web-Nutzers als Absender im E-Mail-Header. Dies wird von vielen Webmail-Portalen bereits durchgeführt. Damit erhält der Empfänger die gleichen Informationen40, als wäre die E-Mail mit einem lokalen Mailprogramm verschickt worden.
  • Die E-Mail-Adresse des tatsächlichen Versender, d.h. des privaten Dritten, ist als Absender einzutragen (vgl. § 107 Abs. 5 Z 1 TKG41), da dieser den Auftrag zur Übermittlung gibt. Eine Beschwerde bei dieser Person wird dadurch möglich.
  • Es ist zu protokollieren, wer die Empfehlung verschickt hat. Dies ist mindestens die IP-Adresse (und der Name; siehe oben). Eine obligatorische Benutzerregistrierung ist nicht erforderlich, da diese lediglich wieder zu einer (meist nicht einer Person zuordenbaren: Gratis-Konten-) E-Mail-Adresse führen würde.
  • Eine Möglichkeit zur Abmeldung muss bestehen, sodass man in Zukunft keine Produktempfehlungen dieses Betreibers mehr erhält. Da § 107 Abs. 3 TKG (Nachfass-Werbung) hier nicht relevant ist, spielt auch die Robinson-Liste der RTR-GmbH keine Rolle. Lediglich eine «individuelle» Sperrliste entsprechend § 107 Abs. 5 Z 4 TKG ist erforderlich. Dies sollte möglichst einfach sein, z.B. durch einen Link am Ende der E-Mail. Dies reduziert sogar die Belästigungsmöglichkeiten, da man bei einem normalen Mail-Account beim Betreiber eine solche Sperre nicht erlangen kann, und ein privater Absender sie leicht ignoriert oder vergisst. Die Sperre kann damit gerechtfertigt werden, dass dieser «Webmail-Account» spezifisch für Empfehlungen dient und nicht für allgemeine Nutzung.
  • Der gesamte zu versendende Inhaltstext muss dem Benutzer präsentiert werden, und dieser muss die Möglichkeit zu beliebiger Änderung besitzen. Nachträgliches Anfügen weiterer Inhalte werblicher Art (d.h. sehr wohl hingegen ein Abmeldelink) muss unterbleiben.
  • Maßnahmen sind zu setzen um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um eine reale Person handelt, und nicht um ein automatisiertes Programm. Dies kann z.B. durch wirksame Captchas erfolgen.
  • Es dürfen keine Incentives für den Empfehlungsversand angeboten werden und ein besonderes Herausstellen der Empfehlungsfunktion hat zu unterbleiben.
[16]
Von anderen Personen vorgeschlagen, aber m.M. nach nicht erforderlich sind:
  • Das Einrichten eines Links, der eine E-Mail im lokalen E-Mail-Programm des Empfehlenden initiiert, anstatt eines Webformulars. Der einzige Unterschied für den Empfänger bei diesem Ansatz ist, dass in den (normalerweise unsichtbaren) Headerzeilen der E-Mail andere Server verzeichnet sind, da die E-Mail einen anderen Weg durch das Internet bis ans Ziel nimmt. Werden die obigen Elemente beachtet, so besteht keine Verbesserung. Im Gegenteil wird dadurch eine allgemein wirksame Abmeldung sogar verhindert.
  • Eine Limitierung der Häufigkeit von versendeten E-Mails pro Versender und/oder pro Empfänger. Solange sichergestellt ist, dass es sich tatsächlich um einen Menschen handelt (siehe oben), ist dies nicht erforderlich. Auch ohne Mithilfe eines Unternehmens kann jeder E-Mail-Teilnehmer beliebig viele E-Mails an beliebig wenige Empfänger versenden, sodass sich hierdurch keine Risikoveränderung ergibt (insoweit die obigen Bedingungen erfüllt sind).

5.

Bewertung ^

[17]

Durch eine derart ausgestaltete Empfehlungs-Funktion entsteht gerade keine besondere, oder auch nur erhöhte, Gefahr der Überflutung von E-Mail-Teilnehmern mit unerwünschter Werbung. Der BGH zitiert in seiner Entscheidung BGH 20. Mai 2009, I ZR 218/0742, wonach mit der häufigen Übermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender immer dann zu rechnen ist, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails zulässig ist. Bei Produktempfehlungen ist es jedoch völlig unerheblich wie viele Unternehmen eine derartige Funktion anbieten: Die Anzahl empfangener Empfehlungen hängt ausschließlich davon ab, wie viele Freunde/Bekannte/… eine solche Funktion nutzen – und dies können sie mit nur geringfügig höherem Aufwand43 auch ohne Mitwirkung des Unternehmens. D.h. bei «Spam» trifft die Entscheidung das davon profitierende Unternehmen und es gibt kein «Hindernis» wie z.B. Portokosten als Korrektiv, sodass ein Gesetz eingreifen muss. Bei Produktempfehlungen per E-Mail ist der Auslöser hingegen jemand der gerade nicht davon profitiert und von übermäßigem Versand nachteilig beeinflusst wird (Reputation, persönliche Vorhaltungen etc.). Es existiert daher ein wirksames Gegengewicht das ein Ausufern der Belästigung verhindert, weshalb eine Überflutung gerade nicht zu erwarten ist.44

[18]
Ein weiterer Grund für die Legalität einer solchen Funktion ist die Einordnung des Betreibers der Website im Hinblick auf das ECG: Er bietet einen E-Mail-Dienst an, wenn auch nur zum Versenden, nicht zum Empfangen. In dieser Eigenschaft ist er als Access-Provider nach § 13 ECG anzusehen: Von einem Nutzer eingegebene Informationen (E-Mail-Adressen, Inhalt) werden in einem Kommunikationsnetz übermittelt. Ihn trifft daher keine Haftung für den Inhalt (=Werbung!), sofern er die Übermittlung nicht veranlasst (siehe die Überlegungen zur Bestimmungstäterschaft), den Empfänger nicht auswählt (liegt bei Produktempfehlungen nicht vor) und die übermittelten Informationen nicht auswählt (was empfohlen wird, liegt beim Nutzer) oder verändert (Einfügen zusätzlicher Werbung ist eindeutig verboten).
[19]
Anders ist die Sachlage z.B. für Empfehlungs-SMS zu sehen: Der Empfehlende spart sich durch die Hilfestellung des Unternehmens eigene Kosten, was auch bei den in vielen Verträgen enthaltenen großzügigen SMS-Kontingenten für die Entscheidung «Zusendung oder nicht» relevant sein könnte. Diese dürfen daher nicht identisch behandelt werden. Darüber hinaus ist bei einer (manuell versendeten) SMS das Fälschen des Absenders (=Rufnummer) viel schwieriger, sodass eine Web-to-SMS Empfehlungsfunktion ohne Prüfung der Telefonnummer des Empfehlenden eine deutliche Gefahrenerhöhung bewirkt45.
[20]
Wird das Urteil des BGH weitergedacht, so ergeben sich weitere Unstimmigkeiten: Wenn ein Unternehmen folgenden Text auf seine Website schreibt «Empfehlen Sie uns weiter, gerne auch per E-Mail» – wären daraus resultierende E-Mails ebenfalls verboten? Es wird darin inhaltlich für das Unternehmen geworben, und der Versand geht auf das Unternehmen zurück. Und für den Empfänger der E-Mail macht es keinen Unterschied, wer die technische Infrastruktur für den Versand der E-Mail bereitstellte (vergleiche damit auch den praktisch vollständig äquivalenten mailto-Link, der nur das lokale Eintragen der Daten erspart!). Relevant ist für Empfänger lediglich die Missbrauchsmöglichkeiten, damit Dritte sie mit Hilfe einer derartigen Funktion nicht mit Werbung überschwemmen können – individuelle E-Mails von Bekannten sind zu tolerieren, genauso wie solche mit anderen unerwünschten Inhalten.

 

Michael Sonntag, Assoz.-Professor, Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Netzwerke und Sicherheit, Altenbergerstr. 69, 4040 Linz, AT, michael.sonntag@jku.at; http://www.ins.jku.at/

  1. 1 Siehe dazu schon Thiele, BGH: Empfehlungs-E-Mail als unzulässige Werbung, JusIT 1/2014, 21.
  2. 2 Dies betrifft z.B. auch Online-Zeitungen, welche erlauben, einen Artikel per E-Mail zu versenden: Auch diese enthalten einen Hinweis darauf, aus welcher Publikation sie stammen.
  3. 3 Auf das Verbot von Massensendungen (§ 107 Abs. 2 Z 2 TKG) soll hier nicht näher eingegangen werden, da bei Produktempfehlungen davon auszugehen ist, dass jede E-Mail individuell zu betrachten ist (anderer Absender, anderer Empfänger, anderer Inhalt; technisch und zeitlich separater und völlig unabhängiger Versand beruhend auf einem separaten Willensentschluss). Ähnlich (aber zum fortgesetzten Delikt) VwGH 25. Februar 2004, 2003/03/0284, da kein einheitlicher vorgefasster Willensentschluss vorliegt.
  4. 4 Da es sich hier nicht um eine gerichtliche Strafe handelt, ist das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz nicht anwendbar.
  5. 5 D.h. auch wenn die Spam-Mails gar nicht beim Empfänger einlangen; siehe unten.
  6. 6 VwGH 24. Mai 2012, 2010/03/0056, 24. März 2010, 2008/03/0132.
  7. 7 Existiert daher tatsächlich eine Einwilligung des Empfängers, so könnte es sich höchstens um einen Versuch handeln – dieser ist jedoch nicht strafbar.
  8. 8 Auch von (Empfänger-)Mailserver(n) automatisch gelöschte Nachrichten reichen aus. Mit dem Verschicken ist die Tathandlung abgeschlossen ist und dem Täter fehlt jeglicher weitere Einfluss.
  9. 9 Weder der Telekom-Betreiber, der eine SMS übermittelt, noch der ISP, über dessen Mailserver jemand Spam verschickt, ist vom Verbot betroffen, auch wenn er damit rechnet, dass so etwas vorkommt.
  10. 10 Siehe OLG München 27. September 2012, 29 U 1682/12: Bei einem double-opt-in Verfahren ist die erste E-Mail als Werbung verboten (m.M. nach zweifelhaft), selbst wenn darin auf den Bestätigungs-Link geklickt wird und eine darauf folgende E-Mail daher zwar Werbung, aber mit Einwilligung und damit legal zugesandt wurde. Die Zustimmung wirkt nicht retroaktiv. Allerdings spricht der Wortlaut (§ 107 TKG: «vorherige Einwilligung») eindeutig für diese Auslegung.
  11. 11 Zum StGB: OGH 21. Mai 1981, 12 Os 130/80.
  12. 12 Mitsch, Die mutmaßliche Einwilligung, ZJS 1/2012, 38, 41.
  13. 13 RL 2006/114/EG, ABl L 376/21, 27. Dezember 2006.
  14. 14 Auch die RL über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG, ABl L 149/22, 11. Juni 2005) geht davon aus, dass Werbung von Gewerbetreibenden betrieben wird (ErwG 14, Art. 2 lit. d).
  15. 15 So auch OGH 18. Mai 1999, 4 Ob 113/99t und viele weitere; deutlich enger jedoch VwGH 26. Juni 2013, 2012/03/0089: Bloße Informationen, die nicht unmittelbar der Absatzförderung dienen, sind nicht zwangsläufig als Werbung einzustufen – Verfehlt: Unmittelbarkeit ist kein Erfordernis der RL.
  16. 16 OGH 18. Mai 1999, 4 Ob 113/99t referenziert noch RL 84/450/EWG, ABl L 250/17, 19. September 1984 (=RL über irreführende und vergleichende Werbung in der Urform), die jetzige RL 2006/114/EG.
  17. 17 In OGH 30. September 2009, 7 Ob 168/09w wir daher genau festgestellt, dass der Versendende nicht lediglich ein Informationsinteresse verfolgt hat, sondern (zumindest auch) seinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil im Auge hat, und es sich deshalb um verbotene Direktwerbung und nicht um erlaubte Information handelt. Bei Produktempfehlungen Privater fehlt hingegen jeglicher eigene Vorteil.
  18. 18 VwGH 15. September 1991, 91/04/0033: Beihilfe kommt nur in Frage, wenn dabei keine Ausführungshandlungen gesetzt werden. Ebenso VwGH 25. November 1986, 86/04/0093; VwGH 6. Februar 1990, 89/04/0184: Beihilfe ist ein ursächlicher Beitrag zur Ausführung.
  19. 19 Das Bereitstellen der Hilfsmittel ist eine reine Vorbereitungshandlung, da alle Aspekte einer eventuellen späteren Tat noch unbekannt sind, insb auch ob es überhaupt zu einer Tat kommen wird.
  20. 20 Z.B. RS 1 zu VwGH 29. Oktober 1964, 0896/64; siehe Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 7 Rz. 2.
  21. 21 Konkret zur Fragestellung: Wendet sich ein Empfänger an das Unternehmen, so kann er damit die Zusendung von Produktempfehlungen durch den Dritten nicht verhindern, da dieser davon gar nichts erfährt und weiterhin, z.B. über lokal geschriebene E-Mails, Empfehlungen versenden kann und wird.
  22. 22 Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 7 Rz. 2; Stand 1. Juli 2013, rdb.at.
  23. 23 Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz. 19 (Stand Februar 2000, rdb.at): Wer einen vorsatzlos, bloß fahrlässig, schuldlos, qualifikationslos oder rechtmäßig handelnden Menschen als Werkzeug benützt, ist nicht unmittelbarer Täter, sondern Bestimmungstäter.
  24. 24 Vergleiche Fall 405 in Lewisch, Casebook Strafrecht AT, 183.
  25. 25 Beispiel: Wer Plakate zum Abholen bereitstellt, aber von deren rechtmäßigen Anbringung ausgeht, besitzt keinen Vorsatz für deren strafbare Anbringung. VwGH 26. April 1990, 88/06/0232.
  26. 26 VwGH 10. September 2004, 2004/02/0193: Der bedingte Vorsatz muss sich auf die Tätereigenschaft des unmittelbar Handelnden beziehen. Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz. 101 f. (Stand Februar 2000, rdb.at): Der Beitragstäter muss die geförderte Straftat der Art nach und in groben Umrissen in seine Vorstellungen aufgenommen haben.
  27. 27 VwGH 10. September 2004, 2004/02/0193: Für Anstiftung und Beihilfe reicht dolus eventualis.
  28. 28 Das subjektive Tatbestandsmerkmal (Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz. 105) «zu Zwecken der Direktwerbung» ist daher beim Unternehmen als Beitragstäter erfüllt.
  29. 29 Siehe RIS Rechtssatz RS0089470, dort zum StGB, das aber vergleichbare Regelungen besitzt.
  30. 30 VwGH 27. April 1999, 99/05/0020; VwGH 28. Februar 2014, 2012/03/0167 (Feststellung des unmittelbaren Täters ist erforderlich). Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz. 6 (Stand Februar 2000, rdb.at).
  31. 31 VwGH 27. Januar 2012, 2010/02/0185.
  32. 32 Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 7 Rz. 3 Siehe auch das Beispiel in Lewisch, Casebook Strafrecht AT, 169: Der Bestimmungstäter muss die konkrete Tat zumindest in groben Zügen kennen. So reicht z.B. die Aufforderung «Autos zu stehlen» nicht aus. Dies ist hier analog zu sehen, sodass «Produktempfehlungen zu versenden» noch zu unbestimmt ist.
  33. 33 Siehe dazu aber BGH 6. Juli 2006, I ZR 145/03: Geringwertige Prämien für Laienwerbung sind per UWG nicht mehr unzulässig, sondern es muss die Gefahr einer Irreführung oder unzumutbaren Belästigung gegeben sein. Eine solche «unzumutbare Belästigung» wird allerdings bei unverlangter E-Mail-Werbung in Spam-Urteilen immer angenommen.
  34. 34 OGH 22. Juni 2006, 12 Os 21/06i.
  35. 35 OGH 3. September 2003, 12 Os 43/03: Auch berufstypische (Alltags-)Handlungen können bei hinreichend konkreter Tatplankenntnis einen strafbaren Tatbeitrag begründen.
  36. 36 Deutschland: Otto, Grundkurs Strafrecht: Allgemeine Strafrechtslehre, § 6 Rz. 70 f., Seite 74. Für mangelnde Rechtswidrigkeit (Österreich): Seiler, Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Grundlagen und Lehre von der Straftat; § 4 Rz. 310, Seite 108. Für die Rsp. schließt hingegen erlaubtes bzw. sozialadäquates Risiko bereits die objektive Sorgfaltswidrigkeit aus (SSt 55/1 – Voraussetzung einer nur unerheblichen Rechtsgutverletzung).
  37. 37 OGH 22. Juni 2006, 12 Os 21/06i: «Die soziale Verträglichkeit des Verhaltens eines Beitragstäters ist nach dem Schutzzweck der anzuwendenden Norm in einem richterlichen Wertungsakt des Einzelfalles zu beurteilen. Kriterien dafür stellen […] insb. die Wichtigkeit des geschützten Rechtsgutes […] sowie die spezifische Bedeutung (z.B. aktionsmäßiger Zusammenhang, Ersetzbarkeit, Bestärkungspotential) des Beitrages für die Verwirklichung des tatbestandlichen Unrechtes dar. Objektive und subjektive Elemente der Beitragshandlung sind zur Beurteilung der Haftung dafür im Sinne eines beweglichen Systems zu berücksichtigen […].».
  38. 38 OGH 17. Juni 2010, 13 Os 100/09v.
  39. 39 Siehe dazu in Bezug auf SMS VwGH 25. Februar 2004, 2003/03/0284, wo insb. eine fehlende Rückverfolgungsmöglichkeit bemängelt wird. Auch kannte der «Auslöser» der SMS weder den Inhalt noch konnte er diesen beeinflussen – er kann daher anders als bei Empfehlungs-E-Mails nicht als Absender angesehen werden. Ähnlich OGH 17. Juni 2010, 13 Os 100/09v: Das Ausstellen von «Privat»-Rechnungen an Gastronomen unter falschem Namen (und damit erschwerte Kontrollmöglichkeiten der Finanz) bestärkte diese darin, Abgaben zu hinterziehen.
  40. 40 Abgesehen von Web-Proxies; doch auch diese geben u.U. die Quell-IP-Adresse weiter (Transparente Proxies verwenden üblicherweise den «X-Forwarded-For»-Header).
  41. 41 Dies wäre eine Begründungsmöglichkeit für die BGH-Entscheidung gewesen, spielte der Fall in Österreich, da im Streitfall das Unternehmen als Absender aufschien.
  42. 42 Siehe ebenso GRUR 2009, 980; unter Verweis auf frühere gleicher Entscheidungen.
  43. 43 Start des lokalen Mailprogramms und Kopieren/Einfügen des Links.
  44. 44 Bedient das Unternehmen das Formular selbst und trägt einfach Adressen Dritter ein, so ist dies wie ganz normaler Spam-Versand zu beurteilen und klar verboten. Die Besonderheit liegt bei Produktempfehlungen gerade darin, dass ein Unternehmen nicht beeinflussen kann (bzw. darf), ob die Funktion überhaupt genutzt wird sowie von wem.
  45. 45 Siehe VwGH 25. Februar 2004, 2003/03/0284.